Onlinespielsucht 15.01.09 Malte Elson.

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 Präsentation transkript:

Onlinespielsucht 15.01.09 Malte Elson

Überblick Ausgangslage Stand der Forschung Instrumente Attraktivitätsfaktoren Sucht Definition „Computerspielsucht“ Instrumente Vorgehen in der Praxis Prävention Therapie Projekte

Ausgangslage JIM-Studie 2007 KIM-Studie 2006: 46% aller 12- bis 19-Jährigen spielen mehrmals wöchentlich oder täglich 4% der Mädchen, 24 % der Jungen spielen mehrmals wöchentlich oder täglich 18% der Gesamtnutzung des Internets sind Onlinespiele KIM-Studie 2006: 40% aller 6- bis 13-Jährigen spielen regelmäßig Onlinespiele 42% der Mädchen, 62% der Jungen spielen mehrmals wöchentlich oder täglich ein Computerspiel mit anderen Bezugsquellen für Spiele: 60% Eltern, 37% selbst gekauft, 35% getauscht mit Freunden

Ausgangslage Client-basierte Spiele vs. Mods vs. Browser-Games Prominente Client-basierte Spiele (MMORPGs): World of Warcraft, Second Life, Ultima Online, Age of Conan Prominente Mods/Modi von Stand-Alone Games: Starcraft, CounterStrike, Diablo, Team Fortress Prominente Browser-Games: Comunio, Travian, O-Game, Die Stämme, Mafia1930, Pirates of the Caribbean Sea

Stand der Forschung: Attraktivitätsfaktoren Generell für Computerspiele Audiovisuelle Darstellungsqualität (Klimmt, 2004), Empfinden von Selbstwirksamkeit (Klimmt, 2004), Immersion bzw. Narration (Sherry, 2004) Guter Überblick: García & Samaniego (2006) Onlinespiele Soziale Interaktion in Wettbewerb und Kooperation (Axellson & Regan, 2006; Cole & Griffiths, 2007) Notwendigkeit zum regelmäßigen Spielen, soziale Verpflichtungen, z.B. Gilden die sich für Quests oder Instanzen organisieren (Ducheneaut et al., 2006; Williams et al., 2006)

Stand der Forschung: Attraktivitätsfaktoren Onlinespiele Das Spiel pausiert nicht, wenn man offline ist Konstante Online-Welten (24/7-Charakter) Abonnement-Gebühren Spieler wollen „etwas für ihr Geld haben“ Kein spezifiziertes Ende, unbestimmte Spieldauer Updates & Erweiterungen (besonders für alte Spieler) Sukzessiver Anstieg der notwendigen Spieldauer für Aufstieg Browser-Games Account häufig nicht „sicher“ (> Kontrollzwang) Kein Limit für zentrale Spielelemente (> Rankinglisten)

Stand der Forschung: Sucht Sucht, exzessives Spiel, Engagement Aus den genannten Gründen erfolgt eine teils hohe Spielzeit Intensives Spiel wird häufig als Suchtverhalten bezeichnet Keine Definition, keine klare Abtrennung zu exzessivem Spiel ( Griffiths & Davies, 2005) oder hohem Engagement (Charlton & Danforth, 2007) I.d.R. Unterscheidung zwischen Exzessivem Spiel (Zeitaufwand) Abhängigkeit (empfundene Notwendigkeit/Verpflichtung) Sucht (pathologische Ausprägung, schädliche Dosierung) Wo sind die Grenzen zwischen diesen „Stufen“?

Stand der Forschung: Definition Nach Grüsser & Thalemann, 2006 das unwiderstehliche Verlangen, am Computer zu spielen eine reduzierte Fähigkeit die Dauer des Computerspielens zu kontrollieren Entzugserscheinungen (Nervosität, Unruhe, Schlafstörungen) bei verhinderter Computerspielnutzung Toleranzentwicklung (Steigerung der Häufigkeit oder Intensität/Dauer des Computerspielens) fortschreitende Vernachlässigung anderer Freizeitbeschäftigungen anhaltendes exzessives Computerspielen trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen (z.B. Übermüdung, Leistungsabfall in der Schule, auch Mangelernährung)

Stand der Forschung: Definition Nach Griffiths & Davies, 2005 Salienz: Computerspielen wird zur wichtigsten Beschäftigung und beeinflusst Gedanken, Emotionen und Verhalten Stimmungsänderung: Computerspiele werden eingesetzt, um die eigene Stimmungslage zu verändern Toleranz: Es werden immer längere Nutzungszeiten nötig, um die (gewünschten) Effekte zu erzielen Rückzugssymptome: Das Sozialleben des Spielers leidet unter dessen exzessiver Computerspielnutzung Konflikte: Das Computerspielen gerät in Konflikt mit anderen beruflichen und/oder privaten Beschäftigungen Rückfälle: Nach Reduktion der Nutzungsintensität oder kurzer Abstinenz kommt es rasch zum Rückfall in vorherige Nutzungsmuster

Stand der Forschung: Definition Diagnose In der Öffentlichkeit bereits ein etablierter Begriff Computerspielsucht (genausowenig wie Internetsucht) ist bisher nicht in den ICD-10 und DSM-IV aufgenommen Aufnahme in die Kataloge ICD-11 und DSM-V umstritten Wenig empirische Befunde Forschungsaufwand? Langzeitstudien nötig, große Stichprobe

Stand der Forschung: Definition Prävalenzrate 2 Fragebogenstudien von Griffiths & Davies (2005), bei denen mit den DSM-III-R-Kriterien für Glücksspielsucht gearbeitet wurde 16% der Spieler wurden für pathologisch befunden Also nur „kleiner“ Anteil betroffen, exzessives Spiel könnte allerdings auch problematisch sein Grüsser et al. (2007) finden, dass 11,9% ihrer befragten als süchtig einzustufen sind Folgende Fragen sind immer noch unbeantwortet Was ist Computerspielsucht? Existiert sie tatsächlich? Wenn sie existiert, wonach genau sind die Betroffenen süchtig?

Stand der Forschung: Definition Verhaltenssucht Thalemann, Wölfling & Grüsser, 2007 Vergleich von exzessiven mit „gesunden“ Spielern Exzessive reagierten weniger schreckhaft auf akustische Reize beim Anblick von Spielszenen, zeigten verstärkte Hirnaktivität Physiologische Komponente, dennoch wird Computerspielsucht einstimmig als Verhaltenssucht beschrieben Dies macht Handlungen des Nutzers, dass heißt die Nutzung, und nicht das Medium, zum Objekt der Pathologie Suchtauslöser ist also weniger das Medium als die Nutzungsmuster der Spieler (Wood, 2008)

Stand der Forschung: Instrumente Diagnoseinstrumente In anderen Ländern wurden bereits entwickelt zum Teil mit größeren Stichproben auf ihre Reliabilität hin überprüft (vgl. z.B. Lemmens et al., 2008) Keine Umfassende Validierung mit klinischen Stichproben (Erziehungs-) Ratgeber Beinhalten oftmals Checklisten für Eltern und Lehrer Unklar, ob diese Kriterien beinhalten, die zwischen „begeistertem“ und „süchtigem“ Spielverhalten trennen können Dies führt zu einer signifikanten Überschätzung der Prävalenzrate von Computerspielsucht (vgl. Charlton & Danforth, 2007) Es fehlen elaborierte Schulungsmaßnahmen für Eltern & Lehrer, sowie verständliche und wissenschaftlich fundierte Ratgeber zum Umgang mit problematischer Computerspielnutzung

Stand der Forschung: Positive Effekte Die Forschungsergebnisse zu möglichen positiven Effekten ist bemerkenswert Nutzung von Computerspielen erfordert ungleich mehr Kompetenzen als die Nutzung anderer Medien Wissen über basale Funktionsmechanismen und Inhalte grundlegende Anforderungen an die Motorik und die visuelle Wahrnehmung hohe Ansprüche an die kognitiven Ressourcen der Spieler gestellt Wird das Medium häufig genutzt, werden die angesprochenen Sinne und Fertigkeiten entsprechend trainiert

Vorgehen in der Praxis Gemeinsam mit Störungen wie Kleptomanie oder Pyromanie unter der Impulskontrollstörung (ICD-10 F63) eingeordnet Pathologisches Spielen wird hierbei definiert als „häufiges und wiederholtes episodenhaftes Glücksspiel, das die Lebensführung des betroffenen Patienten beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt“ (Dilling et al., 1991) Aufrechterhaltung einer Verhaltenssucht (Computerspielsucht) ist mit der Impulskontrollstörung jedoch nicht möglich Begriff der Impulsivität oft unvollständig definiert Eine Störung der Impulskontrolle geht oft mit weiterer psychischer Erkrankung einher, eigenständiges Störungsbild eher fragwürdig Fehlende wichtige Gemeinsamkeiten der hier kategorisierten Störungen > ‚Rest-Kategorisierung’

Vorgehen in der Praxis Projekte in Therapie & Prävention Trotz akademischer Debatte um die Existenz gibt es bereits einige Projekte zum Umgang mit exzessiver Computerspielnutzung Auch in der therapeutischen Praxis umstritten, ob bzw. wann eine Sucht vorliegt Smith & Jones-Klinik (Amsterdam): ca. 10% der Spieler, die in der Klinik behandelt werden, sind im klassischen Sinne der oben genannten Definitionen süchtig Majorität derjenigen mit problematischen Nutzungsmustern setzen Computerspiele als Eskapismus- oder Coping-Strategie ein (Maguire, 2008)

Vorgehen in der Praxis Projekte in Deutschland ‚Stiftung Medien und Onlinesucht’ (http://stiftung-medienundonlinesucht.de) Netzwerk aller Einrichtungen, die sich mit diesem Thema befassen bietet auf ihrer Internetseite einen recht guten Überblick über die in Deutschland vorhandenen Beratungs-, Präventions- und Therapieeinrichtungen Beratungs- und Präventionsstellen Drogenhilfe Köln (Projekt Online-Sucht) Lüneburg (Fachstelle für medienassoziierte Störungen) Berlin (Lost in Space – Beratung für Computerspiel- und Internetsüchtige)

Vorgehen in der Praxis Projekte in Deutschland Therapie Boltenhagen: Kurklinik für medienabhängige Kinder und Jugendliche (http://www.wichernhaus.m-vp.de) Berlin: Lost in Space – Beratung für Computerspiel- und Internetsüchtige (http://www.landesstelle-berlin.de/e280/e3101/e4814/) Ellenhausen: Michael Craemer, Psychologische- und Suchtberatung, Priv. Suchtberatungsstelle (http://www.psysu-mc.de/9331.html) Schwerin: Ev. Suchtkrankenhilfe Mecklenburg-Vorpommern gGmbH – Kompetenzzentrum und Beratungsstelle für exzessive Mediennutzung und Medienabhängigkeit. Mainz: Glückspiel- und Internetsuchtambulanz (http://www.klinik.uni-mainz.de) ...