Uranreihen Zusammenfassung mehrerer eng verwandter Datierungsmethoden

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 Präsentation transkript:

Uranreihen Zusammenfassung mehrerer eng verwandter Datierungsmethoden Gehen von Ungleichgewichten in Zerfallsreihen von 238U und 235U aus Z.B. 230Th/234U, 231Pa/235U, 234U/238U „Ionium“ In geschlossenen Systemen Einstellung eines Gleichgewichts mit der Zeit, d.h. alle radioaktiven Zerfallsglieder besitzen gleiche Aktivität [Bq/kg]

Uranreihen

Uranreihen Nach Störung des Gleichgewichts: Wiedereinstellung ~t  Zeitpunkt der Störung datierbar In Natur Störung durch geochemische Fraktionierung (Löslichkeit bei Verwitterung und Transport, Mineralneubildung…) Erste Beobachtung von Ra- und 230Th-Überschüssen in marinen Sedimenten bereits 1908  Datierungsversuche (1942) Entwicklung der Methoden mit verbesserten Nachweistechniken (-Spektrometrie) seit Mitte 1950er Da Korallen und Tiefseetonen Archive quartärer Klimageschichte, U-Reihen wesentliche Stütze der Quartärchronologie Massenspektrometrische Messung (TIMS)  viel geringere Probenmengen (1/100) und höhere Präzision (Edwards et al. 1986/87, <1% Fehler)  weltweiter Aufschwung Zeitraum von wenigen a bis >500 ka heute datierbar Faustregel: bis 5 HWZ (da HWZ von 230Th =75,4 kabis ca. 350 ka (mit TIMS u. U. bis bis ca. 500 ka)

Uranreihen Materialien: Mind. 0,1 µg/g U nötig (typische Werte: Löss und geochem. Krustenmittel ca. 3 ppm, Sand 0,8-2 ppm, Ton ca. 5 ppm, Granit ca. 20 ppm, Kalkstein und –sinter bis 0,5 ppm) Marin: Tiefseesedimente, Korallenriffe, Manganknollen, u. U. Molluskenschalen Terrestrisch: Sinterkalke von Höhlen und Quellen (u.a. Travertine), pedogene Kalke, Mergel und Kalke aus Seen, fossile Zähne und Knochen (problematisch wegen U-Aufnahme), Molluskenschalen, Torfe >50 cm

Uranreihen Komplikationen: Probenkontamination und Systemöffnung (z.B. Rekristallisation, Umkristallisation)  Beprobung mit Datierer oder in enger Absprache! Jüngste Fortschritte: a) Messtechnik (TIMS) b) gezielte Mikroprobentechnik (mg-Proben aus unbedenklichsten Fraktionen  Mineralogie (z.B. Mallick 2000))

Uranreihen - Grundlagen Gesamt-U aus 99,3% 238U und 0,7% 235U Zerfall zu radioaktiven Töchtern bis zu stabilem 206Pb bzw. 207Pb „Gleichgewicht“: Aktivität [N]=dN/dt=-λ*N [T]=[N] bei Gleichgew. T/t1/2,T=N/t1/2, N d.h. Konzentrationen ~1/t1/2

Uranreihen - Grundlagen Störung des Gleichgewichts: Chemische Prozesse (Verwitterung, Ausfällung), Physikalisch (Adsorption) Biologisch (z.B. Kalkausscheidung) U ist z.B. leicht löslich (bes. in oxidierendem Milieu), Th nicht Systemöffnung mit ± vollständiger Fraktionierung Erneute Schließung des Systems: Wiedereinstellung des Gleichgewichts ~t1/2,T (s.o.) t1/2 von 230Th: 75,4 ka; 234U: 245 ka; 231Pa: 32,8 ka Gut datierbar: Tochter-/Mutternuklidpaare mit t1/2,N >> t1/2,T t1/2 soll dem zu datierenden Zeitraum ähnlich sein. Anfangsgehalt von T soll vernachlässigbar klein sein.

Uranreihen - Grundlagen Tiefseeton Calzit, Aragonit, Torf Wagner 1995

Uranreihen - Grundlagen 3 Komponenten von T, wenn das System noch nicht im Gleichgewicht ist: [T]= [Tü]+ [Td]+ [Tk]

Uranreihen - Grundlagen * Einfachste Lösung: bei t0 nur T oder nur N vorhanden!

Uranreihen - Grundlagen Vorige Gleichung zunächst nicht lösbar! Die 3 Komponenten sind für die Datierung getrennt zu erfassen, am besten durch mineralogische und chemische Trennungen, da die Komponenten oft an verschiedene Minerale gebunden sind. Gleichung wird lösbar, wenn [T]0 oder [N]00 oder [Tk] bekannt Uranreihen-Datierungsverfahren in 2 Gruppen: A) Störung [T]/[N]<1 (Tochterdefizit, z.B. U-Einbau in Karbonat, kein Th), B) [T]/[N]>1 (Tochterüberschuss, z.B. Tiefseeton; Töchter zusätzlich zum Gleichgewichtszustand)

Uranreihen - Wiederholung Fall B Tiefseeton Fall A Calzit, Aragonit, Torf Wagner 1995

Uranreihen - Grundlagen Probleme: 1) Kenntnis der initialen Aktivitäten von [Tü]0 und [Tk] bzw. ihrer Konzentrationen; Abschätzungen oder Modellannahmen nötig. 2) Geschlossenheit des Systems über zu datierenden Zeitraum, z.B. Umkristallisation von Karbonaten (s.o.; kann häufig unter Mikroskop erkannt werden hohe Ortsauflösung der Analyse notwendig).

Uranreihen - Nachweistechniken Alpha-Spektrometrie; Präzision <1% erfordert >104 Zählimpulse und daher bis wochenlange Zählzeiten TIMS (Thermo-Ionisations-Massenspektrometrie) Präzision <1% erreichbar bei ca. 10 ng des Nuklids

Uranreihen - Nachweistechniken

234U/230Th Mallick 2000

234U/230Th

234U/230Th

234U/230Th

234U/230Th

234U/230Th Mallick 2000 Mallick 2000

234U/230Th Mallick 2000

234U/230Th Mallick 2000

234U/230Th Mallick 2000

234U/230Th Mallick 2000

234U/230Th Mallick 2000

234U/230Th Mallick 2000

231Pa/235U Pa chemische dem Th verwandt Ähnliche Grundlagen und Probleme wie bei 234U/230Th, Allerdings entfällt 234U/238U-Problem Reichweite einige ka bis 150 ka (max. 200 ka), da t1/2=32,8 ka. Seltener angewandt als 234U/230Th, (235U nur 0,73% von U) U-Gehalte >3µg/g erforderlich Materialien i. W. gleich wie für 234U/230Th Vorteilhaft: Kombination 234U/230Th und 231Pa/235U, da Pa sehr empfindlich für Systemöffnung Übereinstimmung der Alter Modellannahmen nicht verletzt; Z. B. „Ramesch-Interglazial“, ca. 35 ka (Nagel & Rabeder 1991)

230Th- und 231Pa-Überschüsse 230Th- und 231Pa aus Meerwasser schnell ausgefällt Einlagerung in Tiefseesedimente (Adsorption an Tone) Produktionsraten konstant Überschuss in Tiefseetonen Substraktion von 230Th- und 231Pa-Beiträgen aus detritischem U nötig Bestimmbar: Alter und Sedimentationsraten von Tiefseesedimenten, Wachstunsraten von Mn-Knollen 230Th: bis 350 ka; 231Pa: bis 150 ka; Präzision 10-20%

230Th- und 231Pa-Überschüsse 230Th- und 231Pa-Überschüsse gegenüber 238U und 235U auch in MORB-Basalten beobachtet (Ungleichgewichte durch partielle Magmenaufschmelzung) Unter bestimmten Voraussetzungen Rift-Basalte datierbar. In Auvergne Anwendung auf Lavaströme.

210Pb t1/2 nur 22,3 a Bildung über sehr kurzlebige Zwischenglieder aus 222Rn Abregnen aus Atmosphäre nach Verweildauer von Tagen bis Monaten, Eintrag in Böden und Sedimente Datierungsvoraussetzungen: Konstanter Eintrag über einige HWZ, Abzug Ra-gestützter Detrituskomponenten, Dann: Ablagerungsalter und Sedimentationsraten bis 200a bestimmbar (z.B. Seen, Moore; aber Problem der Pb-Mobilität!) Materialien: Gletschereis, Korallen, Küsten- und Seesedimente, Torfe, Bleierze (sehr jung; Unterscheidung jünger/älter ca. 100 a) Anwendung in Erosionsforschung

Regeln für alle U-Reihen-Methoden Bei Probennahme beachten: - Detritische Komponenten vermeiden (z.B: keine mit Ton verunreinigten Kalksinter) - Möglichst kompaktes Material, undurchlässig für Grundwasser (sonst Gefahr für U- und Th-Austausch, z.B. keine porösen Knochen) Proben mit diagenetischen Veränderungen und Verwitterungsspuren vermeiden (Systemöffnung)