Prof. Dr. Helmut Altenberger & Prof. Dr. Martin Lames Einführung in die Sportwissenschaft Interdisziplinarität der Sportwissenschaft Prof. Dr. Helmut Altenberger & Prof. Dr. Martin Lames
Programm Interdisziplinarität Thema Doping Aus der Sicht der Sportmedizin des Sportrechts der Dopinganalytik der Trainingswissenschaft der Sportpsychologie der Sportsoziologie
Interdisziplinarität
Interdisziplinarität i.e.S. Ein Gegenstand steht zwischen den Disziplinen ??? Alltagsverständnis Ein Gegenstand wird von mehreren Disziplinen behandelt, erst die Zusammenschau stellt den angemessenen Zugang dar (Multidisziplinarität)
Sportwissenschaft als interdisziplinäre Wissenschaft Sportphilosophie Sportgeschichte Sportsoziologie Sportpädagogik Sportmedizin Biomechanik Trainingswissenschaft Sportinformatik Sportpsychologie Sportmotorik
Sportmedizin
Aufgaben der Sportmedizin Wirkungen und Nebenwirkungen von Doping-Substanzen Verfahren zur Doping-Analytik
Dopingsubstanzen Stimulanzien, z. B. Coffein Narkotika, Analgetika Anabole Wirkstoffe, z.B. Anabole Stereoide Diuretika Peptidhormone
Stimulanzien z.B. Coffein: Dürfen im Training verwendet werden Grenzkonzentration 12 mg/ml Urin in Ausnahmefällen jedoch durch Kaffeegenuß zu erzielen Dürfen im Training verwendet werden Steht als Streichkandidat der Dopingliste zur Debatte
Narkotika, Analgetika Hauptanwendung: Schmerzunterdrückung Nebenwirkung: Abhängigkeit, Schäden bei Überdosierung Dürfen im Training verwendet werden
Anabole Stereoide Größtes Problem des Dopings im Sport, 1976 verboten, seit 1988 Trainingskontrollen Wirkung: substanzaufbauende (anabole) Prozesse im Körper, insb. Proteinsynthese in Muskeln, begünstigen Wiederherstellung Nebenwirkungen: zahlreich, s.u., aber auch Kriminalisierung durch Schwarzmarkt, Polymedikation und Über- und Langzeitdosierung
Anabole Stereoide, Nebenwirkungen Akne, Wassereinlagerungen Blutfettzusammensetzung verschlechtert sich Leberschäden Psyche: Aggressiv, Sucht, Libidostörungen Virilisierung bei Frauen (z.B. Stimme, Haare), z. T. irreversibel Männer: Brustwachstum, Hodenverkleinerung Wachstumsstop bei Kindern und Jugendlichen
Diuretika Erhöhung der Wasserausscheidung Anwendung Gewichtsklassenmanipulation Verschleierung von Dopingsubstanzen Nebenwirkungen: stattlich
Peptidhormone EPO Erhöhung der Erythrozyten-Anzahl Anwendung in Ausdauersportarten Nebenwirkungen: Thrombosen Nachweis schwierig, da synthetisiertes körpereigenes Hormon
Peptidhormone HGH Fördert Anabole Prozesse Nebenwirkungen: Wachstumsanomalien Nachweis derzeit nicht möglich
Die Zukunft: Gendoping Gentechnische Herstellung von Doping-Substanzen (z.B. EPO) Genmanipulation postnatal Gentransfer (DNS oder Zellen) Genexpression (Stimulation, Repression) Genmanipulation pränatal Manipulation genetischer Eigenschaften Klonen
Sportrecht
Juristische Dopingdefinition Doping ist die Verwendung von Substanzen aus den verbotenen Wirkstoffgruppen und die Anwendung verbotener Methoden Verbotene Wirkstoffgruppen: Stimulantien, Narkotika, Anabole Wirkstoffe, Diuretika und Peptidhormone. Verbotene Methoden: Blutdoping, Pharmakol., chemische und physikalische Manipulation
Dopingnachweis Nachweis der verbotenen Substanz Nachweis der Doping-Substanz in einer höheren als zulässigen Konzentration Nachweis einer gesundheitsgefährdenden Konzentration einer nicht verbotenen Substanz
Dopingkontrollen Realität Seit 1988 Trainingskontrollen, d.h. Unangemeldete Kontrollen Nachweis des Aufenthalts Standardisierte Entnahmeprozeduren Kostenproblem Realität Einige Verbände (WTA) lehnen ab Einige Länder (China, Griechenland) sehen es locker
Dopingstrafen Doping 1 + 2: Doping 3: Juristische Probleme: Beispiel: Anabole Stereoide Ein- bis vierjährige Sperre Im Wiederholungsfall: Lebenslange Sperre Doping 3: Beispiel Hämatokrit 14-tägige Sperre Juristische Probleme: Nur der Athlet ist bestrafbar Zivilrechtliche Ahndung als Betrugsdelikt Sportliche vs. Staatliche Gerichtsbarkeit
Dopinganalytik
Fortschritte Technologische Fortschritte in der Analytik z.B. Massenspektroskopie Status: EPO: Direkter Nachweis mit Blutproben HGH: keine Fortschritte Stereoide: Verbesserter Nachweis, aber « Designerhormone » Wettlauf: Räuber und Gendarm
Trainingswissenschaft
Leistungsverläufe Nachweis leistungsfördernder Effekte in der Leichtathletik: „Dope-In“: Einführung anaboler Stereoide im Wurf/Stoß-Bereich (Männer 1965, Frauen 1969) 2. „Dope-Out“: Einführung von Trainingskontrollen auf Anabole Stereoide 1988 3. „EPO“: 1992: Einsatz von Erythropoietin in Ausdauer-Sportarten 1996: Beginn der Blutkontrollen
Dope-In
Kugelstoßen Männer
Kugelstoßen Frauen
Dope-Out
100m Frauen
Diskus Frauen
Hochsprung Männer
EPO
10000m Männer
5000m Männer
Bilanz TRW Effekte nachweisbar Gesamte Weltspitze Nicht kausal zu interpretieren, aber: Honni soit qui mal y pense
Sportpsychologie
Handeln dopende Sportler rational? Merkmale von Hochleistungssport und -sportlern Instrumentalisierung durch Medien, Politik, Wirtschaft und Verbände „Entfesselung“ des Siegescodes Leistungssport als „totalitäres System“ Leistungssport als „biografische Falle“
Entscheidungsverhalten Vermutung über meine Gegner Sportler Ich dope Ich dope nicht Dopen Chancen- gleichheit Aussichts- loser Kampf Dopen nicht Erfolgs-garantie Ideal- zustand
Sportsoziologie
Medien, Politik, Wirtschaft Systembeziehungen Publikum Athleten Medien, Politik, Wirtschaft Sport- verbände
Double Bind Double-Bind: Zwei widersprüchliche Erwartungen in einer existentiell bedeutsamen Beziehung Erwartung 1: Doping ausmerzen! Erwartung 2: Erfolge der Athleten!
Reaktionen Entkopplung von Tun und Handeln Tun: Reden: Normen, Druck, Konkurrenzfähigkeit Unterlassen, Nicht-Hinsehen Ressourcenzuteilung nur bei Erfolg Reden: Verdammungsrhetorik Symbolische Beschwichtigung
Doping im Sport – Spiegel der Gesellschaft? Gesellschaftliche Phänomene: Ca. 10% der Jugendlichen nehmen vor Schulaufgaben, Tests u.ä. Psychopharmaka Ruhigstellung von Hyperkinetischen Kindern durch Ritalin (80% von 7-17% aller männl. Grundschüler) Stimulanzien bei Belastungen Szene-Droge Kokain, Life-Style Pharmaka Weg-Medikamentier-Mentalität
Schlussbetrachtung Ausblick
Ausblick Thesen Doping ist Bestandteil des Hochleistungssports, kann nicht ausgemerzt werden Freigabe zerstört wichtigstes Deutungsmuster des Sports und damit den Sport (Überleben als Showsport?) Es wird auf absehbare Zeit beim Wettlauf zwischen Dopinggebrauch und Dopingnachweis bleiben Aufklärung ist wichtige Komponente der Prävention