Einstellungsforschung mittels Umfragen: Einstellungsstrukturen I Theoretische Grundlagen und Möglichkeiten der Erfassung (Beispiel: Einstellungen zu Parteien und Politikern) Siegfried Schumann
Empirische Ergebnisse I
Befunde 2000 und 1999: Sympathie für Politiker
Befunde 2000 und 1999: Kompetenz von Parteien
Mögliche Erklärung der Strukturen I: Ein Ansatz von Eysenck
R-Faktor radical vs. conservative Ansatz von Eysenck R-Faktor radical vs. conservative Politische Links-Rechts Dimension Beeinflusst von Persönlichkeitseigenschaften („Konservatismus“ als PE!) Annahme: genetisch determiniert T-Faktor tough-minded (practical) vs. tender.minded (theoretical) Projektionen bestimmter Persönlichkeitseigenschaften (Traits) auf den Bereich sozialer Einstellungen Dimension bisher kaum beachtet → sprachlich nicht repräsentiert Korrelation mit: Aggressivität, Psychotizismus, Dominanz, Extraversion, Rigidität, Ambiguitätsintoleranz, Engstirnigkeit (narrow-mindedness), Betonköpfigkeit (mental concreteness)
Ansatz von Eysenck Zitat von Eysenck u.a.: (1972: 72): It was concluded, that social attitudes are intimately related to the whole structure of personality and do not exist in a vacuo.“ Vorstellung: – „Persönlichkeit“ → Einstellungen – Konsequenz: Einstellungsstrukturen – d.h.: Interkorrelationen von Einstellungen ↔ Scheinkorrelationen Mechanismus der „Projektion“ nicht weiter definiert
Erklärung der Sympathie für Parteien/Politiker: tough-mindedness REP, DVU, NPD PDS (?) CDU/CSU FDP radicalism conservatism SPD Grüne tender-mindedness
Projektion auf eine Dimension: PDS Grüne SPD FDP CDU/CSU REP, DVU, NPD links rechts
Theoretischer Hintergrund Mögliche Vorstellung: – Links-Rechts Selbsteinschätzung → Einstellungen – Konsequenz: Einstellungsstrukturen – d.h.: Interkorrelationen von Einstellungen ↔ Scheinkorrelationen Vermittelnder Mechanismus für Sympathieentwicklung: – Differenz „ego – Partei/Politiker“!
Mögliche Erklärung der Strukturen II: Theorien der kognitiven Konsistenz
z.B.: Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger) Informationsverarbeitungsparadigma! Betrachtete Einheiten: cognitions / elements Wissen, Meinung oder Überzeugung eines Menschen in Bezug auf die Umwelt, sich selbst oder das eigene Verhalten (Festinger 1970: 3) Übersetzung Herkner (1996: 33): „kognitives Element“ Einstellungen ausdrücklich subsumiert! Zur Beziehung zwischen zwei kognitiven Elementen: Unabhängig (irrelevant relation) (relevant) dissonant: – Aus Element 1 folgt das Gegenteil von Element 2 – „folgen“ = „psychologische Folgerung“ – Jones/Gerard: unverträgliche Implikationen für Verhalten Andernfalls: (relevant) konsonant
Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger) erzeugt einen als unangenehm empfundenen (Spannungs-) Zustand motiviert zur Dissonanzreduktion (möglichst: Konsonanz) tendenzielle Vermeidung von dissonanzfördernden Situationen/Informationen Stärke der Dissonanz zwischen zwei Clustern C1 und C2 von kognit. Elementen: Möglichkeiten der Dissonanzreduktion: Veränderung kognitiver Elemente Hinzufügung kognitiver Elemente zur Vermehrung der konsonanten Beziehungen Hinzufügung kognitiver Elemente zur Aufhebung von Dissonanzen Veränderung der Wichtigkeit von kognitiven Elementen
Erklärung von Einstellungsstrukturen (Beispiel): Sympathie für CDU kognitive Dissonanz Antipathie gegen Angela Merkel Möglichkeit zur Verringerung: Sympathie für Angela Merkel
Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger) Vorstellung: – Einstellungen müssen möglichst konsonant zueinander sein, ansonsten entsteht ein „unangenehmer Spannungszustand“ – Konsequenz: Einstellungsstrukturen Um Spannungszustände zu vermeiden: Tendenz zur Dissonanzreduktion Problem: Welche Techniken zur Diss.reduktion werden wirksam? Zusammenhänge stellen keine „Scheinkorrelationen“ dar!
Mögliche Erklärung der Strukturen III: Konstruktivistischer Ansatz
Vorstellung nach Fishbein: Bewertung: Verbindung mit: + + + konservative Haltung (Traditionsverbundenheit) CDU + + + + Befürwortung Atomkraft + + Kirchennähe + + Wirtschaftsliberalismus Angela Merkel + + + + Neue Bundesländer
Empirische Analysen mit Einstellungsstrukturen Beispiel: Erklärung von Parteisympathie
Bundesweite Befragungen 1999 und 2000
Bundesweite Befragungen 1999 und 2000
Bundesweite Befragungen 1999 und 2000
Validierung der bisherigen empirischen Analysen anhand einer Umfrage 2003
Bundesweite Befragung 2003
Bundesweite Befragung 2003
Bundesweite Befragung 2003: „Fremde“ Es geht nun darum, was Sie im ersten Moment empfinden, wenn Sie die folgenden Begriffe hören: Antwortvorgaben: 5- (negativ) bis + 5 (positiv) Frage Nr. (Seite 6) Begriffe Faktor 1 Faktor 2 Kommu-nalität 21 Mohammedaner .85 -.00 .72 13 Türken .71 .10 .51 20 Juden .70 .20 .53 18 Buddhisten .11 .50 17 Russen .62 .43 16 Österreicher .08 .49 12 Schweizer .05 .64 .42 14 Franzosen .33 .63 15 Amerikaner .06 .48 .23 erklärte Varianz 30% 18% Studie 2003: Hauptachsenfaktorenanalyse; Ladungen, Kommunalitäten, erkl. Varianz
Bundesweite Befragung 2003: „Fremde“
Fazit Einstellungsstrukturen können empirisch nachgewiesen werden. Sie weisen hohe prognostische Kraft auf. Dies gilt für unterschiedliche Bereiche. Unabhängige Studien liefern übereinstimmende Ergebnisse. Die theoretischen Vorstellungen sind höchst unterschiedlich. Dies hat Konsequenzen für die jew. theoretische Argumentation!
für Ihre Aufmerksamkeit! vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!