Kognitive Robotik Eine Einführung

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 Präsentation transkript:

Kognitive Robotik Eine Einführung Wolfram Schenck AG Technische Informatik, Technische Fakultät, Universität Bielefeld Seminar “Kognitive Robotik”, 22. April 2004

Kognitive Robotik Einleitung Forschungsgebiet an der Schnittstelle zwischen Kognitionswissenschaft und Robotik Hauptgegenstand: Modellierung sensomotorischer Zusammenhänge Vorgehen: Implementierung dieser Modelle auf Roboterhardware zum Test in der realen Welt Ziele: Zu erklären, auf welche Weise höhere kognitive Funktionen aus dem Erlernen sensomotorischer Koordination hervorgehen können Konstruktion autonomer „intelligenter“ Roboter/Agenten

Sensomotorischer Zusammenhang Einleitung Controller St Mt Einleitung: Besonderes Interesse fuer sensumotorische Verarbeitung Grundlegende Modellvorstellungen auf Folie Warum Arbeit mit Robotern? Übergang zur nächsten Folie St: Sensory state in time step t Mt: Motor command generated in time step t

Begriff “Kognition” Kognition in der Psychologie: Einleitung Kognition in der Psychologie: Funktionen der Wahrnehmung, des Gedächtnisses, des Denkens und Problemlösens, der motorischen Steuerung und des Sprachgebrauchs Kognition umfasst sowohl bewußte (intentionale) als auch unbewußte Prozesse Unterscheidung von niedrigeren und höheren kognitiven Funktionen

Grundlegung der Kognitionswissenschaft Einleitung Generelle Grundannahmen (nach Strube, 1996): Kognition ist Informationsverarbeitung Kognitive Prozesse stellen Berechnungen über Strukturen dar, die ihrerseits als Repräsentationen (der Welt oder des eigenen Selbst) aufzufassen sind Repräsentation: Interne Darstellung der in einem kognitiven System gespeicherten/ vorhandenen Information

„Wie entsteht Kognition?“ Einleitung Antworten aus... Klassischer KI Konnektionismus „Neuer KI“ (u.a. Kognitive Robotik)

Der Weg zur „Kognitiven Robotik“ Geschichte Wichtige Ereignisse: z.B. Dartmouth-Konferenz (1956), Teilnehmer wie Minsky, McCarthy, Newell, Simon (Begründung der KI-Forschung) Kognitive Wende, Geburt der klass. KI (50er Jahre) Kognitionswissenschaft (ab 1975) Geburtsjahr 1975: „Physical Symbol Systems Hypothesis“ (Newell & Simon)

Klassische KI Grundannahmen: Kognition ist Informationsverarbeitung im Sinn von Symbolverarbeitung Interne Repräsentationen sind symbolisch

Symbolverarbeitungssystem Klassische KI Grundlegende Bestandteile (nach Newell, 1980): Menge primitiver Symbole oder Zeichen Menge von Regeln (quasi „Grammatik“) Speicher Menge grundlegender Operationen (etwa: Erzeugung, Zugriff, Veränderung, Löschung) Prozessor(en)

„Physical Symbol Systems Hypothesis“ Klassische KI Physical Symbol System: Ein physikalisch implementiertes Symbolverarbeitungssystem Beispiel: Computer (Transistoren) PSSH: „A physical-symbol system has the necessary and sufficient means for general intelligent action“ (Newell & Simon, 1976) Folge der PSSH: Der Begriff der Kognition ist nicht mehr an den Menschen gebunden; Menschen sind eins von vielen möglichen physikalischen Symbolsystemen; auch Computer können Kognitionen haben

Symbolver- arbeitungs- system: „Disembodied Robot“ Klassische KI Sensoren Sensorische Symbole Symbolver- arbeitungs- system: Effektoren Motor- symbole

Probleme der klassischen KI Klassische KI Mangelnde Robustheit ggü. Rauschen, neuen Situationen, Fehlerzuständen Kein kontinuierliches Lernen Die meisten KI-Systeme haben getrennte Lern- und Performancephasen Symbol Grounding Wie kommt die Semantik ins System? Designer Homunkulus Struktur der sensorischen Repräsentation wird vom Designer bestimmt

Zum Designer-Homunkulus Klassische KI Sensoren Effektoren Sensorische Repräsentation

Probleme der klassischen KI Klassische KI Mangelnde Robustheit ggü. Rauschen, neuen Situationen, Fehlerzuständen Kein kontinuierliches Lernen Die meisten KI-Systeme haben getrennte Lern- und Performancephasen Symbol Grounding Wie kommt die Semantik ins System? Designer Homunkulus Struktur der sensorischen Repräsentation wird vom Designer bestimmt Frame Problem Was ändert sich durch Aktionen und was nicht?

Der Weg zur „Kognitiven Robotik“ Geschichte Wichtige Ereignisse: z.B. Dartmouth-Konferenz (1956), Teilnehmer wie Minsky, McCarthy, Newell, Simon (Begründung der KI-Forschung) Kognitive Wende, Geburt der klass. KI (50er Jahre) Kognitionswissenschaft (ab 1975) Konnektionismus (Wiedergeburt in den 80er Jahren) Geburtsjahr 1975: „Physical Symbol Systems Hypothesis“ (Newell & Simon)

Konnektionismus Verteilte Informationsverarbeitung: Ziel: Umwandlung von Inputdaten zu Outputdaten Viele simple Einheiten sind zu komplexen Netzwerken verschaltet Vorbild: Biologische Nervensysteme

Biologisches Neuron Konnektionismus

Simuliertes Neuron Konnektionismus Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen konnektionistischen Modellen Erstaunliche Leistungen trotz lokaler Einfachheit Beschränkung auf Grundmodell, das auch in dieser Arbeit genutzt wurde

Mehrschichtiges Feed-Forward-Netzwerk Konnektionismus Output Wichtiger Aspekt: Lernen der Verbindungsgewichte Input

Trainingsbeispiele Konnektionismus Gesamtmenge aller Input-Output-Muster-Paare, die den sensomotorischen Zusammenhang repräsentieren Trainingsmenge Testmenge

Konnektionistische Modellierung Konnektionismus „Brain-style modelling“ Parallele Informationsverarbeitung Keine zentrale Kontrollinstanz Subsymbolische Repräsentationen Symbole werden durch Vektoren von Aktivierungswerten ersetzt Sehr erfolgreich bei der Modellierung niedrigerer kognitiver Funktionen wie sensorischer Verarbeitung, Gedächtnis, Motorsteuerung Betonung des Unterschieds zur Symbolverarbeitung: Symbol sind Näherungslösung dessen, was aus subsymbolischer Verarbeitung emergiert

Probleme der klassischen KI Klassische KI Mangelnde Robustheit ggü. Rauschen, neuen Situationen, Fehlerzuständen Kein kontinuierliches Lernen Die meisten KI-Systeme haben getrennte Lern- und Performancephasen Symbol Grounding Wie kommt die Semantik ins System? Designer Homunkulus Struktur der sensorischen Repräsentation wird vom Designer bestimmt Frame Problem Was ändert sich durch Aktionen und was nicht?

Der Weg zur „Kognitiven Robotik“ Geschichte Wichtige Ereignisse: z.B. Dartmouth-Konferenz (1956), Teilnehmer wie Minsky, McCarthy, Newell, Simon (Begründung der KI-Forschung) Kognitive Wende, Geburt der klass. KI (50er Jahre) Kognitionswissenschaft (ab 1975) Konnektionismus (Wiedergeburt in den 80er Jahren) Geburtsjahr 1975: „Physical Symbol Systems Hypothesis“ (Newell & Simon) Situiertes Handeln, „Embodiment“ (seit den 80er Jahren) „Neue KI“ (u.a. Kognitive Robotik) (seit den 90er Jahren)

„Neue KI“ Neue KI Grundsatzannahmen für das Design von Agenten (nach Pfeifer, 1996): Autonomie Selbständigkeit Körperlichkeit Situiertheit

Morphologie, Architektur, Mechanismen Neue KI Anti-Homunkulus-Prinzip Parallele, lose gekoppelte Prozesse „Value“-Prinzip Selbstorganisation, „self-supervised Learning“ Prinzip sensomotorischer Koordination Keine sensorischen Repräsentationen! Prinzip der ökologischen Balance Komplexität der Sensorik sollte der Komplexität der Motorik entsprechen Prinzip „billiger“ Designs Globale Kommunikation über die Umwelt

Adaptive sensomotorische Koordination „Embodied Robot“ Neue KI Sensoren Effektoren Adaptive sensomotorische Koordination

Literatur Newell, A. (1980). Physical symbol systems. Cognitive Science, 4, 135-183. Newell, A., & Simon, H. (1976). Computer science as empirical inquiry: symbols and search. Communications of the ACM, 19, 113-126. Pfeifer, R. (1996). Symbols, pattern, and behaviour: towards a new understanding of intelligence. Proc. of the Japanese Conference on Artificial Intelligence. Strube, G., Becker, B., Freksa, C., Hahn, U., Opwis, K., & Palm, G. (eds.) (1996). Wörterbuch der Kognitionswissenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta.