Armut und Armutsgefährdung von Menschen mit Behinderungen

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 Präsentation transkript:

Armut und Armutsgefährdung von Menschen mit Behinderungen Marion Michel 08.10.2011 Armut Dresden

Schwerpunkte des Vortrages Gliederung Schwerpunkte des Vortrages Armut – ein mehrdimensionaler Begriff Die UN-Behindertenrechtskonvention Armutsrisiko Unterbeschäftigung Armutsrisiko Informationsdefizite Armutsrisiko Gesundheit Fazit 08.10.2011 Armut Dresden

Armut ist mehr als ein Mangel an Geld 1. Armut – ein mehrdimensionaler Begriff Armut ist mehr als ein Mangel an Geld Armut und Reichtum sind zwei Pole einer Bandbreite von Teilhabe- und Verwirklichungschancen (2. Armutsbericht 2005) Arm ist, wer über weniger als 50% des durchschnittlichen Haushaltäquivalenzeinkommens der Bevölkerung verfügt (Haushaltsnettoeinkommen gewichtet nach Anzahl und Altersgruppen der Haushaltsmitglieder.) Das Einkommen bildet nur einen Bestandteil der Lebenslage, die über die Teilhabechancen eines Menschen entscheidet. 08.10.2011 Armut Dresden

Das Lebenslagekonzept ... 1. Armut – ein mehrdimensionaler Begriff Das Lebenslagekonzept ... ... geht von einem mehrdimensionalen Charakter von Armut und Reichtum aus. Die Lebenslage eines Menschen wird bestimmt durch die am Einkommen und Vermögen bemessene Wohlstandsposition, die Bildung, den Erwerbsstatus, die Gesundheit, die Wohnsituation einschließlich Wohnumfeld, die Familiensituation, die sozialen Netzwerke. 08.10.2011 Armut Dresden

(Gesundheitsstörung oder Krankheit) 1. Armut – ein mehrdimensionaler Begriff Wechselwirkung mit den Komponenten der ICF Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit) ICF: relative genaue Beschreibung des Gesundheitszustandes: Patient mit Gesundheitsproblem: Atemnot, Schmerzen) – Messen der Einschränkungen – Vergleich mit Normwerten und Bewertung der Verortung im Kontinuum: Anhaltspunkte ICF und Richtlinien für gutachterärztliche Tätigkeit Frage, unter welchen Bedingungen Beschwerden auftreten, ob übliche Aktivitäten eingeschränkt werden – AU oder Rente Wider ärztl. Empfehlung: gegen AU wehren, wegen drohendem Arbeitsplatzverlust wird Verschlechterung der Gesundheit bei vermeintlicher Wahrung der Teilhabe riskiert. Andererseits AL und Krankheitsbegehren, da AU-Schreibung legitimiert, AL stigmatisiert ist Erkrankung – Einkommensminderung – sinkende Teilhabechancen, soziale Konflikte und Isolation mgl. ICF erfasst nicht nur Defizit sondern Kompensationsmgl.: Unterstützungspotentiale bei Krankheitsverarbeitung Versorgung und Pflege, Einfluss auf Entscheidung ambulant oder stationär, Hinzuziehen von Sozialarbeiter, Seelsorger oder Psychotherapeut, Selbsthilfegruppen – peers als Unterstützung im Bewältigungsprozess – Erhöhung der subjektiven Befindlichkeit Körperfunktionen und -strukturen Aktivitäten Partizipation Umweltfaktoren Personenbezogene Faktoren 08.10.2011 Armut Dresden

Biographie / Persönlichkeit Gesellschaftliche Werthaltungen 1. Armut – ein mehrdimensionaler Begriff Das systemisch interaktionistische Modell Pentagon der Armut von Peter Tschümperlin* Biographie / Persönlichkeit Alter / Krankheit / Behinderung / Gebrechlichkeit Mangelnde intellektuelle Fähigkeiten Sozialisationsdefizite Stigmata / Diskriminierung Gesellschaftliche Werthaltungen Soziale Netze Bedeutungsverlust von Familie und Verwandtschaft Alleinerziehung Fehlende Beziehungen am Arbeitsplatz Extreme Leistungsbezogenheit Verweis auf Tschümperlin, je nach Zeit Beispiele darstellen, z. B. Einfluss von Werbung auf Gesundheit und gesundheitsrelevantes Verhalten Arbeit / Einkommen Kosten / Konsum Mangelnde Bildung / Ausbildung Rationalisierung von Arbeitsprozesse niedrige Löhne Hohe geographische und Mobilitätsforderungen Arbeitslosigkeit Zu hohe Kosten für die Befriedigung von Grundbedürf- nissen (Wohnung, Krankenversicherung, Ernährung) Fehlende Zeit zum preisbewussten Einkaufen Hohe Kosten für Fremdbetreuung der Kinder *Tschümperlin, Peter: Erklärungen der Armut - Konsequenzen für die öffentliche Fürsorge, Vortrag am Weiterbildungskurs der Schweizerischen Konferenz für öffentliche Fürsorge, Brunnen, 1988 08.10.2011 Armut Dresden

Arbeit Einkommen Information, Bildung Familie Gesundheitliche 1. Armut – ein mehrdimensionaler Begriff Arbeit Einkommen Information, Bildung Familie Gesundheitliche Versorgung Soziale Netze Wohnung, Wohnumwelt 08.10.2011 Armut Dresden

Übereinkommen über die Rechte behinderter Menschen“ UN-Charta 2006 2. Die UN Behindertenrechtskonvention Übereinkommen über die Rechte behinderter Menschen“ UN-Charta 2006 Ausgewählte Artikel zum Thema Armut Präambel: Absatz t, Artikel 9: Zugänglichkeit Artikel 21: Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen Artikel 23: Achtung der Wohnung und der Familie Artikel 24: Bildung Artikel 25: Gesundheit (besonders Absatz a, e) Artikel 27: Beschäftigung Artikel 28: Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz 08.10.2011 Armut Dresden

2. Die UN Behindertenrechtskonvention Artikel 21 Recht der freien Meinungsäußerung, Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Gedankengut sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben, gleichberechtigt mit anderen durch alle von ihnen gewählten Formen der Kommunikation im Sinne des Artikels 2 ausüben können… 08.10.2011 Armut Dresden

Artikel 25: Gesundheit 2. Die UN Behindertenrechtskonvention Die Vertragsstaaten erkennen das Recht behinderter Menschen auf das für sie erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit ohne Diskriminierung auf Grund ihrer Behinderung an. Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, um behinderten Menschen Zugang zu geschlechtersensiblen Gesundheitsdiensten, einschließlich der gesundheitlichen Rehabilitation, zu gewährleisten. Die Vertragsstaaten werden insbesondere a) behinderten Menschen dasselbe Angebot, dieselbe Qualität und denselben Standard an kostenloser oder bezahlbarer Gesundheitsversorgung … einschließlich auf dem Gebiet der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie bevölkerungsbezogener Programme im Bereich der öffentlichen Gesundheit; 08.10.2011 Armut Dresden

2. Die UN Behindertenrechtskonvention Artikel 27 Arbeit und Beschäftigung Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeits-umfeld frei gewählt oder angenommen wird. Die Vertragsstaaten sichern und fördern die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, einschließlich für Menschen, die während der Beschäftigung eine Behinderung erwerben, durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um unter anderem a)Diskriminierung ... einschließlich der Auswahl-, Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen, ... verbieten; b) das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, ... gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit, ... c)... Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte 08.10.2011 Armut Dresden

Abbau von Ungleichheiten, Verbot von Diskriminierung, 2. Die UN Behindertenrechtskonvention Abbau von Ungleichheiten, Verbot von Diskriminierung, Herstellung von Chancengleichheit, Sicherung der gleichen Rechte Arbeit: Arbeitslosenquote, unzureichende Beschäftigung, ungleiche Bezahlung Bildung: separierende Beschulung, geringe bis fehlende Bildungsabschlüsse Familie: Vorurteile, unzureichende Unterstützungsangebote, unzureichende Kenntnisse bei professionellem Personal über Ressourcen Gesundheit: unzureichende Kenntnisse beim medizinischen Personal, fehlende Barrierefreiheit Information: verringerte Teilhabechancen durch Defizite an Information Die konsequente Umsetzung der UN-BRK in Deutschland kann Armutsrisiken behinderter Menschen deutlich senken! 08.10.2011 Armut Dresden

3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Beschäftigungssituation behinderter Frauen und Männer in Deutschland 2003 (in %) 08.10.2011 Armut Dresden

3 Millionen schwerbehinderte Menschen im erwerbsfähigen Alter 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Aussagen zur Beschäftigungssituation behinderter Menschen Quelle: Nationaler Aktionsplan BRK, S. 37 3 Millionen schwerbehinderte Menschen im erwerbsfähigen Alter 876.000 schwerbehinderte Menschen arbeiten bei beschäftigungs- pflichtigen Unternehmen (2009) 142.700 schwerbehinderte Menschen bei nicht-beschäftigungs-pflichtigen Unternehmen (2005) 280.000 schwerbehinderte Menschen arbeiten in WfbM (2009) 180.394 schwerbehinderte Menschen waren arbeitslos gemeldet (Mai 2011) Mehr als die Hälfte der schwerbehinderten Frauen und Männer im erwerbsfähigen Alter waren nicht erwerbstätig. 08.10.2011 Armut Dresden

3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Thomas Öchsner, SZ 21.05.2011 Behinderte Menschen haben vom Wirtschaftsaufschwung bisher nicht profitiert. Die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten ist in den vergangenen drei Jahren bis April 2011 sogar um mehr als 15.000 auf etwa 183.500 gestiegen. Dies geht aus Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. „Die Situation arbeitsloser Schwerbehinderter Menschen ist weiterhin nicht zufriedenstellend“, sagt der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, der SZ. 08.10.2011 Armut Dresden

Entwicklung der Beschäftigungssituation 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Entwicklung der Beschäftigungssituation Die Arbeitgeberverbände verweisen darauf, dass zwischen 2007 und 2009 bei den privaten Unternehmen gut 45.000 neue Stellen für Schwerbehinderte entstanden seien. Knapp 900.000 Schwerbehinderte hatten 2009 überhaupt einen Job, etwa 160000 mehr als sieben Jahre früher. 2008 und 2009 haben 85.000 beschäftigungspflichtige Unternehmen statt die FÜNF-PROZENT-QUOTE einzuhalten lieber die Ausgleichsabgabe gezahlt. Knapp 38.000 dieser Unternehmen beschäftigen überhaupt keinen Behinderten. Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/arbeitsmarkt-behinderte-menschen-draussen-vor-der-tuer-1.1099953-2 21.05.2011, 08.10.2011 Armut Dresden

Deutschland: 9,5% Sachsen-Anhalt: 12,9% Sachsen: 9,6% Berlin: 6,1% 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Anteil der Beschäftigten in WfbM an schwerbehinderten Menschen in der Altersgruppe 18-65 Jahre Deutschland: 9,5% Sachsen-Anhalt: 12,9% Sachsen: 9,6% Berlin: 6,1% Quellen: Destatis: Schwerbehinderte Menschen 2007, BAGWfbM 2011, eigene Berechnungen 08.10.2011 Armut Dresden

Beschäftigte WfbM: monatliches Entgelt 2009 (Quelle: www.bagwfbm.de 08.10.2011 Armut Dresden

Eine provokative Fragen zu WfbM 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Eine provokative Fragen zu WfbM Die Werkstätten erbringen engagiert komplexe Leistungen zur Unterstützung und Förderung schwerbehinderter Menschen Aber: Geht die Beschäftigung in WfbM zu Lasten der Beschäftigungsmöglichkeiten im 1.Arbeitsmarkt? 08.10.2011 Armut Dresden

Widerspruch oder System? 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Widerspruch oder System? Aber Präsentation der Werkstätten im Internet als leistungsstarke, flexible Unternehmen geringe Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt kommunizierte geringe Vermittlungsfähigkeit der Beschäftigten in den WfbM geringe Vermittlung aus Außenarbeitsplätzen 08.10.2011 Armut Dresden

3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Quelle: KSV, Stand 31.12.2010 08.10.2011 Armut Dresden

Werkstattprofile Tätigkeitsfelder 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Werkstattprofile Tätigkeitsfelder 11 Werkstätten Leipzig u. Leipziger Land Leistungsstark, Qualifizierte Ausführung, Individueller Service Flexibel Metall (7) Elektromontage, -demontage (6) Holz/Korb (6) Papier, Verpackung (6) Keramik (2) EDV, Druck- und Bindearbeiten (4) Gartenbau, Landschaftspflege (7) Küche, Hauswirtschaft (6) Büro (2) Wäscherei, Näherei (4) Montage (8) 08.10.2011 Armut Dresden

Technische Ausstattung 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Technische Ausstattung 4-Farb-Textildruckkarussell, Vakuumdrucktisch, 2Farb-Tampondruckmaschine bis 150mm, Schneideplotter bis 60cm Durchlaufbreite, Transferpresse A3, Farblaserdrucker A3, entsprechende Entwicklungseinheiten, z.B. eine Digitaloffsetdruckmaschine, ein 2-Farb-Risograph, Farblaserdrucker und ein Großformatplotter Industrieschnellnäher mit entsprechenden Zusatzgeräten (z.B. Bandfasser), Überwendlichstichnähmaschine, Flexibel einsetzbare handgeführte kleine Zuschneidemaschine, Zuschneidemaschine mit Tisch, Patchgerät, Bügelstation, Stickmaschine Druckluftschrauber u. -nieter, Kniehebelpressen u. a., Präzisionsschleif- u. -fräsmaschinen, Metallbandsägen, div. Bohrmaschinen, CNC Metallbandsägen, 2,5-Achsen CNC-Bearbeitungscenter, CNC-Fräse, CNC-Drehmaschinen, HSC Bearbeitungszentrum, Bandsägeautomat, Sandstrahlkabine,Spritzkabine, Spezialwerkzeuge wie Akku- und Druckluftschrauber, Traktor mit Frontlader, Rasentraktoren, Großflächenmäher, Laubsauger, Heckenscheren hochwertige Film- und Drucktechnik, div. Software für Bereich Druck, 08.10.2011 Armut Dresden

3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung 08.10.2011 Armut Dresden

Vor- und Nachteile der Werkstatt (Befragung WfbM) 3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Vor- und Nachteile der Werkstatt (Befragung WfbM) Pro Werkstatt Individuelle Förderung Soziale Kontakte Hohe Kompetenz in Arbeitspädagogik Schrittweise Vorbereitung auf künftige Tätigkeit bzw. berufliche Eingliederung Breites Spektrum an Arbeitsaufgaben Hoher Betreuungsbedarf für behinderte Menschen - auf 1. AM keine Chance Konzepte und Chancen zur Teilhabe am Arbeitsleben, teilweise mit dem 1. Arbeitsmarkt vergleichbar Kein Zeitdruck Contra Werkstatt Mangelnde personelle Ausstattung in den Werkstätten im Land Sachsen Abgang leistungsstarker Mitarbeiter gefährdet den Werkstattauftrag Immer hochwertigere Aufträge – nicht für alle MA geeignet Bei sehr hohem Unterstützungsbedarf greift Gruppenkonzept nicht Entgeltregelung und Grundsicherung Über- oder Unterforderung der Beschäftigten Stigmatisierung und Ausgrenzung Keine anerkannte Berufsausbildung Entfernt von realen Bedingungen am 1. Arbeitsmarkt Widerspruch zwischen Leistungsfähigkeit der WfbM und der Vermittlung auf den 1. Arbeitsmarkt 08.10.2011 Armut Dresden

3. Armutsrisiko Unterbeschäftigung Finanzielle Mehrbelastung in Familien mit behinderten Kindern (Michel u. a. 2003) S. 62, Abbildung 13: Finanzielle Mehrbelastungen in den Familien (in Prozent) 08.10.2011 Armut Dresden

Verständliche, umfassende Informationen … 4. Armutsrisiko Informationsdefizite Verständliche, umfassende Informationen … bilden die Voraussetzung für selbstbestimmte Teilhabe Entscheidungsfähigkeit Wahrnehmung von Rechten und Wahlmöglichkeiten Informationsdefizite erhöhen das Risiko, behinderungsbedingte Nachteilsausgleiche und Unterstützungsangebote nicht in Anspruch nehmen zu können! Barrierefreie Informationsmöglichkeiten stellen zentralen Punkt für Sicherung der Chancengleichheit dar. 08.10.2011 Armut Dresden

Barrierefreie Information – wer bleibt ausgeschlossen? 4. Armutsrisiko Informationsdefizite Barrierefreie Information – wer bleibt ausgeschlossen? Menschen mit Lernschwierigkeiten haben es besonders schwer. Zahlenmäßig sind sie eine sehr große Gruppe innerhalb der Menschen mit Behinderungen. Es ist ca. 1.250.000 Menschen. Menschen mit Lernschwierigkeiten werden besonders benachteiligt. Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen werden mit der Forderung nach barrierefreien Medien bereits besser berücksichtigt das trifft das auf Menschen mit Lernschwierigkeiten noch nicht in gleicher Weise zu. 08.10.2011 Armut Dresden

Menschen mit Lern-Schwierigkeiten können auch selbst-bestimmt leben. 4. Armutsrisiko Informationsdefizite Aber: Menschen mit Lern-Schwierigkeiten können auch selbst-bestimmt leben. Menschen mit Lern-Schwierigkeiten können viele Dinge selbst machen. Aber sie brauchen Hilfe. Sie brauchen Leichte Sprache. Dann können sie vieles selbst lesen und verstehen. 08.10.2011 Armut Dresden

Neben barrierefreier Kommunikation … 4. Armutsrisiko Informationsdefizite Neben barrierefreier Kommunikation … gehört zum Zugang zu Informationen, dass Mitarbeiter in Behörden, Politiker, Ärzte … auch bereit sind, umfassen aufzuklären! Denn: „…die sagen nur das, was man konkret nachfragt“ (immer wieder gemachte Erfahrung behinderter Menschen bei Behördenkontakten) Aber: wenn ich nicht weiß, welche Möglichkeiten bestehen, kann ich auch nicht die richtigen Fragen stellen 08.10.2011 Armut Dresden

Kontextfaktoren (ICF) 5. Armutsrisiko Gesundheit Kontextfaktoren (ICF) Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der WHO Gesamter Lebenshintergrund eines Menschen Entwicklung von Aktivitäten und Körperfunktionen: abhängig von Kontextfaktoren: Umwelt und personenbezogen 1946 alte WHO-Def. Gesundheit: Zustand des völligen ... – damit eigentlich unerreichbar für alle! ICF: Komponenten von Gesundheit und Wohlbefinden, die Einfluss auf Gesundheitsproblem (Kurzatmigkeit, Schmerzen), Gesundheitszustand (klinische Befunde: Gefäßverengung) und gesundheitsbezogenen Zustand (Arbeitsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit), Nicht nur auf Behinderung zu beziehen sondern auf alle Gesundheitsprobleme Umweltfaktoren Personenbezogene Faktoren Einfluss auf den Menschen mit einem Gesundheitsproblem, auf dessen Gesundheitszustand und gesundheitsbezogenen Zustand 08.10.2011 Armut Dresden

Gesellschaftliche Ebene 5. Armutsrisiko Gesundheit Umweltfaktoren (ICF) Ebene des Individuums unmittelbare persönliche Umwelt eines Menschen (häuslicher Bereich, Arbeit, Schule) physikalische und materielle Gegebenheiten der Umwelt persönliche Kontakte (Familie, Bekannte, Peers, Fremde) Gesellschaftliche Ebene formelle und informelle soziale Strukturen Dienste und Systeme in der Gesellschaft: Arbeitsumwelt kommunale Aktivitäten Behörden Kommunikationswesen Verkehrswesen informelle soziale Netze Gesetze, Vorschriften, Regeln Einstellungen, Weltanschauungen Persönliche Umwelt: Wohnung, Wohnumgebung und –ausstattung: Art und Schwere der Arbeit, Arbeits- und Schulwege, Arbeits- und Schulklima (Unfallrisiko in privaten Haushalten, Eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten im landlichen Raum, Stress durch lange Schulwege, Bewegungsarmut durch Schulschließung) Stress und Mobbing: Krankheitssymptome ohne klinischen Befund (unklare Bauchschmerzen – nicht Zeichen von Hypochondrie sondern psychosozialen Problemen) Phyikalische U.: in anderen Veranstaltungen, hier nicht Persönliche Kontakte:soziale Netze und Ressourcen, dazu bei Lebenslage Gesellschaftliche Ebene: 2 Gesetze: GMG und Folgen laut Bericht 108. Dt. Ärztetag und Leipziger Seniorenbericht, Belastung für medizinisches Personal: Budgets, Stellenabbau, höhere Arbeitszeiten, mehr Bürokratie Für Patienten: höhere Kosten, weniger FÄ, Zuzahlungebefreiungen nur noch ein Drittel, Selbstkuration und Beratung in Apotheke, Folgen mgl. Erst viel später sichtbar! Präventionsgesetz und Risikostrukturausgleich – Folgen für besonders bedürftige sozial schwache Regionen 08.10.2011 Armut Dresden

Armutsrisiken in der gesundheitlichen Versorgung 5. Armutsrisiko Gesundheit Armutsrisiken in der gesundheitlichen Versorgung bestehen vor allem in folgenden Bereichen: Zugang zur Versorgung, qualifiziertes medizinisches Personal Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen (Wegezeiten und Anreisemöglichkeiten zu Spezialisten) Gesundheitskosten (z. B. für Hilfsmittel, Zuzahlungen, Sondernahrungsmittel, Verhütungsmittel) Präventionskosten Versicherungsleistungen So lange Barrierefreiheit in allen relevanten Einrichtungen noch nicht Standard ist, gibt es ein erhöhtes Risiko für behinderte Patienten! 08.10.2011 Armut Dresden

Erreichbarkeit und Barrierefreiheit 5. Armutsrisiko Gesundheit Erreichbarkeit und Barrierefreiheit Viel Einrichtungen sind nicht barrierefrei ausgestattet Barrierefreiheit bestenfalls für Menschen mit Gehbehinderungen Ein Verzeichnis barrierefreier medizinischer Einrichtungen wird als „Wettbewerbsverzerrung“ angesehen (O-Ton KVS) 08.10.2011 Armut Dresden

5. Armutsrisiko Gesundheit Erreichbarkeit und Barrierefreiheit – Voraussetzung für gesundheitliche Versorgung 08.10.2011 Armut Dresden

Medizinisches Personal 5. Armutsrisiko Gesundheit Medizinisches Personal Medizinstudenten müssen besser auf die Begegnung mit behinderten Patienten vorbereitet werden, um auf deren spezifische Bedürfnisse reagieren und Ressourcen nutzen zu können. Gleichberechtigte Teilhabe an der medizinischen Versorgung erfordert nicht nur den barrierefreien Zugang zu den Versorgungseinrichtungen, sondern auch hohe Fachkenntnis und Empathie des medizinischen Personals 08.10.2011 Armut Dresden

6. Fazit Fazit: Mehrdimensionalität von Armut gewinnt für behinderte Menschen besondere Bedeutung, weil… Sie deutlich häufiger vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen bleiben. Modellprogramme zur Beschäftigungsförderung oft wenig Nachhaltigkeit besitzen Beschäftigungsförderung zahlreiche kontraproduktive Aspekte enthält – Systemfehler Ungleiche Beschäftigungschancen und ungleiche Bezahlung der Arbeitsleistungen mit höheren Lebenshaltungskosten einhergehen 08.10.2011 Armut Dresden

Eingeschränkte Mobilität Wahlfreiheiten einschränkt 6. Fazit Fazit: Mehrdimensionalität von Armut gewinnt für behinderte Menschen besondere Bedeutung, weil… Eingeschränkte Mobilität Wahlfreiheiten einschränkt Eingeschränkte Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten zu Einschränkungen der Teilhabechancen führen Ideelle Barrieren den Abbau materieller, baulicher, kommunikativer Barrieren oft verhindern Die UN BRK stellt ein sehr wichtiges Instrument dar, Benachteiligung und Diskriminierung in allen Lebensbereichen abzubauen. Dafür tragen wir eine große Verantwortung! 08.10.2011 Armut Dresden

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Sie haben gut zu-gehört. 08.10.2011 Armut Dresden