EC-Selbstorganisation

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 Präsentation transkript:

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen Die bisher betrachteten rein zeitlichen (also räumlich homogenen) Strukturbildungen setzen voraus, dass alle Orte der Elektrode ständig synchronisiert werden: 1. Synchronisierend wirkt die Tatsache, dass sich das Doppelschichtpotential fast augenblicklich ausbreitet und angleicht, wenn eine parallele oder zentralsymmetrische Anordnung von Elektrode und Gegenelektrode vorliegt. Aber: bei stark unsymmetrischen Elektrodenanordnungen können sich inhomogene Verteilungen des Doppelschichtpotentials und des vorgeschalteten Lösungswiderstandes herausbilden: FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen Beispiel: Eisendraht in Salpetersäure mit seitlich angeordneter Elektrode: Fe - + Auflösung, aktiv Oszillationen passiviert K. Agladze et al., Phys. Chem. Chem. Phys., 2001, 3, 1326-1330  Räumliche Strukturierung durch von außen aufgeprägte Inhomogenität des elektrischen Feldes, noch keine Strukturierung aus einer homogenen Ausgangssituation heraus! FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen 2. Synchronisierend können auch die Transportprozesse wirken, wenn diese schnell genug sind (Konvektion, Rührung, rotierende Scheibenelektrode) und wenn die Elektrode relativ klein ist. Aber: wenn nur die Diffusion als Transport in Frage kommt und die Elektrode nicht mikroskopisch klein ist, so können sich durch die endliche Diffusionszeit räumlichen Konzentrationsunterschiede herausbilden! Was bedeutet dies für die Modellbildung? Statt eines einzelnen bistabilen oder oszillierenden Systems erhalten wir eine Kette von räumlich benachbarten Systemen, welche durch Diffusion der Reaktanden und Produkte miteinander gekoppelt sind (im eindimensionalen Fall)! FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen C C Diffusive Kopplung bistabiler elektrochemischer Systeme, z.B. Abschnitte eines Eisendrahtes in Schwefelsäure, C - Protonenkonzentration Anfangszustand: überall die gleiche Konzentration, der Draht ist überall gleichmäßig passiviert. FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen Störung an der linken Seite: passiv  aktiv C C c1 > c2 c2 = c3 Was wird passieren? FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen stabil 1 (aktiv) c t1 t2 Verwaschen der Front durch Diffusion instabil stabil 2 (passiv) x Resultat: Bewegung der Front mit konstanter Geschwindigkeit! FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 3. Nichtlineare Systeme: räumliche Strukturbildungen Bistabile Systeme mit räumlicher Kopplung durch Diffusion: Bewegung der anfänglichen Störung mit konstanter Geschwindigkeit! Wenn der instabile Zustand oberhalb der Mittellinie liegt, so bewegt sich die Reaktionsfront nach links, liegt er unterhalb, so bewegt sie sich nach rechts! Liegt er auf der Mittellinie, so ist es eine stehende Front (stationäre räumliche Struktur) – allerdings ist es nicht strukturstabil! FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht Draht aus reinem Eisen in schwefelsaurer Wasserstoffperoxidlösung: 1. --> passiviert schon nach kurzer Zeit, da infolge der katalytischen Zersetzung von Wasserstoffperoxid der Eisendraht immer positiver wird, bis das Flade-Potential überschritten wird. Fe -Fe2O3 passiv FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht 2. Berührung an einem Ende mit einem Zinkstab -> Oxidschicht löst sich dort auf (Depassivierung) Zn Fe aktiv passiv FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht 3. Nach Entfernung des Zinks: Gibt es eine Koexistenz beider Zustände? e- Fe aktiv passiv Nein, denn jetzt werden links die Elektronen erzeugt, welche rechts für die Auflösung der Passivschicht benötigt werden. FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht 4. Nach einiger Zeit bildet sich links eine neue Passivschicht aus: pH e- Fe aktiv passiv Ursache: durch die H2O2-Zersetzung ist die Lösung lokal an Protonen verarmt, also basischer geworden -> Verschiebung des Flade-Potentials zu negativeren Potentialen: (für Eisen) FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht 5. Wann kann der Draht erneut angeregt werden? pH Zn aktiv passiv Wenn durch Diffusion sich an der Drahtoberfläche wieder die Protonenkonzentration normalisiert hat! FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht 5. Zusammenfassung des Effektes: pH aktiv passiv Gerichtete Bewegung Konstante Geschwindigkeit Erholungsphase nötig Pulse bei ständiger Anregung  Analogie zur Erregungsleitung in Nervenbahnen! (Ostwald-Lillie-Modell) FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 4. Nichtlineare Systeme: Aktivitätswellen auf dem Eisendraht 5. Weitere nervenanaloge Eigenschaften: Chlorid-ionen pH aktiv passiv Anwesenheit eines „Neurotransmitters“ NaCl  rhythmische Auslösung von Potentialwellen (Acetylcholin bei den Nervenfasern) Nur „Reize“ ab einer bestimmten Schwelle (Stromstärke, Konzentration, Dauer) vermögen Wellen auszulösen. Geschwindigkeit und Amplitude der Wellen hängen nicht von der des „Reizes“ ab („Alles-oder-Nichts-Gesetz“) FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Fraktale: geometrische Eigenschaft einer selbstähnlichen Formung auf allen Größenskalen Ursprung 1922: L.F. Richardson: „Wie lang ist die Küste Großbritanniens?“ Messung auf der Landkarte: Approximation der zerklüfteten Küstenlinie durch einen Polygonzug: Je feiner der Maßstab, desto genauer die Approximation (Konvergenz)! Bewiesen für glatte Kurven, z.B. Kreislinie! FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Ursprung 1922: L.F. Richardson: „Wie lang ist die Küste Großbritanniens?“ Richardson fand: mit einer Verkleinerung des Maßstabes wächst die Länge der Küstenlinie über alle Grenzen! Wachstum nach einem Potengesetz:  Gebrochene (fraktale) Dimension (B. Mandelbrot 1977)! Anwendung zur Charakterisierung selbstähnlicher, unendlich zerklüfteter realer Strukturen! Großbrit.: D = 1.24, Australien: D = 1.13 FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Koch 1904: geometrische Vorschrift zur Erzeugung einer fraktalen Struktur: Helge von Koch (1870-1924)  D = ln4/ln3 = 1.16096… https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File%3AKoch_snowflake05.ogv FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Anwendung: Schneekristalle: FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Anwendung: Fraktalantenne, US Patent 7088965: FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Andere reale Beispiele: Dendritische Metallablagerungen in Gesteinen Ursache 1: Diffusionslimitierte Aggregation (DLA): Jedes Teilchen, welches einen der Äste erreicht, aggregiert sofort und irreversibel FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Kathodische oder stromlose Metallabscheidung aus konzentrierten Lösungen: Ursache 2: Diffusions-Konzentrations-Instabilität des Kristallwachstums! besserer diffusiver Antransport glatte Metallfläche Wachstum, limitiert durch Verarmung Kleinerer Spannungsabfallzur Gegenelektrode zufällige Unebenheit Bevorzugtes Wachstum der Unebenheit  Dendriten, sogenannte „Metallbäume“ FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015

EC-Selbstorganisation 5. Dendriten und andere fraktale Strukturbildungen Bedeutung dieser Strukturbildungen: Kopplung mit Oszillationen Selbstorganisierte Bildung von Sandwichstrukturen (in Morphologie und Zusammensetzung Gesteuerte Nanostrukturierung von Depositen Verhinderung von Dendriten in Lithium-Polymer-Zellen FU Berlin Constanze Donner / Ludwig Pohlmann 2014/2015