Social Science Research Center Berlin

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 Präsentation transkript:

Social Science Research Center Berlin Übergänge von der beruflichen Ausbildung in den Arbeitsmarkt - Deutschland, Österreich, Schweiz und Dänemark im Vergleich Kolloquium „Duale Berufsbildung im internationalen Vergleich – Stellenwert, Wirkungen und Realisierungsformen“ Bremen, 21. Mai 2008 Christian Ebner

Gliederung Berufsbildungssysteme im internationalen Vergleich Theorien zum Übergang von (Aus-)Bildung in Beschäftigung Internationaler Vergleich zum Übergang junger Menschen in den Arbeitsmarkt Wandel der Beschäftigungsstruktur und strukturelle Passung von Berufsbildungssystemen 5. Fazit und offene Fragen

1. Berufsbildungssysteme im internationalen Vergleich

2. Berufliche Vollzeit Schulen Drei Idealtypen beruflicher Ausbildungssysteme (Allmendinger 1989; Greinert 1998; Baethge 2005) 1. Training on the job (z.B. USA) 2. Berufliche Vollzeit Schulen (z.B. Frankreich) 3. Duales System (z.B. Deutschland, Österreich, Schweiz) kein klar definierter Lehrplan / geringe Standardisierung stark jobspezifische / firmenspezifische Ausbildung Vermittlung von Erfahrungswissen Reines Marktmodell (Steuerung über Angebot und Nachfrage von Arbeitskräften) klar definierter Lehrplan / hohe Standardisierung keine jobspezifische / firmenspezifische Ausbildung Vermittlung von systematischem (theoretischem) Wissen reines Schulmodell (staatlich oder durch Länder gesteuert) klar definierter Lehrplan / hohe Standardisierung eher hohe jobspezifsche / firmenspezifische Ausbildung Vermittlung von Erfahrungs- und systematischem Wissen korporatistisches Ausbildungs- Modell (mehrere Stakeholder)

Anteil von Personen in dualer Berufsausbildung (Sekundarbereich II) in den etablierten OECD-Staaten, 2005 Quelle: Bildung auf einen Blick (2007), Tabelle C1.1, s. 305

Struktur der Bildungsteilnahme im Sekundarbereich II in Prozent, 2005 Quelle: Bildung auf einen Blick (2007), Tabelle C1.1, s. 305

2. Theorien zum Übergang von (Aus-)Bildung in Beschäftigung

Ausgewählte Theorien zur Verbindung zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt (1) Signaltheorie (Spence 1974; Thurow 1975; Solga 2005): Arbeitgeber können Leistungsfähigkeit von Jobbewerbern nicht sicher einschätzen Leistungsfähigkeit wird anhand bestimmter Indikatoren/„market signals“ beurteilt Veränderbare Personeneigenschaften (z.B. Bildungsabschlüsse) Nicht veränderbare Merkmale (z.B. Geschlecht)

Arbeitslosenquoten in den EU-15-Staaten nach Bildungsstand, 15-39-Jährige, 1995-2007 Quelle: Eurostat Online

Ausgewählte Theorien zur Verbindung zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt (2) Standardisierung der Bildungssysteme (Allmendinger 1989): Standardisierung beschreibt das Ausmaß in dem die gleichen Bildungsstandards landesweit gelten  Arbeitgeber können sich in Ländern mit hoher Standardisierung relativ gut auf Zertifikate verlassen Internal labour markets vs. occupational labour markets (Marsden 1990): Internal Labour Markets: In der Schule wird insbesondere Allgemeinbildung vermittelt  Schulabgänger haben beim Arbeitsmarkteintritt große Nachteile gegenüber Arbeitsmarkt-Insidern, die bereits über berufliche Erfahrung verfügen Occupational Labour Markets: Berufliche Bildung findet bereits während der Schulzeit statt  Schulabgänger sind eher „konkurrenzfähig“ gegenüber Arbeitsmarkt-Insidern mit Berufserfahrung

Ausgewählte Theorien zur Verbindung zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt (3) Insider / Outsider Theorien Lehrlinge haben bereits einen Fuß in der Tür des Unternehmens… Informationsvorteile gegenüber Berufsfachschülern Lehrlinge benötigen keine Einarbeitung mehr „Testphase“ (in D: über 20% der Ausbildungsverträge werden gelöst) … Das duale System der Berufsausbildung funktioniert als „Brücke“ (Brzinsky-Fay 2007) zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt

in den deutschsprachigen Ländern und Dänemark Zwischenfazit Die deutschsprachigen Länder und Dänemark verfügen über ein hoch standardisiertes Berufsausbildungssystem Im Sekundarbereich II werden bereits zu hohen Teilen berufliche Kompetenzen erlernt („occupational labour markets“) Das duale System der Berufsausbildung ist in den deutschsprachigen Ländern und Dänemark im internationalen Vergleich stark ausgebaut. Besonders hoch sind die Anteile Jugendlicher in dualer Ausbildung in der Schweiz, in Österreich am niedrigsten Relativ günstige Bedingungen für Jugendliche beim Eintritt in das Erwerbsleben in den deutschsprachigen Ländern und Dänemark

3. Internationaler Vergleich zum Übergang junger Menschen in den Arbeitsmarkt

Zum Zusammenhang von beruflicher Bildung und Jugendarbeitslosigkeit - Aktuellere empirische Befunde OECD ‚From Initial Education to Working Life‘ (2000) Niedrige Jugendarbeitslosigkeit ist vor allem in Ländern mit dualen Ausbildungssystemen zu finden. Richard Breen (2005, S. 125): „Relative to the level of adult unemployment, youth unemployment… tends to be low in countries in which the educational system sends very clear signals about job seekers‘ abilities and skills“ Markus Gangl (2001): Drei verschiedene Cluster in Bezug auf Jugendarbeitslosenquoten: 1) Internal labour markets 2) occupational labour markets 3) Südeuropäische Länder „… a large part of cross-national variation is still within the country clusters singled out here, so that important cross-national differences in labour market entry patterns exist within both the ILM and the OLM group of countries.“ (Gangl 2001: 490)

3.1. Jugendarbeitslosenquoten im internationalen Vergleich

Jugendarbeitslosenquoten (15-24 Jahre) im internationalen Vergleich, 2006 Quelle: OECD.Stat Online

Verhältnis Jugendarbeitslosenquote zur Arbeitslosenquote gesamt (15-64 Jahre) im internationalen Vergleich, 2006 Quelle: OECD.Stat Online

3.2. Nachhaltigkeit der Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt

Verhältnis Arbeitslosenquote ‚25-29 Jahre‘ zur Arbeitslosenquote gesamt (15-64 Jahre) im internationalen Vergleich, 2006 Quelle: OECD.Stat

Welche relativen Arbeitsmarktchancen haben Hochqualifizierte im internationalen Vergleich?

Personen mit Sekundarstufe II-Abschluss, 2006, 25-39 Jahre Der Arbeitsmarktvorteil von Personen mit Tertiärabschluss im Vergleich zu Personen mit Sekundarstufe II-Abschluss, 2006, 25-39 Jahre Anmerkung: > 1: Absolventen des Tertiärbereichs haben niedrigere Arbeitslosenquoten < 1: Absolventen des Tertiärbereichs haben höhere Arbeitslosenquoten Quelle: Eurostat Online

Welche relativen Arbeitsmarktchancen haben Niedrigqualifizierte im internationalen Vergleich?

gegenüber Personen mit Sekundarstufe II-Abschluss, 2006, 25-39 Jahre Der Arbeitsmarktnachteil von Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe II gegenüber Personen mit Sekundarstufe II-Abschluss, 2006, 25-39 Jahre Anmerkung: > 1: Personen ohne Sekundarstufe II-Abschluss haben höhere Arbeitslosenquoten < 1: Personen ohne Sekundarstufe II-Abschluss haben niedrigere Arbeitslosenquoten Quelle: Eurostat Online

4. Wandel der Beschäftigungsstruktur und strukturelle Passung von Berufsbildungssystemen

Beschäftigte in Landwirtschaft, Industrie- und Dienstleistungssektor, 2006 Quelle: Eurostat-Online

Die Verteilung von Beschäftigungssektoren im dualen Ausbildungssystem und in Berufsfachschulen, 2004 Berufliche Vollzeit Schulen Duales System

Vor statistischer Kontrolle Nach statistischer Kontrolle1 Relative Wahrscheinlichkeit (odds ratios) des Auftretens von Arbeitslosigkeit bei jugendlichen Erwerbspersonen in Deutschland, nach Abschluss (Ref. Berufsfachschule) Vor statistischer Kontrolle Nach statistischer Kontrolle1 *** *** *** ** Pseudo R2 (Nagelkerke) = 0.11 Pseudo R2 (Nagelkerke) = 0.17 Quelle: Mikrozensus 2005, eigene Berechnungen 1 Kontrollvariablen: Geschlecht, Region und Allgemeinbildung

Entwicklung der Übernahmequote in Gesamt-, Ost-, und Westdeutschland 1998 bis 2005 Quelle: Bellmann et al. (IAB-Forschungsbericht, 11/2006)

5. Zusammenfassung und offene Fragen

Zusammenfassung (1)  Hohe Standardisierung der Berufsausbildung, früher Arbeitsmarktkontakt und berufsspezifisches Wissen gehen mit niedriger Jugendarbeitslosigkeit einher Deutschland, Österreich, Schweiz und Dänemark setzen auf ein unterschiedliches Mischungsverhältnis von dualer, vollzeitschulischer und tertiärer Bildung Die Jugendarbeitslosenquote im Vergleich zur Gesamtarbeitslosenquote ist in Deutschland am geringsten  Aber Achtung: Jugendarbeitslosenquoten verdecken Maßnahmeteilnahme und Personen Im dualen System zählen als erwerbstätig

Zusammenfassung (2)  Die AM-Chancen von Personen mit Abschluss im Tertiärbereich gegenüber Personen mit Sek II-Abschluss sind in Deutschland, Österreich, Schweiz und Dänemark sehr unterschiedlich  Die AM-Chancen von Personen ohne Sek II-Abschluss sind im Vergleich zu Personen mit Sek II-Abschluss in den deutschsprachigen Ländern und Dänemark vergleichsweise schlecht Beschäftigung wandelt sich hin zum Dienstleistungssektor. Hier lauert die Gefahr von strukturellen Passungsproblemen des Berufsbildungssystems

Offene Fragen  Welcher „Mix“ von Berufsbildung (dual / vollzeitschulisch) und Tertiärbildung sorgt für ein optimales Matching zwischen Bildung und Beschäftigungssystem?  Wie sehr hängt die Antwort von nationalen Arbeitsmarktstrukturen ab? Welche Form der Ausbildung ist dem sozialstrukturellen Wandel am besten gewachsen (Tertiarisierung; Bedeutung von Erfahrungswissen und theoretischem Wissen)?  Wie lassen sich die Arbeitsmarktchancen von Niedrigqualifizierten verbessern? …

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit