8 Behandlung von Begriffen 8.1 Grundlagen aus Logik und Psychologie

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8 Behandlung von Begriffen 8.1 Grundlagen aus Logik und Psychologie a) Grundlagen aus der Logik Was ist ein Begriff? Ein Begriff ist eine komplexe Gesamtheit von Gedanken über Unterscheidungsmerkmale eines Objektes, die die wesentlichen Eigenschaften des Objektes angeben. Begriffsinhalt: Gesamtheit der wesentlichen Eigenschaften der Objekte Begriffsumfang: Klasse aller Objekte, die durch Begriff erfasst werden Verhältnis Begriff – Wort – Objekt Begriffsarten in der Mathematik: Objektbegriffe Eigenschaftsbegriffe Relationsbegriffe Operationsbegriffe Unterschied Begriff – Definition explizite Definition: Definiendum Definiens Anforderungen: z. B. nicht über- und nicht unterbestimmt, zirkelfrei

Möglichkeiten zur Angabe von Definitionen explizite Definitionen über einen Oberbegriff und den Artunterschied explizite Definition durch Angabe einer Bezeichnung für ein Objekt, eine Relation oder Operation genetische Definition implizite Definition, z.B. rekursive Definition, axiomatische Definition Grundlagen aus der Psychologie Modell der Speicherung von Begriffen im Gedächtnis (Klix) semantisches Netz: Knoten (Sinneinheiten), Kanten (Verbindungen der Sinneinheiten, Wegstrecken bei Gedächtnisleistungen) Lernen eines Begriffes heißt Ausbilden geistiger Handlungen, Grundhandlungen: Bezeichnen eines Objektes mit dem Begriffswort (Identifizieren des Begriffs) Vorstellen oder Herstellen eines Repräsentanten der Menge der Objekte bei Nennen des Begriffswortes (Realisieren des Begriffs)

neue Begriffe werden stets in vorhandene Netze integriert (Lernen in subjektiven Erfahrungsbereichen) Wechselverhältnis inhaltlicher und formaler Aspekte bei mathematischen Begriffen Begriffe entwickeln sich stufenweise im Kopf des Schülers Konsequenzen für die Planung der Behandlung von Begriffen Für zentrale Begriffe (Leitbegriffe) ist eine globale Planung der stufenweisen Entwicklung erforderlich. Die lokale Planung sollte stets aus Sicht der globalen Entwicklung erfolgen, d.h. es ist zu bestimmen, welche Gesamtheit von Gedanken vor der Erarbeitung vorhanden ist und nach der Erarbeitung und Festigung vorhanden sein soll Motivation, einführende Beispiele und erste Aufgaben sind so zu wählen, dass die neuen Gedanken möglichst gut in vorhandene Netze im Kopf der Schüler integriert werden können

8. 2. Vorgehensweisen zur Erarbeitung von Begriffen 8. 2. 1 8.2 Vorgehensweisen zur Erarbeitung von Begriffen 8.2.1 Induktives Vorgehen Motivierung und Zielorientierung Bereitstellen und Analysieren von Untersuchungsobjekten Varianten: Vorgabe einer ungeordneten Menge von Beispielen und Gegenbeispielen, Feststellen von gemeinsamen und unterschiedlichen Merkmalen der Objekte bzw. nur Vorgabe eines oder mehrerer Beispiele Vorgabe von zwei Mengen aus jeweils Beispielen und Gegenbeispielen, Vergleich der Merkmale Einteilen einer vorgegebenen Menge von Objekten in Beispiele und Gegenbeispiele entsprechend den bisherigen Vorstellungen der Schüler, Analyse der "Streitfälle" Erarbeitung des Systems wesentlicher Merkmale Nennen des Begriffswortes (wenn nötig) und Formulieren wesentlicher Merkmale, eventuell in Form einer Definition

8.2.2 Konstruktives Vorgehen Motivierung und Zielorientierung Herstellung eines oder mehrerer Repräsentanten durch die Schüler ausgehend von allgemeinen Forderungen oder Bedingungen, die bereits wesentliche Merkmale beinhalten Untersuchung der Merkmale der konstruierten Objekte, Verallgemeinerung Nennen des Begriffswortes und Formulieren wesentlicher Merkmale, eventuell in Form einer Definition 8.2.3 Deduktives Vorgehen Vorgeben der Definition bzw. eines Systems wesentlicher Merkmale durch den Lehrer oder einen Lehrbuchtext Ausdeuten der Definition bzw. des Merkmalsystems, Herstellen von Beziehungen zu Nachbarbegriffen

8.2.4 Vergleich der Vorgehensweisen Induktives Verfahren Vorteile: gute Vorbereitung der Integration in vorhandene Netze Schüler können Begriffserklärung selbst finden sprachlich-logische Schulung möglich Einsatzempfehlung: wenn sinnvolle Gegenbeispiele möglich Konstruktives Vorgehen wie induktives Vorgehen Arbeit mit Aufgaben in der Erarbeitungsphase Einsatzempfehlung: wenn keine Gegenbeispiele möglich, bei Operationsbegriffen günstig Deduktives Vorgehen zeitsparend Vorbereitung auf selbständiges Lernen Voraussetzungen: alle vorkommenden Begriffe müssen bekannt sein

8.3 Möglichkeiten zur Festigen von Begriffen Identifizieren von Begriffen Prinzip: Alle wesentlichen Merkmale sind zum Gegenstand der Identifizierung zu machen, d.h. für Beispiele: alle irrelevanten Merkmale variieren Gegenbeispiele: jedes relevante Merkmal einmal vernachlässigen Erhöhung der Anforderungen ein Objekt – ein Begriff ein Objekt – mehrere Begriffe oder mehrere Objekte – ein Begriff mehrere Objekte - mehrere Begriffe Folie 9 Vielseitigkeit der Aufgabenstellung Beispiele durch Variieren eines irrelevanten Merkmals Gegenbeispiele durch Vernachlässigen genau eines Merkmals Sonder- bzw. Spezialfälle Grenz- bzw. Extremfälle Untersuchen außermathematischer Objekte Folie 10

Realisieren von Begriffen Erhöhung der Anforderungen keine zusätzlichen Bedingungen eine oder mehrere zusätzliche Bedingungen zusätzliche Bedingungen, die weiteres Wissen erfordern Vielseitigkeit der Aufgabenstellung Aufgaben mit mehreren Lösungen nichtlösbare Aufgaben Umkehraufgaben (nur bei Operationsbegriffen) Anwenden von Begriffen möglich beim Beweisen, Definieren, Lösen von Sachaufgaben Systematisieren von Begriffen Herstellen von Beziehungen zu Unter-, Ober- oder Nebenbegriffen mögliche Darstellungen: Begriffsgraph, Mengendiagramm