Drogen im Betrieb: „Handlungsmöglichkeiten für Betriebsrat, Personalabteilung, Werkärzte und Sicherheitsbeauftragte im Betrieb“ Dr. med. Dipl.-Psych. Heike Hinz Chefärztin der AHG Kliniken Richelsdorf/Wigbertshöhe E-Mail: hhinz@ahg.de 30.08.2007
Sucht in Deutschland 17,8 Millionen Raucher (davon 70 – 80 % abhängig) 10,0 Millionen Menschen mit riskantem Alkoholkonsum (davon 1,6 Millionen abhängig) 1,4 – 1,9 Millionen Menschen abhängig von Medikamenten (davon 70 % Frauen) 2,0 Millionen mit regelmäßigem Cannabiskonsum (davon 400.000 abhängig) 250.000 – 300.000 Konsumenten harter Drogen (davon 175.000 abhängig) 80.000 – 400.000 Glücksspielsüchtige Quelle:Drogen-und Suchtbericht 2007 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung 2
Alkoholkranke sind „Menschen wie Sie und ich“ keine Penner nicht dauernd volltrunken meist leistungsorientiert sozial engagiert nette, verlässliche KollegInnen erst später ungesellig unzuverlässig grantig 3
Der Teufelskreis in die Sucht Innerseelische oder zwischenmenschliche Probleme Innerer und äußerer Erleichterung durch Rückzug, Isolation Alkoholkonsum und Vereinsamung Zunehmende Schwierigkeiten Unterstützung durch sozialer, seelischer und die Umwelt gesundheitlicher Art (co-abh. Verhalten) Verlust anderer Lösungswege
Co-Alkoholiker-Verhalten Wer die Folgen des Alkoholmissbrauchs nicht sehen will, vernachlässigt, verharmlost oder gar vertuscht, vermindert den Leidensdruck der oder des Betroffenen. Er ermöglicht daher das Weitertrinken und wird damit selbst zum Förderer der Sucht der oder des Betroffenen – zum sogenannten Co-Alkoholiker oder zur sogenannten Co-Alkoholikerin. Co-Alkoholiker-Verhalten (typische Beispiele) - Verheimlichen Probleme - Toleriert Fehlverhalten - Übernehmen Arbeiten - Deckt gegenüber - Decken Fehler Kollegen und Personalabteilung - Lässt sich zum „Beschützer“ - Entschuldigt Fehlzeiten des Suchtverhaltens verführen - Leugnet Probleme - Hält die Fassade der „heilen Welt“ aufrecht - Toleriert Fehlzeiten - Droht mit unrealistischen Konsequenzen - Macht angedrohte Konsequenzen nicht wahr Kollegen Vorgesetzter Alkoholkranke/r trinkt weiter (Ehe-) Partner Betriebsrat Personal- abteilung
Wussten Sie, dass Alkoholabhängige 16-mal häufiger vom Arbeitsplatz fernbleiben, 2,5-mal häufiger krank sind, 1,4-mal länger nach Unfällen fehlen
Ein alkoholkranker Mitarbeiter erbringt ... ... nur etwa 75 % seines Gehaltes an Gegenleistung. (Studie des Standford Research Institut) 8
Betriebsrat Suchtkrankenhelfer Eine gute Zusammenarbeit aller im Rahmen des Gesamtprogramms beteiligten Funktionsgruppen setzt voraus, dass die jeweiligen Rollen allen Beteiligten bewusst und klar voneinander abgegrenzt sind. Die unterschiedlichen Aufgaben der Personalverantwortlichen und der Helfer lassen sich mit folgender Grundlogik beschreiben: Vorgesetzter Personalabteilung Werksarzt Betriebsrat Suchtkrankenhelfer konstruktiv-konfrontierende Beratung, Begleitung, Förderung Gespräche und der Selbsteinsicht und Aufzeigen von Grenzsetzung Lösungswegen Entscheidungssituationen bei der Entscheidungsfindung schaffen helfen Mitarbeiter Verantwortung übernehmen entscheiden
Entscheidungssituation schaffen: entweder Alkohol oder Ehe = Arbeitsplatz = Geld = Umschulung = Gesundheit
Ich habe ein Problem !
Klären der eigenen Betroffenheit (vor dem Gespräch mit einem auffälligen Mitarbeiter) Freund, Werksarzt Kollege, Vorgesetzter, Ehepartner Betriebsrat Personalabt. Interesse an Interesse an Verantwortung für Verantwortung für der Beziehung Arbeitsfähigkeit die eigene Arbeit Arbeitsleistung, und Gesundheit und deren Image Arbeitsverteilung, Betriebsklima
Gespräch führen Bestätigung, Wertschätzung äußern Auffälligkeiten konkret benennen ……..
Betriebliche Auffälligkeit von Mitarbeiter/Innen mit Alkoholproblemen Häufige Fehlzeiten aus Gründen, die oft unklar bleiben, insbesondere im Zusammenhang mit dem Wochenende Kurzfristige Urlaubswünsche (häufig nur einen Tag) Häufige Kurzerkrankungen Häufiges Verschwinden am Arbeitsplatz Nichteinhaltung vereinbarter Termine Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit Häufige Fehler Generelle Minderleistung mit periodischen Überaktivitäten Mangelndes Durchhaltevermögen Leistungsminderung bzw. –schwankung Konzentrationsschwäche Überproportionale Beteiligung an Arbeits- und Wegeunfällen Zittern der Hände, Schwitzen Alkoholfahne
Auffälligkeiten, die die Vermutung eines Alkoholproblems begründen Restalkohol bei Arbeitsbeginn (Fahne) Alkoholkonsum während der Arbeitszeit Starker Alkoholkonsum bei geduldeten Anlässen Heimliches Trinken Leugnen des Trinkens und Bagatellisieren der Trinkmenge Erfinden von Alibis für den Alkoholkonsum Gereiztheit Streitsucht Emotionale Labilität von Zerknirschung bis zur Aggression große Verärgerung bei nichtigen Anlässen Zunehmender Rückzug von Arbeitskollegen Auffällige Unauffälligkeit Schlechte Gesamtkonstitution Entzugserscheinungen wie Zittern und Schwitzen Zunehmende Vergesslichkeit Gedächtnislücken Selbstüberschätzung
Gespräch führen ……. Hinweis auf Konsequenzen Hinweis auf Hilfsmöglichkeiten Vereinbarungen treffen Verbindlichkeit erzeugen
Gesprächsaufbau Beginnen Sie das Gespräch positiv Sagen Sie, dass und warum Sie den Mitarbeiter schätzen Benennen Sie die Fakten und Auffälligkeiten im (betrieblichen) Alltag klar mit Ort, Zeit und Häufigkeit >> Lassen Sie sich nicht auf Diskussionen ein! Stellen Sie einen Zusammenhang her zwischen den Auffälligkeiten und der Vermutung des Suchtproblems Weisen Sie auf arbeitsrechtliche Konsequenzen hin, wenn keine Änderung eintritt Weisen Sie auf Hilfsangebote hin (Sozialberater, Suchtberater, Betriebsarzt) Treffen Sie eine Vereinbarung Verabreden Sie einen neuen Gesprächstermin
Die Betriebsvereinbarung 1. Gespräch Vorgesetzter vertraulich, Notiz Vereinbarung von Problemlösung und Beobachtung, Hilfsangebot 2. Gespräch Vorgesetzter + Protokoll Betriebs-/Personalrat Vereinbarung von Kontakt zur Beratung, Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen 3. Gespräch Wie oben + Abmahnung/Verhandlungsniederschrift Evtl. Personalabt. Vereinbarung von stationärer Behandlung 4. Gespräch Wie oben Abmahnung mit Kündigungsdrohung/ Androhung des Disziplinarverfahrens Vereinbarung: Beginn stationärer Therapie innerhalb festgelegter Zeit 5. Gespräch Wie oben Kündigung + Wiedereinstellungsversprechen/ Disziplinarverfahren In oder nach der stationären Therapie Wie oben Vertrag Vereinbarung einer Kontrollregelung und für das Vorgehen bei einem Rückfall
Schulungen zu dem Thema Ausbildung zum betrieblichen Suchtkrankenhelfer Gesprächsschulungen für Vorgesetzte
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. med. Dipl.-Psych. Heike Hinz Chefärztin der AHG Kliniken Richelsdorf/Wigbertshöhe Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie Fachärztin für Allgemeinmedizin Sozialmedizin, Suchtmedizin Diplom-Psychologin E-Mail: hhinz@ahg.de