Zivilprozessrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht

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 Präsentation transkript:

Zivilprozessrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht Hochschultag der Zürcher Mittelschulen 2012 Zivilprozessrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht Prof. Dr. Isaak Meier

Rechtsgrundlagen seit 2011 = neue ZPO Zivilprozessrecht Zwangsvollstreckung neue ZPO Entscheidverfahren Neue ZPO Realansprüche SchKG Geldansprüche Kant. R. = GOG Gerichtsorganisation Die wichtigste Neuerung in meinem Fachgebiet ist die neue schweizerische ZPO, welche im letzten Jahr in Kraft getreten ist. Die neue ZPO löst die 26 kantonalen ZPO’s ab. Sie regelt das Entscheidverfahren und die Vollstreckung von sog. Realansprüchen, Ansprüchen die nicht auf Geld gehen. Geldansprüche werden nach wie vor nach dem SchKG vollstreckt. Die Gerichtsorganisation bleibt kantonales Recht. Wie alle Kantone hat auch der Kanton Zürich ein neues GOG erlassen. Luzern Bern

Schlichtungsbehörden Gerichte um Kanton Zürich und Bund (GOG und BGG) Bundesgericht 30’000 SFR Obergericht Handelsgericht 10’000 SFR Bezirksgerichte Die Gerichtsorganisation bleibt sich im wesentlich gleich. Die Klage beginnt mit vor der Schlichtungsbehörde dem Friedensrichter. Die Gericht ersten Instanz sind die Bezirksgerichte. Bei genügende Streitwert kann der Fall ans Obergericht und schliesslich das Bundesgericht weitergezogen werden. Schlichtungsbehörden

Neue ZPO am Beispiel ihrer Grundkonzepte Richten, Schlichten und Mediation Rechtsstaatliches Verfahren Rolle von Parteien, Anwältinnen und Gericht bei Erstellung der Entscheidgrundlagen Wie fällt ein Gericht seine Entscheidungen? Ich möchte die neue ZPO in aller kürze am Beispiel der wichtigsten Konzepte darstellen, welche sie auch in der Mittelschule behandeln könnten.

Gerichtsnahe Mediation Thema: Richten, Schlichten und Mediation Vorbemerkung: Formen der Konfliktslösung im Privatrecht Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens = ZPO Ausserhalb eines Gerichtsverfahrens Richten Schlichten Gerichtsnahe Mediation Privates Verhandeln, Schlichten, Mediation Ombudsstellen bei Konsumentenstreitig-keiten (Ombudscom, Reiseombudsman …) Ich beginne zuerst mit dem Thema: Richtern Schlichten und Mediation. D.h. den Formen der Konflikts Lösung in der ZPO. Dabei ist es mir zunächst wichtig hervorzuheben, dass diese nicht die einzigen Formen der Konflikts Lösung im Privatrecht sind. Für die häufigsten täglichen Streitigkeiten bestehen heute Ombudstellen wie Ombudscom für Händyrechnungen etc. Man spricht hier von einer Privatisierung der Justiz.

Schlichten Richten Entscheidverfahren Ineinandergreifen von Richten und Schlichten Schlichten Richten Schlichtungsverfahren Einleitung der Klage bei der Schlichtungsbehörde Entscheidverfahren Erster Schriftenwechsel   Begründung des Parteistandpunkts Instruktionsverhandlung Vergleichsverhandlung Vorbereitung der Hauptverhandlung Hauptverhandlung Eventuell Vergleichsverhandlung Parteivorträge Beweisverfahren Entscheidfällung Gerichtliche Entscheidung Das Gerichtsverfahren ist auch in der neuen ZPO geprägt von einem Nebeneinander von Schlichten und Richten. Jedes Gerichtsverfahren beginnt mit einer Vergleichsverhandlung vor Friedensrichter. Auch während dem eigentlichen Gerichtsverfahren finden ein bis mehrere Vergleichsverhandlungen statt. Die Mehrzahl der Prozesse werden verglichen und nicht gerichtlich beurteilt.

Mediation ZPO (213/214): Parteien können statt Schlichtung oder gerichtlichem Vergleich Mediation wählen. Definition: Unabhängiger Dritter unterstützt Parteien, selber Lösung zu finden auf der Grundlage der Interessen und der «wahren» Gründe des Konfliktes. Anwendungsbereiche: Scheidung Nachbarstreitigkeiten Erbstreitigkeiten Arbeitstreitigkeiten Als neue Form der Konfliktslösung sieht die ZPO die Mediation vor. Die Parteien können an Stelle der Schlichtung vor Friedenrichter und dem gerichtlichen Vergleich die Mediation wählen. Sie ist wie folgt definiert …. Es ist also eine vertiefte Form, welche auch psycholgische Aspekte einbezieht. Anwendungsbereiche sind: …

Konzept: Rechtsstaatliches Verfahren Unabhängigkeit (ZPO 47) Gesetzliches Gericht (ZPO 4 ff./GOG) Gericht ZPO, BV 29/30 und EMRK 6 Effektivität (vgl. ZPO 124 I) Öffentlichkeit (ZPO 54) Verfahren Zugang zum Gericht (unentgeltliche Prozessführung, ZPO 117 ff.) Das wichtigste Konzept der neuen ZPO ist das Konzept des rechtsstaatlichen Verfahrens. Was das ist, sollte eine wesentliches Lernziel der Mittelschulen sein. Die Folie gibt einen Überblich über die Orte der Regelung. Betrifft sowohl die Gerichtsseite, als auch das Verfahren … Farinessprinzip fasst alle diese Prinzipien zusammen. Rechtliches Gehör (ZPO 53) Fairnessgrundsatz BV 29/EMRK 6

Problematik: Kostenvorschusspflicht (ZPO 98) Tabelle: Gerichtskosten und Parteientschädigung (in CHF)   1000 100 000 1 Mio. 1. Instanz 1000 – 1750 31 165 – 61 715 94 790 – 188 340 Kantonale Instanzen 1416 – 2334 47 181 – 84 999 146 474 – 260 956 Alle Instanzen 2816 – 15 334 54 681 – 109 999 165 474 – 324 956 Ich möchte hier nur einen wichtigen Aspekt erwähnen, es sind dies die Gerichtskosten, welche die Parteien faktisch davon abhalten können, ihre Rechte wahrzunehmen. Wenn ich einen Prozess über Fr. 100’000.- verliedere, zahle ich mehr als den Streitwert! Kostenproblematik noch verschärft, weil die Parteien nach neues ZPO einen Kostenvorschuss leisten müssen! Auch nach neues ZPO gibt es Ansprich auf unentgeltiche Prozessführung, welches allerdings nur den Mittelosen zugute kommt. Problematik: Kostenvorschusspflicht (ZPO 98) Unentgeltliche Prozessführung bei fehlenden Mitteln (ZPO 117 ff.)

Konzept: Erstellung der Entscheidungsgrundlagen Formulare (ZPO 400 II) Gericht Fragepflicht (ZPO 56) Untersuchungsmaxime (ZPO 55 II) Beweis v.A.w. (ZPO 153, 183 I etc.) Verhandlungsmaxime (ZPO 55 I) Mitwirkung bei Untersuchungsmaxime Ein interessantes Konzept betrifft die Frage, wer ist für die Erstellung der Entscheidungsgrundlagen verantwörtlich. Im ZPR sind dies nach der sog. Verhandlungsmaxime vorallem die Parteien und ihre Anwälte. Aber auch das Gericht leistet eine wichtigen Beitrag über die sog. Untersuchungsmaxime, wie sie etwa bei Arbeitstretigiektien gilt. Wichtig ist auch die richterliche Fragepflicht. Anwältin Anwalt Kläger Beklagte

Richterliche Fragepflicht Art. 56 Gerichtliche Fragepflicht Ist das Vorbringen einer Partei unklar, widersprüchlich, unbestimmt oder offensichtlich unvollständig, so gibt ihr das Gericht durch entsprechende Fragen Gelegenheit zur Klarstellung und zur Ergänzung. Art. 247 Abs. 1 (Vereinfachtes Verfahren) Das Gericht wirkt durch entsprechende Fragen darauf hin, dass die Parteien ungenügende Angaben zum Sachverhalt ergänzen und die Beweismittel bezeichnen.

Konzept: Richterliche Entscheidfindung Sachverhaltsfeststellung Rechtsanwendung Unbestrittene Tatsachen (ZPO 150) Sachverhaltsfeststellungen durch Beweiswürdigung (ZPO 157) Beweislastverteilung (ZGB 8 und besondere Bestimmungen) Normauslegung Rechtsprechung (BGE …) Lehre Immer spannend ist die Frage: Wie fällt das Gericht seine Entscheidungen. … Es stellt den Sachverhalt fest und wendet das Recht an. Ich will besonders auf die Beweislastentscheidung hinweisen. Die meisten rechtserheblichen Tatsachen bleiben unbewiesen. Das Gericht entscheidet alsdann zulasten derjenigen Partei, welche die Beweislast trägt. Beispiel: Wenn ich der Besteller eines Werkes die rechtzeitige Mängelrüge nicht beweisen kann, wird angenommen, dass er keine Mängel geltend gemacht hat!!!!!!

Hinweise auf weitere Information Zürcher Gerichte (Formulare, Informationen zum Verfahren etc.): www.gerichte-zh.ch Universität Basel (Gesetze, Formulare etc.): www.zpo.ch Mediation: Esther Haas/Toni Wirz, Mediation, Konflikte lösen im Dialog, Beobachter, 3. Aufl. 2011