Jutta Becker Bedürfnisgerechtes Wohnmilieu Lebensmilieu Für Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind Fachtagung zu Architektur- & Milieugestaltungskonzepten für Menschen mit Demenz Diakonie RWL, 02. November 2009
Unsere Verantwortung: Demenzkranke scheitern im Alltag, aber den Alltag gestalten wir in den stationären Einrichtungen: Gruppenstrukturen Raumgestaltung Milieugestaltung Interaktionsmuster Tagesstrukturen
Lebensqualität von Demenzkranken Der Verlauf einer Demenz wird nicht beeinflusst, aber die Lebensqualität hängt entscheidend ab von einem therapeutischen Milieu, welches dem Schweregrad angepasst ist. (4. Bundesaltenbericht S. 180) Votum: Homogenisierung von Gruppen Verantwortung: liegen wir richtig in unseren Grundannahmen?
Homogenisierung ABER: wir können nicht ständig neu würfeln Gruppenzusammensetzungen variieren DESHALB: flexible Strukturen schaffen Notwendig: großzügige Gemeinschaftsflächen
Grundannahmen Demenzkranke äußern ihre Bedürfnisse aus einer aktuellen Situation heraus Nicht alle Äußerungen in Worten / Verhalten entsprechen einem tatsächlichen Bedürfnis Wir benötigen Forschungsergebnisse als Bezugsquellen
Erkenntnisse aus Forschung und Empirie Demenzkranke Menschen suchen den Kontakt zu Mitmenschen Demenzkranke Menschen suchen Betätigungsfelder Faktor Bewegung und Frischluft Heimat ist wichtig Der Glaube wird wichtiger
Stellenwert „Gemeinschaft“ In den vertrauten Räumlichkeiten Nahe am Pflegepersonal Keine unnötigen Raumwechsel Frischluft erfahren Öffentliche Toiletten
Leichte kognitive Einbußen Bewusstsein über Defizite deutlich Hoher Depressivitätsgrad Freude an der Integration in funktionale Prozesse (ergebnisorientiert) Aktives Einhalten von Konventionen Häufig: Ablehnung schwerer dementiell erkrankter Personen Privatbereich wird genutzt
Leichte Demenz Defizite werden beim Auftreten wahrgenommen Hoher psychischer Stress durch Fassadentechniken Freude an funktionalen Prozessen (mit Einbrüchen) Hoher Depressivitätsgrad Privatbereich kann genutzt werden
Mittelschwere Demenz Defizite werden punktuell wahrgenommen Hilfebedarf wird geleugnet Hilfebedarf im Alltag erheblich Einbußen im Aufrechterhalten von Normen Angst vor funktionalen Prozessen Teilhabe an Gemeinschaft wird wichtig Freude am gemeinsamen Erlebnis
Schwere Demenz Hilfebedarf in allen täglichen Verrichtungen Imaginäres Erleben der Wirklichkeit (Parallelwelt) Ungefilterte Reaktionsmuster Soziale Kontakte und Gemeinschaft wesentlich Imitationslernen bedingt vorhanden
Überwiegende Bettlägerigkeit Besondere Bedürfnislage, da keine kurzzeitigen Erinnerungen und keine Zukunftsperspektive Zwischenmenschlicher Kontakt entscheidend Direkte Sinnesanregungen über spezielle Tagesstruktur positiv Auf Alleinsein häufig Stressreaktionen
Anforderungen an ein therapeutisches Milieu möglichst : stressfreie pflegerische Versorgung, gemeinsame Mahlzeiten, spontane soziale Kontakte sowie Erhaltung der Mobilität als Leitschiene, dazu spezielle Angebote (4. Bundesaltenbericht S. 181)
Raum- und Milieugestaltung Vermeidet Irritationen (Stressfaktoren) Ist markant Ist vertraut Ist thematisch stimmig Regt zur Betätigung an
Irritationen Zu viele Informationen Informationen für unterschiedliche Personengruppen
Suche nach Vertrautheit Vertrautheit wurzelt in den Erinnerungen Vertraut ist die biographische Prägung Vertraut sind die erlebten Epochen Vertraut ist der Zeitgeist aus früheren Jahren Vertraut ist, was man erkennen kann
Inhaltliche Stimmigkeit Raum und Situation sollten zueinander passen anregendes Milieu soll deutlich sein Betätigung sollte angeregt werden Heimatsbezüge werden hergestellt
Gewohnheiten und markante Signale Gewohnheitslernen existiert bei der Mehrheit der Demenzkranken Einzelheiten sollen erkennbar sein Erkennbarkeit entwickelt sich über markante (herausragende) Signale
Betätigungsfelder schaffen Selbstwertgefühl als Häufigkeit von Gefühlen des Selbstvertrauens, der Zufriedenheit damit, etwas geleistet oder eigene Entscheidungen getroffen zu haben positive Emotionen und Humor, z.B. glücklich, zufrieden, voller Hoffnung sein, jemanden erheitern oder mit anderen lachen negative Emotionen, z.B. ängstlich, nervös, traurig, verunsichert sein Gefühl der Geborgenheit, z.B. sich nützlich von anderen akzeptiert und geliebt fühlen Sinn für Ästhetik, z.B. Freude an sensorischer Stimulation durch Musik, Töne, Farben, das Beobachten von Tieren, Wolken usw. haben Interaktionsfähigkeit, z.B. Kommunikationsschwierigkeiten, Wortfindungsschwierigkeiten, defizitäres episodisches Gedächtnis
Demenzkranke Menschen bestimmen den Sinn ihres Tuns „womöglich ist es viel entscheidender, dass demenziell erkrankte Menschen Beziehungen zu anderen Menschen aufrecht erhalten und diese Beziehungen für sich `sinnvoll`nutzen können.“ – anstatt immer nur auf die positiven Gefühle zu achten. (4. Bundesaltenbericht)