Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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 Präsentation transkript:

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Inklusive Pädagogik – ein anregender Rahmen für interkulturelle Bildung IQSH Kiel, 5. 12. 2009 Prof. Dr. Andreas Hinz Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Vorgehen Vielfalt und Ordnung Zum Begriff ‚Inklusion‘ Anschub durch UN-Behindertenrechts-konvention Der Index für Inklusion als Unterstützung auf dem Weg zu inklusiver Pädagogik Fazit

(und Konstruktionen von jeweils zwei Gruppen kritisch zu sehen – Inklusion bedeutet zunächst, Vielfalt von Personen willkommen zu heißen (und Konstruktionen von jeweils zwei Gruppen kritisch zu sehen – zugunsten eines ununterteilbaren Spektrums von individuell unterschiedlichen und gleichen Personen)

Israel 2009

Ursus Wehrli: Kunst aufräumen

De Saint Phalle: Volleyball

Magritte: Golconde

Kandinsky: Himmelblau

Beethoven: Für Elise

Bruegel: Dorfplatz

Bruegel: Dorfplatz – aufgeräumt!

Begriff „Inklusion“ wendet sich Vielfalt positiv zu umfasst alle Dimensionen von Heterogenität (ability, gender, ethnicity, nationality, first language, races, classes, religions, sexual orientation, physical conditions, ...) orientiert sich an Bürgerrechtsbewegung und wendet sich gegen Marginalisierung vertritt die Vision einer inklusiven Gesellschaft Quelle: Hinz 2004

Entstehung und Herkunft Start des Inklusions-Diskurses in Nordamerika (1976) kritische Auseinandersetzung in den USA mit der Integrationspraxis und ihrer Selektivität Cascade-Model als differenziertes /selektives System geringer Einbezug von Menschen mit mental retardation In anderen Ländern andere Zugänge, z. B. Frage der Schulqualität in Großbritannien Quelle: Skrtič 1995, zit. in Hinz 2008

Drei Blicke auf Inklusion Teilhabe von Personen Barrieren in Systemen Umsetzung von inklusiven Werten Themen wie Gleichheit, Rechte, Partizipation, Lernen, Gemeinschaft, Anerkennung von Vielfalt, Vertrauen und Nachhaltigkeit, aber auch zwischen-menschliche Qualitäten wie Mitgefühl, Ehrlichkeit, Mut und Freude Ein Blick allein bleibt beschränkt, erst ihre Ergänzung ermöglicht eine inklusive Sicht. Quelle: Booth in Hinz, Körner & Niehoff 2008

UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen 2006 Voller und gleichberechtigter Genuss aller Menschenrechte, Anspruch auf Teilhabe in allen Lebensbereichen (Art. 4, 5) Verpflichtung zur Bekämpfung von Diskriminierung (Art. 8), Achtung der Privatsphäre (Art. 22) Aussagen zu Bildung (Art. 24), Arbeit (Art. 27), Teilnahme am politischen und öffentlichen Leben (Art. 29), am kulturellen Leben, Erholung, Freizeit, Sport (Art. 30) Überwachung (Art. 33), Ausschuss für die Rechte behinderter Menschen (Art. 34), Berichtspflicht (Art. 34) „Übersetzungsprobleme“ der deutschen Fassung Einbeziehung und Integration statt Inklusion Zugänglichkeit statt Barrierefreiheit Unabhängige Lebensführung statt selbstbestimmtem Leben

Artikel 24 Bildung „States Parties recognize the right of persons with disabilities to education. With a view to realizing this right without discrimination and on the basis of equal opportunity, States Parties shall ensure an inclusive education system at all levels and life long learning…“ Quelle: UN-Konvention 2006, Artikel 24, Absatz 1, Satz 2

Schulrecht Schleswig-Holstein „Um den Anforderungen der Behinderten-rechtskonvention Genüge zu tun, müssten jedenfalls die integrativen Unterrichts-angebote an den allgemeinen Schulen ausgebaut werden, so dass sichergestellt ist, dass alle Schüler mit Behinderungen, die an einem inklusiven Unterricht im Sinne der Behindertenrechtskonvention teilnehmen wollen, dies auch tatsächlich können.“ Quelle: Poscher, Langer & Rux 2008, 107

Politischer Wille der Bundesländer zur Umsetzung gelb – auf dem Weg weiß – erste Schritte sichtbar ocker – schleppender Beginn der Debatte rot – Wille nicht erkennbar Quelle: Sozialverband Deutschland, August 2009

Koalitionsvertrag Schleswig-Holstein Okt. 2009 „In Regelschulen sollen Schülerinnen und Schüler mit Behinderung integriert werden, wenn dies nach der Art ihrer Behinderung und nach den personellen und räumlichen Voraussetzungen der Schule möglich und sinnvoll ist.“ (S. 24) Eine solche Regelung entspricht bei weitem nicht den Anforderungen der UN-Konvention – gefordert ist ein Zugangsrecht.

Konkret: Der Index für Inklusion http://www.eenet.org.uk/

„Index for Inclusion“ Vorarbeiten in USA und Australien Versionen auf arabisch, baskisch, bosnisch, brasilianisch, bulgarisch, chinesisch, dänisch, deutsch, finnisch, französisch, hindi, italienisch, japanisch, katalanisch, kroatisch, maltesisch, norwegisch, portugiesisch, rumänisch, schwedisch, serbisch, spanisch, tschechisch, ungarisch, urdu, vietnamesisch, walisisch Überlegungen für ‚arme Länder‘ im Süden, unterstützt durch die UNESCO Version für „Kindertageseinrichtungen“ (2006) Version für Gemeinden, Dienste und Verbände in Planung (2011?)

Inklusive Schulentwicklung „Index for Inclusion“ aus Großbritannien (Booth & Ainscow 22002): „Developing Learning and Participation in Schools“ mit inklusionsbezogener Beschreibung von Schulqualität Einbeziehung aller Aspekte von Heterogenität Einbeziehung aller beteiligten Personen und Personengruppen Quelle: Boban & Hinz 2003

Schlüsselkonzepte des Index für Inklusion „Barrieren für Lernen und Teilhabe“ mit Blick auf die ganze Schule und alle Beteiligten Demokratisierung durch Partizipation Unterstützung von Vielfalt Vermeidung institutioneller Diskriminierung

Phasenmodell des Index für Inklusion Sich für den Index entscheiden Phase 1 Mit dem Index beginnen Phase 2 Die Schulsituation beleuchten Phase 5 Den Index-Prozess reflektieren Phase 3 Ein inklusives Schulprogramm entwerfen Phase 4 Die Prioritäten umsetzen

Dimensionen des Index für Inklusion Inklusive Strukturen etablieren Inklusive Praktiken entwickeln Inklusive Kulturen schaffen

Dimensionen und Bereiche Dimension A: Inklusive KULTUREN schaffen 1. Gemeinschaft bilden 2. Inklusive Werte verankern Dimension B: Inklusive STRUKTUREN etablieren 1. Eine Schule für alle entwickeln 2. Unterstützung für Vielfalt organisieren Dimension C: Inklusive PRAKTIKEN entwickeln 1. Lernarrangements organisieren 2. Ressourcen mobilisieren

Bereich A1: Gemeinschaft bilden Jede(r) fühlt sich willkommen. Die SchülerInnen helfen einander. Die MitarbeiterInnen arbeiten zusammen. MitarbeiterInnen und SchülerInnen gehen respektvoll miteinander um. MitarbeiterInnen und Eltern gehen partnerschaftlich miteinander um. MitarbeiterInnen und schulische Gremien arbeiten gut zusammen. Alle lokalen Gruppierungen sind in die Arbeit der Schule einbezogen.

Indikator A.1.1: Jede(r) fühlt sich willkommen. Zum Beispiel: Werden Menschen bei dem ersten Kontakt mit der Schule freundlich empfangen? Heißt die Schule alle SchülerInnen willkommen, z.B. Kinder von MigrantInnen, Fahrenden oder AsylbewerberInnen, Kinder mit Beeinträchtigungen und aus verschiedenen sozialen Milieus? ... Sind Informationen über die Schule für alle zugänglich und verständlich, z.B. in verschiedenen Sprachen bzw. in einfacher Sprache, in Braille, auf Kassette, in Großdruck? Werden neue SchülerInnen und MitarbeiterInnen durch Rituale willkommen geheißen und verabschiedet? Fühlen sich die SchülerInnen als EigentümerInnen ihrer Klassenräume?

Schulentwicklung als Dialog auf (fast) gleicher Augenhöhe Dialog verändert die Zusammen-arbeit (IZBB, Montessori-Grundschule Halle)

Fazit Inklusive Pädagogik stellt die Anerkennung aller Menschen in den Mittelpunkt – unabhängig von Fähigkeiten und Bedürfnissen. Durch die UN-Konvention und ihre Rechts-ansprüche auf Zugang zur allgemeinen Schule bekommt die Inklusionsdebatte eine neue Dynamik. Der Index für Inklusion bietet Schulen (Kitas, …) eine Hilfe bei der Reflexion ihrer Situation und bei der Entwicklung nächster Schritte in Richtung auf einen inklusiven ‚Nordstern‘ an. Interkulturelle Bildung wird so eingebettet in einen größeren pädagogischen Zusammenhang und kann einen höheren Stellenwert bekommen.

Mehr Informationen, Literatur, … Homepage: http://www.inklusionspaedagogik.de E-mail: andreas.hinz@paedagogik.uni-halle.de Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!