Ökonomenlunch OEC ALUMNI UZH, 5. November 2009

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Ökonomenlunch OEC ALUMNI UZH, 5. November 2009 Aktuelle Herausforderungen an die Finanzpolitik Peter Siegenthaler Direktor, Eidg. Finanzverwaltung Ökonomenlunch OEC ALUMNI UZH, 5. November 2009

Inhalt Regelgebundene Fiskalpolitik Finanzmarkt als Ausgangspunkt der Krise Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für … ... den Staatshaushalt … die Regulierung … die Vielfalt der staatlichen Rollen … die Systemstabilität 4. Ein kurzes Fazit

Regelgebundene Fiskalpolitik Schuldenentwicklung seit 1985

Regelgebundene Fiskalpolitik Stabilisierung dank Schuldenbremse Hochkonjunktur Rezession Einnahmen / Ausgaben Ausgaben-plafond = strukturelle Einnahmen Überschuss Defizit Zeit Konjunkturzyklus Schulden Schuldenstand bleibt über Konjunktur-zyklus konstant steigt fällt Schuld Zeit

Regelgebundene Fiskalpolitik Erfolgsbilanz der Schuldenbremse

Regelgebundene Fiskalpolitik Saldo des ausserordentlichen Haushalts

Regelgebundene Fiskalpolitik Herausforderungen für den Bundeshaushalt Risiko aus Defiziten der übrigen Finanzierungsgefässe des Bundes: Sozialversicherungen (insb. AHV, IV und AlV) Infrastrukturausbauten für Schiene und Strasse (FinöV-/Infrastrukturfonds) Schwer quantifizierbare Risiken: Finanzsystem (Gross-banken) Umwelt (z.B. Folgen der Klimaerwärmung) Weitere...

Regelgebundene Fiskalpolitik Zwischenbeurteilung Vorteile Regeln verpflichten Regeln erhöhen Berechenbarkeit und schaffen Vertrauen Nachteile Regeln brauchen Ausnahmen/Flexibilität Über die Einhaltung der Regel wird diskretionär entschieden  Glaubwürdigkeit ist die nötige Basis für eine Fiskalregel

Finanzmarktkrise als Ausgangspunkt Ursachen der Krise Billiges Geld / aggressive Geldpolitik der USA Hoher Verschuldungsgrad der Banken Mangelhaftes Risikomanagement Falsche Anreizsysteme Ungenügende Transparenz / zweifelhafte Rolle der Ratingagenturen

Finanzmarktkrise als Ausgangspunkt Finanzsektor: Vergleich mit BIP-Wachstum Quelle: Seco

Finanzmarktkrise als Ausgangspunkt Finanzsektor: Vergleich Wachstumsbeitrag

Finanzmarktkrise als Ausgangspunkt Mögliche Ansatzpunkte für Bankenhilfe Fazit: Massnahmenpaket je nach Bankenmarkt / Institut gestalten Aktiven Passiven Illiquide Anlagen versichern oder auslagern …… Garantien für Bankanleihen Fremdkapital Eigenkapital Rekapitalisierung

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe Massnahmenpaket zur Stärkung des Schweizer Finanzsystems Einlegerschutz Stärkung und Bereinigung der Bilanz der UBS Stabilisierungsfonds der SNB Bund stärkt Eigenkapitalbasis der UBS Eigenmittelanforderungen Verschärfung Eigenmittelanforderungen Einführung Leverage Ratio  Vertrauen als zentraler Faktor für Stabilität des Finanzsystems

Aussergerichtliche Einigung im US-Verfahren. Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe Der Ausstieg aus der Bundesbeteiligung an der UBS Ausbau Eigenkapitalausstattung dank Eigenkapitalerhöhung und Abbau risikobehafteter Aktiven. Aussergerichtliche Einigung im US-Verfahren. Planmässige Umsetzung der Repositionierung bzw. Restrukturierung mit dem Ziel einer normalisierten Ertragslage.  Konklusion: Wesentliche Zielsetzung der Bundesbeteiligung erreicht: die Stabilisierung der UBS.

Umfassender Verkauf der Bundesbeteiligung (Aktien und Coupons). Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe Der Ausstieg aus der Bundesbeteiligung an der UBS Umfassender Verkauf der Bundesbeteiligung (Aktien und Coupons). Sekundäre Aktienplatzierung (accelerated bookbuilding) innerhalb von 12 Stunden/Tagen von rund 10% des Aktienkapitals. Zuteilungspreis: CHF 16.50 Abschlag zum vorherrschenden Aktienkurs: 2.3% Vorwiegend institutionelle Investoren. Rückführung der ursprünglichen Investition mit angemessener Verzinsung (Gewinn CHF 1.24 Mrd., annualisierte Rendite für 8 Monate > 30%)

Krisenmassnahmen Umfang der Staatsinterventionen 283 Staatseingriffe umfassen Rekapitalisierungen, Unterstützung Zentralbanken, Aktivenkauf durch Treasury, Kreditgarantien Sekundärkosten (Arbeitslosigkeit, Konjunkturprogramme, …) nicht enthalten Die Kapitalerhöhungen enthalten die realisierten Zahlungen Die Verpflichtungen sind aber in vielen Ländern höher. Schweiz: Total 8.3% Pflichtwandelanleihe 1.1% SNB StabFund 7.2%

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für den Staatshaushalt .

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für den Staatshaushalt

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für die Regulierung Krise zeigt grundsätzliche Probleme über Annahmen zur Funktionsweise der Finanzmärkte auf. Die Ursachenanalyse zeitigte in verschiedenen Bereichen einen Paradigmenwechsel: Selbstregulierungskraft des Marktes überschätzt. Marktdisziplin ist nicht notwendigerweise gegeben. Irrationalität existiert und führt zu Übertreibungen. Übermässige Abstützung auf quantitative Modelle birgt Risiken. Anreizsysteme (z.B. durch Vergütungen) fördern das Eingehen von übermässigen Risiken. Die Verbriefung von Forderungen stabilisiert Märkte nicht notwendigerweise und ist möglicherweise inhärent risikoreich.

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für die Regulierung: Neuausrichtung der Finanzplatzstrategie Die Änderung der wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen erfordern eine Anpassung der Finanzplatzstrategie (parlamentarische Aufträge). Zwei Komponenten: Regulierung zur Erhöhung der Finanzstabilität und der Sicherheit für Einleger und Investoren; Antworten auf das veränderte internationale Wettbewerbsumfeld. Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie für alle relevanten Akteure des Finanzplatzes: Enge Zusammenarbeit Behörden – Privatsektor; Bericht bis Ende 2009.

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für die Vielfalt der staatlichen Rollen Mit den Eingriffen zur Milderung der Finanzkrise hat der Staat umfassende, teilweise neue Aufgaben übernommen. Funktionen: Bankier vs. Bankkunde Garant vs. Kassenwart Wirtschaftsmotor vs. Wettbewerbshüter Aufsichtsbehörde/Regulator vs. Eigentümer Dies führt zu inhärenten Problemen: Interessenkonflikte Know-how politische Einflussnahme Wirksamkeit von Massnahmen

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe für die Systemstabilität

Ein kurzes Fazit in 4 Punkten CH: Bisheriger Leistungsausweis kann sich sehen lassen Wo stehen wir heute? grosse Unsicherheit Preis ist zu grossen Teilen noch zu bezahlen Staatsverschuldung Steuererhöhungen Inflation? Zinsanstieg Regulierungswelle vs. Beharrungsvermögen Was steht an? Exit der Staaten Sicherung der Systemstabilität CH: Neuorientierung der Finanzplatzstrategie Konzentration auf die zentrale Herausforderung der Demografie

Finanz- und Wirtschaftskrise als Bewährungsprobe

Langfristige Perspektiven Demografische Herausforderung Quelle: Economist, 25. Juni 2009