Vortrag im Rahmen der Tagung

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 Präsentation transkript:

Vortrag im Rahmen der Tagung Mündige Konsumenten Ziel von ökonomischer Bildung und Verbraucherbildung Vortrag im Rahmen der Tagung „Verbraucherbildung vermitteln. Eine gesellschaftliche Herausforderung“ (M1101) Sehr geehrte Frau Salzmann, lieber Herr Gnielczyk, sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, heute vor, zu und anschließend dann auch mit Ihnen sprechen zu dürfen. Bewegung „Occupy Wall Street“ gewinnt an Fahrt → D | 1 Slogan „Wir sind 99 %“ Legitimität der Forderung nach Regulierung der Finanzmärkte speist sich aus Gesetz der Masse! → Jede(r) einzelne Anteil ist Konsument | 100 % der Gesamtbevölkerung sind Konsument(inn)en → Forderung nach mehr Verbraucherbildung! Mehrheit der ÖB kümmert sich ausschließlich um Entrepreneurship Education, finanzielle Allgemeinbildung u ökonomisches Modelldenken i. S. Neoklassik Konsum unterbelichtet, DABEI Konsum allgegenwärtig: „Kauffallen“ (z. B. Handyverträge, Internetkäufen o. Teleshopping) | Beschaffung von Produktinformationen (z. B. Auswertung von Warentests) | Abschluss von Kauf-, Miet- und Versicherungsverträgen | Gütesiegel/-kennzeichungen | Werbung | „Markenwahn“ Wir leben in einer Arbeits-, Wissens- und Industriegesellschaft, in einer Medien-, Spaß- und Freizeitgesellschaft, aber eben auch in Konsumgesellschaft Berlin, den 27. März 2017

Was zeichnet eine „Konsumgesellschaft“ aus? Menschen konsumieren nicht nur das, was sie zum Überleben benötigen, sondern auch, was ihr Leben aus individueller Perspektive „bereichert“ Produkte dienen als Sinnvermittler = Konsum als Statussymbol informelle Infrastruktur (Werbung), die auf Weckung und Überhöhung von „bedarfslosem“ Konsum abzielt Synonyme: „Überfluss-“, „Wohlstands-“ oder „Wegwerfgesellschaft“ Konsumkritik bzw. Ablehnung übermäßigen Konsums Konsumgesellschaft ursprünglich Umschreibung der Tatsache: Großteil der Bevölkerung in Markt integriert World Watch Institute: Weltweiter Konsum übersteigt unsere Ressourcen | Wenn alle Menschen der Welt wie die US-Amerikaner leben würden, könnte der Planet nur 1,5 Mrd. Menschen (statt 7 Mrd.) ernähren Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Konsumdruck „Wie stark ist Ihrer Meinung nach der Druck, Dinge zu kaufen, nur um nicht aus der Reihe zu fallen?“ (Angaben in %) Untersuchungsjahr sehr stark ziemlich stark eher nicht stark überhaupt nicht 2007 25 % 48 % 21 % 6 % 2004 53 % 4 % 1992 17 % 40 % 32 % 11 % 1982 13 % 31 % 14 % 390 Mrd. Euro private Konsumausgaben in Deutschland (2010) | pro Jahr: 1,5 Mio. Werbespots Konsumdruck ↑ , | Nürnberger Spielwarenmesse: jedes Jahr 70.000 Neuheiten | Kinder als Konsumenten K. Kollmann/K. Simperl (2008) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Konsumdominanz bei Kindern (6- bis 13-Jahre) 316,- Euro beträgt das Budget für Weihnachtsgeschenke. 900 Werbespots sieht ein Kind im Monat. 2,5 Mrd. Euro haben Eltern 2010 für Kinderspielzeug ausgegeben (ohne Video- und Computerspiele). 180 Minuten am Tag verbringen Kinder mit Videospielen, Computern, Internet oder TV 53 % der Kinder besitzen eine Spielekonsole. 8 von 10 Kindern besitzen ein Handy. Jedes dritte Kind hat ein Facebook-Profil. Jedes vierte Kind ist Einzelkind. S. Gaschke (2011), S. 47 Konsumwelt drängt in Kinderzimmer u verdrängt Wirklichkeit | Kinder impulsgetrieben, begeisterungsfähig, spontan – und konsumfreudig! letzte Kids-Verbraucheranalyse: 71% der Kinder Werbung „gut“ oder „sehr gut“. Bildschirmzeit eines Kindes hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt: Heute kommen zu 90 Minuten TV auch noch 90 Minuten Internetsurfen, Videospiel u Soziale Netzwerke | → Aus dem Kreis der Familie ist eine Halbkreis vor dem Fernseher geworden. Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Der wirtschaftende Mensch in unterschiedlichen Rollen Konsument Prosument (1) Verbraucher Kreditnehmer (1) Verbraucher Konsumenten: Ansprüche in globaler Warenwelt gestiegen Anleger u Versicherungsnehmer: eigenverantwortliche finanzielle Planung hat mit den Leistungskürzungen der gesetzlichen Krankenkassen u der Reform der Bismarckschen Sozialversicherungsarchitektur durch die Einführung der „Riester“- und „Rürup“-Rente als Instrumentarien der kapitalgedeckten Altersvorsorge massiv an Bedeutung gewonnen | Angebotsvielfalt | Ver- und Überschuldung belegen Überforderung | Volk der Versicherten, das mitunter zur Vollkaskomentalität neigt, aber kaum über Kenntnisse verfügt Prosument: Konsumenten erbringen heute Leistungen, die ursprünglich in die Zuständigkeit der UN und ihrer Kundenbetreuer fielen – etwa bei der Abwicklung von Bankgeschäften → Konsumenten zu Prosumenten: Bild vom arbeitenden Kunden Ziel der ÖB: Rationalisierung von Konsumentscheidungen WAS MUSS MAN ÜBER KONSUMENT WISSEN? Versicherungsnehmer Transferempfänger Anleger Beitrags-/Steuerzahler (3) Wirtschafts-bürger Wirtschaftsdemokrat Spender/Stifter Berufswähler Eigentümer Auszubildender (2) Arbeitnehmer/ Arbeitgeber Ausbilder Entrepreneur Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Orientierung der Verbraucherbildung an Konsument als „Black Box“ Input Konsument als „Black Box“ Konsumentenverhalten Marketing-instrumente Umwelt- einflüsse Konsumenten-verhalten Entscheidungs-prozess Stimuli Black Box Response Kauf Produktpolitik ökonomische Einstellungen, Wahrnehmungen Informations- suche Wahl des Kauforts Kontrahierungs-politik kulturelle Persönlichkeit Alternativen- bewertung Kaufzeitpunkt politische Distribution Motivation Kaufmenge Konsument schon allein aus betriebswirtschaftlicher Perspektive ausgesprochen komplexes Wesen WAS MÜSSEN KONSUMENTEN KONKRET WISSEN? | Lenin | 4 Beispiele für Mglkt., ÖB und Verbraucherbildung stärker zu verschmelzen technische Kaufentschluss Kommuni-kation Lebensstil Kaufsumme Nachkauf- verhalten Weis (2001), S. 43 Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Eurobarometer „Consumer Empowerment“ Frage 1: Der gleiche Flachbildfernseher ist sowohl im Geschäft A als auch im Geschäft B im Angebot. Welcher ist günstiger?  Geschäft A: Der Preis beträgt 500 Euro, mit einem Rabatt von 10 % | Geschäft B: Der Preis beträgt 400 Euro. Frage 2: Welcher der folgenden Zinssätze wäre für Ersparnisse oder Sparkonten am besten?  - 1 % | 2 % | 3 % | 4 % Frage 3: Eine Familie muss für eine Hypothek auf ihr Haus in Höhe von 50.000 Euro jährlich 6% Zinsen zahlen. Wie hoch sind die Zinsen für das erste Jahr? 300 Euro | 3000 Euro | 5000 Euro | 6000 Euro. 3 einfache Fragen, die numerisch-finanzielles Basiswissen erfragen = alltägliche Fragestellungen Allerdings: 4 von 10 Deutschen konnten nicht alle drei Fragen beantworten | Trost: in Österreich sogar jeder Zweite nicht Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

„Einkaufsfalle“ Supermarkt Käse Frischfleisch Obst Milch Süßigkeiten Zahnstocher Eis Zucker Spaghetti Zeitungen/Zeitschriften Tiefkühlkost Gemüse Zigaretten Getränke Sie sind die Filialleiter dieses Supermarktes. Ordnen Sie die folgenden Produkte so ein, dass sie sich möglichst gut verkaufen. Trick 1: Bremszone: Obst und Gemüse am Eingang bilden Bremse / leuchtende Farben der Früchte und des Gemüses regen Speichelfluss der Kunden an. Mit Appetit kaufen sie mehr. Trick 2: Musik: Musik dient der Entspannung / Lieder, die 72 Bassschläge pro Minute haben – entsprechend dem Puls eines entspannten Menschen – sind am wirksamsten. Trick 3: Beleuchtung: in Fleischabteilung rotes Licht, so dass selbst blasse Fleischstücke frisch und saftig aussehen. Trick 4: Regale mit 4 Zonen: Sichtzone (140 bis 180 cm) | Greifzone (60 bis 140 cm) | Bückzone (bis 60 cm) | Reckzone (mehr als 180 cm) beachtet | weiterer Regaltrick: Nachrutschmechanismus Trick 5: Gangbreite von 2 Metern ideal: Gänge zu breit, können Kunden mit Einkaufswagen zu schnell durch den Laden gehen | Gänge zu eng, können Kunden durch andere Kunden bedrängt o. gestört werden Trick 6: Verpackung: Mit Großpackungen Gefühl erzeugt, den günstigsten Preis gefunden zu haben, da sie einen Mengenrabatt erwarten Trick 7: Quengelware: an der Kasse Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Rationalisierung von Käufen durch Umwelt- und Sozialsiegel 1 5 2 6 3 7 Fairtrade: direkter Handel: im besten Falle keine Zwischenhändler | fairer Preis: meisten Fairtrade Produkte werden zu festgelegtem Mindestpreis eingekauft | langfristige Handelsbeziehungen u Planungssicherheit | Produzentenkooperativen erhalten Kredit bzw. Zahlungsvorschuss von bis zu 60 Prozent des Einkaufspreises | demokratische und transparente Organisationsstrukturen der Kooperativen | nachweislich keine illegale Kinderarbeit Blauer Engel das älteste aller Umweltzeichen (1977) | Siegel mit hohem Orientierungswert: 79% der Konsumenten ist Zeichen bekannt, 38% achten beim Einkaufen auf Produkte mit dem „Blauen Engel“ Rugmark hat Goodweave abgelöst | Ziele: ausbeuterische Kinderarbeit in der Teppichindustrie verhindern, ehemaligen Kinderarbeitern aus der Teppichindustrie Ausbildung und Wiedereingliederung in Familien ermöglichen, sozialen Anliegen der Beschäftigten in der Teppichproduktion unterstützen Stiftung Warentest 1964 als unabhängigen Institution eingerichtet | anonymer Einkauf und verdeckte Inanspruchnahme von Dienstleistungen | Bewertung der Produkte u Leistungen von „sehr gut“ bis „mangelhaft“ | mittlerweile über 5.000 Tests staatliches Bio-Siegel 2001 ins Leben gerufen | Produkte nach EG-Öko-Verordnung produziert (u. a. artgerechte Tierhaltung) | Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs müssen zu mindestens 95 Prozent aus dem ökologischen Landbau stammen | (p) umwelt- und klimaschädlicher Transport - Siegel „Ohne Gentechnik“ 2009 als Negativkennzeichnung eingeführt | (p) Verunreinigung mit zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen bis zu einem Anteil von 0,9 Prozent erlaubt Tunfisch ausgezeichnet mit „delphinfrei gefischt“: kein geschütztes Siegel „FCKW frei“ ist unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten (LG Darmstadt im August 2010 ABSTRAKTER: Typologie von Gütern 4 8 Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Skala von Güterarten nach Asymmetrie des Informationsgrades neoklassi-sches Gut Suchgut Erfahrungsgut Vertrauensgut Potemkingut Placebo In Informationsgesellschaft kann sich besser Informierter leistungsbedingte Vorteile gegenüber dem schlechter Informierten verschaffen → In Abhängigkeit vom Grad der Informationsasym­metrie lassen sich Güter nach Maßgabe der Informationenökonomie einteilen: Neoklassisches Gut: vollkommene Information | keine Informationsasymmetrie zw. Anbieter u Nachfrager | keine Informationsunterschiede vor o nach Kauf Suchgut: Qualität des Guts kann vor Kauf festgestellt werden (auch Inspektionsgut) Erfahrunsgüter: offenbaren Qualität erst bei o nach Gebrauch | asymmetrische Informationen: Anreiz für Anbieter qualitativ höherwertiger Ware, diese anzubieten, verringert sich: nur noch „Zitronen“, so dass sich schlechte Qualität durchsetzt (adverse Selektion) | Bsp.: Gebrauchtwagenkauf = Lotteriespiel Vertrauensgüter relevante Eigenschaften wie z. B. Materialfestigkeit, Schadstofflastigkeit oder Recyclingsfähigkeit können nur mittels aufwendiger Testverfahren festgestellt werden | durchschnittlicher Marktteilnehmer - | Konsumenten müssen Expert(inn)en Glauben schenken: Umwelt- und Sozialsiegel leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Auflösung von Informationssymmetrien Potemkingut: auch unabhängige Institution kann über einige Eigenschaften des Gutes keine Auskunft geben Placebo: über keine der Eigenschaften können verlässliche Informationen eingeholt werden | Bsp.: Umweltqualität eines Gutes, denn Produktionsbedingungen unterliegen meist dem Betriebsgeheimnis   → Auflösung von Informationsasymmetrien durch „Screening“ oder „Signalling“ Darby/Karni (1973); Spiller (1976) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Welche ökonomische Bildung wollen wir? Ökonomische Bildung definiert sich nicht über den Gegenstandsbereich „Wirtschaft“, sondern leitet sich aus der spezifisch ökonomischen Perspektive und deren sozialwissenschaftlicher Vernetzung ab: Denken in Kategorien der ökonomischen Verhaltenstheorie, Phänomen der Knappheit, Denken in ökonomischen Wirkungszusammenhängen, Denken in ordnungspolitischen Zusammenhängen, Denken in politischen Strukturen und Prozessen, Kontextualisierung entlang soziologischer Theorien und Modelle, ethische Werten (z. B. Leitbilder von Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit). John Maynard Keynes: Ökonom muss bis zu einem gewissen Grad auch Mathematiker, Historiker, Staatsmann und Philosoph sein. → Hinweis auf Tatsache, dass ökonomische Erklärungsansätze nicht für jeden Lebens- und Gesellschaftsbereich taugen Mikroökonomische Theorie der Familie (Gary S. Becker): Eheschließung dann wahrscheinlich, wenn beide Akteure unter Berücksichtigung rationaler nutzenmaximierender Hand­lungsprinzipien von einer Eheschließung einen subjektiv präferierten Zustand erwarten: N verheiratet  N ledig HH wird als Produktionseinheit begriffen: Ehepartner organisieren ihre Arbeit und Ressourcen, um den allgemeinen Wohlstand des Haushalts zu mehren. Suchkosten und unvollständige Information auf dem Heiratsmarkt, so dass ein breiter Eigenschaftsraum akzeptiert wird Investitionen in ehespezifisches Kapital (Kinder, gemeinsames Eigentum) festigen die Ehe, da 1. der Ehegewinn erhöht wird und 2. die Investitionen nicht auf alternative Beziehungen übertragbar sind → „Im Lichte aller verfügbaren Alternativen bist Du diejenige mit den geringsten Opportunitätskosten.“ Wer Gütermarkt u Heiratsmarkt oder Kapitalmarkt u Arbeitsmarkt gleichermaßen mit der ökonomischen Brille betrachtet, ist nicht ökonomisch gebildet, sondern ökonomistisch verbildet! Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Kernkompetenzen ökonomischer Bildung Handlungssituationen ökonomisch analysieren Entscheidungen ökonomisch begründen Ökonomische Systemzusammenhänge erklären Rahmenbedingungen der Wirtschaft verstehen und mitgestalten Konflikte perspektivisch und ethisch beurteilen 1 2 3 4 5 vielfältige Möglichkeiten UND Notwendigkeiten zu entscheiden und zu handeln | Spielräume müssen erkannt und genutzt werden | In einer Zeit, in der die Gruppe der working poor aus Ich-AGlern, Mini- und Midi-Jobbern rasant wächst, stellt sich auf politischer wie auch auf individueller Ebene die Frage, wie die Altersvorsorge vor dem Hintergrund diskontinuierlicher Erwerbsbiographien organisiert werden kann. | Befristete sowie in Leih- und Zeitarbeitsverhältnissen beschäftigte Arbeitnehmer müssen sorgfältig überlegen, ob sie private Altersvorsorge betreiben o dies angesichts der Tatsache, dass private Ersparnisse im Falle der Arbeitslosigkeit aufgezehrt werden könnten, in ihrem Fall nicht anzuraten ist. Entscheidungen werden bewusst o unbewusst, rational o. irrational, mit o. ohne Berücksichtigung der Rahmenbedingungen u Konsequenzen | Entscheidungen ökonomisch begründet treffen bzw. nachvollziehen können → Abwägung von Kosten u Nutzen, Vergleich von Alternativen im Bewusstsein der Konsequenzen für eigenes Wohl u Wohl anderer Moderne Gesellschaften sind durch ein hohes Maß an Arbeitsteilung, Spezialisierung und Austausch gekennzeichnet. | Einzelne muss verstehen, dass das Wirtschaftssystem etwas anderes ist als die Summe seiner Teile. | Wirtschaftskreislauf | Unterschied zw. gutem und schlechtem Ökonomen: Der eine klebt an der sichtbaren Wirkung, der andere berücksichtigt Langzeitwirkungen und Nebenwirkungen | Wirtschaftsordnung u Wirtschaftspolitik verstehen, beurteilen, beeinflussen und mitgestalten. MWSt, Pendlerpauschale, Rettungsschirme für Banken Konflikte ethisch und perspektivisch beurteilen: Übernahme ethischer Verantwortung, Auswirkungen auf Mitmenschen, Lösung von Verteilungskonflikten, Gerechtigkeit u Solidarität bei Verteilungsproblemen DEGÖB (2004, 2006, 2009) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Dimensionen der Lebenssituation „Kauf an Märkten“ Kategorien: Bedürfnisse, Knappheit, Risiko, Kosten etc. Lernziele: Kennenlernen verschiedener Einkaufsstätten/Märkte (Groß-, Einzelhandel, Fachgeschäft, Discounter, Internet, Versandhaus, Flohmarkt, Haustürgeschäfte) Abgrenzung verschiedener Märkte : Fachgeschäft vs. Discounter, Flohmarkt vs. Internet… Level I: Der Lernende kann unterschiedlichen Einkaufsmöglichkeiten ihre charakteristi-schen Eigenschaften zuordnen (Erwerb von Fach-/Sachkompetenz). Level 2: Der Lernende kann situationsgerecht die geeignete Einkaufsstätte identifizieren (Erwerb von Urteilskompetenz). Level 3: Der Lernende kann sich situations- und bedürfnisgerecht für eine Einkaufsstätte entscheiden (Erwerb von Entscheidungskompetenz). Unbedingt: Erziehung zu kritischem Konsumbeswusstsein Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Konsumkritische Grundhaltung „Die Verbraucher verwechseln in wachsendem Maße den Kaufakt mit dem Konsumtionsakt (…). Sie kaufen immer mehr Bücher, aber sie kommen nicht mehr dazu, sie zu lesen; sie kaufen Schuhe und Kleider, die sie kaum je tragen; sie kaufen Keyboards, Tennisschläger und Teleskope, die sie nie benutzen; sie kaufen technische Geräte, die so komplex sind, dass sie Monate oder Jahre brauchten, um ihre Funktionen wirklich auszuschöp-fen. Wäre der Sonntag verkaufsoffen, würde er nicht dem Realkonsum geopfert, sondern dem Kaufakt: Anstatt das Gekaufte zu konsumieren, würden wir erneut shoppen, und wer shoppt, konsumiert nicht.“ H. Rosa (2009) Lernziel: aufgeklärte Haltung gegenüber maßlosem Konsum Jenaer Soziologe Hartmut Rosa hat sich in einem mit „Ohne Bremse an die Wand“ überschriebenen Beitrag für die Wochenzeitung Die Zeit nicht nur für eine „Entschleunigung“ des Konsums ausgesprochen, sondern auch dafür plädiert, diesen vom Kauf selbst zu trennen! Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Wunsch nach Konsumkritik „Sind Sie der Meinung, dass zu Konsumfragen in der Öffentlichkeit weitaus kritischer Stellung genommen werden sollte?“ Untersuchungsjahr 2000 2007 2008 1 (Ja, stimme voll zu) 30 64 33 73 43 77 2 34 40 3 27 19 20 4 6 5 (Nein, stimme überhaupt nicht zu) weiß nicht K. Kollmann/I. Kautsch (2008) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Notwendige Perspektiven auf die „Geldgesellschaft“ Geld/Vermögen wird als Maßstab für (beruflichen) Erfolg gewertet, verleiht Ansehen und gewährt gesellschaftlichen Einfluss. Wer der Meinung ist, dass man für Geld alles haben kann, gerät leicht in den Verdacht, dass er für Geld alles zu tun bereit ist. | Benjamin Franklin Das Geld gleicht dem Seewasser. Je mehr davon getrunken wird, desto durstiger wird man. | Arthur Schopenhauer Es kommt nicht so sehr darauf an, wieviel man hat, sondern wieviel Freude man daran hat. | anonym Immer mehr Leute geben immer mehr Geld aus, das sie eigentlich gar nicht haben, um sich Dinge anzuschaffen, die sie eigentlich gar nicht brauchen, um denen zu imponieren, die sie eigentlich gar nicht mögen. | Franz Kern Geld in erster Linie ein Tausch- und Zahlungsmittel, das der Wertbemessung, Wertaufbewahrung und Wertübertragung dient ABER: Mitglieder von Geldgesellschaften erleben und gebrauchen Geld immer auch als ein Symbol, in dem die ökonomische mit einer psychosozialen Bedeutung vermengt wird Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Verbraucherorientierte Bildung am Beispiel „Konsum“ Themenfeld „Konsum“ Politische Bildung Ökonomische Bildung Soziologische Bildung + - (1) Schwächen der Theorie der Konsumentensouveränität (2) Konsumentenmacht (3) Ethischer Konsum „Politisierung des Konsums“ Konsumenten bzgl. Präferenzen vielfach nicht souverän, sondern von Werbung manipuliert, von Gewohnheiten getrieben o. durch unzureichende Informationen verwirrt | Galbraith: Kritik an der Konsumentensouveränität als Steuerungsideal, da Einfluss der Produzenteninteressen auf Ausbildung der Konsumentenpräferenzen verschleiert wird: „Produzentenmanipulation der Konsumentenreaktion“ Der schlafende Riese Konsument erwacht | verwandelt Kaufakt in Abstimmung über die weltpolitische Rolle der Konzerne, die diese mit ihren eigenen Waffen – Geld und Nichtkauf – schlägt | Ulrich Beck: Schlagwort des „politischen Konsumenten“| „Moralisierung der Märkte“: Marktteilnehmer/innen zeigen immer häufiger ein von moralischen Kriterien geleitetes (Markt-)Verhalten Ethischer Konsum: Warenproduktion muss unter ökologischen, ökonomischen oder sozialen Gesichtspunkten bestimmten Ansprüchen genügen | wird zuvorderst von Menschen praktiziert, die Folgen ihres Konsums für Dritte (selbst für künftige Generationen) in den Blick nehmen Konsumverzicht tut Not! 1 Mrd. Menschen hungern: Sudan, Malawi und derzeitige Hungerkrise am Horn von Afrika | Jeden Tag sterben 37.000 Menschen an Hunger | Mit jedem unserer Wimpernschläge sterben 2 Kinder an Hunger | Ich erspare Ihnen die Photos, aber nicht die Tatsachen: Unser exzessiver Konsum treibt die Nahrungspreise auf dem Weltmarkt nach oben (für viele Menschen unerschwinglich) → ÖB: Knisterstädte von Karatschi, staatlicher Konsum: Ein Ökonom, der neben der Wachstumsfrage nicht auch die Verteilungsfrage stellt, ist wie ein Geograph, der sich nur mit Breitengraden, nicht aber auch mit Längengeraden befasst. Sinnhaftigkeit der Vernetzung: Beispiel Kaffeekonsum soziologisch: „Wollen wir uns auf einen Kaffee treffen?“ ist i.d.R. als Wunsch nach einem sozialen Arrangement zu begreifen – unterliegt somit dem Gegenstandsbereich der Soziologie | Kaffeekonsum steht in GB hinter der Tradition des Teetrinkens zurück | Konsum von Fair-Trade-Kaffee vormals Distinktionsmerkmal des links-alternativen M. politisch: institutionelle Förderung von Fair-Trade-Kaffee durch produktbezogene Sozialsiegel (Labels) ökonomisch: Beschaffung, Produktion und Absatz von Kaffee rechtlich: Ausgestaltung der Verträge zwischen Produzenten und Zwischenhändlern geographisch: Wo wird Kaffee angebaut? (4) Konsumverzicht - + (5) staatlicher Konsum Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Vom Feld in den Müll: Wo in Europa die Verluste entstehen Ausdruck unseres Konsumverständnis: Wegwerfen von Lebensmitteln | Anschaffung von Neugeräten statt Reparatur / Beschaffungsturnus ist kürzer geworden (I-Phone) → Wegwerfgesellschaft“: gestiegene Ansprüche: Kartoffel zu groß, Gurke zu krumm, Brot zu trocken: Jährlich landen in Deutschland Mio. Tonnen Essen im Müll, weil viele Kunden nur makellose Lebensmittel kaufen. 50 Prozent aller Lebensmittel werden weggeworfen: Jeder zweite Kopfsalat, jede zweite Kartoffel und jedes fünfte Brot. Das meiste davon endet im Müll, bevor es überhaupt den Verbraucher erreicht. Und fast niemand kennt das Ausmaß der Verschwendung. | Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen (FAO): in Deutschland ca. 250 kg pro Bundesbürger = Lebensmittel im Wert von 330 Euro (Verbraucherministerium) Gegenstrategien: Einkaufszettel schreiben | Prüfung von 2-für-1-Angebote | Haltbarkeit überprüfen | Auf Packungsgröße achten: auf Grundpreis achten und sich nicht von der Packungsgröße zum Kauf verleiten lassen | Einfrieren oder mit Resten kochen Illenberger (2011), S. 48 Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Weizenpreise im Finanzmarktfieber CBOT: Chicago Bord of Trade | Futures = Optionsscheine Nahrungsmittelpreise stiegen allein in diesem Jahr um ein Drittel! Aufruf von Foodwatch: „Der spekulative Handel mit Nahrungsmitteln auf den internationalen Märkten muss im Sinne einer friedlichen und kooperativen Zukunft unter den Völkern beendet werden.“ Foodwatch (2011) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Schlussfolgerungen Die Schnittmengen zwischen ökonomischer Bildung und Verbraucherbildung sind noch unzureichend ausgelotet. Die meisten Vertreter/innen ökonomischer Bildung vernachlässigen in Forschung und Lehre (zentrale) Themen der Verbraucherbildung. Ziel der Konsumentenbildung muss es nicht nur sein, eine aufgeklärte Haltung gegenüber Konsum (Rationalität statt Irrationalität) zu entwickeln, sondern auch eine Erziehung zu Konsumverzicht. Identifikation des Gemeinsamen statt des Trennenden Forderung nach mehr ÖB von politischen Parteien und Pädagogen, Kirchen und Kreditinstituten sowie AG- u. AN-Verbänden, aber ÖB u VB müssen Townships von Kaptstadt, die Favellas von Rio de Janeiro u die Kanisterstädte von Karatschi thematisieren → Bewusstseinswandel Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

„Büchertisch“: Empfehlungen unterhaltsamer Literatur Frank Norris: The Pit | Ende des 19. Jhdts. | The Pit (+ The Octopus / 3. Werk - = Trilogie über das uramerikanische Thema des Weizens) | dt. „Die Getreidebörse“ Christian Kleinschmidt: grundlegende Einführung Tanja Busse (2008): Die Einkaufsrevolution: Konsumenten entdecken ihre Macht TASTE THE WASTE. Die globale Lebensmittelverschwendung: Film von Valentin Thurn + Buch „Die Essensvernichter“ Mit „No Logo!“ wurde Naomi Klein im Jahr 2000 Gesicht und Stimme der globalisierungskritischen Bewegungen. Quasi über Nacht galt sie durch ihr erstes Buch als die „einflussreichste Person unter 35 Jahren | The Observer: „Das neue ‚Kapital‘ Foodwatch: Die Hungermacher. Wie Deutsche Bank, Goldman Sachs & Co. auf Kosten der Ärmsten mit Lebensmitteln spekulieren Fred Grimm (2006): Shopping hilft die Welt verbessern der andere Einkaufsführer → praktische Hinweise zu Ernährung, Mode, Wohnen, Reisen, Geldanlage Sigrid Baringhorst [Hg.]: Politik mit dem Einkaufswagen. Unternehmen und Konsumenten als Bürger in der globalen Mediengesellschaft Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner Kontaktdaten Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner Professur für Ökonomie und ihre Didaktik Institut für Gesellschaftswissenschaften Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd Oberbettringer Straße 200 73525 Schwäbisch Gmünd E-Mail: tim.engartner@ph-gmuend.de Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Unterbelichtetes Themenfeld „Konsum“ Helmut Kein / Teresa Schare (2010): Unternehmer und soziale Marktwirtschaft im Schulbuch in Nordrhein-Westfalen IW Köln (2010) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Reflektierter Konsum? Eine kurze Typologie von Kaufentscheidungen Echte (oder extensive) Entscheidungen liegen vor, wenn z. B. ein neues Gut auf den Markt kommt oder ein Bedürfnis erstmalig artikuliert wird. Sie sind mit großem Informationsbedarf und starkem kognitiven Engagement verbunden. Bei habituellen Kaufentscheidungen erfolgt eine gewohnheitsmäßige Wahl, ohne dass nach Alternativen gesucht wird. Von limitierten Entscheidungen wird gesprochen, wenn zwar Alternativen (von Produkten) verglichen werden, dieser Prozess aber zügig und anhand erprobter Kriterien abläuft. Impulskäufe verlaufen vor dem Hintergrund kaufstimulierender Reize und sind stark emotional geprägt. Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Politisierung des Konsums (Ethischer Konsum) Ökologie Ökonomie Soziales Liste verbotener Substanzen Beratung Arbeitsbedingungen Umweltschonender Anbau Stabile Mindestpreise Gemeinschaftsprojekte Förderung des Bio-Anbaus Fairtrade-Prämie Versammlungsfreiheit Verbot genetisch veränderter Organismen Langfristige Handelsbeziehungen Diskriminierungsverbot Bioaufschlag Vorfinanzierung keine illegale Kinderarbeit Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Privat- und Unternehmensinsolvenzen ca. 140.000 eröffnete Verbraucherinsolvenzverfahren in 2010 Die Zahl der Verschuldeten, die unter 20 Jahre alt sind, hat sich seit 2004 vervierfacht. Die Zahl der überschuldeten Haushalte hat sich hierzulande innerhalb der letzten 15 Jahre mehr als verdoppelt. Rund drei Millionen Privathaushalte sind auf unabsehbare Zeit nicht mehr in der Lage, ihre laufenden Kosten aus ihrem Einkommen zu bestreiten. Experten gehen davon aus, dass rund zwölf Prozent aller Jugendlichen Schulden haben. Junge Menschen sind demnach besonders empfänglich für emotionale Werbebotschaften. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (2009) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Hauptgründe für Überschuldung in Prozent Arbeitslosigkeit 28,2 Trennung, Scheidung, Tod des Partners/der Partnerin 13,8 Erkrankung, Sucht, Unfall 10,7 Unwirtschaftliche Haushaltsführung 9,4 Gescheiterte Selbstständigkeit 9,3 Zahlungsverpflichtung aus Bürgschaft, Übernahme oder Mithaftung 2,2 Gescheiterte Immobilienfinanzierung 4,1 Unzureichende Art der Kredit- oder Bürgschaftsberatung 3,5 Sonstige 18,8 Jeder 10. Erwachsene in Deutschland nicht ver-, sondern überschuldet (7,4 Mio.). Zahl der Verbraucherinsolvenzen durch Einführung der Restschuldbefreiung nach 6 Jahren massiv angestiegen. Verbraucherinsolvenzen durch Arbeitslosigkeit (28,2 %), Trennung/Scheidung (24,5), Scheidung, Tod des Partners/der Partnerin, Erkrankung, Sucht, Unfall, Unwirtschaftliche Haushaltsführung, gescheiterte Selbstständigkeit, Zahlungsverpflichtung aus Bürgschaft, Übernahme oder Mithaftung, gescheiterte Immobilienfinanzierung Bundesverband der Verbraucherzentralen (2009) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

„Denkanstöße“: Lernbereich Haushalt „Lernen, mit Geld umzugehen, soll dazu befähigen, Geld in seiner Funktion als Zahlungsmittel, als Wertmaßstab für Marktgüter und als Wertaufbewahrungsmittel für die erfolgreiche Gestaltung der persönlichen Alltags- und Lebensökonomie zu nutzen. Dabei ist Geld nicht nur im Sinn von Bargeld gemeint, sondern einge-schlossen sind die geldähnlichen Schuldverhältnisse und Finanzdienstleistungen, wie Bürgschaften, Kredite und Vermögensanlageprodukte.“ Diese Feststellung des Haushaltsökonomen Michael-Burkhard Piorkowsky deutet an, dass es angesichts der Überfülle und der teils aggressiven Bewerbung des Güter- und Dienstleistungsangebots der Schärfung einer vielfach unterschätzten Kompetenz bedarf: des sorgsamen Haushaltens. Handlungs- und Urteilskompetenz müssen nicht gegeneinander gedacht werden, sondern können im Projekt durchaus beide berücksichtigt werden. Sie sind aber auf verschiedenen Kompetenzstufen angesiedelt (s. Abbildung). Die Urteilskompetenz wird der höchsten kognitiven Stufe zugeordnet. Sie ist darauf angelegt, Analyse-, Lösungs- und Entscheidungskriterien sowie auf Reflexion angelegte Denkschemata zu vermitteln. Planvolles Handeln ist letztlich nur auf der Basis einer getroffenen Entscheidung Urteils möglich. Das setzt wiederum Urteilskompetenz voraus und diese ist ohne Fach- und Methodenkompetenz nicht zu erlangen. Ein gestufter Kompetenzaufbau kann – ganz allgemein – dementsprechend wie folgt dargestellt werden: Schaubild Urteilskompetenz kann somit nur erlangt werden, wenn die vorherigen Kompetenzstufen durchlaufen werden. Die Qualität eines sozialwissenschaftlichen Urteils lässt sich anhand des Integrations-, Differenzierungs- und Komplexitätsgrades ermessen, wobei sich folgende Fragestellungen als hilfreich für eine zielgerichtete Bewertung erwiesen haben: Werden Daten, Fakten und Sachzusammenhänge korrekt dargestellt? Welche Kategorien, Theorien und Deutungsmuster liegen dem Urteil zugrunde? Sind verschiedene Perspektiven in das Urteil eingeflossen? Hat der Urteilende eine Folgenabschätzung vorgenommen, d. h. die Konsequenzen seines Urteils bedacht? Inwieweit sind verschiedene Betrachtungsebenen berücksichtigt worden, die anzeigen, auf welchem Gebiet (Wirtschaft, Politik, Recht etc.) ein Sachgegenstand beurteilt wird? Lernziel: Entwicklung der Fertigkeiten, um einen Haushaltsplan zu führen Quelle: K. Kollmann/K. Simperl (2008) Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Brückenfunktion des Umweltsiegels garantiert Umwelt- und Sozialverträglichkeit Verbraucher sucht Gewissheit Einzelhändler Röster sucht Wettbewerbsvorteil bietet Anreize Importeur Exporteur Nachfrageimpuls Aufbereiter Produzent Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Konsum als Größe im Güterkreislauf Mankiw 2004, S. 25 Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Anteil der Lebensmittel an der Gesamtbranche Prozent Fleisch 22,1 Milch 16,0 alkoholische Getränke 9,0 Süßwaren und Dauerbackwaren 8,5  Backwaren 8,3 Obst und Gemüse 5,9 Mineralwasser/Erfrischungsgetränke  4,8 Öle und Fette 3,9 Mühlen, Stärke 3,3 Kaffee und Tee 2,9  Würzen und Soßen 3,0 Zucker 2,2 Der Umsatz der Lebensmittelbranche betrug zuletzt rund 140 Mrd. Euro | Umsatz verteilt sich auf folgende Sparten Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe nahm in den letzten 50 Jahren von etwa 2 Mio. auf weniger als 400.000 ab | Landwirt ernährte 1950 10 Personen, nun 140 | Grund: „Produktivitätsfortschritt“ (Massentierhaltung,  nur rund 13  Prozent der privaten Konsumausgaben fließen in Kauf von Nahrungs- und Genussmitteln | Durchschnittshaushalt: 3.200 Euro p.a. | niedrigster Prozentsatz unter allen EU-Staaten Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner

Eine Frage der Relation – oder: Der Teufel steckt im Detail Vertr.-Prof. Dr. Tim Engartner