Analyse von Gehirnaktivität II: Lernabhängige Plastizität in Bienenneuronen. Die Analyse intrazellulär abgeleiteter Signale von Neuronen des Bienengehirns dr. bernd grünewald www.ionenkanal.de
Verschiedene Neuronen im Gehirn bilden unterschiedliche Aktionspotentialmuster Fragen der Neurophysiologen: Wie beschreiben wir die Spikeaktivität einzelner Neurone quantitativ? Welche Parameter lassen sich extrahieren? Wie vergleichen wir die Reaktionen verschiedener Neurone auf einen gegebenen Reiz? Wie vergleichen wir die Antworten eines Neurons auf verschiedene Reize oder Reizwiederholungen?
Sabine Krofczik
Morphologie des PE1 Neurons Brandt, Rybak, Menzel, 2002
Morphologie des PE1 Neurons Brandt, Rybak, Menzel, 2002
Morphologie des PE1 Neurons o.k. aber wie funktioniert die intrazelluläre Ableitung von Aktionspotentialen? Mauelshagen (1993) J Neurophysiol 69:609
Intrazelluläre Ableitungen aus dem Bienengehirn intrazelluläre Ableitung mit anschließender Färbung des Neurons komplexe Reaktion eines Neurons auf einen Duftstimulus Grünewald, 1999
Duftantwort des PE1 Neurons "Event-Kanal" = Aktionspotentiale Beginn, Dauer und Ende des Reizes Spannung (mV*10) Zeit (s) Spannungssignal aus dem Verstärker Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Reaktionen des PE1 Neurons auf Duftstimuli 4 Ableitungen vom PE1 Neuron an 4 Bienen Duftreiz = Gewürznelke Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Auswertung von elektrophysiologischen Signalen
Auswertung von elektrophysiologischen Signalen 1. Digitalisierung der analogen Spannungssignale Filterfrequenz: z.B. 1 kHz Tiefpassfilter ("entfernt" hohe Frequenzen) (lässt alle Frequenzen unterhalb 1 kHz durch) z.B. 100 Hz Hochpassfilter ("entfernt" tiefe Frequenzen) (lässt alle Frequenzen oberhalb 100 Hz durch) z.B. Bandpassfilter (Kombination aus Tiefpass und Hochpass) Samplefrequenz (z.B. 2 kHz = 1 sample/500µs) Genauigkeit der Frequenzdarstellung vs. Speicherkapazität Berücksichtigung des Nyquist Theorems
Nyquist Theorem fnyq = 2fmax Samplefrequenz muss mindestens 2x maximale Signalfrequenz sein! fnyq = 2fmax fmax - höchste Frequenzkomponente des Signals, fnyq – minimale Samplingfrequenz, um Signal ohne Verzerrung (aliasing) abzubilden
Auswertung von elektrophysiologischen Signalen 2. Validierung der Daten und Abschätzung der Ableitqualität Stabilität des Membranpotentials Konstante Hintergrundfrequenz? Geringe Schwankungen der Aktionspotentialamplitude? Signal-Rauschverhältnis konstant? Spannung (mV*10) Zeit (s)
Auswertung von elektrophysiologischen Signalen 3. primäre Datenanalyse - 1. Datenreduktion: einzelne Ableitung (z.B. eine Duftantwort des PE1 Neurons): Aktionspotentiale: Dauer, Amplitude, Frequenzen (spontan, Reaktion), Adaptation, Membranpotential: EPSPs, Depolarisationen, Plateaupotentiale 4. sekundäre Datenanalyse – 2. Datenreduktion: Vergleich mehrerer Ableitungen (lernabhängige Veränderungen der Duftantworten: Variabilität der Antwort (Wiederholung eines Reizes während einer Ableitung) Individuelle Unterschiede der Tiere Veränderungen der Aktionspotentialsmusters (Lernen) Statistik
Duftantwort des PE1 Neurons Antwortlatenz Reaktionsdauer Spikefrequenz Spikeamplitude, -Spikedauer spontane Spikefrequenz Membranpotential Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Analyse der Duftantworten des PE1 Neurons kumulative Spikefrequenzen (1/Dt) bin size: 100ms Peristimulus Zeithistogramme (PSTH) Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Peristimulus Zeithistogramme (PSTH) bin size: 10ms bin size: 500ms 3/10ms = 300Hz 35/500ms = 70Hz 10/100ms = 100Hz bin size: 100ms Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Duftantwort des PE1 Neurons – DC Komponente Spannung (mV*10) Zeit (s) relatives DC-Potential: Abweichung des Membranpotentials vom Ruhepotential Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Duftantwort des PE1 Neurons – DC Potential und Aktionspotential je höher DC-Potential, desto geringer Spikeintegral Spannung (mV*10) Zeit (s) je höher DC-Potential, desto höher Spikefrequenz Das DC-Potential entspricht in etwa dem synaptischen Eingang des Neurons. Frage: In welchem Zusammenhang stehen synaptisches Potential und Spikefrequenz /Spikeamplitude? Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Duftantwort des PE1 Neurons – DC Potential und Aktionspotential Das Pe1 Neuron bildet spontane Aktionspotentiale, denn Membrandepolarisation ("EPSPs") und Spikes korrelieren nicht 100%ig. Spikes während 3. Intervall: hohe Korrelation alle Spikes, geringe Korrelation höhere Depolarisation nötig während später Burstphase Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Auswertung von elektrophysiologischen Signalen 3. primäre Datenanalyse - 1. Datenreduktion: einzelne Ableitung (z.B. eine Duftantwort des PE1 Neurons): Aktionspotentiale: Dauer, Amplitude, Frequenzen (spontan, Reaktion), Adaptation, Membranpotential: EPSPs, Depolarisationen, Plateaupotentiale 4. sekundäre Datenanalyse – 2. Datenreduktion: Vergleich mehrerer Ableitungen (lernabhängige Veränderungen der Duftantworten): Variabilität der Antwort (Wiederholung eines Reizes während einer Ableitung) Individuelle Unterschiede der Tiere (Duftantworten Veränderungen der Aktionspotentialsmusters (Lernen) Statistik
Duftantworten können sehr variabel sein Intrazelluläre Ableitungen von Rückkopplungsneuronen aus dem Pilzkörper des Bienengehirns Grünewald (1999) J Comp Physiol 185:565
Duftantworten - Quantifizierung 600ms bin size: 100ms Mauelshagen (1991) Dissertation, FU-Berlin
Differentielle Konditionierung Mauelshagen (1993) J Neurophysiol 69:609
Differentielle Konditionierung Vergleich zwischen relativer Aktionspotentialfrequenz und relativem DC-Potential relative Spikefrequenz relatives DC-Potential Mauelshagen (1993) J Neurophysiol 69:609 Ähnliche Effekte während Lernakt 2 und 5. Bedeutet: Die lernabhängigen Antwortänderungen sind im wesentlichen präsynaptisch. Aber: Änderungen im DC-Potential geringer als von Spikefrequenz erwartet. Bedeutet: Das PE1 Neuron besitzt selber plastische Eigenschaften.
Auswertung von intrazellulären Ableitungen - Zusammenfassung - Vor dem Experiment: Was will ich auswerten? Wahl der Filterfrequenzen und Samplefrequenzen. Hierzu Pilotexperimente. - Nach dem Experiment: Abschätzen der Ableitqualität und Signalgüte: Kann ich das analysieren, was ich wollte? - Datenauswertung: zunächst Quantifizierung der einzelnen Messungen: Welche Auswertungsmethode ist adäquat? - Eventuell dann: automatisierte Vorabauswertung (Programme, Macros) - Dann: sekundäre Datenanalyse: Wie variabel / konstant ist mein Signal? Wie sieht eine mittlere Reaktion aus? - Schließlich: Vergleich experimenteller Gruppen. Gibt es Effekte der Behandlung? - Abschließend: Kontrolle der Primärdaten: Ist mein berechneter Effekt in den Primärdaten erkennbar?
© Gary Larson