Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
„Wenn sie so wären wie wir……“
Advertisements

Verhaltensstörungen Definition – Unterscheidungen – Beschreibungen
Schöne schlanke Welt???.
"Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss" – Über (schulische) Erziehung Referenten: Björn Anton: Andy Caspar Michael.
Unzureichende Wahrnehmung / Diagnostik
Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch nach ICD-10 und DSM-IV
Behinderung – was ist das ?
Entstehung von Süchten und Drogenmissbrauch durch Modell-Lernen
Inga Schlesinger und Annette Kuhlig
Täter und Opfer Elternakademie
Besondere Lernleistung
Lebensqualität erhalten Wissenswertes zum Thema Alkohol
Vorsorge-Apéro Heinz Ernst 3. Dezember 2007
Der hessische Bildungsplan: QUAST und QuaSi im Vergleich
Transkulturalität Transkulturalität bezeichnet Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Kulturen. Der Begriff drückt aus 1.) Es gibt Unterschiede zwischen.
"Künstler helfen Obdachlosen" - SKM Augsburg
Schuften statt Schule Kinder in Kolumbien
Prävention sexueller Gewalt
Von Maria Leisring und Hannah Bornschein
Offen leben offen erleben offener leben Offen(er)leben.
Persönlichkeitsstörungen
„Unsere Jugend liebt den Luxus, hat schlechte Manieren,
Computerspielsucht.
Dr. Remi Stork Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V.
Selektive Sprachlosigkeit –
Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung
Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen als Chance für die ganze Familie Bundesverband e.V, Mai 2007 Anna Hoffmann-Krupatz An der stationären Vorsorge-
Motivationspsychologie
Sexualpädagogik HZA Herzlich willkommen zum Elternabend „Sexualpädagogik“ an der HZA Freienbach!
Wie häufig ist ADHS?.
Projekt «Die heutigen Jugendlichen Deutschlands und Russlands»
Motivation & Motivationsförderung
Mobbing – was tun?.
Ehrenerklärung Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung
Initiative Jugend und Chancen – Integration fördern Schulverweigerung – Die 2. Chance Informationsveranstaltung 16. Mai 2008, Berlin.
Weisse Woche 2011 Fachbereich Integration. Einleitung / Ausgangslage Definition Hauptstossrichtungen Organisation der Fachgruppe.
Stalking - Betroffene Aus allen Schichten und Altersgruppen
Selbsttötung ist kein Freitod
Schadensminderung im Justizvollzug Zusatzmodul: Gefangene aus ethnischen Minderheiten Training Criminal Justice Professionals in Harm Reduction Services.
Jugendliche und Drogenkonsum
Kostenfaktor: Psychische Erkrankungen
Deutschland ist nicht mehr, was es mal war Viele Jahre wurde über den demografischen Wandel in Deutschland gesprochen. Das, worüber diskutiert.
Forschungsergebnisse. Diskussion zum Thema Jugend & Alkohol ist fast so alt wie der Alkohol selbst Alkoholkultur ist gesellschaftlich verankert mangelhafte.
Konfliktlösung durch Konfrontation
Menschenbild und Methoden in der Suchtarbeit.
© für die 5.-8.Schulstufe Psychosoziale Gesundheit und Prävention...
Aufgaben des Beratungslehrers
Werte – Normen - Erziehungsziele
Welche Bedeutung hat das Ernährungsverhalten?
Dick, Dünn und dazwischen
© askja Luzern, 2004 Gesundheit und Lebensstil 16 – 20 Jähriger in der CH SMASH 2002 Swiss Multicenter Adolescent Study on Health finanziert vom Bundesamt.
Funktionale Analphabet/-innen - erkennen, ansprechen und informieren
Jean-Christoph Schwager "Glücksspielsucht im Alter"
Liebend gern erziehen Triple P-Elterngruppentraining für Familien von Kindern bis 12 Jahren Triple P = Positive Parenting Program (Positives Erziehungsprogramm)
Papilio Primärprävention von Verhaltensproblemen und Förderung sozial-emotionaler Kompetenz im Kindergarten.
Fachtagung der Bundesvereinigung Lebenshilfe: Migration und Behinderung: Zugangsbarrieren erkennen – Teilhabe ermöglichen 29.–30. September 2015 in Berlin.
Partizipation im Übergang – gemeinsam gestalten
Fachstelle für Suchtvorbeugung Kreis Borken Ausweichendes Verhalten + betäubende Funktion Gibt es so etwas bereits im Kindesalter?  sogenannte „Kinderdrogen“
Prävention sexueller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit Grundinformationen.
Seite Fallstricke: Stereotype und schulische Leistungen Aus- und Fortbildungsmodule zur Sprachvariation im urbanen.
Drogen- konsum in der Pubertät (k)ein Thema für Eltern?
Eltern und Fachpersonen «eine interdisziplinäres Team Drehtage 2016 Mehr als eine Klientin Eltern- Kind- Institution Einladung zur Kooperation Definition.
Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Suchtmittelkonsum und diversen Einstellungen von 11 – 14 Jährigen und deren Eltern H. Zingerle, K. Sonnerer, G.Wagner.
Mobbing in der Schule und im Internet. Was ist Mobbing? Die Demütigung können in Form körperlicher Gewalt, aber auch mit psychischen Mitteln geschehen.
Die Suchtpräventionsstelle der Bezirke Affoltern und Dietikon 1.
Arbeitsgruppe Kindesschutz Ein Kooperationsprojekt des Kinderkrankenhauses auf der Bult der Medizinischen Hochschule der niedergelassnen Kinderärzte der.
Deutsch Für die Prüfungsarbeit Zur Thema “Ess-Störungen” Gymnasium № 6 Klasse 9 “A” Von Mitkowa Irina und Larionowa Wiktoria.
 Präsentation transkript:

Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Vortragsaufbau Definition und Beispiele Risikoverhalten als „normales“ Verhalten in der Adoleszenz Risikoverhalten und Geschlecht (Gender) Riskante Lebenslagen und psycho-soziale Dynamik 5. Prävention als Beratung No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Definition Risikoverhalten weicht von allgemein anerkannten sozialen und/oder gesetzlichen Normen ab, wird von gesellschaftlichen Autoritäten überwiegend missbilligt, wirkt auf Dauer selbst - und/oder fremdschädigend und ist mit sozialen Sanktionen bis hin zu ordnungs- und strafrechtlicher Verfolgung belegt. Riskante Lebenslagen erhöhen aufgrund Ressourcenmangel die Wahrscheinlichkeit, dass die individuelle Entwicklung zu Gemeinschaftsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein beeinträchtigt ist (Krankheit, Ausgrenzung, Abhängigkeit, Sucht, Delinquenz). No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

aus: „Gleichheit ist Glück“ -Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind Richard Wilkinson und Kate Pickett No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Beispiele Rauchen (regelmäßiger) Alkoholkonsum riskantes Essverhalten tendenziell selbst- bzw. fremdgefährdende Aktionen wie Mutproben/Sensation Seeking (Parcours, U-Bahnsurfen etc.) frühzeitiges und/oder riskantes Sexualverhalten Konsum von (illegalen) Drogen Glücksspiel riskantes Fahren (unter psychoaktiven Substanzen) gewalttätige Handlungen gegen andere oder sich selbst (Ritzen, Schlägereien, Suizidversuche) Delinquenz und Kriminalität (Drogenhandel) No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Sensation seeking Viele Jugendliche haben ein hohes Bedürfnis nach Nervenkitzel und stimulierende Abwechslung. Besonders im Schutz der Peergruppe werden solche Bedürfnisse ausgelebt, bis zur Gesetzesübertretung als Nervenkitzel. Neurobiologisch ist das Kontrollzentrum im Hirn (präfrontaler Kortex) erst zu Beginn des Erwachsenenalters voll abgeschlossen. No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Risikoverhalten ist ein Teil adoleszenter Entwicklung aber nicht ungefährlich. Die Sterberate steigt zwischen 11 und 20 Jahren steil an, Ursache dafür sind Unfälle, Mord und Suizid Mortalitätskurve Nach dem Geburtsrisiko sinkt die Sterberate auf ihren Minimalwert für Acht- bis Zehnjährige mit ca. 20 Todesfällen pro 100.000 Personen der Altersklasse pro Jahr; siehe Diagramm. Mit fast 50 % sind Unfälle die Todesursache. Für 15- bis 20-Jährige bilden ebenfalls Unfälle das Hauptrisiko, gefolgt von Mord (ca. 18 tpj für USA, 40 tpj für Südafrika, 5 tpj für Deutschland) und Selbstmord No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Riskantes Verhalten als meist vorübergehendes alters- und entwicklungsangemessenes Erproben hat Bedeutung für: Beziehungsaufbau und Erhalt sowie Stabilisierung der Position in einer Peergruppe. Zeichen von Identifikation mit einer spezifischen, jugendlichen Subkultur. Anerkennung erreichen! Demonstration unkonventioneller Haltung, Abweichung von Normen und als ermüdend oder überlebt empfundene Gewohnheiten Autonomiegefühle schaffen, Erwachsenenstatus demonstrieren Spaß an Improvisation, Neuem und Austesten von Grenzen Das andere und das eigene Geschlecht beeindrucken Ausgleichen von Ängsten, Panik, Frustration, Unsicherheit und Schüchternheit No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Häufigkeit von Gebrauch psychoaktiver Substanzen: Psychische Merkmale Längsschnittuntersuchung: Keller und Block 1990 übermäßig kontrolliert sozial isoliert geringe soziale Kompetenz als Kinder ängstlich und gehemmt sozial kompetenter, fröhlicher, tatkräftiger, höhere Selbstzufriedenheit als Kinder, stressresistenter und wärmer zurückgezogen, antisoziales Verhalten unsicher unglücklich problembelastet 29 % Abstinente 36 % Experimentieren 20 % häufige Anwender Interpretation: Eine moderate Risikobereitschaft im Jugendalter ist normativ und mit einigen positiven, psychischen Merkmalen verbunden No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Gesundheitsriskantes Verhalten und Geschlechterverhältnisse Auch wenn sich in einigen Bereichen wie Rauchen und Alkoholkonsum in den letzten Jahren Annäherungen zeigen, bleiben erhebliche Unterschiede bestehen: Beim Konsum illegaler Drogen unterscheiden sich Jungen und Mädchen sowohl bei der Lebenszeitprävalenz, der 12-Monats-Prävalenz als auch dem regelmäßigen Konsum zu Ungunsten der Jungen Je härter der Konsum, desto höher der Jungenanteil Ernährungsbedingtes Problemverhalten ist eindeutig eine weibliche Domäne, obwohl Mädchen sich gesundheitsbewusster ernähren, insbesondere durch Bulimie, Anorexie und wohl auch Adipositas Insgesamt wählen Jungen eher externalisierendes gesundheitliches Risikoverhalten (Schlägereien, riskantes Autofahren, Mutproben, harte Drogen), während Mädchen internalisierende Formen wählen (selbstverletzendes Verhalten) No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Person – Umwelt – „Droge“ Kein Jugendlicher wird durch gelegentliches Probierverhalten süchtig. Phasen des Konsums Kennen lernen (Neugier, sensation seeking) Experimentieren (Grenzen testen, Kick) Sozialer Konsum (Feiern, entspannen, Gewohnheitsbildung) Problematischer Konsum Süchtiger Konsum (Abhängigkeit, Beschaffung) „Ko-Abhängigkeiten“ (Familie, Partnerschaft, Peers, Stadtteile) Umwelt Individuum No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Familiäre Risikofaktoren keine sichere frühe Bindung und stabile Versorgung Dysfunktionales Erziehungsverhalten chronisch negative familiäre Kommunikationsmuster Psychische Störungen/Erkrankungen der Eltern Kriminalität und Drogenabhängigkeit der Eltern Geringe Kopplung mit den pädagogisch-kulturellen Kontextsystemen Geringer Ausbildungsstand der Eltern, wenig schulische Unterstützung Mangelnde außerfamiliäre soziale Bindungen (soziale Isolation) Geringer sozio-ökonomischer Status Gewalt als Erziehungsmittel No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Risikofaktoren im System Schule Hohe Bedeutung des Sprachniveaus und korrekter Rechtschreibung Auslesedruck durch Sitzenbleiben und verschieben im dreigliedrigen Schulsystem Geringe spezifische Kulturkompetenz und muttersprachliche Lehrkräfte Geringer Körper-, Handlungs- und Praxisbezug Dominanz traditioneller Kulturtechniken, geringe Bedeutung alternativer Kompetenzen (Musik und Rhytmus, Theater, Tanz, Medien, Mode, Sport, Kreativität etc.) Ort, Datum, Thema der Präsentation

Teufelskreisdynamik Schulversagen/keine realistische Berufsperspektive Ausgrenzung/Abwertung/Perspektivlosigkeit Reaktionsbildung als gegenkultureller Schutz (subkulturelle Werte) Glücksspiel als potentieller Ausweg Beschaffungskriminalität Wagenburgmentalität (wir und die ) Schulverweigerung Mißlingender Übergang No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Prävention und Früherkennung als Beratungsgeschehen (für bestehende und künftige Probleme) Interventionsebene (Einzelperson, Gruppe, Familie, Organisation) Ebene Zielgruppe (Risikoverhalten, Risikostoff, Altersgruppe, Geschlecht, ethnisch-sozialer Hintergrund etc.) Ebene der Methode (Infovermittlung, Ressourcenstärkung, Erlebensparcours, Selbstkontrolltrainings, Selbsterfahrung, Achtsamkeitstraining, social skill-Training, Soziales Kompetenztraining, Multifamilientraining etc.) No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

Allgemeine Prinzipien von Prävention und Lösungsentwicklung Aktives Handeln statt Konsum Information und Medieneinsatz Kreative Gestaltung in der Gruppe / Zugehörigkeit und Anerkennung Negative Gefühle wahrnehmen und aushalten Genuss lernen Kohärenzerfahrungen ermöglichen Den Dialog ermöglichen Wissen + Selbsterfahrung statt Laissez-faire oder rigide Verbote gelingende Übergänge Schule / Beruf No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013

No risk, no fun?! – Riskante Lebenslagen und Risikoverhalten junger Menschen – HPH 12.09.2013