Was ist unter Technologiepolitik zu verstehen?

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 Präsentation transkript:

Was ist unter Technologiepolitik zu verstehen? Definition Mit Technologiepolitik ist jegliches Eingreifen des Staates in den Innovationsprozess gemeint. Darunter fallen sowohl Maßnahmen, die Innovationsanreize schaffen wie auch Maßnahmen zu einer breiteren Anwendung neuer Technologien. Im Mittelpunkt steht somit die Generierung und Nutzung von Wissen. Politikzweige

Welche Ziele werden vom Staat verfolgt? Hauptziele Verbesserung der Innovationsleistung bzw. Beschleunigung des technischen Fortschritts Zielbegründung Innovationen und technischer Fortschritt sichern Wachstum durch - effiziente Produktionsverfahren - wettbewerbsfähige Güter - Expansion des Weltmarktanteils schaffen und sichern Arbeitsplätze verbessern den Umweltschutz erhöhen die Attraktivität eines Wirtschaftsstandorts

Was ist unter Technologiepolitik zu verstehen? Instrumente der Technologiepolitik direkte Instrumente Steuererleichterungen, Subventionen indirekte Instrumente Rahmenbedingungen anpassen Empfänger der staatlichen Leistungen Unternehmen Schulen und Hochschulen außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Arten der staatlich geförderten Forschungsprojekte mission-Orientierung exakte und starre Projektbindung, konkrete Zielvorgaben diffusion-Orientierung keine klare Definition des Forschungsergebnisses, verwandte Forschungszweige werden weiterverfolgt

Arten der staatlich geförderten Forschungsprojekte Marktnähe Diffusion Mission Basic 2 Vision Basic 1 technologische Spezifität Basic 1: keine kommerzielle Nutzung Grundlagenforschung i.e.S. Basic 2: Fortführung von Basic 1 Forschungsergebnis bzw. Forschungsziel konkretisiert Quelle: Cantner/Pyka (1999)

mission basic diffusion Struktur der Forschungsförderung in Deutschland Werte für 1996, in Prozent der staatlich geförderten Forschungsprojekte diffusion mission basic Quelle: Cantner/Pyka (1999)

Zentrale Themen der Technologiepolitik Konzentration auf F&E-Ausgaben (traditionelle Sicht) Stärkung des nationalen Innovationssystems (moderne Sicht) Verbesserung der Rahmenbedingungen für Innovationen Reform des Bildungssystems (Schul- und Hochschulwesen) Forschungskooperationen fördern Entwicklung von (Kompetenz-)Clusters Zugang zu Beteiligungskapital erleichtern Schutzmechanismen für Innovationen verbessern Qualitätssicherung von Forschungsergebnissen Effizienz von Forschungseinrichtungen erhöhen

Verteilungsproblematik Warum ist Technologiepolitik notwendig? 1. Theorie des Marktversagens unvollkommene Konkurrenz Marktversagen externe Effekte öffentliche Güter Verteilungsproblematik korrigieren ergänzen korrigieren

Warum ist Technologiepolitik notwendig? Die Marktfehler im einzelnen: unvollkommene Konkurrenz Einzelakteure, Innovationsrenten, temporäre Monopole externe Effekte Spillover-Effekte (Innovator-Imitator-Beziehungen) öffentliche Güter Aufbau von Humankapital durch staatl. Bildungseinrichtungen Verteilungsprobleme Prozess der kreativen Zerstörung, Strukturwandel, Anpassungsprobleme (z.B. auf dem Arbeitsmarkt)

Die Bedeutung öffentlicher Forschungsförderung

„Deutschlands Aufbruch ins Informationszeitalter“ Ziele der Wirtschaft und der Politik (bis 2005) Internetnutzung ausbauen Ordnungsrahmen fixieren Hard- und Software-Ausstattung ausbauen Gründung von Multimedia-Unternehmen fördern Ausbildung von Fachkräften im IT-Bereich Einsatz von IuK-Technologien im öffentlichen Sektor erweitern Vernetzung aller wissenschaftlichen Einrichtungen Aufbau neuer Systeme der Mobilkommunikation

Die Technologiepolitik des BMWi Wirtschaft Wissenschaft Staat innovationsfreundlicher Rahmen Forschung in Energie-, Luftfahrt-, Biotechniken Verbreitung der IuK-Technologien innovativer Mittelstand technisch-ökonomische Infrastruktur internat. Forschungs- zusammenarbeit Quelle: BMWi, 1999

Barrieren und Hemmnisse der Innovationsaktivität fehlende Marktinformationen interne Widerstände lange Verwaltungsverfahren fehlende technologische Informationen Gesetzgebung, rechtliche Normen mangelnde Kundenakzeptanz Mangel an Fachpersonal organisatorische Probleme Mangel an Finanzquellen hohes wirtschaftliches Risiko hohe Innovationskosten

Der Politikstil der Neoklassik – Die Suche nach dem Optimum Zielsetzung: Maximierung der sozialen Wohlfahrt Fragestellung deshalb: Wird in einer Marktwirtschaft die optimale Menge an Ressourcen für die Schaffung und Anwendung neuer Technologien verwendet? Ausgangspunkt / Bewertungsmaß: Pareto-Optimum

Neoklassische Begründung für Technologiepolitik Marktversagen, d.h. Abweichungen vom Optimalzustand (Pareto-Optimum). Definition des Pareto-Optimums: Eine Allokation ist genau dann als pareto-effizient zu bezeichnen, wenn es nicht mehr möglich ist, durch eine Re-Allokation von Inputs oder eine Umverteilung von Gütern einen Marktteilnehmer besser zu stellen, ohne dabei gleichzeitig einen anderen schlechter zu stellen. Voraussetzungen für ein Pareto-Optimums: vollkommene Konkurrenz vollkommen rationale Akteure optimale Aktionspläne keine Externalitäten exogener technischer Fortschritt, usw.

Neoklassische Begründung für Technologiepolitik Merkmale der suboptimalen Lösung (SOL): Entstehung von Monopolen oder Oligopolen Know-how und externe Effekte (Anreizprobleme, steigende Skalenerträge) Unsicherheit der Akteure, asymmetrische Information Folgerungen I: Die Behandlung von Innovationsprozessen schließt viel mehr ein als den Zielkonflikt zwischen statischer und dynamischer Effizienz. Innovationsprozesse und Pareto-Effizienz passen nicht zusammen!

Neoklassische Begründung für Technologiepolitik Folgerungen II: Das Pareto-Optimum und die dafür getroffenen Annahmen sind ungeeignet, um als Referenzmodell zur Notwendigkeit von technologiepolitischen Maßnahmen zu dienen. Das Referenzmodell muss somit erweitert bzw. geändert werden ( Dasgupta/Stiglitz, 1980): Einführung von Patentschutz als anreizerhaltender Schutzmechanismus Berücksichtigung von (schwacher) Unsicherheit Aufnahme von externen Effekten

Neoklassische Begründung für Technologiepolitik Benchmark für ein sozial optimales F&E-Niveau: sozial optimales F&E-Niveau  max. soziale Wohlfahrt rS privates F&E-Niveau, das höher ist als rS (Mehrfachforschung, ineffiziente F&E-Abteilungen) r1P C(r,R) privates F&E-Niveau, das geringer ist als rS (fehlender Anreiz zu F&E) r2P maximal erreichbare Verbesserung CL min. F&E-Ausgaben, bevor TF auftreten kann rmin CL r rmin r2P rS r1P Subv. Steuern

Der Politikstil der Neoklassik – Die Suche nach dem Optimum anreizorientierte TePo-Maßnahmen Staat ist “Reparaturbetrieb“ Benchmark: Vergleich zwischen theoretischem Ideal (soz. Optimum) und aktuellem Zustand (privatem Optimum) Innovationsprozess ist streng sequentiell Politikdichotomie: - klare Trennung zwischen Forschungs- und Innovationspolitik (Schaffung versus Ausschöpfung von technologischen Möglichkeiten) - jede politische Maßnahme kann genau einem best. Abschnitt des Innovationsprozesses zugeordnet werden

Invention Innovation Diffusion Imitation Der Politikstil der Neoklassik – Politikdichotomie und ihre Folgen Invention Innovation Diffusion Imitation Forschungspolitik Bildungspolitik Technologiepolitik Innovationspolitik

Vergleich des Politikstils der Neoklassik mit dem der evolutorischen Ökonomik ökonomische Anreize technologische Möglichkeiten Know-how und Ausbildung Ressourcen neoklassischer Politikstil Innovations-Politik Wettbewerbs-Politik Patentschutz Forschungs- und Wissenschafts-Politik - (alle Ressourcen sind vorhanden) evolutorischer Politikstil Forschungs-, Wissenschafts-, und Bildungspolitik Wettbewerbspolitik und Patentschutz Innovations- Politik Quelle: Cantner (2000)

Vergleich des Politikstils der Neoklassik mit dem der evolutorischen Ökonomik Zusammenfassung wesentlicher Unterschiede* Politikbegründung: Von der Theorie des Marktversagens (Staat als ‚Reparaturbetrieb‘) zur Theorie des Innovations- und Technologie-Managements. Politikdesign: Von der Politikdichotomie zu einer TePo, die auf dem systemischen bzw. vernetzten Innovationsprozess aufbaut. Politikwirkung: Technologiepolitische Maßnahmen führen zu einem Optimum in der Neoklassik und (bestenfalls) zu einer Verbesserung der Markt- und Selektionsprozesse in der evolutorischen Ökonomik. Politikfokus: Anreize zu F&E und das Verhalten einzelner Unternehmen in der Neoklassik, Innovationssysteme (nationale, regionale oder lokale) in der evolutorischen Ökonomik. *Quellen: M. Erlei / M. Lehmann-Waffenschmidt (2002), eigene Erweiterungen