V Einführung in die Geoinformatik

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 Präsentation transkript:

V Einführung in die Geoinformatik Die Erfassung, Verwaltung, Analyse, Modellierung und Visualisierung raumbezogener Daten (Geodaten) mit Hilfe von Geoinformationssystemen, Bildverarbeitungssystemen etc. ist in den letzten Jahren zu einem unverzichtbaren Arbeitsmittel für alle Geo- und Umweltwissenschaftler geworden. Ziel der Vorlesung: Überblick über Anwendungsmöglichkeiten der Geoinformatik für raumbezogene Fragestellungen und die erforderlichen Methoden zu vermitteln

Warum diese Vorlesung?

Inhalt der Vorlesung 1. Einführung 2. Mathematische und informatische Grundlagen der Geoinformatik 2. Geoobjekte und ihre Modellierung 3. Digitale Erfassung von Geodaten 4. Datenbanksysteme 5. Geometrisch-Topologische Analysen mit Geoobjekten 6. Visualisierung von Geoobjekten 7. Geoinformationssysteme und ihre Anwendung 8. Entwicklungen

Was ist erwünscht / nicht erwünscht? Erwünscht: Mitarbeit, Nachbereitung Nicht erwünscht Schwätzen Nebenbeschäftigungen

1. Einführung 1.1 Was ist Informatik? 1.2 Was ist Geoinformatik?

1.1 Was ist Informatik? Definition Informatik (computer science) = Wissenschaft, die sich mit der systematischen und automatischen Verarbeitung von Informationen auf der Basis von Daten mit Hilfe von Computern befaßt.

Datum - Information Datum = strukturierte, nach bestimmten Regeln (Syntax) aufgebauten Folgen von Zeichen. Information = Verbindung von Datum und der diesem Datum zugeordneten Bedeutung (Semantik).

Beispiel 1: Signal: . . . - - - . . . (3 kurze, 3 lange, 3 kurze Töne) Datum: SOS , wenn Syntax bekannt. Information: Hilferuf 'Save Our Soules‘ Erst durch Interpretation (Entschlüsslung) ergibt Signal beim Empfänger einen Sinn => wird für den Empfänger zur Information

Beispiel 2: Datum '1000' ohne Aussagekraft; Erst 'Maßeinheit hPa' und 'Luftdruck in 2m Höhe über Grund' sowie Fachwissen des Geowissenschaftlers ergibt Information: „Tiefdruck-Gebiet“ Hinweis: Die Begriffe Information und Datum werden häufig mit unscharfer Abgrenzung gebraucht.

Systematische und automatische Verarbeitung Systematische Verarbeitung = geplante und gezielte Lösung von Problemen mit Hilfe von Algorithmen, (= formal beschreibbare Verfahren als Grundlage für Computer-Programme, z.B. alphabetisches Sortieren von Namen) Automatische Verarbeitung = eine programmgesteuerte Maschine (Automat, Computer) wandelt nach festgelegten Verfahren (Algorithmus) Eingabedaten in Ausgabedaten um.

Ziel der Informationsverarbeitung Sachverhalte transparent zu machen und zu erklären Wissen zu gewinnen Handlungen zu lenken Beispiel: Daten zu Ernteerträgen der Felder in einer Region => Zahlenkolonne erst Sortierung und Darstellung der räumlichen Verteilung führt zu Wissen und zu möglichen Handlungen (z.B. Precision Farming)

Bedeutung der Informatik Computer hat für ausgehendes 20. Jahrhundert ähnliche Schlüsselrolle wie die Erfindung der Dampfmaschine als Auslöser der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert. Was denken Sie?

Computer bilden Grundlage der modernen Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Sie haben alle Lebensbereiche verändert. weltweite rasche Kommunikation (z.B. Internet-Dienste) starke Rationalisierungseffekte (z.B. Roboter) starker Wandel der beruflichen Anforderungen (z.B. von der Schreibmaschine zum Textverarbeitungssystem) Daten-Herrschaft als Machtfaktor, Datenschutz-Probleme Die Nutzung von Computern = zentrale Kulturtechnik wie Lesen, Schreiben, Rechnen.

Zur Geschichte der Informatik Die Geschichte der Informatik bzw. numerisch-instrumentellen Mathematik reicht bis in das Altertum zurück. Schon 'die alten Griechen' entwickelten Algorithmen zur Lösung komplexer Probleme und benutzten technische Hilfsmittel zum Rechnen.

Daten und Fakten zur Geschichte der Informatik vor 0 Zahlensysteme der Sumerer, Ägypter, Römer; Abakus als Rechenhilfe griechische Mathematiker PYTHAGORAS (- 500), EUKLID (-300), ARCHIMEDES (-250) u.a. legen Grundlagen der Geometrie und Algebra ~ 500 Indisch-arabisches Dezimalsystem mit der Zahl 0 1524 Adam RIESE schreibt ein Rechenbuch nach dem Dezimalsystem

1623 SCHICKARD konstruiert für Kepler die erste mechanische Rechenmaschine mit 2 Grundrechenarten 1818 zuverlässige mechan. Rechenmaschinen werden serienmäßig hergestellt 1838 Konzeption der 'analytical engine' mit Programmsteuerung über Lochkarten; technisch aber nicht realisiert 1886 HOLLERITH baut eine elektrische Zählmaschine für Lochkarten 1941 ZUSE baut die erste elektrische programmgesteuerte Maschine Z3, 1 Multiplikation dauert 4 Sekunden

1944 AIKEN baut bei IBM die programm-gesteuerte Maschine MARK1 (Länge 15m, 80 km Leitungen); 1 Multiplikation dauert 3 s 1950 von NEUMANN, TURING u.a. entwickeln das Prinzip der modernen Computer: Einzelprozessor, Programm und Daten im gleichen Speicher 1954 In den USA wird ENIAC als erster elektronischer Rechner entwickelt (18.000 Elektronenröhren, 20 Tonnen); Multiplikation 3 ms 1964 FORTRAN wird eine weit verbreitete Programmiersprache, insb. in den Naturwissenschaften

1973 UNIX wird als Betriebssystem für workstations entwickelt 1976 WOZNIAK & JOB bauen in den USA den ersten PC CRAY baut den ersten Supercomputer 1979 MS-DOS für PCs kommt auf den Markt 1983 von IBM wird der erste PC-XT (extended) auf den Markt gebracht . . . . Hardware wird immer leistungsfähiger und preiswerter; Software wird leistungsfähiger, erfordert aber auch immer mehr hardware-Ressourcen; Internet und Intranet werden die treibenden Kräfte zur Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie

Bereiche der Informatik Theoretische Informatik: Erforschung formaler Methoden zur Entwicklung von Rechnern, Sprachen, Algorithmen Praktische Informatik: Entwicklung von Methoden zur Erstellung und Ausführung von Computer-Programmen Technische Informatik: Entwurf von integrierten Schaltungen,Computern, Peripheriegeräten, Schnittstellen, Netzwerken etc. Angewandte Informatiken: Anwendung von Methoden der Informatik in anderen Wissenschaften (z.B. Bio-, Geoinformatik)

1.2 Was ist Geoinformatik ? Die Geoinformatik (geoinformation science, geomatics) befaßt sich mit der Entwicklung und Anwendung informatischer Methoden zur Lösung fachspezifischer Probleme in den Geowissenschaften unter besonderer Berücksichtigung des räumlichen Bezuges von (Geo-) Informationen.

Räumlicher Bezug von Informationen Typisch für geowissenschaftliche Probleme sind Informationen über Objekte, die räumliche Bezugseinheiten darstellen, die sog. Geoobjekte. Beispiele für Geoobjekte: Meßpunkt Profillinie Einzugsgebiet Grundwasserkörper

Geoobjekte Geoobjekte sind durch ihren Raumbezug, ihre fachlichen Eigenschaften und Dynamik definiert. Der Raumbezug wird beschrieben durch die Geometrie (d.h. die absolute Lage und Dimension im Raum) und Topologie (d.h. die relative Lage = räumliche Beziehungen von Geoobjekten untereinander). Fachliche Eigenschaften werden durch die Thematik beschrieben. Die Dynamik der Geoobjekte kennzeichnet ihre zeitlichen Veränderungen bezüglich Geometrie, Topologie und Thematik.

Für die Auswertung von Daten mit derartigen räumlichen Bezügen benötigt man spezielle Methoden der Geoinformatik.

Beispiele: "Suche alle schutzwürdigen Biotope im Kreis Potsdam-Mittelmark" Diese Aufgabe kann mit Hilfe eines normalen Informationssystems (Datenbanksystem) gelöst werden "Suche alle schutzwürdigen Biotope im Kreis Potsdam-Mittelmark, die von einer geplanten Straßentrassenvariante durchschnitten werden" Diese Aufgabe kann mit Hilfe eines Geoinformationssystems (GIS) gelöst werden, das Methoden zur Analyse von Geoobjekten (Biotop, Trasse) anbietet

Forschungsfelder der Geoinformatik Die Geoinformatik ist ein sehr junges Fach innerhalb der Geowissenschaften. Derzeitige Forschungsfelder: Globale Positionierungs- und Navigationssysteme Erfassung und Auswertung von Fernerkundungs-daten Datenbanken, Metadatenbanken, Methoden- und Modellbanken Geoinformationssysteme

Intranet/Internet-Anwendungen von Geodaten und GIS-Diensten Location based Services (LBS) Entwicklung offener, interoperabler Systeme Verbesserung der Nutzbarkeit von Geosoftware Digitale Kartographische Systeme, Multimediasysteme 3D-Visualisierung, VR(virtuelle Realität)-Entwicklungen Entscheidungsunterstützende Systeme Simulations- und Prognosesysteme Informationssysteme für bestimmte Anwendungen DV-gestützte Orts-, Regional- und Landesplanung, Landschaftsplanung, Umweltverträglichkeitsstudien...

Aufgabe 1: Erläutern Sie den Unterschied zwischen Daten und Informationen am Beispiel der Messung und Auswertung der Niederschlagsmenge im April 2003. Aufgabe 2: Nennen Sie Beispiele für fachliche Fragestellungen aus den Geowissenschaften, bei denen man Methoden der Geoinformatik einsetzen kann. Aufgabe 3: Im Stadtgebiet von Berlin gibt es ein stationäres Meßnetz zur Überwachung der Luftqualität. a) Welchen Geoobjekte gibt es in diesem Kontext? b) Erläutern Sie die Begriffe Geometrie, Topologie, Thematik und Dynamik für diese Geoobjekte.