Gesundheitsökonomie II

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Gesundheitsökonomie II Prof. Dr. Uta M. Feser FH Neu-Ulm Ⓒ 12/2007

Literatur Arnold, M., Paffrath, D. (Hrsg.), Krankenhaus-Report 2006, Stuttgart u.a. 2007 Burk/Hellmann (Hrsg.), Krankenhausmanagement für Ärztinnen und Ärzte, Landsberg/Lech 2001 mit Ergänzungslieferungen Eichhorn, Peter (Hrsg), Klinikmanagement, 2000 Rychlik, R., Methoden der Gesundheitsökonomie, Gesundheitsökonomie, Grundlagen und Praxis, Stuttgart 1999 Fleßa, Steffen, Grundzüge der Krankenhausbetriebslehre, München 2007

Soziale Sicherung als Ausgangspunkt Entwicklung von zwei unterschiedlichen sozialen Sicherungssystemen: 1. Atlantik oder Beveridge-Modell (z. B. England): Betonung liegt auf dem Mindesteinkommensschutz Wurzeln liegen in der Tradition der Armengesetze Leistungen werden über Steuern finanzier 2. Kontinental oder Bismarck-Modell (z. B. Deutschland): Entwickelte sich aus dem Gedanken der Hilfe auf Gegenseitigkeit und dem sozialen Sicherungsgedanken für die aktive Bevölkerung Einführung einkommensbezogener Sicherungssysteme Finanzierung der Leistungen über Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern Vornehmliche Aufgabe der Gesundheitspolitik ist es, die Strukturmerkmale eines Gesundheitssystems so zu gestalten, dass eine bedarfsgerechte Versorgung mit Gesundheitsleistungen und eine gleichmäßige Verteilung der Finanzierungslast gewährleistet sind.

Bereitstellung von Gesundheitsleistungen Bereitstellung durch den Staat auf der Basis von privaten Dienstleistungsanbietern typischerweise findet man in der Praxis eine Vermischung öffentlicher und privater Gesundheitsanbieter vor Vereinbarungen zwischen dem sozialen Sicherungssystemen und den Leistungsanbietern existieren in Form von Kollektiven Verträgen Verträgen zur Integrierten Versorgung Staatlichen Vorgaben (direkt z.B. Preisfestsetzungen oder indirekt z.B. bindende Vorgaben an die Kollektivpartner) Kernprobleme der sozialen Sicherung im Krankheitsfall Medizinischer Fortschritt – steigende Leistungsinanspruchnahme Gesellschaftliche Überalterung – wachsender Finanzierungsbedarf Bereitstellung begrenzter Ressourcen – Budgetierungszwänge Verteilungsprobleme – Rationalisierung Leistungsausgrenzungen – Festlegung eines Mindestkataloges Konsequenz: Wachsende Zunahme an staatlichen/gesundheitspolitischen Interventionen

System der Wissenschaften Metaphysische Wissenschaften Nicht-metaphysische Wissenschaften Realwissenschaften Formalwissenschaften z.B. Mathematik Naturwissenschaften Kulturwissenschaften z.B. Biologie z.B. Betriebswirtschaftslehre Branchenlehre Krankenhausbetriebslehre Industriebetriebslehre Bankbetriebslehre

Einordnung der Gesundheitsökonomie Gesundheitsökonomie gilt als Zweig der Wirtschaftswissenschaften, der die Organisation und Finanzierung medizinischer Leistungen im Hinblick auf ihre ökonomische Zweckmäßigkeit untersucht. In erster Linie geht es um die Klärung der Frage, nach welchem System die Vergütung medizinischer Leistungen bzw. die Verteilung an die Leistungserbringer erfolgt. Vergleich von Kosten und Konsequenzen alternativer Handlungsmöglichkeiten (monetäre Kosten als primäre Zielparameter).

Gesundheitsökonomischer Kosten Intangible Kosten Messung individueller Präferenzen (Rangskalen wie EuroQol) Allgemeine Gesundheits-profile (Nottingham Health Profile (NHP), SF-36 Health Survey, Sickness-Impact-Profile (SIP), Quality adjusted Lifeyears (QALY) Gesundheitsspezifische Instrumente Steigender Erhebungs-und Bewertungsaufwand Indirekte Kosten Human-Kapital-Ansatz Willingness-to-pay-Ansatz Friktionskosten-Ansatz Direkte Kosten Tagestherapie- kosten Fallkosten (Personal und Sachkosten)

Grundlagen der Kostendifferenzierung Teil der Wirtschaftswissenschaften, die den Umfang der Kosten für Gesund-heitsleistungen (Input) im Verhältnis zu ihrer Wirksamkeit (Outcomes) bewertet. Damit kann eine Beurteilung verschiedener Behandlungsalternativen in bezug auf ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit vorgenommen werden. Zielsetzung ist der rationale Umgang mit der Knappheit der im Bereich Gesundheitswesen relevanten Ressourcen. Als Vergleichsgröße werden folgende Kostenarten unterschieden : Direkte Kosten (medizinische Kosten; die für medizinische Leistungen zur Behandlung von Krankheiten aufgewendet werden) Indirekte Kosten (volkswirtschaftliche Kosten; sie quantifizieren den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsverlust durch Krankheit oder Tod) Intangible Kosten (nicht objektivierbare Kosten; sie beschreiben nichtmonetäre Kosten wie Schmerz oder den Verlust an Lebensqualität)

Relevante Kostenarten Direkte Kosten: „Diejenigen Kosten, die sich unmittelbar aus einer Behandlung oder Therapie ergeben.“ Kosten = Bewerteter Ressourcenverbrauch, bestehend aus einer Preis- und einer Mengenkomponente (Personal- und Sachkosten).

Relevante Kostenarten Indirekte Kosten: „Alle volkswirtschaftlich erfassbaren Kosten, die krankheitsbedingt einen Produktivitätsverlust verursachen.“ Kritik: In der Regel werden nur Erwerbstätige gegenüber nicht erwerbstätigen Bevölke- rungsgruppen (Renter, Hausfrauen, Studenten etc.) berücksichtigt.

Relevante Kostenarten Intangible Kosten: „Die durch Krankheit verursachten Einschränkungen der Lebensqualität, deren Folgen in Geldeinheiten nicht direkt messbar sind.“ nach Rychlik (1995) Hinweis: Die Bewertung intangibler Kosten findet nur selten Eingang in gesundheits- ökonomische Analysen aufgrund der schweren bzw. aufwändigen Messbarkeit.

OECD: Entwicklung der Gesundheitsausgaben (in Prozent des BIP)  Jahr  Deutschland  Frankreich  Niederlande  Schweiz  Groß-  britannien   USA  1993 9,9  9,4  8,6  6,9  13,2   1994 10,2  8,4  9,5  7,0  13,1   1995 10,6  9,7  13,3   1996 10,9  8,3  10,1   1997 10,7  8,2  6,8  13,0   1998 9,3  10,3   1999 10,5  7,2   2000 10,4  7,3   2001 10,8  8,7  7,5  13,8   2002 11,1  7,7  14,6   2003 9,8  11,5  -  15,0  Quelle: Gesundheitsberichterstattung

Gesundheitsausgaben nach Ausgabenträgern

Gesamtausgaben Gesetzliche Krankenversicherung

Krankenhausfinanzierung Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) § 1 Grundsatz (1) Zweck dieses Gesetzes ist die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. § 4 Wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser Die Krankenhäuser werden dadurch wirtschaftlich gesichert, dass 1. ihre Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung übernommen werden und sie 2. leistungsgerechte Erlöse aus den Fallpauschalen, die nach Maßgabe dieses Gesetzes auch Investitionskosten enthalten können, sowie Vergütungen für vor- und nachstationäre Behandlung und für ambulantes Operieren erhalten.

Systematik der dualen Krankenhausfinanzierung Investitions- förderung KHG Betriebskosten- finanzierung LKHG BPflV SGB V (amb. Op., vor- und nachstat.) DRG / Fall- pauschalen Einzel- förderung Pauschal- förderung

Das Prinzip Wirtschaftlichkeit Das Wirtschaftlichkeitsprinzip (Input-Output-Relation) setzt rationales, ver-nünftiges Handels voraus, dass die zur Verfügung stehenden Mittel = Input (Personal, Kapital, Material) in einem Leistungsprozess so eingesetzt werden, dass die Ziele, z. B. die gewünschte Gesundung der Patienten = Output erreicht werden. Die Erstellung der Krankenhausleistungen wird als zweistufiger Leistungsprozess verstanden und als Input-Output-Modell dargestellt.

Grundstruktur des Krankenhausbetriebes Sekundär-Input Arbeit Betriebsmittel Input Arbeitskraft Betriebsmittel Informationen Patienten Sachgüter Output Medizinische Leistungen Pflegerische Leistungen Prävention Heilung/Linderung Krankenhausbetriebsprozess Sekundär-Output/ Primär-Input Leistungen der Diagnostik Therapie Pflege Versorgung Verwaltung Pflegetage/DRG Primär-Output Statusveränderung

Grundstruktur des Krankenhausbetriebes Besonderheiten der Krankenhausleistung Leistungserbringung bedingt Mitwirkung des Patienten Die Krankenhausleistung ist weder lager- noch transportfähig (uno actu) Beschränkte Substitutionalität der Produktionsfaktoren Geringe Angebotselastizität/ Versorgungsvertrag Weitere signifikante Merkmale Krankenhäuser sind stark politisch verankert Krankenhäuser sind teuerste Einheit des Gesundheitswesens (ein Drittel der Ausgaben)

Aufteilung der Kosten im Krankenhaus

Rationalisierungspotentiale im Gesundheitswesen Rationalisierungspotentiale können insbesondere dann als gegeben angesehen werden, wenn: die Wirksamkeit medizinischer Leistungen nicht feststellbar ist. Med. Fragestellung – Med. Effektivität (Wirksamkeit von Diagnostik und Therapie) Kosten-Effektivitäts-Analyse CEA (cost-effectiveness-analysis). kostengünstigere Behandlungsalternativen nicht an Wirksamkeit übertroffen werden. Ökonomische Fragestellung – Ökonomische Effizienz (Effektivität in Bezug zu den aufgewandten Ressourcen) Kosten-Nutzwert-Analyse CUA (cost-utility-analysis) oder Kosten-Nutzen-Analyse CBA (cost-benefit-analysis). Einsparungspotentiale zur Minimierung der direkten Kosten im gesundheits- ökonomischen Sinn vorhanden sind. Betriebswirtschaftliche Fragestellung – Wirtschaftlichkeitsprinzip – Kosten-Vergleichs-Analyse CMA (cost-minimization-analysis).

Steubenstraße 17, 89 231 Neu-Ulm Telefon 0731/9762-100 Prof. Dr. Uta M. Feser Präsidentin FH Neu-Ulm Steubenstraße 17, 89 231 Neu-Ulm Telefon 0731/9762-100 uta.feser@fh-neu-ulm.de Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!