Myoelektrische Handprothesen Referent: Mariella Dreißig Seminar: Computergestütztes Messen SS15 Dozenten: Prof. Dr. Georgeta Salvan Dr. Thomas Franke
Inhalt: 1) Arten von Prothesen 2) Anforderungen an Handprothesen 3) Prinzip der Myoelektrik Grundlegendes Prinzip Klassifizierung 4) Funktionsweise Signalverarbeitung Parameterauswertung Interpretation der Daten Steuerung und Ausführung Sensorisches Feedback 5) Training 6) Beispiel: Fluidhand 7) Probleme in der Entwicklung
Arten von Prothesen Arten von Prothesen Endoprothese (= Implantat) Exoprothese (= offenes Implantat) Endo-Exo-Prothese Beispiel: Handprothese i.d.R. Einsatz bei Unterarmamputation (auch bei Teilhandamputationen) Motivation? - Aristoteles sagte im 4. Jh. V. Chr.: „Der Vernünftigste kann auch wohl mit den meisten Werkzeugen umgehen, und die Hand bedeutet nicht nur ein Werkzeug, sondern viele, sie ist gleichsam das Werkzeug aller Werkzeuge.“ (http://www.uni-bielefeld.de/soz/personen/krohn/technik_als_lebensform.pdf [10.06.2015]) - Deutschland: ca. 23000 registrierte Patienten mit amputierter Hand/Arm (weltweit ca. 1 Mio)
Anforderungen an eine Handprothese Menschliche Hand: - Freiheitsgrade: 27 dof (degrees of freedom) Kraft: 500N Volumen: 50cm2 Gewicht: 400g 17000 Sensoren: Propriozeption und Exterzeption 6 Griffarten: Zylindergriff, Spitzgriff, Koffergriff, Pinzettengriff, Kugelgriff, Lateralgriff http://www.scope-online.de/upload_weka/1180090_big_540521.jpg
Anforderungen an eine Handprothese Bionische Hand: Ästhetik Funktionalität = Wiederherstellen der Motorik intuitive Steuerung technische Erfordernisse sensorisches Feedback Usability -> Akzeptanz
Prinzip der Myoelektrik Unterscheidung in: Kosmetische Prothese Funktionelle Prothese > State of the Art: myoelektrische Handprothese Prinzip der Myoelektrik myoelektrisch (griechisch mỹs (Genitiv: myós) bedeutet Muskel): von Prothesen mit einer Batterie betrieben und durch die Kontraktion eines Muskels in Bewegung gesetzt (http://www.duden.de/rechtschreibung/myoelektrisch [10.06.2015])
Prinzip der Myoelektrik Grundlegendes Funktionsprinzip - Aktionspotenzial aktiviert Muskelfasern Anzahl aktivierter Muskelfasern ~ Muskelkraft Erzeugung einer messbaren Potenzialdifferenz -> Muskelkraft ~ EMG-Signal Oberflächen-EMG erfassen Summenpotenziale ganzer Muskeln http://www.gvb-gelimed.de/media/image/thumbnail/ d27f581e77ea668f460dfe44a9a31e84_720x600.jpg http://www.jneuroengrehab.com/content/figures/1743-0003-6-41-3-l.jpg
Prinzip der Myoelektrik Klassifizierung
Funktionsweise Funktionsweise 3 Ebenen der Signalverarbeitung: Preprocessing (Inputsignal wird aufbereitet und ausgewertet) Intent Interpretation (Planung der auszuführenden Bewegung) Output (Ausführung/Steuerung der Bewegung)
Funktionsweise Signalverarbeitung - Kleines Signal: V- bis mV-Bereich - A/D-Wandler (12 Bit Tiefe) - Verstärker (Verstärkung um den Faktor 100) - Filter (Hoch-, Tiefpass)
Funktionsweise Parameterauswertung Interne Parameter - Mean Absolute Value Myo-Pulse: gewichteter Mittelwert der Zeit, die das Signal über einer Schwelle ist Root-Mean Square Zero-Crossing Willison Amplitude: Änderung der Amplitude bezüglich eines Schwellwerts > Parameter im Zeitbereich sind meist besser geeignet als die im Frequenzbereich Externe Parameter - Potentiometer Drucksensoren Beschleunigungssensoren meist Verwendung einer Kombination der oben genannten Parameter
Funktionsweise Interpretation der Daten Ziel: Erkennen der Handlungsabsicht = Zuordnung der extrahierten Input-Muster zu Motorfunktionen Proportionaler Mutex (mutual exclusion und Schätzfunktion) Simultane Proportionale Steuerung (Künstliches Neuronales Netz) > Zusammenhang von Trainingsmethode
Funktionsweise Steuerung und Ausführung Wahl der Zustände der Aktoren Proportionale Steuerung von Geschwindigkeit, Kraft und Position on-off Steuerung einzelner Parameter meist Kombination verschiedener Zustände z.B. Geschwindigkeit schnell vs. Langsam und Kraft proportional -> Sequentielle (statt kontinuierlicher) Ansteuerung
Funktionsweise Sensorisches Feedback Targeted Muscle Reinnervation (TMR) und Target Sensory Reinnervation (TSR) Efferente und Affarente Komponente Nerven aus Zielmuskel entfernt intakte Nervenenden aus amputiertem Arm implantiert > Steuerung der Prothese und sensorisches Feedback http://d3z1rkrtcvm2b.cloudfront.net/wp-content/uploads/2013/04/trm-2.jpg
Funktionsweise Künstliche Haut Polymer mit hoher sensorischer Auflösung Sensoren für Temperatur, Druck, Feuchtigkeit bis zu 20% dehnbar auf Körpertemperatur aufgeheizt > Problem: Interface mit menschlichem Nervensystem sensorisches Feedback = höhere Funktionalität und Akzeptanz http://www.technologyreview.com/sites/default/files/images/stretchablex299.jpg
Training Training Unterscheidung: System Training vs. User Training Ziel: Prothese soll jedem Signalmuster das richtige Bewegungsmuster zuordnen Manuelle Anpassung Bilaterales Training Prothesengesteuertes Training > Datenset sollte so realistisch wie möglich sein (kontinuierliche Bewegungen)
Training User Training Ziel: so wenig Training wie möglich Empfehlung: so viel Training wie möglich Training des Gehirns um richtige Muskeln zu aktivieren http://www.aerzteblatt.de/bilder/2014/02/img76986009.jpg
Beispiel: Fluidhand Beispiel: Fluidhand (2000 vom BioRobotLab im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt) - Steuerung erfolgt myoelektrisch (2 EMG Elektroden) - Neu: flexible Fluidaktoren Kammer aus dünner Plastikfolie - Befüllen mit Flüssigkeit = Expansion - Ablassen der Flüssigkeit = Kontraktion speziell angfertigte Zahnradpumpen und Ventile
Beispiel: Fluidhand 4 Griffarten und Finger einzeln beweglich (ca. 60% der Funktionen einer menschlichen Hand) 2 verschiedene Möglichkeiten der Auswertung Training erfolgt indem Patient Griffarten vollführt
Beispiel: Fluidhand Neu: Kraftrückkopplung - Kraft ist wichtigstes sensorisches Feedback - Greifkraftermittlung -> Verarbeitung im Steuerungsmodul -> Vibrationsmotor http://handprothese.de/images/fluidhand4.jpg
Probleme bei der Entwicklung Enthusiasmus in akademischer Forschung vs. seltene Anwendung in der Praxis Lücke zwischen akademischer Forschung und kommerzieller Anwendung Woran könnte das liegen?
Probleme bei der Entwicklung Hauptprobleme: sequentielle statt kontinuierliche/simultane Steuerung (Übergänge zwischen Griffarten fehlen) on-off statt proportionale Steuerung kaum sensorisches Feedback fehlende Algorithmen zur Datenfusion (Verwendung vieler Sensoren) oft unrealistische Testbedingungen (Alltagstauglichkeit) Trainingsmethoden anpassen (Co-Adaption)
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Videos: 2000 Test: https://www.youtube.com/watch?v=IhKsqo78pNc 2001 am Patient: https://www.youtube.com/watch?v=BuXaL3OJmYc Vincent Hand: https://www.youtube.com/watch?v=PGenAGt04A8