Vorlesung 5 Einschlagskrater: Morphologie und Geologie. Kraterringstrukturen. Impakt-Landschaften. Geophysikalische Untersuchungen an alten Kratern.

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Vorlesung 5 Einschlagskrater: Morphologie und Geologie. Kraterringstrukturen. Impakt-Landschaften. Geophysikalische Untersuchungen an alten Kratern.

Die Identifizierung von Impakt-Strukturen Die wichtigsten Kriterien sind: * Kratermorphologie: Ringförmige Struktur * geophysikalische Anomalien * mineralogische Beweise für Schockmetamorphose: Gesteine und Mineralien * geochemischen Beweisen von Spuren meteoritischer Projektile.

Das Nördlinger Ries - geologische Karte Als geologische Struktur ist die Besonderheit des Nördlinger Ries (24 km Durchmesser) bereits lange bekannt. Die Erklärung als Meteoritenkrater hat sich allerdings erst in den 60er Jahren durchgesetzt. Der Besucher hat allerdings große Schwierigkeiten, den Einschlagskrater zu erkennen.

Das Steinheimer Becken Da es wesentlich kleiner (3,4 km) als das Nördlinger Ries ist, ist die Kraterstruktur des Steinheimer Beckens trotz der starken Erosion leichter zu erkennen. Da es ein ähnliches Alter (15 Mio. Jahre) wie das Nördlinger Ries hat und nur 40 km südwestlich von diesem liegt, ist davon auszugehen, dass beide gleichzeitig entstanden sind, entweder durch einen Doppelasteroiden oder durch das Zerbersten eines Asteroiden in der Atmosphäre.

Schematische Querschnitte durch einen einfachen (a) und einen komplexen (b) Krater. Punktiert ist das Ejektamaterial um den Krater herum angedeutet. Brecciiertes, geschocktes und geschmolzenes Material wird durch größere offenen und geschlossenen Symbole angedeutet. Ebenfalls angedeutet wird die Bruchbildung unterhalb der Krater, sowie der zentrale Uplift und mögliche Schmelzdecken im komplexen Krater (Montanari & Köberl 2000). Impaktkrater treten morphologisch in zwei unterschiedlichen Erscheinungstypen auf: A. einfache Krater (Durchmesser kleiner 2-4 km; einfache schüsselförmige Strukturen) B. komplexe Krater (Durchmesser größer 2-4 km)

Einfache Krater da=0,14·D1,02 dt=0,29·D0,93

Komplexe Krater da=0,27·D0,16 SU=0,06·D1,1 SU

Mit der Gesteinsmetamorphose kommen wir zu den Impaktmerkmalen, die besonders vielfältig und beweiskräftig sind, weil sie durch kein anderes denkbares Ereignis, als einen Impakt hervorgerufen werden können. Bei Vulkanen geschehen solche Gesteinsumwandlungen nicht, weil Drücke und Temperaturen viel zu gering sind. Genauer gesagt handelt es sich um Veränderungen der Minerale Quarz und Feldspat. Wenn man die bei einem Impakt entstehenden Drücke und Temperaturen in Zonen von 0 bis 5 einteilt (Stöffler 1972), dann gibt es für jede dieser Stufen charakteristische Mineralveränderungen. Von den 'niedrigsten' Werten (Druck 1GPa, Temperatur 100 °C) zu den höchsten (Druck 1000 GPa, Temperatur 30 000 °C) sind dies: # Zone 0: 'Knickbänder' im Kristallgitter # Zone 1: Entstehung von parallelen Scharen von glasartigen Lamellen (auch Stishovit und Coesit) # Zone 2: diaplektische Gläser (Entstehung von Glas nur durch Druck) # Zone 3: Schmelzen von Feldspatkomponenten mit Aufschäumen nach der Druckbelastung # Zone 4: Glastropfen bzw. Glasbomben ('Flädle') teilweise mit Fließstrukturen (während des Luft-Fluges erstarrt). # Zone 5: Alles Material (Meteor und Erdgestein) wird pulverisiert und verdampft, daher sind Rückstände kaum eindeutig nachweisbar.

Schockmethamorphism

Schockmethamorphism Temperatur Druck

Komplexe Krater

Die beim Impakt des Himmelskörpers ausgeschleuderte Gesteinswolke fiel zum Teil in den Krater zurück und bildete den Suevit, der ein dem Regolith des Mondes analoges Gestein darstellt. Suevit, (abgeleitet von lat. Suevia = Schwaben) ist ein Impaktit, ein Gestein, das durch den Aufschlag eines Himmelskörpers entstanden ist. Typischerweise enthält Suevit neben zermahlenem Grundgestein und erstarrten Schmelzen einige Minerale, die nur bei extrem hohen Drucken und Temperaturen entstehen, wie die Quarzmodifikationen Stishovit, Coesit und diaplektische Gläser. Reste des Impaktors können ebenfalls enthalten sein, zum Beispiel als Gaseinschlüsse in Mineralen.

Planare Deformationslamelle (PDF) in Quarz planare Elemente Planare Deformationslamelle (PDF) in Quarz Diaplektisches Glas (weiß)

SEM-Aufnahme sich kreuzender PDF SEM-Aufnahme sich kreuzender PDF. Man beachte den geringen Abstand zwischen einzelnen PDF, der in vielen Fällen weniger als 1 µm beträgt.

Oberflächenmerkmale Quarzit-Geröll mit stark pockennarbiger Oberfläche. Die flachen, runden bis länglichen Vertiefungen sind das Ergebnis von Ausschürfungen im Kontaktbereich benachbarter Gerölle. Die weißliche Farbe spiegelt eine Mikro-Breccierung in der Kontaktzone wider. Trotz der stark ausgeprägten engständigen Klüftung (WNW - ESE) ist die Gerölloberfläche vollkommen glatt. Keinerlei Scherung hat stattgefunden.

Zersägte Quarzit-Gerölle mit Schnitten durch die Mittelpunkte von Miniaturkratern. Man beachte die divergierenden Aufschlagbrüche, ferner die weißen Halos unmittelbar unter den Kratern als Ausdruck von Mikrobrüchen und plastischer Verformung.

Pockennarbiges Quarzitgeröll (links) mit einer kleinen runden Spallations-Struktur. Im Unterschied zu den unregelmäßig geformten Ausschürfungen zeigt sich die Spallation als Anordnung kreisrunder Sprödbrüche mit einem ringförmigen Halo aus Mikrobrüchen (Vergrößerung rechts). Man beachte das nahezu vollständig unbeschädigt gebliebene Zentrum der Bruchstruktur. Genau das wird auch vielfach bei experimentell erzeugter Impakt-Spallation beobachtet.

Strahlenkalk, auch „shatter cones“ genannt Die für das Steinheimer Becken typischen Strahlenkalkgebilde befinden sich in den dortigen Weißjurakalken. Sie entstehen ausschließlich bei einem extrem hohen Druck um 10 GPa. Die durch den Impakt ausgelöste Stoßwelle rast in Bruchteilen einer Sekunde durch die betroffenen Gesteinsschichten und erzeugt die äußerst interessant geformten „shatter cones“.

Spallation (Zerbrechen) Viele der Deformationsmerkmale in den quarzitischen Geröllen können durch Spallation erklärt werden. In der Bruchmechanik wird mit (eingedeutscht) Spallation ein wohlbekannter Prozess bezeichnet, der typischerweise Druck- und Zugspannungen miteinander verknüpft. Spallation tritt auf, wenn ein dynamischer Druckimpuls auf eine freie Oberfläche trifft, wo er als Zugimpuls reflektiert wird. Die damit verbundenen Zugspannungen können zu internen Spallations-(Zug-)Brüchen im Material führen, aber auch zum vollständigen Material-Abplatzen an der Oberfläche.

Entsprechende Schock-Experimente wurden am Freiburger Ernst-Mach-Institut durchgeführt. In einer Pulver-Kanone wurden Stahlprojektile beschleunigt, und als Proben verwendeten wir jeweils zwei sich berührende Quarzkugeln (aus Bergkristall) in einer synthetischen Epoxy-Matrix. Die Impaktgeschwindigkeiten bewegten sich zwischen 25 und 115 m/s, was einem Aufschlagsdruck zwischen 0.55 and 2.5 GPa (5.5 and 25 kbar) entspricht. Die beaufschlagten Proben wurden aufgesägt (siehe Bild), Dünnschliffe wurden angefertigt.

Geophysikalische Anomalien Schwerefeld-Anomalie Popigai Krater, Sibirien.

Magnetfeld, Popigai Krater in Sibirien

In der Mondkruste an bestimmten Stellen kommt es zu sogenannten Massekonzentrationen ("Mascons"), die sich durch Anomalien des Schwerkraftfeldes bemerkbar machen. Diese Mascons liegen in der Regel im Bereich großer Einschlagkrater und –becken.

Krater Mjölnir, Norwegen

Der Chesapeake Bay-Krater. Schnitt mit Schwerefeldanomalie.

Der Chesapeake Bay-Krater unter Cape Charles.

Karte der Schwerefeldanomalien in der Gegend des Chesapeake Bay-Krater.

3D-Bild des kristallinen Untergrunds, wie es sich aus seismischen Reflexionsprofilen und Bohrkernen ergibt