Zwischen den Stühlen? Psychische Belastungen in der Arbeitswelt und die mittlere Führungsebene Hannover, 26.09.2012 Psychische Belastungen bei Arbeitnehmervertretern.

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 Präsentation transkript:

Zwischen den Stühlen? Psychische Belastungen in der Arbeitswelt und die mittlere Führungsebene Hannover, Psychische Belastungen bei Arbeitnehmervertretern Michael Wilken Praxis für Coaching und Psychotherapie

1. Selbstsorge bei Arbeitnehmervertretern AN-Vertretungen, die per Gesetz und Selbstverständnis für die Belegschaft „da zu sein“ haben, vergessen manchmal sich selbst. Den Stress anderer verhindern oder vermindern zu können, setzt eine Auseinandersetzung mit der eigenen Belastungssituation voraus. „Der Anspruch an die Betriebsräte, neben ihren vielfältigen sonstigen Aktivitäten auch die Sorge um die Belastungen in der Belegschaft zu übernehmen, artet schnell in eine Überforderung jener aus, die sich der Überforderung anderer annehmen sollen.“ Seidl (1999)

…aus der Mail einer Betriebsrätin ( ): Ich glaube, das größte Problem für Betriebsräte ist es, dass sie oft nur noch als Betriebsräte gesehen werden. Besonders in Zeiten des Personalabbaus, bei Standortschließungen etc. sollen sie einen Prozess begleiten, der ihnen u.U. selbst den Boden unter den Füßen weg reißt, aber sie sollen für die Kollegen/Kolleginnen da sein, trösten, Mut machen, verhandeln, Kompromisse „verkaufen“ etc.

In solchen Zeiten fragt niemand danach, wie es den Betriebsräten geht, wie sie mit der extremen Belastung fertig werden, wie sie mit ihren eigenen Zukunftsängsten, ihrer Wut, Enttäuschung, Frust umgehen…. Eigentlich sind Betriebsräte in einer ähnlich dummen Position wie Führungskräfte – von ihnen wird erwartet (von den Koll., aber auch vom AG), dass sie funktionieren….

Einen schlechten Tag haben? Selbst Kummer, Krankheit, Schmerzen? Geht eigentlich nicht, weil man ja die „Last“ der anderen tragen soll…..“

2. Der institutionalisierte Konflikt – oder: sich wohlfühlen in der Sandwich-Position?

Gegensätzliche Erwartungen Erwartungen der Belegschaft Schutz vor Entlassungen und Kündigungen Sicherung und Verbesserung von Lohn/Gehalt menschengerechte Arbeitsplätze Verhinderung eines erhöhten Arbeitstempos soziale Einrichtungen im Betrieb zukunftssichere Berufsausbildung etc. Erwartungen der Geschäftsleitung Verhinderung von Unruhe im Betrieb Einhaltung der Arbeitsordnung Kommunikation von Absichten der Geschäftsleitung an die Belegschaft Zurückweisung kostenaufwendiger Wünsche der Belegschaft Abschwächung von Widerständen gegen Maßnahmen der Geschäftsleitung Gewährleistung geringer Kosten der Betriebsratsarbeit (Johannson, K. (1977, S. 54) Der Betriebsrat. Köln: Bund-Verlag

AN-Vertreter sind aufgrund ihrer Zwitterstellung einem Dauerstress ausgesetzt. Solange es in Zeiten von Hochkonjunktur gelang, die Erwartungen zu erfüllen, war das Belastungsniveau vergleichsweise gering. In Zeiten krisenbedingter Interessenkonflikte haben viele AN-Vertreter aber unter Dauerstress zu leiden.

Krisen können viele Stressoren erzeugen: Zeitdruck Pausenlose Inanspruchnahme durch Beschäftigte Erhöhte Arbeitskomplexität Entscheidungsunsicherheit Kritik durch den AG und besonders durch die Beschäftigten selbst Dieser Zustand ist heute fast überall „normal“.

Ursachen für hohen sozialen Stress und geringe soziale Unterstützung in Krisen sind: 1)Die AN-Vertretung ist gleichzeitig zur Interessenvertretung der Belegschaft und zur Mittlerrolle im Konfliktfall mit dem AG verpflichtet – eine unlösbare Aufgabe. 2)Belegschaften sind häufig fraktioniert in unterschiedliche Interessenblöcke. 3)Die Handlungsmöglichkeiten der AN- Vertretung wird häufig stark überschätzt.

3. Empirische Untersuchungen 3.1 Seidl (1999) 3.2 Giesert und Tempel (2001) 3.3 Gulmo (2008)

3.1 Martin Seidel (1999) Explorative Studie: Erstmals werden die Belastungssituation von AN- Vertretern (n=83) mit Nicht Betriebsräten (n=382) verglichen. Zusätzlich wurde mit zwölf Betriebsräten ein vertiefendes Leitfadeninterview geführt.

Ergebnisse: Betriebsräte sind stärker in ihrem seelischen Befinden beeinträchtigt (40%) als Nicht-Betriebsräte (31%). Hohe Ausprägung finden sich bei BR-Mitgliedern in den Bereichen Gereiztheit (29%) und Alkoholkonsum (10%). Rund ein Viertel fühlen sich nach der Arbeit sehr erschöpft und fast 20% geben an, dass ihr Beruf sie seelisch sehr stark belaste. 54% der BR geben an, häufig nicht oder nie nach der Arbeit „abschalten“ zu können, besonders in Krisen. Ihr Gesundheitsverhalten ist weniger gut als das der Vergleichsgruppe: sie trinken mehr Alkohol, rauchen mehr und trinken weitaus mehr Kaffee oder Tee.

Beanspruchung aus der BR-Arbeit: 1)46% fühlen sich durch die Arbeitsinhalte (hohe Verantwortung, Arbeitsintensität und Komplexität) beansprucht. 2)44% durch die Rahmenbedingungen (organisatorische Veränderungen, physiologische Beanspruchung und Bedrohung durch Arbeitslosigkeit). 3)27% fühlen sich beansprucht durch soziale Faktoren (wenig Unterstützung durch die Geschäftsführung, dito. durch die Belegschaft und durch fachliche Probleme am Arbeitsplatz).

Laut Seidel stellt die Komplexität der BR-Arbeit eine wichtige Ursache für das hohe Belastungsniveau dar. BR sind für viele Rollensegmente nicht ausgebildet. Sie sollen kompetent sein von betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen bis zu geradezu sozialarbeiterischen oder psychotherapeutischen Hilfestellungen; das alles möglichst gleichzeitig und unter hohem Zeitdruck. Eine weitere Belastung stellt die Gefahr der potentiellen Arbeitslosigkeit bei Nicht- Wiederwahl dar.

3.2 Giesert und Tempel (2001) Bundesweite Befragung von 949 Betriebsräten, überwiegend aus dem Dienstleistungssektor (89%) zur psychischen Belastung von Beschäftigten und von sich selbst. Erhoben wurde u.a.: 1)Der Anteil psychischer Beschwerden und Erkrankungen 2)Die Arbeitsbewältigungsfähigkeit

Ergebnisse: 42% der Befragten gaben psychische Beschwerden wie Schlaflosigkeit, Angstzustände und Depressionen an. Nach den Autoren sollen in der Bevölkerung „nur“ 26% vorkommen. Die eigenen Belastungen beurteilen die Betriebsräte zu 49% als hoch, 47% als mittel und 3% als gering.

Bei den freigestellten Betriebsräten stufen sich 58% als psychisch sehr belastet ein und 40% als mittel. Bei den Nicht-freigestellten sind es 44% zu 52%. Das Übergewicht der psychischen Belastung liegt demnach bei den Freigestellten.

3.3 Norbert Gulmo (2008) Stichprobe und Datenerhebung Durch persönliche Kontakte, Mithilfe von DGB, IG-Metall, VER.DI, IG BCE und zwei Privatanbietern von Betriebsratsseminaren wurde ein standardisierter Fragebogen an 1959 Mitglieder von Arbeitnehmervertretungen verteilt. 608 Fragebögen wurden ausgefüllt, was einer Quote von 31% entspricht.

3.3.2 Gemessene Variablen In dieser Studie wurde eine Vielzahl von Variablen erfasst: 1)Arbeitskomplexität (Komplexität der Anforderungen) Beispiel: Wie häufig muss man bei Ihrer Tätigkeit sehr komplizierte Entscheidungen treffen? 2 ) Variabilität (Ausmaß unterschiedlicher Aufgaben) Beispiel: Haben Sie bei Ihrer Betriebsratstätigkeit mit Routineaufgaben zu tun?

3) (Regulations-)Unsicherheit (Unsicherheit über Anforderungen, Arbeitsergebnisse oder Folgen) Beispiel: Wie oft kommt es vor, dass Sie bei Ihrer Tätigkeit Entscheidungen fällen müssen, ohne dass ausreichende Information zur Verfügung steht? 4) Arbeitsunterbrechungen Beispiel: Wie häufig werden Sie durch andere Kollegen/Mitarbeiter bei Ihrer Betriebsratsarbeit unterbrochen?

5) Zeitdruck (Tempo/Arbeitsvolumen) Beispiel: Wie häufig stehen Sie unter Zeitdruck? 6) Skala zur Erfassung von sozialen Stressoren am Arbeitsplatz (Frese und Zapf 1987) Zur Erfassung von Ressourcen wurden folgende Variablen gemessen: 7) Handlungsspielraum Beispiel: ….wie viel Möglichkeiten zu eigenen Entscheidungen bietet Ihnen Ihre Arbeit?

8) Partizipation (Einfluss auf Urlaubspläne etc.) Beispiel:…bei der Planung von Sitzungsterminen. 9) Zeitspielraum Beispiel: …können Sie selbst bestimmen, wie lange Sie an einer Sache arbeiten? 10) Skala Soziale Unterstützung (aus SALSA von Rimann und Udris 1993) 11) Skala zur Allgemeinen Selbstwirksamkeitserwartung (Schwarzer und Jerusalem 1999) Sie misst die Zuversicht, schwierige Situationen zu meistern, wobei der Erfolg der eigenen Person zugeschrieben wird.

12) Skala zur Schuldabwehr Beispiel: …..sage ich mir, ich habe mir nichts vorzuwerfen. 13) Situationskontrolle (Tendenz, Kontrolle über belastende Situationen zu gewinnen) Beispiel:.....überlege ich mir mein weiteres Verhalten ganz genau. 14) Soziales Unterstützungsbedürfnis (Tendenz, bei Stress Kontakt aufzunehmen) Beispiel:..muss ich mich einfach mit jemandem aussprechen. 15) Gefühlshemmung Beispiel: Wenn mich jemand aus der Fassung bringt, versuche ich, meine Gefühle zu verbergen.

16) Gedankliche Weiterbeschäftigung Beispiel: Ich erinnere mich noch lange danach an Dinge, die mich aus der Fassung gebracht oder geärgert haben. 17) Skala zum Gesundheitsverhalten (Udris et al. 1992) (Beinhaltet Fragen zu Ernährung, Alkoholkonsum, Bewegung, Entspannungstechniken, etc.) 18) Irritation (früher als Gereiztheit bezeichnet) Beispiel: Es fällt mir schwer, nach der Arbeit abzuschalten. 19) Skala Psychosomatische Beschwerden Beispiel: …Ohrengeräusche

20) Erfassung von Burnout (Maslach Burnout Inventory in der deutschen Version, Barth 1990) Beispiele: Ich fühle mich von meiner Tätigkeit als Betriebsrat emotional ausgelaugt. (Emotionale Erschöpfung) Ich bin abgestumpfter gegenüber den Menschen geworden, seit ich als Betriebsrat tätig bin. (Depersonalisation) Ich fühle mich voller Energie. (Reduzierte Leistungsfähigkeit) 21) Soziodemografische und betriebliche Variablen

3.3.3 Einige wichtige Ergebnisse Das Ausmaß der emotionalen Erschöpfung ist bei Betriebsräten erheblich: 38% niedrig 40% durchschnittlich 18% hoch Wenn fast jeder fünfte Betriebsrat sich als in hohem Maße emotional erschöpft einstuft, dann ist das alarmierend.

Reduzierte Leistungsfähigkeit: 7% niedrig 30% durchschnittlich 56% hoch Eine Mehrheit hat ein deutlich reduziertes eigenes Wirksamkeitserleben und ist hochgradig von diesem Aspekt des „Ausgebrannt-Seins“ betroffen.

Stressoren und Ressourcen Je intensiver die gedankliche Weiterbeschäftigung, um so höher die Beeinträchtigung von Gesundheit und Befinden. Je höher der Zeitdruck, um so höher sind Irritation, Psychosomatische Beschwerden und Emotionale Erschöpfung. Je mehr AN-Vertreter sozialen Stressoren aus- gesetzt sind, um so höher sind emotionale Erschöpfung und Depersonalisation.

Je größer die Unsicherheit ist, um so höher sind Psychosomatische Beschwerden und Depersonalisation. „Die größte negative Bedeutung für das Befinden liegt bei einer personalen Variable, der Gedanklichen Weiterbeschäftigung.“ (Gulmo, S.235) Sie bezieht sich immer nur auf negativ erlebte Ereignisse. Die intensive Beschäftigung mit negativen Gedanken ist ein denkbar ungünstiges Stressbewältigungsverhalten.

Ressourcen Je besser das Gesundheitsverhalten, je höher die Selbstwirksamkeitserwartung und je höher die soziale Unterstützung sind, um so besser das Befinden. Je höher der Handlungsspielraum und die Situationskontrolle sind, um so besser das Befinden. „Vorrangige Bedeutung für positive Auswirkungen auf Befinden und Gesundheit von Arbeitnehmervertretern haben also in erster Linie personale und soziale Ressourcen.“ (S.235)

Zum Thema „Burnout“ Knapp ein Fünftel der AN-Vertreter ist zwar stark emotional erschöpft. Das zeigt sich aber nicht beim Faktor „Depersonalisation“ (Zynismus, Abgestumpft-Sein). Das dürfte bedingt sein durch die hohe Wertschätzung den Beschäftigten gegenüber. Das hohe Maß an Burnout insgesamt kann durch zu geringe Wertschätzung durch die Beschäftigten bedingt sein. (Stark negativer Zusammenhang von Emotionaler Erschöpfung und Sozialer Unterstützung. Das kann eine hohe Gefahr von Depression zur Folge haben.)

AN-Vertreterinnen Frauen weisen bei der AN-Vertretung höhere Werte bei Psychosomatischen Beschwerden und Emotionaler Erschöpfung auf. Das deckt sich mit den frühen Befunden von Seidl, dass Frauen es schwerer haben, in ihrer Tätigkeit als AN-Vertretung von allen relevanten Bezugsgruppen ernst genommen zu werden. Es gibt keinen Unterschied beim Faktor Reduzierte Leistungsfähigkeit. Offensichtlich erfahren AN-Vertreterinnen keine Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit.

Zusammenfassung Die Studie hat wichtige Ergebnisse erbracht: Hauptstressoren sind: -Zeitdruck -Unsicherheit und -Soziale Stressoren Wichtige Ressourcen sind: -Gedankliche Weiterbeschäftigung, bzw. der Verzicht -Gesundheitsverhalten -Selbstwirksamkeitserwartungen und -Soziale Unterstützung. Welche Maßnahmen reduzieren die Stressoren und verbessern die Ressourcen? (vgl. Gulmo, S.247 ff.)

Maßnahmen auf der Organisations-Ebene Arbeitsteilung innerhalb des Gremiums durch verstärkte Einbindung so vieler AV-Mitglieder wie möglich. Effizienter Umgang mit Zeit, klare Priorisierung und zielorientiertes Handeln lässt sich durch entsprechende Trainings lernen. Qualifizierung des Gremiums durch systematische und kontinuierliche Schulung für allgemeine und spezielle Aufgaben.

Durch Wissensmanagement (Sammlung, Aufbereitung und Übermittlung von Wissen) lässt sich viel Arbeit sparen. Die ständige Erreichbarkeit und Verfügbarkeit von AN-Vertretern ist nicht wünschenswert, da jedes effektive Zeitmanagement zerstört wird. Soziale Unterstützung von Belegschaft und Gewerkschaft einfordern! Klare Positionierung und konsequente Interessenpolitik durch feste Verankerung in der Belegschaft.

Die Politik sollte jederzeit transparent und nachvollziehbar sein. Es ist notwendig zu kommunizieren, welche Erwartungen erfüllen werden können und welche unrealistisch sind. Minimalplattform gemeinsamer Interessen definieren, nach dem keiner einen Vorteil zu Lasten anderer erzielen kann.

Der Austausch über das eigene Befinden sollte enttabuisiert werden. Überlastungen (gerade von freigestellten) werden selten eingestanden. Innerhalb des BGM durchgeführte Gefährdungsbeurteilungen sollten auch innerhalb der AN-Vertretungen durchgeführt, in Sitzungen thematisiert oder in Klausuren bearbeitet werden.

Verbesserung personaler Ressourcen Stressbewältigungstrainings sollten zum festen Bestandteil der Ausbildung zur AN- Vertretung gehören: die bewusste Wahrnehmung von Belastungsfaktoren und ihrer Modifizierbarkeit, frühzeitiges Registrieren von seelischen und körperlichen Warnsymptomen, und positive Selbstinstruktionen. Konflikt- und Problemlösungsfähigkeiten lassen sich gezielt trainieren

Entspannungstechniken lassen sich erlernen. So können krankmachende Emotionen wie dauernde Gedankliche Weiterbeschäftigung, Wut, Ärger und Zynismus reduziert werden. Durch die Erfahrung, Stresssituationen emotional nicht hilflos ausgeliefert zu sein, können Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen gestärkt werden. Durch kognitive verhaltenstherapeutische Maßnahmen können selbstauferlegte, unrealistische Leistungserwartungen an sich selbst reduziert und das Befinden verbessert werden. Lernziel: Es ist nicht möglich, allen Menschen gleichzeitig und gleichermaßen gerecht zu werden, sogar einem Personal- oder Betriebsrat nicht.

Auch allgemeine Gesundheitserziehung (Ess- und Schlafgewohnheiten, körperliche Bewegung) ist dann wirksam, wenn einige der o.g. Maßnahmen erfolgreich durchgeführt sind. Letztlich sollten bei aller Förderung der personalen Ressourcen die Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen nicht vernachlässigt werden, sonst könnte der Eindruck entstehen, es sei das persönliche Manko eines PR/BR-Mitglieds, in dem System AN-Vertretung nicht zurecht zu kommen.

Quellen Seidl, M. (1999): Befindensbeeinträchtigungen und Beanspruchung von betrieblichen Interessenvertretern: Eine empirische Analyse. In: Eckardstein, D. v., Neuberger, O. (Hrsg.): Personalwirtschaftliche Schriften, Band 15, München und Mering Giesert, M. und Tempel, J. (2001): Gesunde Unternehmen – arbeitsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Düsseldorf, Hans-Böckler-Stiftung Gulmo, N. (2008): Psychische Belastungen und Bewältigungsmöglichkeiten von Arbeitnehmervertretern. München und Mering

Besten Dank für Aufmerksamkeit und Geduld! Michael Wilken Dipl.-Volkswirt, HP für Psychotherapie Praxis für Coaching und Psychotherapie Königswortherstr. 23a Hannover Tel.: