12.5. Gliederung Lebensbeginn/Status des Embryos Reproduktionsmedizin.

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12.5. Gliederung Lebensbeginn/Status des Embryos Reproduktionsmedizin

Lebensbeginn: Grundgesetzschutz greift, wo menschliches Leben vorhanden ist: "Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu" (BVerfGE 39, 41), 1975 (erstes Urteil zum Schwangerschaftsabbruch)

→ spezifisch verfassungsrechtliche Frage: was impliziert die Menschenwürde (z.B. absolut geltendes Recht auf Leben)? → relevante Frage u.a. bei: Abtreibung, embryonale Stammzellforschung, IVF, PID → Beginn des menschlichen Lebens bloß empirische Frage?

empirische (biol.) Entwicklungsmerkmale : Verschmelzung von Ei- und Samenzelle Einnistung in Gebärmutter erste Bewegungen des Embryos Empfindungsfähigkeit (Nervensystem) Individuation (Mehrlingsbildung unmöglich) Geburt Selbstbewusstsein (Ich-Identität) → normative Relevanz der Kriterien?

grundlegende moralische Frage: welches Kriterium verleiht moralischen Status? bzw. wer gehört in den "Objektbereich" der Moral? bzw. wann beginnt das menschliche Leben moralische Bedeutung zu gewinnen? übliche (umstrittene) Formulierung: wem kommt der Status einer Person zu?

Speziesargument: alle menschlichen Wesen genießen qua Spezieszugehörigkeit den vollen Schutz der Moral? Einwand: keine normative Relevanz der bloße biologische Zugehörigkeit; warum nicht auch (bestimmte) Tiere berücksichtigen? → Diskussion über "Speziesismus" (P. Singer) sind manche Menschen keine Personen? haben manche Tiere (Bsp. Menschenaffen) einen höheren moralischen Status als manche Menschen (Bsp. Anenzephale)?

moral. Status des menschlichen Embryos: abhängig von zu Grunde gelegter Theorie über Beginn des moral. Status (mögliche Kriterien s.o.); Zellhaufen oder absolut schützenswertes Leben? reicht das bloße Potenzial zur Entwicklung bestimmter moralrelevanter Eigenschaften aus? → Potenzialitätsargument

Probleme des Potenzialitätsargumentes: trotz angelegter Entwicklung werden häufig normative Unterschiede gemacht (Bsp. potentieller König: Prinz; potenzieller Wähler: Jugendlicher) auch Ei- und Samenzelle potenzielle Embryonen (bei Klonierungsmöglichkeit sogar Körperzellen als potentielle Embryonen)

andere Argumente in der Debatte über den Status menschlicher Embryonen: Identitätsargument: Embryo und (spätere) Person sind (diachron und numerisch) identisch; Einwand: Mehrlingsbildung, Abgrenzungsprobleme Kontinuitätsargument: es gibt keine sinnvollen bzw. moral. relevanten Einschnitte in der Embryonalentwicklung; Einwand: petitio principii (genau das ist ja der strittige Punkt)

umstrittener Vorschlag: Grade der moralischen Rücksicht kein moralischer Status: z.B. Steine, Telefone sehr geringer moralischer Status: Lebendiges (auch Pflanzen) eingeschränkter moralischer Status: Embryonen, "höhere" Tiere voller moralischer Status: Menschen ab einem bestimmten Entwicklungsstadium

Reproduktionsmedizin (IVF, PID, Klonen): eigenständiger Moralstatus des Embryos oder Eigentum der Eltern? reproduktive Autonomie? gesellschaftl. Folgen; insbesondere Wahrnehmung von Behinderungen ("Das muss es doch nicht geben!" "künstliche" Menschen; langfristige Veränderung des Menschenbildes? Eugenik? Urteile über Lebenswert?

Präimplantationsdiagnostik (PID): künstliche Befruchtung (IVF) + gendiagnostische Verfahren = "Qualitätskontrolle" vor der Schwangerschaft (in vitro) wird eingesetzt bei hohem Risiko, schwergeschädigte Kinder zu zeugen (genetische Krankheiten wie Chorea Huntington, zystische Fibrose) in Deutschland verboten (aber in vielen europäischen Ländern erlaubt)

Unterschied zu gängiger Pränataldiagnostik: "einfachere" Entscheidung über Leben und Tod als im Fall der Schwangerschaft; keine "Einheit in Zweiheit"; (Vorteil oder Gefahr?) Auswahlmöglichkeit: echte Selektion (Auslese); Im Falle der Schwangerschaft nur "Ja/Nein"-Entscheidungsmöglichkeit

mögliche Einwände: Einsatz tatsächlich beschränkbar auf Fälle mit hohem Krankheitsrisiko oder auch Auswahl erwünschter Eigenschaften (z.B. Geschlecht)? → möglicher Dammbruch (positive Eugenik); aber: Gefahr kann gebannt werden, Nutzen überwiegt Gefahr von "Designerbabies": Instrumentalisierung (Bsp. Adam Nash); aber: werden nicht bloß als Mittel gebraucht

Klonen: Erstellung einer (nahezu) genetisch identischen Kopie eines Organismus aus einer entkernten Eizelle, in die ein Zellkern eines erwachsenen Lebewesens transferiert wird ("Dolly-Methode")

reproduktives Klonen: Erzeugung eines genetisch weitgehend identischen Lebewesens (kein identischer Phänotyp) (beim Menschen derzeit weder möglich noch erlaubt) therapeutisches Klonen: Erzeugung von genetisch (weitgehend) identischem Gewebe (z.B. zu Zwecken der Transplantation) durch Gewinn embryonaler Stammzellen aus geklonten Eizellen

was spricht gegen reproduktives Klonen? extrem hohes Risiko von Fehlbildungen starker Verbrauch von Eizellen (Instrumentalisierungsgefahr; wahrscheinliche Kommodifizierung) → keine grundsätzlichen Einwände

möglicherweise fehlgeleitete Erwartungshaltung der Eltern verletzt Recht des Klons auf "offene Zukunft"; Klon nicht Autor seines eigenen Lebens kein sinnvoller medizinischer Zweck (aber: es gibt Paare, die nur auf diese Weise genetisch verwandte Nachkommen zeugen können) Unverfügbarkeit des menschlichen Genoms (Zufälligkeit der Zusammensetzung) soll erhalten werden

Resümee: Der volle moralische Status beginnt nicht schon mit der Befruchtung einer Eizelle (der Zygote kommt keine Menschenwürde zu) Die Reproduktionsmedizin verändert die Wahrnehmung der menschlichen Leiblichkeit moralisch gesehen sind dennoch viele Techniken unter bestimmten Bedingungen akzeptabel (auch PID und therapeutisches Klonen) das reproduktive Klonen von Menschen ist kein akzeptables Ziel menschlichen Handelns