Transfusionsmedizinisches Grundlagenwissen

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 Präsentation transkript:

Transfusionsmedizinisches Grundlagenwissen Dr. Björn Mehlhorn, Anästhesist Qualitätsbeauftragter Hämotherapie Klinikum der FSU Jena FSU Jena, 2007, B. Mehlhorn

Übersicht Transfusion: Indikationsstellung Anforderung Blutgruppe Anforderung Kreuzblut Anforderung Konserven Durchführung Nachsorge Dokumentation

Übersicht Durchführung einer Transfusion von Erythrozytenkonzentraten Bestimmung der Blutgruppe des Patienten am Bett (sog. „Bed-Side-Test“) Wann ist der Bedsidetest vorgeschrieben? Durchführung einer Transfusion von Frischplasma Fußangeln

Bestimmung der Blutgruppe des Patienten am Bett („Bed-Side-Test“) Grundlagen der Durchführung Wann muß der Test (durch die Richtlinie Hämotherapie gefordert) durchgeführt werden Wann kann der Test entfallen Was kann fakultativ noch getestet werden

Grundlagen der Durchführung In einem Antikörper-Test werden die Empfänger-Erythrozyten mit Anti-A (gelbes Serum) und Anti-B (blaues Serum) gemischt Eine Agglutination zeigt vorhandene Antigene auf der Erythrozyten-Oberfläche des Empfängers

Bewertung des Testergebnisses A Anti-A Anti-B Anti-A Anti-B B AB Anti-A Anti-B Anti-A Anti-B Dokumentation mit „Ergebnis, Datum, Uhrzeit, Unterschrift“ auf dem Begleitschein oder in der Kurve, Ergebniskarte nicht abheften!

Warum testen wir nur auf AB0? Eine Testung auf Rhesus-Eigenschaften ist nicht ausreichend empfindlich, sodaß am Krankenbett der weniger Geübte die Ergebnisse mißdeuten könnte (kein valider Test) Rhesus-Antikörper sind im Patienten nicht natürlicherweise vorhanden (erworbene Antikörper), sodaß eine Fehltransfusion im Rh-System (bei noch nicht vorhandenen Antikörpern) nicht so deletäre Folgen hat wie im AB0-System (natürlich exprimierte Antikörper)

Warum testen wir nur auf AB0? Im Test soll nur die gefährlichste und wahrscheinlichste Verwechslung patientennah ausgeschlossen werden - eine komplette Blutgruppenserologie ist bettnah nicht möglich (z.B. Antikörper gegen 0) Andere gefährliche Verwechslungen können am Bett nicht ertestet werden, nur in der Blutbank - daher ist eine exakte Kontrolle des Konservenbegleitscheines („Identitätssicherung“) notwendig

Wann muß der Bed-Side-Test durchgeführt werden? Vor jeder ersten Gabe von blutgruppen-verträglich zu transfundierenden Produkten (Fresh Frozen Plasma, EK, TK, GK) in der Schicht In jeder Schicht erneut Von jedem Arzt, der transfundiert, persönlich oder unter direkter Aufsicht Auch im NOTFALL !

Wann kann der Test entfallen? Bei der Gabe von Blutprodukten in der selben Schicht durch den selben Arzt und gleichzeitig bei zweifelsfrei nachvollziehbarem Ergebnis, daß dieses Testergebnis zu diesem Patienten gehört („Identitätssicherung“) kann die erneute Testung des Patienten entfallen. Bei Eigen-EK gelten abweichende Richtlinien. Im Zweifel erneut testen.

Was kann noch getestet werden? Fremd-Erythrozyten-Konzentrate aus der Blutbank können auf Blutgruppengleichheit getestet werden Hier garantiert/haftet jedoch die Blutbank - wie bei FFP - für die korrekte Beschriftung der Blutprodukte Es ist nicht unsere Aufgabe, die korrekte Beschriftung von Arzneimitteln zu überprüfen (EK, FFP, Antibiotika etc. pp.)

Warum sollten Fremd-EKs nicht getestet werden? Der Transfundierende hat keine Verantwortung für die korrekte Beschriftung von Arzneimitteln! Er sollte nicht die Arbeit anderer machen oder deren Verantwortung übernehmen wollen. Die Blutgruppe von FFP kann nicht am Bett getestet werden, dennoch sind FFP bei Fehltransfusion genauso gefährlich -> der Transfundierende muß die BG des Empfängers exakt kennen! zeitraubend, teuer und infektionsträchtig bei „nur“ blutgruppenverträglicher Transfusion stiftet ein dann ja ungleiches Testergebnis ggfs. Verwirrung

Was muß noch getestet werden? Eigen-Erythrozyten-Konzentrate aus der Blutbank oder vom Cell-Saver (z.B. nach Bestrahlung) oder der ANH oder der HLM müssen auf Blutgruppengleichheit getestet werden. Nur hier => Test aus Konserve und Patient! Hier garantiert die Blutbank nicht für die Beschriftung der Blutprodukte - die komplette Identitässicherung ist hier die Aufgabe des Transfundierenden

Die von uns zu verantwortende mögliche Verwechslung hat drei Ursachen Entnahme des Kreuzblutes vom falschen Patienten Rückgabeversuch des Blutes an einen Patienten, für den das Blut nicht bestimmt ist fehlerhafte oder fehlende Beschriftung eines HLM/ANH/CS-Beutels

Entnahme von X-Blut / BG-Blut Ausschließlich in zuvor beschriftete Röhrchen Patienten mit offenen Fragen nach seiner Identität befragen: Kein „Sind Sie Erna Müller? Nicht auf Bett-Beschriftung verlassen Delegierbare Tätigkeit – ABER: über-/ab-nehmende Person muß auch nach o.g. Grundsätzen handeln -> Prüfen der Qualifikation des Abnehmenden

Unterschrift des Abnehmenden – wofür? Der (die) Unterzeichner(in) versichert, daß er (sie) sich von der Identität des Patienten persönlich überzeugt hat und daß er (sie) das Testblut selbst in ein Behältnis (Monovette) entnommen hat, das vor Entnahme mit dem Namens-Etikett dieses Anforderungsscheines ordnungsgemäß beschriftet war. Unterschrift der mit der Abnahme beauftragten Person (Arzt/Schwester) Unterschrift des anfordernden Arztes

Bereitstellung von Transfusionen Kreuzprobe mit Identitätsbezeugung des Inhaltes des Röhrchens durch Unterschrift des Abnehmenden (besondere Schulung!) Unterschrift des Arztes für die Bereitstellung oder Anforderung von Konserven (Rezept !) Kreuzprobenergebnis ist maximal 72 Stunden gültig Dokumentation des Vorganges (X-Blut-Entnahme, Anforderung der Konserven, Gabe) mit Uhrzeit in der Patientenkurve

Bereitstellung von Transfusionen Keine blanko unterschriebenen Anforderungsscheine auf Station: Transfusionsanamnese durch den Arzt auf den Anforderungsschein: Frühere Transfusionen/Unverträglichkeiten? Schwangerschaften (Rh?/rh?) Nothilfepaß / Blutgruppenpaß anderer Einrichtungen? Plasmaexpander-Gabe vor Kurzem (HAES…)

Vorgehen bei Transfusion von EK Bedsidetest (durchführen/dokumentieren) Konservencheck auf: Hämolyse/Gasbildung/Verfärbung/Aggregate Abnahme- und Verfalldatum der Konserve Blutgruppe der Konserve Konservenbegleitschein mit Name des Patienten Blutgruppe des Patienten Nummer der Konserve Datum der Kreuzprobe Blutgruppenbestimmungsschein oder Nothilfepaß der FSU Jena

Vorgehen bei Transfusion von EK 200µm-Filter (weiß) (DIN 58360 TG) außer Vollbluttransfusion (sehr selten) Retransfusion von Wundblut (hier ist jedoch bei uns im Cell-Saver ein 40µm-Filter eingebaut) ANH-Blut-Rückgabe (Autologe Normovoläme Hämodilution) Standzeit des Filters/EK 6 Stunden Wechsel des Filters, wenn er sich verstopft hat Also b.B. mehrere EK/FFP durch einen Filter EK nicht erwärmen! außer Massivtransfusionen (und dann warme EK sofort transfundieren, da der Erythrozytenstoffwechsel durch die Wärme wieder aktiviert wurde) Kälteantikörper Kleinkinder

Vorgehen bei Transfusion von TK Bedsidetest (durchführen/dokumentieren) Konservencheck auf: Gasbildung/Verfärbung/Aggregate/Swirling Abnahme- und Verfalldatum der Konserve Blutgruppe der Konserve Konservenbegleitschein mit Name des Patienten Blutgruppe des Patienten Nummer der Konserve Datum der Kreuzprobe Blutgruppenbestimmungsschein oder Nothilfepaß der FSU Jena

EK-Kompatibilität 0-EKs kann ein Empfänger mit 0, A, B, AB erhalten (sog. „Universal-EKs“) A-EKs kann ein Empfänger mit A, AB erhalten B-EKs kann ein Empfänger mit B, AB erhalten AB-EKs kann ein Empfänger mit AB erhalten

Vorgehen bei Transfusion von FFP (Gefrierfrischplasma, lyophilisiertes Plasma) Bedsidetest Konservenbegleitschein Name des Patienten Blutgruppe des Patienten Blutgruppe des FFP Nummer des FFP Blutgruppenbestimmungsschein oder Nothilfepaß der FSU Jena Check des FFP auf: Gasbildung/Verfärbung/Aggregate Abnahme- und Verfalldatum des FFP Bei lyophilisiertem Plasma: vollständige Auflösung, Verfärbung 200µm-Filter (weiß) Standzeit des Filters/FFP 6 Stunden Besser jedoch das FFP bald geben, da die gerinnungsaktiven Faktoren, besonders VII und VIII schnell in ihrer Aktivität abnehmen

FFP-Kompatibilität AB-FFPs kann ein Empfänger mit 0, A, B, AB erhalten (sog. „Universal-Plasma“) A-FFPs kann ein Empfänger mit A, 0 erhalten B-FFPs kann ein Empfänger mit B, 0 erhalten 0-FFPs kann ein Empfänger mit 0 erhalten

Durchführung jeglicher Transfusion Möglichst durch einen eigenen periphervenösen Zugang mit der mindestgröße 1,3mm (grün) Nicht parallel mit anderen Infusionen ZVK (2. Wahl) ggfs. vorher und hinterher mit mindestens 100 ml NaCl 0,9% spülen

Durchführung EK kurz laufen lassen, dann kurz Pause – auf Nebenwirkungen achten (Oeleker-Probe) Tropfgeschwindigkeit einstellen – für regelmäßige Überwachung sorgen Ständig erreichbar sein bzw. dem Dienstarzt übergeben

Nebenwirkungen Sofortreaktion vom allergischen Typ (Anaphylaxie) Sofortreaktion vom verzögerten Typ Spätreaktionen vielfältiger Art Symptome: Herz-Kreislauf-Reaktionen, Unruhe, Übelkeit, Haut-Reaktion, Lungenprobleme, Hämolysezeichen, Rücken- und Flankenschmerz

Maßnahmen bei Nebenwirkungen Transfusion stoppen, Zugang sichern, Transfusion asservieren + steril abstöpseln Symptomatische Notfallmaßnahmen (Atmung, Kreislauf etc.) Infusion anhängen (sicherer Zugang!) Sofort erneuter Bedsidetest von Patient und Konserve (letzteres bei EK) Laborröhrchen füllen – Transfusionsmedizin anrufen (32 55 66) Abgestöpselte Transfusion und Laborproben in IfTM Dokumentation

Fußangeln EK niemals in Kontakt mit FFP bringen, da so die konservenwandständigen Erythrozyten unter null Grad Celsius gefrieren und damit eine sofortige Hämolyse eintritt Bei Transfusion von EK wird kein Kalzium gebunden, da in EKs kein Zitrat enthalten ist, bei FFP hingegen ist mit einem Rückgang des Serum-Kalziums zu rechnen

für Ihre Aufmerksamkeit Schlußwort AB0-Bestimmung des Patienten vor jeder Transfusion – Dokumentation Kontrolle von Konservenbegleitschein, Konserve und Blutgruppenschein (rot) direkt vor Transfusion Keine Blanko-Anforderungsscheine unterschreiben X-Blut-Entnahme nur in beschriftete Röhrchen - Offene Fragen stellen! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit