Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts

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Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts
 Präsentation transkript:

Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts Nina Stumpff Lessing: Die Erziehung des Menschengeschlechts Über Offenbarung als Erziehung Kirchengeschichtliches Seminar: Die 15 wichtigsten Schriften der Kirchen- und Dogmengeschichte (E. Stöve) Universität Duisburg-Essen Wintersemester 2003/04

Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts Inhaltsverzeichnis Biographische Notizen Zur Entstehung der Schrift Die Idee Zusammenfassender Überblick Textauszüge Offenbarung als Erziehung §§ 1-5 Der Reinkarnationsgedanke §§ 94-95 Anmerkung zum Reinkarnationsgedanken Quellen Linkliste Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Biographische Notizen Gotthold Ephraim Lessing wurde am 22.1.1729 in Kamenz/Oberlausitz geboren. Sein Vater war Pastor. Der junge Lessing besuchte zuerst die Stadtschule in Kamenz, von 1741-1746 die Fürstenschule in Meißen. Er studierte danach Medizin (1746-1748) und Theologie in Leipzig. Danach lebte er als freier Schriftsteller in Berlin, wo er für mehrere Zeitungen schrieb. Er hatte Verbindung zu verschiedenen Theatergruppen und schrieb für diese seine ersten Stücke. Dauernd in Geldnot nahm er in Breslau eine Stelle als Sekretär beim General Tauentzien an (1760-1765). 1767 erhielt er eine Anstellung als Dramaturg und Kritiker am Deutschen Nationaltheater in Hamburg, 1770 wurde er Bibliothekar in Wolfenbüttel. Lessing starb am 15.2.1781 in Braunschweig. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Zur Entstehung der Schrift 1: die Apologie des Reimarus 1768 stirbt Hermann Samuel Reimarus, Orientalist und Professor am Hamburger Gymnasium und hinterlässt ein Manuskript mit dem Titel "Apologie oder Schutzschrift der vernünftigen Lehre Gottes". In dieser Schrift untersucht er die Bibel frei von jedem dogmatischem Vorverständnis. Er kritisiert den christlichen Glauben, wo er nicht mit einer vernünftigen und natürlichen religiösen Überzeugung in Übereinstimmung zu bringen ist. Seine Kritik spart auch das Zentrum des traditionellen christlichen Erlösungsglaubens, die Auferstehung Jesu, nicht aus. Als Dramaturg in Hamburg war Lessing mit der Familie des Orientalisten befreundet und erhielt Kenntnis von dem Manuskript. Er hält die Schrift für geeignet, das theologische Diskussion von einem falschen dogmatischen Vorverständnis zu befreien und veröffentlicht Auszüge, die er – inzwischen Bibliotheksdirektor in Wolfenbüttel – als Funde aus seiner Bibliothek tarnt. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Zur Entstehung der Schrift 2: Der Wolfenbütteler Fragmentenstreit Mit der Veröffentlichung der Auszüge aus der deistischen Religionsschrift des Reimarus, die er als Fragmente bezeichnet, löst er den so genannten ‚Wolfenbütteler Fragmentenstreit‘ aus, in dessen Zusammenhang Lessing die Idee der Erziehungsschrift entwickelt hat. Der Streit um die Fragmente gipfelt im Disput mit dem Hamburger Hauptpastor Johann Melchior Goeze, einem strengen Vertreter der lutherischen Orthodoxie, für den die Bibel als von Gott inspiriert und deswegen absolut wahr und irrtumsfrei gilt. Die herzogliche Zensur interveniert und unterbindet jede weitere Diskussion. Daraufhin besinnt sich Lessing seines alten Metiers, des Theaters. In dem Drama „Nathan der Weise“, insbesondere in der Ringparabel formuliert er sein theologisches Testament. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts Die Idee Lessing überträgt die Erziehung eines einzelnen Menschen auf die gesamte Menschheit. Dabei setzt er Erziehung im übertragenen Sinne mit Offenbarung gleich. Diese Erziehung ist nur zum Teil abgeschlossen; sie ist noch gegenwärtig. Die Entwicklung zu einem autonom denkenden Menschen teilt er in drei Abschnitte ein. Die ersten beiden entsprechen den zwei Testamenten der Bibel. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Zusammenfassender Überblick Gott erwählt das israelitische Volk, um dieses im besonderen Sinne zu erziehen. Das Alte Testament soll diese Aufgabe erfüllen. Allmählich entwächst es diesem Elementarbuch (§§ 1-53). Für die weitere Erziehung des Menschengeschlechts wird daher ein neuer Pädagoge benötigt. Dieser ist Christus. Er ist ein zuverlässiger und praktischer Lehrer der Unsterblichkeit der Seele. Zu dieser Lehre stellt das Neue Testament das angemesseneres Elementarbuch dar (§§ 54-85). In den letzten Paragraphen der Schrift bekommt der Zögling einen Einblick in das dritte Zeitalter, dem Zeitalter des Geistes (§§ 86-100), das nun allmählich Gestallt gewinnt. Im Kern dieses Abschnittes stehen die §§ 93 und 94, in denen Lessing die Reinkarnationsidee zur Diskussion stellt. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Textauszüge: Offenbarung als Erziehung 1 §1 Was die Erziehung bei dem einzelnen Menschen ist, ist die Offenbarung bei dem ganzen Menschengeschlechte. §2 Erziehung ist Offenbarung, die dem einzelnen Menschen geschieht; und Offenbarung ist Erziehung, die dem Menschengeschlechte geschehen ist und noch geschieht. §3 Ob die Erziehung aus diesem Gesichtspunkte zu betrachten, in der Pädagogik Nutzen haben kann, will ich hier nicht untersuchen. Aber in der Theologie kann es gewiss sehr großen Nutzen haben und viele Schwierigkeiten heben, wenn man sich die Offenbarung als eine Erziehung des Menschengeschlechts vorstellt. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Textauszüge: Offenbarung als Erziehung 2 §4 Erziehung gibt dem Menschen nichts, was er nicht auch aus sich selbst haben könnte: sie gibt ihm das, was er aus sich selber haben könnte, nur geschwinder und leichter. Also gibt auch die Offenbarung dem Menschengeschlechte nichts, worauf die menschliche Vernunft, sich selbst überlassen, nicht auch kommen würde: sondern sie gab und gibt ihm die wichtigsten dieser Dinge nur früher. §5 Und so wie es der Erziehung nicht gleichgültig ist, in welcher Ordnung sie die Kräfte des Menschen entwickelt; wie sie dem Menschen nicht alles auf einmal beibringen kann: eben so hat auch Gott bei seiner Offenbarung eine gewisse Ordnung, ein gewisses Maß halten müssen. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Textauszüge: Offenbarung als Erziehung 3 §94 Das wohl nun nicht! [sc. in ein und demselben Leben alle Stadien der Menschheit durchlaufen] – Aber warum könnte jeder einzelne Mensch auch nicht mehr als einmal auf dieser Welt vorhanden gewesen sein? §95 Ist diese Hypothese darum so lächerlich, weil sie die älteste ist? weil der menschliche Verstand, ehe ihn die Sophisterei der Schule zerstreut und geschwächt hatte, sogleich darauf verfiel? Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Anmerkungen zum Reinkarnationsgedanken Insbesondere im dritten Teil dieser Schrift entwickelt Lessing Gedanken, die nach christlichen Maßstäben schwer nachzuvollziehen sind. Er entfaltet die Idee eines Reinkarnationsprozess, der das Problem lösen soll, das traditioneller Weise durch den Gedanken einer ausgleichender Gerechtigkeit in einer jenseitigen Welt gelöst wird: Wie ist es möglich, wenn alle Menschen als Geschöpfe Gottes gleich sind, dass es den einen gut geht und den anderen elend? Dass der Rechtschaffene leidet, der Lasterhafte hingegen ein bequemes Leben führt? Der Frühgeborene auf allen materiellen und intellektuellen Komfort verzichten soll, der dem Spätgeborenen in den Schoß fällt. Der Gedanke der Reinkarnation will Ewigkeit und Geschichte miteinander verschmelzen. Die Sukzession der Inkarnationen, die die Individuen durchlaufen, gewährt ihnen das das, was ihnen zusteht. Ewigkeit ist nicht die Alternative von ewigem Glück oder ewiger Verdammnis, sondern ein Prozess zur Vervollkommnung dessen, zu dem ein Mensch fähig ist. Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts Quellen Lachmann, Karl (Hg.): Gotthold Ephraim Lessings sämtliche Schriften, 13. Band, Leipzig 1897 Rilla, Paul (Hg.): Gotthold Ephraim Lessing. Gesammelte Werke in zehn Bänden, 7. Band, Berlin / Weimar 1968² Rilla, Paul (Hg.): Gotthold Ephraim Lessing. Gesammelte Werke in zehn Bänden, 8. Band, Berlin / Weimar 1968² Helbig, Louis Ferdinand: Gotthold Ephraim Lessing. Die Erziehung des Menschengeschlechts. Historisch-kritische Edition mit Urteilen Lessings und seiner Zeitgenossen, Einleitung, Entstehungsgeschichte und Kommentar, Bern u.a. 1980 Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts

Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts Linksammlung Auszüge und Meditationen http://www.philos-website.de/index_c.htm?autoren/lessing_c.htm~main2 (21.3.2004) Projekt Gutenberg (vollständiger Text) http://gutenberg.spiegel.de/lessing/erziehng/erziehn2.htm Werkanalyse bei Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Erziehung_des_Menschengeschlechts (15.9.2004) Werkbeschreibung, Inhaltsangabe und Bibliographie zu Nathan und Minna von Barnhelm http://www.xlibris.de/Autoren/Lessing/Interpretation/Nathan.htm Stumpff: Lessing – Die Erziehung des Menschengeschlechts