137,5o – Der Goldene Schnitt der Natur

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 Präsentation transkript:

137,5o – Der Goldene Schnitt der Natur Bilder und Plastiken von Marita Kraus Dank für die Einladung Marita hat vor einigen Jahren den Goldenen Schnitt entdeckt – in Kunst und Natur. Sie wandelt damit auf den Spuren Leochares, der den Apollo von Belvedere (zuerst in Bronze) geschaffen hat, und von Leonardo da Vinci, der wohl als erster Naturbeobachter die Fibonacci-Zahlen in den spiraligen Anordnungen von Blüten und Blättern entdeckt hat. Es ist nicht auf Anhieb ersichtlich, was der Goldene Schnitt mit den Fibonacci-Zahlen zu tun hat. Deshalb lassen Sie es mich all denen unter Ihnen, denen dieser Zusammenhang nicht geläufig ist, erklären. Womit fangen wir an? Vielleicht mit dem Einfacheren: den Fibonacci-Zahlen Freitag, 6. Juni 2008 Rathausgalerie Aalen Peter H. Richter

Fibonaccis Kaninchen 1202 Fibonacci hieß eigentlich Leonardo Pisano, er lebte von ca. 1180 bis 1250 und brachte dem Abendland die Mathematik der Araber, die damals z.B. in Timbuktu sehr stark war … Als Fibonacci-Zahlen gelten die, die er auf einigermaßen kuriose Weise einführte: Kaninchen vermehren sich – sagen wir innerhalb von zwei Monaten – wie folgt: eben geborene Kaninchen werden geschlechtsreif, und ihre Eltern produzieren die nächsten beiden Kinder … Die Gesamtzahl F_n der Kaninchen, die dabei in der n-ten Periode existieren, ist die Summe F_(n-1) + F_(n-2). Fragt man sich, ob man F_n direkt angeben kann, so kommt man auf die magisch anmutende Formel, die in Maritas Bild erkennbar ist. Dabei ist G der goldene Schnitt, g sein Inverses, aber auch g = G -1. Das klingt mysteriös … Peter H. Richter

Im Jahr der Mathematik: G als Zahlenverhältnis hält die Natur sich an mathematische Konstrukte? Anfangs werden vier Rechtecke gezeigt. Frage: welches wirkt am interessantesten? Es wäre schön, wenn das dritte von links die Abstimmung gewänne. 1. Quadrat 1:1 langweilig 2. Rechteck 1:2 ebenfalls langweilig 3. DIN A4-Format durchaus interessant wegen der Selbstähnlichkeit bei Halbierung. Tatsächlich verbirgt sich darin ein sehr irrationales Verhältnis. 4. Aber G ist noch irrationaler. Die Selbstähnlichkeit ergibt sich auf andere Weise: es wird jeweils das Quadrat der kleineren Seite abgezogen, und übrig bleibt ein Rechteck, das dem ursprünglichen ähnlich ist. Das Grundprinzip des goldenen Schnitts: eine Strecke wird so geteilt, dass die kleinere zur größeren sich so verhält wie die größere zur ganzen. Aber hat das etwas mit Natur oder Kunst zu tun? 1:1 1:1.414… 1:1.618… 1:2 Peter H. Richter

Ist Nautilus nach dem goldenen Schnitt gebaut? Es wird oft gesagt, der Nautilus sei nach dem goldenen Schnitt gebaut … Das finde ich nicht überzeugend. Peter H. Richter

Ist Apollo nach dem goldenen Schnitt gebaut? Der Apollo von Belvedere findet sich im Museo Pio-Clementino, Vatikan. Er ist eine Marmor-Nachbildung aus Hellenistischer oder Römischer Zeit der Bronzeskulptur des Griechen Leochares (um 350-325 v.Chr.). Er galt jahrhundertelang als Vollendung der antiken Bildhauerkunst. Le Corbusier sah den goldenen Schnitt als verbindendes Element zwischen menschlicher Gestalt (hier sein „Modulor“) und Architektur Apollo und der Modulor mögen nach dem goldenen Schnitt gebaut sein, die meisten Menschen sind es nicht. Angeblich im Verhältnis des goldenden Schnitts: Major: Minor: Nabel bis Sohle Scheitel bis Nabel Nabel bis Kinn Kopfhöhe Nabel bis Knie Knie bis Sohle Kopfhöhe Kopfbreite Brauen bis Kinn Brauen bis Haaransatz Unterarm Handlänge bis Mittelfingerspitze Peter H. Richter

Vielleicht das Parthenon und die Walhalla? In der Kunst soll der goldene Schnitt intuitiv schon seit langer Zeit verwendet worden sein, z.B. beim Parthenon oder seinen Nachbildungen bei Regensburg oder in Nashville, Tennessee. Ist das überzeugend? Sind die Rechtecke so angelegt, wie man als Betrachter das Objekt beurteilen würde? Vermutlich ja. Und dann ist der Kick die Spannung, die darin liegt, dass man zwischen den Seiten kein rationales Verhältnis finden kann. Der goldene Schnitt ist nämlich in einem Sinn, den erst die Mathematik des 20. Jh. definieren konnte, die irrationalste aller Zahlen. Was heißt das? Es heißt, dass keine Zahl sich so schlecht durch rationale Zahlen annähern lässt wie der goldene Schnitt. Aber was heißt „rationale Annäherung“? Peter H. Richter

Harmonische Näherungen: Fibonacci-Zahlen Tonika Oktave Quinte Quarte 1:2 3:5 5:8 8:13 2:3 1:1 Man kann natürlich jede irrationale Zahl durch rationale annähern, z. B. durch Dezimalzahlen. Aber die Frage ist, wie rasch das geht. Wenn ich etwa fünf Dezimalen nehme, dann weiß ich, dass ich mit G =1.61803 = 161 803/100 000 einen Fehler von etwa 0.000 01 mache. Dabei ist der Nenner in dieser rationalen Darstellung der Zahl G 100 000. Denselben Fehler erreicht man aber schon mit der Näherung G = 610/377, also mit einem Nenner, der nur etwa die Wurzel aus 100 000 ist. Mit anderen Worten: es gibt Näherungen, die sehr viel besser sind als die dezimalen. Das sind die sogenannten Kettenbruch-Näherungen. Aber wenn man die erst einmal hat, kann man sich fragen, ob Zahlen sich besser oder schlechter durch diese optimalen rationalen Approximationen annähern lassen. Und da stellt sich heraus, dass der goldene Schnitt sich so weit entfernt hält von allen rationalen Zahlen, wie es überhaupt nur geht. Auch wenn das der Intuition zunächst widersprechen mag, wenn wir ihn ausgerechnet durch rationale Näherungen approximieren … Solche rationalen Näherungen werden in der Musik als Intervalle definiert. Der goldene Schnitt ist ein Intervall, das zwischen Quart und Quint eine eigenartige Unbestimmtheit einnimmt. Er wirkt nicht falsch wie ein schlecht getroffener Ton, sondern ambivalent. Hören Sie dazu Stria von John Chowning … Beachten Sie, dass in der Folge der rationalen Approximationen an den goldenen Schnitt die Fibonacci-Zahlen auftauchen. 1:1.618 … Peter H. Richter

Der goldene Schnitt auf dem Kreis 7 4 2 12 10 9 1 5 14 Nun kommen wir zum Thema der Ausstellung: dem goldenen Schnitt auf dem Kreis. 137.5 Grad teilen den Kreisumfang von 360 Grad im Verhältnis des goldenen Schnitts, derart, dass der kleinere Winkel 137.5 zum größeren 222.5 sich so verhält wie der größere zum ganzen Kreis von 360 Grad. 137.5 Grad ist der Winkel, den bei der Entwicklung einer Blüte oder einer Pflanze die aufeinanderfolgenden Blätter einnehmen. Dass dabei Spiralserien zu sehen sind mit Fibonacci-Zahlen, liegt schlicht und einfach daran, dass das die rationalen Approximationen an den goldenen Schnitt sind und die Bildverarbeitung in unserem Gehirn immer nach rationalen Verhältnissen sucht. Wir verbinden also intuitiv die Blätter mit ihren nächsten Nachbarn und erzeugen dabei Spiralen, die an sich in der Natur gar nicht vorliegen. Dort gibt es nur eben Blätter, die eines nach dem anderen entstehen und dabei entweder (im Blütenboden) von innen nach außen oder (am Stamm) von unten nach oben wachsen und gleichzeitig von Blatt zu Blatt in einem Winkelabstand von 137.5 Grad. Bei großem Abstand in radialer Richtung (oder am Stamm) sieht man Spiralen mit kleinen Fibonacci-Zahlen, bei enger Packung große. Nun könnte man denken: 137.5 oder 138.5 – was macht‘s? Aber hier ist das Resultat: 13 6 8 11 3 Peter H. Richter

Sonnenblumen, Gänseblümchen, … 138.0 137.5 Oben 138 Grad, in der Mitte 137.5 Grand, unten 136.5 Grad. Die Sonnenblume hält offenbar den Winkel 137.5 Grad sehr gut ein. 136.5 Peter H. Richter

Maritas Blumen Marita hat verschiedene Versionen „goldener“ Blumen hergestellt: (i) solche, bei denen die Fibonacci-Zahlen (z. B. 13 und 21) konsequent hervortreten als Zahlen von rechts- bzw. links-drehenden Spiralen; und (ii) solche, bei denen das Eigenleben der Blüten die Fibonacci-Ordnung stört, nicht aber den goldenen Schnitt, der immer noch als Bauprinzip zugrunde liegt. Es ist nur so, dass, wenn die Blätter alle gleich groß sind, innen nicht genug Platz für Fibonacci-Spiralen hoher Ordnung ist. Darum ändern sich die Fibonacci-Zahlen, es wird schwer, sie zu identifizieren, aber gerade das macht den Reiz dieser Objekte aus wie auch der wahren Sonnenblumen …. Peter H. Richter

Natur und Kunst Links hat Marita das Prinzip der nicht symmetrischen Spiralen zu einem Wechselspiel männlich – weiblich verarbeitet, und rechts erscheint das Fibonacci-Muster auf geradezu kosmischem Hintergrund einer gleißenden Sonne Peter H. Richter

Herzliche Gratulation, Marita! Ihnen allen Freude an Maritas Kunst! Echt oder falsch? Ich frage Sie nun, welche dieser Objekte authentisch sind und welche nicht: Die Artischocke: ja Die Ananas: ja Das Tonobjekt in vielen Gärten: nein – es leugnet die Asymmetrie der Natur Der Zapfen im vatikanischen Museum? – das ist nicht ganz klar, denn das Muster weist Asymmetrie auf, aber, soweit ich es prüfen konnte, nicht die richtigen Zahlen Maritas Fibonacci-Kugel? – zweifellos Und darum hat sie sich die Rose verdient, die ich hier einblende und nicht zerrupfen will, denn jeder von Ihnen glaubt mir jetzt, dass auch die Rosenblätter nach dem goldenen Schnitt angeordnet sind. Ich wünsche Marita und ihrer Kunst die Resonanz, die sie verdienen, denn sie hat sich inspirieren lassen vom Goldenen Schnitt der Natur Epirrhema Müsset im Naturbetrachten Immer eins wie alles achten: Nichts ist drinnen, nichts ist draußen; Denn was innen, das ist außen. So ergreifet ohne Säumnis Heilig öffentlich Geheimnis. Freuet auch des wahren Scheins, Euch des ernsten Spieles: Kein Lebendiges ist ein Eins, Immer ists ein Vieles. - Johann Wolfgang Goethe - Peter H. Richter

Doppelpendel und Rose Peter H. Richter

Müsset im Naturbetrachten Immer eins wie alles achten: Epirrhema Müsset im Naturbetrachten Immer eins wie alles achten: Nichts ist drinnen, nichts ist draußen; Denn was innen, das ist außen. So ergreifet ohne Säumnis Heilig öffentlich Geheimnis. Freuet auch des wahren Scheins, Euch des ernsten Spieles: Kein Lebendiges ist ein Eins, Immer ists ein Vieles. - Johann Wolfgang Goethe - Das Epirrhema (griechisch, "Zu-, Nachwort", auch: "das Dazugesprochene"), ist ein Bestandteil griechisch-antiker Theater-Dramaturgie. Es findet beispielsweise in der alten attischen Komödie von Aristophanes Verwendung, nämlich in der sogenannten epirrhematischen Komposition im zweiten Teil der Parabase. Hier trägt der altgriechische Theaterchor eine Liedstrophe (die Ode) vor. Auf diese folgt das Epirrhema, eine Rezitation in trochäischen Tetrametern. Diese Kombination wiederholt sich in Antode und Antepirrhema, den jeweiligen Gegenstücken zu Ode und Epirrhema, und bilden so einen Dialog. Die Lieder waren meistens Hymnen an die Götter. Das Epirrhema enthielt Spott oder preisende Beschreibungen. Peter H. Richter