Grundlagen des Erwerbs von Deutsch als Zweitsprache und das Konzept der durchgängigen sprachlichen Bildung A. Marsall, C. Ax.

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 Präsentation transkript:

Grundlagen des Erwerbs von Deutsch als Zweitsprache und das Konzept der durchgängigen sprachlichen Bildung A. Marsall, C. Ax

Phasen und Stadien des Zweitspracherwerbs Die Aneignung einer Zweitsprache in nicht erstsprachlicher Umgebung wird meinst, unabhängig davon, ob es sich um eine gesteuerte oder ungesteuerte Form des Spracherwerbs handelt, als Zweitspracherwerb bezeichnet. Berghoff/Mayer-König beschreibt den Prozess mit Hilfe eines Lernmodells, bei welchem der Spracherwerbsprozess in 4 Phasen unterteilt ist: 1. Unbewusste Inkompetenz (keine Beherrschung der Zielsprache) 2. Bewusste Inkompetenz (Bewusstsein über mangelnde Sprachkompetenz; nur bedingte Teilhabe an sozialen Prozessen) 3. Bewusste Kompetenz (Bewusstsein darüber, dass Sprache erworben werden kann; erfordert höchste Konzentration) 4. Unbewusste Kompetenz (Festigung der Sprache erfordert nicht mehr höchste Konzentration; intensive Teilhabe an sozialen Prozessen)

Einflussfaktoren auf den Zweitspracherwerb: Zur Beantwortung dieser Frage gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze. Die Einflussfaktoren werden auch als Lernvariablen bezeichnet: a) kognitive Variablen: Zu den kognitiven Variablen gehören Intelligenz, Sprachlernneigung (Sprachbegabung), Sprachlernerfahrungen und Sprachlernziele. Hier geht es um die Fähigkeit eine Zweit- oder Fremdsprache in kurzmöglicher Zeit zu erlernen. Untersuchungen zeigen, dass gute sprachanalytische Fähigkeiten schnellere Lernerfolge erzielen. b) affektive Variablen: Zu den affektiven Variablen, die in engem Zusammenhang zu den kognitiven stehen, werden die Einstellung zur Zielsprache bzw. Zielkultur, Motivation, Ängste und Persönlichkeitseigenschaften wie beispielsweise Extro-/Introvertiertheit gezählt. Es ist demnach zu berücksichtigen, dass die individuelle Persönlichkeit eines Zweitsprachlernenden auf den Spracherwerbsprozess einwirkt. c) soziale Variablen Mit den sozialen Variablen werden schließlich soziokulturelle Erfahrungen berücksichtigt.

Verhältnis von Erst- und Zweitsprache Erstsprache hat eine wichtige Sozialisationsfunktion; Sprache, in der metasprachliche Fähigkeiten ausgebildet werden. Daher wichtig: Akzeptanz der Erstsprachen! Keine Reduzierung der Erstsprache auf die Funktion einer Hilfssprache für den Erwerb der Zweitsprache!

Verhältnis von Erst- und Zweitsprache Unterschiedliche Auffassungen: In Bezug auf: Einfluss der Erstsprache auf den Prozess des Zweitspracherwerbs die optimale Organisation der Förderung beider Sprachen Lange Zeit galt: Stabilisierung der Erstsprache vor Erlernung der Zweitsprache. Heute: Doppelsprach-erwerb möglichst früh beginnen! Erwerb sprachlicher Strukturen geschieht wie im einsprachigen Spracherwerb

Gesteuerter und ungesteuerter Spracherwerb Unterrichtssituation kontrollierte lexikalische und grammatische Progression Lehrwerksorientierung gesteuerter Spracherwerb DaF in der Schule Ungesteuert ähnelt dem Spracherwerb beim Kind erfolgt als unbewusster Vorgang In alltäglichen, informellen Situationen (spielen, Einkauf u.ä.) ungesteuerter / halbgesteuerter Spracherwerb DaZ in der Schule

Regelungen in der mündlichen und schriftlichen Produktion rezeptiv produktiv Mündlich realisierte Sprache HÖRVERSTEHEN SPRECHEN Schriftlich realisierte Sprache LESEVERSTEHEN SCHREIBEN

Mündliche und schriftliche Fertigkeiten Mündliches verstehen und Eigenes zur Sprache bringen schriftlich Sinnentnehmendes Lesen von unterschied-lichen Texten und Ver-fassen unterschiedlicher Texte Von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit zunächst: mündlich in alltäglichen Situationen (situativ-kommunikatives Verstehen, konzeptuell mündlich) Im Laufe der Grundschulzeit wachsende Bedeutung schriftlicher Fertigkeiten (auf der Basis morphologischer und syntaktischer Kenntnisse, konzeptuell schriftlich) Sätze werden Texte

Deutsch als Bildungssprache Als Bildungssprache wird die in der Schule genutzte Sprache bezeichnet Im Unterschied zur von den SchülerInnen benutzten Alltagssprache steht die Bildungsssprache der geschriebenen Sprache näher Die Bildungssprache ist abstrakter, präziser und häufig grammatisch komplexer Dazu kommen Fachausdrücke aus verschiedenen Schulfächern Herausforderung für viele SchülerInnen, die zweisprachig aufwachsen und für die Deutsch nicht die alleinige Familiensprache ist. Daher notwendig: Durchgängige Sprachbildung in allen Fächern Enge Integration in den Fachunterricht Bildungssprachförderlicher Unterricht gewährleistet unproblematische Übergänge in der Bildungslaufbahn der SchülerInnen

Zweitspracherwerb und Konsequenzen für den Unterricht Im Zweitspracherwerb werden die von J. Cummins (1979) geprägten Begriffe BICS und Calp unterschieden. BICS: Mit diesem Akronym (Basic Interpersonal Communicative Skills) werden die mündlichen sprachlichen Fähigkeiten bezeichnet, die für Alltagskommunikation, für den unmittelbaren persönlichen Austausch mit anderen benötigt werden. Diese konversationellen Fähigkeiten eignen sich Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache im Zweitspracherwerbsprozess relativ schnell an (innerhalb von ca. 2 Jahren), wodurch gewöhnlich auf eine allgemein gute (Zweit)Sprachkompetenz geschlossen wird. Die dennoch häufig im schriftsprachlichen Bereich (s. Calp) vorliegenden Defizite werden dadurch oftmals nicht sofort erkannt. Calp: Das Akronym Calp (Cognitive Academic Language Proficiency) bezieht sich auf die Sprachkompetenz im kognitiv-akademischen Bereich, der insbesondere für die schriftsprachlichen Fertigkeiten unerlässlich ist. Die Entwicklung einer altersangemessenen kognitiv-akademischen Sprachfähigkeit benötigt 5-7 Jahre. Aufgrund einer guten konversationellen Sprachkompetenz wird oft (fälschlich) auf eine allgemein gute (Zweit-)Sprachbeherrschung geschlossen. Konzeptionelle Schriftlichkeit! Kompetenzorientierung als Leitziel des Unterrichts, didaktische und methodische Konsequenzen für die Förderung in DaZ, u.a. Schüler-, Handlungs- und Produktorientierung Mehrsprachigkeit in der Unterrichtsplanung berücksichtigen, Diagnose sprachlicher Voraussetzungen und Entwicklungsprozesse der SuS Vielfältige Kommunikationssituationen gestalten Individuelle Sprachbildungsprozesse unterstützen Feedback und Lerndokumentation

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!