Morphologie in der Politikwissenschaft

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 Präsentation transkript:

Morphologie in der Politikwissenschaft TU Dresden Institut für Politikwissenschaft Wintersemester 2006/07 HS Evolutionstheorie in der Politikwissenschaft Dozent: Prof. Werner J. Patzelt Referentin: Johanna Geyer 01.12.2006

Gliederung 1. Allgemeines zur Morphologie 1.1. Morphologie – einige Definitionen 1.2. Ziele und Anwendungsgebiete 1.3. Analytische Kategorien 1.4. Parallel- und Mosaikevolution 2. Kurze Entstehungsgeschichte 3. Morphologie in der Politikwissenschaft 3.1. Methode und Ziele 3.2. Kreislauf der Beobachtung 4. Quellen

1. Allgemeines zur Morphologie

1. Morphologie – einige Definitionen Vom griechischen „morphé“: Gestalt, Erscheinungsform „Formenlehre des Lebendigen; Lehre vom körperlichen Bau der Lebewesen, theoretische Grundlegung und Prinzipienlehre der Anatomie bzw. Strukturforschung körperlicher Merkmale von Lebewesen“ (Berhard Irrgang, 2001) „Lehre von der Gestalt, genauer: die Lehre von der Erkenntnis der Gestalt“ (Rupert Riedl II, 1987)

1.2. Ziele und Anwendungsgebiete Häufig angewandt in der Botanik und Zoologie, selten in der Verhaltensforschung und Soziologie Ziel: Typenbildung, Erkennen und Rekonstruieren von Entwicklungssträngen „Erst durch den Vergleich wird die Morphologie zur Wissenschaft.“ (Wolfgang Wieser, 1994) -> In-Beziehung-Setzen von Daten, die aus detaillierten Beschreibungen von Strukturen gewonnen wurden

1.3. Analytische Kategorien Homologie: genetische/memetische Ähnlichkeit basierend auf gemeinsamer Geschichte, Tiefenstruktur bleibt auch bei Variation der Oberflächenstruktur erhalten Analogie: Ähnlichkeit basierend auf identischer Funktion, Ähnlichkeit in der Oberflächenstruktur, nicht im memetischen Grundbauplan Homoiologie: Ähnlichkeit basierend auf gemeinsamer Herkunft und identischer Funktion

1.3. Analytische Kategorien Vier Kriterien für Homologie (nach Remane): Lage, spezielle Qualität, Existenz von Übergangsformen, Zusatzkriterien Homonomien: identische Massenbauteile von Institutionen/Strukturen Homodynamien: gleichartige Abläufe von Strukturbildungsprozessen

1.4. Parallel- und Mosaikevolution Parallelevolution: Individuen einer Art entwickeln in verschiedenen ökologischen Nischen ähnliche Memotypen (funktionell bewährt) Mosaikevolution: manche Bauteile einer Art verändern sich stark, andere kaum (starke funktionelle Bedeutung)

2. Kurze Entstehungsgeschichte Grundlagen durch Aristoteles (grundlegende Frage: Funktionsweise der jeweiligen Struktur) Entstanden um die Jahrhundertwende 18./19. Jahrhundert durch kritische Betrachtung der Methoden im Bereich der Anatomieforschung Im 18. Jahrhundert erste Blütezeit, Owen formuliert Kriterien der Gleichsetzung („Homologisierung“) verschiedener Strukturen

2. Kurze Entstehungsgeschichte Suche nach einem allgemeinen Bauplan für alle Organismengruppen (idealistische Morphologie: causa prima = göttliche Ordnung) Johann Wolfgang von Goethe formuliert die Notwendigkeit einer Norm, anhand der verschiedene Teile der Organismen geprüft werden -› Ziel: Typologie der Gestalten aller (Säuge-)Tiere, nach Ordnungen gegliedert (Vgl. Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie“, 1858)

2. Kurze Entstehungsgeschichte Mit Charles Darwin erstmals einheitliches Konzept auf naturwissenschaftlicher Grundlage neue Kausalität der Ähnlichkeiten: gemeinsame Abstammung, Morphologie als methodischer Zugang zur Bestimmung der „Einheit des Typs“:

2. Kurze Entstehungsgeschichte „We have seen that the members of the same class, independently of their habits of life, resemble each other in the general plan of their organisation. This resemblence is often expressed by the term „unity of type“; or by saying, that the several parts and organs in the differnent species of the class are homologues.“ (Darwin, 1897)

3. Morphologie in der Politikwissenschaft

3. 1. Methode und Ziele Methode: systematische Sekundäranalyse von Material aus Anthropologie, Geschichte, Recht und Politik -> historisch-interkultureller Vergleich Ziele: -Erkenntnisse über die Entwicklung und Ausbreitung politischer Strukturen -genetische Typologie politischer Systeme (Gegenwart und Vergangenheit)

3.1. Methode und Ziele -Erkennen von Grundmustern und Regelmäßigkeiten ->Welcher Typ politischer Systeme ist stabil, welcher nicht? -Verankerung evolutionärer Lernfähigkeit in der Struktur politischer Systeme -Vergleich der Ausbreitung politischer Systeme

3.2. Kreislauf der Beobachtung Entstehung grundlegender Systemelemente aufgrund besonderer Umweltbedingungen ->Prägung der Funktionslogik durch Umweltbedingungen (Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Systems) ->Herausbildung verschiedener Varianten des gleichen Systemstyps durch spezielle Umweltbedingungen Weiterentwicklung Spezialisierung „Tod“ (regulative der Variante (ökol. Nische) Katastrophe)

3.2. Kreislauf der Beobachtung -Systemwechsel überdauernde Elemente durch Institutionenexport Nachahmung ->Verbreitung in neuen Systemumwelten (alles beginnt von vorn)

4. Quellen Gutmann, Mathias: „Die Evolutionstheorie und ihr Gegenstand: Beitrag der Methodischen Philosophie zu einer konstruktiven Theorie der Evolution“, Studien zur Theorie der Biologie Band 1, Berlin, 1996. Haszprunar, Gerhard: „Ursprung und Stabilität tierischer Baupläne“, in: Wieser, Wolfgang (Hrsg.): „Die Evolution der Evolutionstheorie: von Darwin zur DANN“; Heidelberg, Berlin, Oxford; 1994. Irrgang, Bernhard: „Lehrbuch der Evolutionären Erkenntnistheorie. Thesen, Konzeptionen und Kritik“; 2., vollständig überarbeitete Auflage; München, Basel; 2001.

4. Quellen Patzelt, Werner J.: „Zum politikwissenschaftlichen Nutzen der EE“, in: Riedl, Rupert; Delpos, Manuela (Hrsg.): „Die Evolutionäre Erkenntnistheorie im Spiegel der Wissenschaften“, Wien, 1996. Riedl, Rupert: „Kultur – Spätzündung der Evolution? Antworten auf Fragen an die Evolutions- und Erkenntnistheorie“; München, Zürich; 1987 I. Riedl, Rupert: „Evolutionäre Begründung der Morphologie“, in: Riedl, Rupert; Bonet, Elfriede Maria (Hrsg.): „Entwicklung der Evolutionären Erkenntnistheorie“, Wiener Studien zur Wissenschaftstheorie Band 1, Wien, 1987 II.