Registeranalyse 31. Oktober 2005.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Kulturtransfer und Translation Einige Begriffe – Einige Anwendungen
Advertisements

Eine moderne Fremdsprache in der Schule lernen
Anwendungsfalldiagramm
Anwendungsfalldiagramm
Doris Kocher, PH Freiburg
Versuch einer Definition Was ist Evaluation!?
Rethinking Linguistic Relativity John A. Lucy. Gliederung Einführung in das Problem Kritik an bisherigen Untersuchungen der Anthropologen Psycholinguisten.
Registervariation in der englischen und deutschen Rechtssprache Einführung 24. Oktober 2005.
Die Registervariablen: Tenor of Discourse
Registeranalyse beim Übersetzen
Referenten: H. Bayer V. Hagemann
George Herbert Mead Soziale Handlungen: das Verhalten eines Individuums stellt einen Reiz für ein anderes dar, um in einer bestimmten Weise wiederum auf.
Soziale Interaktion und Alltagsleben
handlungsorientierte Zugänge zur Algebra
2. Textkriterien Ulrich Mehlem WS 2008 / 2009
4 Philologische Methoden Vorlesung 1
Die Römer erfanden den abstrakten Menschen, Thomas Hobbes erfand die Gesamtheit aller abstrakten Menschen -- den Staat.
Wiederholung Welche Registervariablen gibt es? Was sollen sie ausdrücken? Wie stehen sie in Beziehung zu den Metafunktionen?
Die Registervariablen: Mode of Discourse
Theoretische Grundlagen der Pragmalinguistik II (Bühler; Grice)
r.born1 Ist Seele verzichtbar ? (Auf den Inhalt kommt es doch an!) Nichts ist praktischer als eine gute Theorie Theorie ohne Praxis ist leer Praxis.
Die Naturgesetze der Sprache
Beispiele der Textdefinitionen
Christoph Durt: Wittgenstein on the possibility of philosophy: The importance of an intercultural approach
© Wortstellung im Deutschen Norbert Fries.
Vorgehensweise bei der Software-Entwicklung des Publication Managers
Sprachstruktur und Sprachgebrauch Der Satzbegriff in der Linguistik
CC-by-Lizenz, Autor: Bernd Schmid für isb-w.euisb-w.eu Systemische Professionalität Kommunikation + Beziehung ISB-Konzepte kompakt Leitung:
Lexikalische Semantik
Tov, Kunz & Stämpfli (2013) Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit. Professionalität durch Wissen, Reflexion und Diskurs in Communities of Practice.
Paradigmenwechsel in der Unternehmensmodellierung Prof. Dr. Wolfgang Voigt Dipl.-Ing. Päd. Alexander Huwaldt UML Extrakt UML Seminar, Chemnitz
The most obvious or direct use of auch is to mean also. Ich möchte auch Gitarre lernen. Auch ich möchte Gitarre lernen. I would like to learn Guitar. Someone.
Interkulturelle Kommunikation
Soziale Interaktion und Alltagsleben
Passiv What are these sentences expressing?
Name of speaker Kultursensible Kommunikation im Sozial- und Gesundheitsbereich Verstehen wir uns?
1 Strukturierung von Situationen (Strukturierung als Lernkomponente) Thomas Höpfel Seminar für Rechtstheorie und Rechtsinformatik WS 2004/05.
 Every part in a sentence has a grammatical function. Some common functions are: - Subject - Verb - Direct object / accusative object - Indirect object.
Äquivalenz.
Lust auf Lesen Treffpunkt Deutsch Sixth Edition. Relative Pronoun object of a preposition Recall from chapter 9 that relative clauses describe people,
als soziologische Kategorie
Překlad III: Einführung in die Fachübersetzung
Einführung in die Semantik
Lexikalische Semantik
Sozialpsychologie - Vertiefung im SS 2011 Willkommen zur Theoretischen und Empirischen Vertiefung im Fach Sozialpsychologie! Meine Kontaktdaten: Dr. Nicole.
Rules of Play - Game Design Fundamentals by Katie Salen and Eric Zimmerman Universität zu Köln Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung.
What is a “CASE”? in English: pronouns, certain interrogatives
What is a “CASE”? in English: pronouns, certain interrogatives
type / function / form type of words:
E STUNDE Deutsch AP. Dienstag, der 28. Mai 2013 Deutsch AP (E Stunde)Heute ist ein E Tag Goal: to understand authentic written text, audio material and.
Kapitel 9 Grammar INDEX 1.Prepositions 2.Dative Prepositions 3.Accusative Prepositions.
Kapitel 2 Grammar INDEX 1.Subjects & Verbs 2.Conjugation of Verbs 3.Subject Verb Agreement 4.Person and Number 5.Present Tense 6.Word Order: Position of.
E STUNDE Deutsch AP. Donnerstag, der 30. Mai 2013 Deutsch AP (E Stunde)Heute ist ein G Tag Goal: to understand authentic written text, audio material.
Kapitel 5: Einkaufen Sprache. Alles klar Look over and know all of the Wortschatz on Seite 171 and 172. Look over the illustration found on Seite 145.
VO#1: Lexikologie als sprachwissenschaftliche Disziplin Lexikologie, Matej-Bel-Univeristät in Banská Bystrica, Z. Tuhárska.
Vo#1:Semantik als Wissenschaft Semantik I Matej-Bel-Universität in Banská Bystrica Zuzana Tuhárska.
Vo#1 Stil und Stilistik Stilistik, Zuzana Tuhárska, Matej-Bel- Universität in Banská Bystrica.
Vo#1 Stil und Stilistik Stilistik, Zuzana Tuhárska, Matej-Bel- Universität in Banská Bystrica.
NMS ENTWICKLUNGSBEGLEITUNG BUNDESWEITES VERNETZUNGSTREFFEN APRIL 2009 Herzlich Willkommen!
Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache Dr.phil. Saposhnikowa L.M.
Interrogatives and Verbs
Sprachplanung/-politik LPP-discourse
Deutsch 1 Die Familie Frau Spampinato
Kapitel 7.
THE PERFECT TENSE IN GERMAN
type / function / form type of words:
Zhunussova G., AA 81. Linguistic communication, i.e. the use of language, is characteristically vocal and verbal behaviour, involving the use of discrete.
 Präsentation transkript:

Registeranalyse 31. Oktober 2005

Eine Perspektive auf „Sprache“ als Untersuchungsgegenstand Sprache: Mittel, um sozialen Austausch zu realisieren „Language in a social-semiotic perspective“ Semiotik: Lehre von den Zeichensystemen, von der Bedeutung „Indeed, we can define a culture as a set of semiotic systems, a set of systems of meaning, all of which interrelate.“ Sozialstruktur: Aufbau einer Gesellschaft, gekennzeichnet durch typische Beziehungsmuster Kontext: das gesamte Umfeld, in dem sich ein Text entfaltet (alle Zitate entnommen aus Halliday & Hasan 1989)

Zum Begriff „Kontext“ Bronislaw Malinowski, Feldforschung im Südpazifik während des 1. Weltkriegs Übersetzungsproblem als Ausgangspunkt Wörtliche Übersetzung vermittelt zwar Art und Weise, wie auf den Trobriand-Inseln kommuniziert wird, ist aber nicht verständlich Freie Übersetzung ist zwar verständlich, vermittelt aber nichts von der Bedeutung des Ausgangstextes

Zum Begriff „Kontext“ Malinowskis Lösung: Einbeziehung des Kontexts Kontext der Situation  Freie Übersetzung schließt Kommentar mit inhaltlichen Erläuterungen zur Situation der Kommunikation ein Kontext der Kultur  Außerdem Erläuterungen zum kulturellen Hintergrund des Austauschs (über konkrete Situation hinaus) Beispiel Gerichtsentscheidung: J.R. Firth: Weiterentwicklung zu einer linguistischen Theorie: Beschreibung der situativen Faktoren für eine Textanalyse Original Übersetzung

Zum Begriff „Text“ Text = funktionale Sprache „By functional, we simply mean language that is doing some job in some context, as opposed to isolated words or sentences“ Text = semantische Einheit Sozialer Austausch von Bedeutung in einem bestimmten situativen Kontext Kontext ist mit dem Text verwoben Systematische Beziehung zwischen sozialem Umfeld und funktionaler Organisation von Sprache

Funktionale Sprachbetrachtung Funktion = Verwendung, aber auch grundlegende Eigenschaft von Sprache Drei grundlegene Funktionen nach Halliday (1985) Ideational: Ausdruck der aussersprachlichen „realen“ Wirklichkeit Interpersonal: Ausdruck der Interaktion zwischen Sender und Empfänger Textuell: Repräsentation in Form einer sprachlichen Einheit  Multifunktional = alle drei Funktionen wirken immer gleichzeitig

* genauer gesagt: Lexiko-Grammatik Sprache in Verwendung  Empirische Betrachtungsweise Untersucht werden reale Texte als Beispielexemplare („Instanzen“) der Möglichkeiten des Sprachsystems Ebenen bzw. Schichten der Betrachtung: Register: Sprachvarietät nach der Verwendung (Situationstyp) Sprachspezifische Beschreibungen erforderlich! * * genauer gesagt: Lexiko-Grammatik

Beispiel zu Metafunktionen Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. Fachausdruck aus dem Bereich Jura  Thema: Jura Was geschieht mit dem nominalen Element?  Klassifizierung von Vorgängen ideational textuell interpersonal Verbmodus deklarativ  Sender stellt fest (anstatt anzuordnen) Welche Information steht am Anfang? Thematische Struktur

Verknüpfung von Registervariablen und Sprachfunktionen Field: Was in der Situation vor sich geht Tenor: Wer an der Situation beteiligt ist Mode: Rolle der Sprache Realisierung nach Sprachfunktionen Ideational: Lexikalische Ketten, Transitivität usw. Interpersonal: Modus, Modalität, Person usw. Textuell: Kohäsive Beziehungen, thematische Struktur usw. * * Sprachliche Realisierung des ausgedrückten Sachverhalts durch eine Konfiguration der vorhandenen Satzelemente

Verknüpfung von Registervariablen und Sprachfunktionen: Beispiel Kontext Field: Verkündung einer Gerichtsentscheidung Tenor: Richter (Institution Gericht), Verfahrensbeteiligte (plus: Öffentlichkeit!) Mode: Sprache spielt entscheidende Rolle; Übermittlung sowohl über Schallwellen als auch Papier, geschriebene Sprache Bedeutungsrealisierung Ideational: Lexik aus dem Bereich Jura Interpersonal: Deklarativsätze, kaum Modalität Textuell: Thematische Struktur auf Sachinhalt bezogen Grundprinzip: systematische Zuordnung von kontextuellen Elementen zu Bedeutungskomponenten im Text

Definition „A register is a semantic concept. It can be defined as a configuration of meanings that are typically associated with a particular situational configuration of field, mode, and tenor. But since it is a configuration of meanings, a register must also, of course, include the expressions, the lexico-grammatical and phonological features, that typically accompany or REALISE these meanings.“ (Halliday & Hasan 1989:38f.)

Menge von Möglichkeiten, Bedeutung auszudrücken Matrix Registertheorie Vorauswahl von Möglichkeiten für Gruppen von Instanzen (und: Abstrahierung vom Einzelfall) Tatsächlich realisierte Bedeutungen (Auswahl aus dem System) Menge von Möglichkeiten, Bedeutung auszudrücken Instanziierung Stratifikation System Subsystem/ Instanztyp Instanz Kontext Kultur Situationstyp Situationen Semantik Semantisches System Register Texte (Bedeutungen) Lexiko-Grammatik Grammatisches System Texte (Exemplare) Aussersprachliches Umfeld für die Interaktion Bedeutung, um die es geht Sprachliche Realisierungsmittel zur Vermittlung von Bedeutung

Registervariation Verändert sich der situative Kontext, verändert sich auch die sprachliche Realisierung und somit das Register Beispiel Gerichtsentscheidung Wenn sich das Ziel der sozialen Handlung („social activity“) ändert, kommt ein anderes Register heraus Ziel: Recht sprechen Ziel: informieren  Pressemitteilung über das Urteil Original Pressemitteilung

Intra- und interlinguale Variation Sprache A Ausgangstext Register 1 Zieltext Register 2 Sprache konstant Register variiert Zieltext Register 1 Zieltext Register 2 Sprache B Sprache variiert Register konstant (!) Sprache variiert Register variiert

Interlinguale Variation Beispiel Gerichtsentscheidung Kultureller Kontext „Rechtsprechung“ Deutsch Ausgangstext Gerichtsentscheidung Sprache variiert Register konstant (!) Kultureller Kontext „case law“ Zieltext court decision Britisches Englisch

Lektüre zur heutigen Sitzung „Part A“ aus Halliday, M.A.K. & Hasan, Ruqaia, 1989, Language, context, and text: aspects of language in a social-semiotic perspective. Oxford: Oxford Univ. Press.