Integrationspolitik in Deutschland Was könnte sie beinhalten? Was sollte sie beinhalten? Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  Institut für.

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Integrationspolitik in Deutschland Was könnte sie beinhalten? Was sollte sie beinhalten? Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  Institut für Politische Wissenschaft  SS 2005 Proseminar: „Migration in Europa im Vergleich“  Dozentin: Dr. Petra Bendel Referenten: Damir Agio, Lisa Metzner

1. Zur Theorie der Integrationspolitik 1.1 Was ist eigentlich „Integration“? 1.2 Was bedeutet „Assimilation“? 2. Praktische Erfahrungen mit der deutschen Integrationspolitik 2.1 Integrationspolitik auf der Bundesebene 2.2 Integrationspolitik auf der Länderebene 2.3 Integrationspolitik auf der kommunalen Ebene 3. Thesen Gliederung

1. Zur Theorie der Integrationspolitik 1.1 Was ist eigentlich „Integration“? -„Integration“: Der Zusammenhalt von Teilen in einem „systemischen“ Ganzen die Teile müssen ein „integraler“ Bestandteil des Ganzen sein -Gegenbegriff „Segmentation“: Teile sind unabhängig, stehen beziehungslos nebeneinander -Systemintegration und Sozialintegration nach Lockwood (1964):  Systemintegration: Integration des Systems einer Gesellschaft; unabhängig von den speziellen Motiven und Beziehungen der individuellen Akteure  Sozialintegration: der Einbezug der Akteure in das gesellschaftliche Geschehen durch die Gewährung von Rechten, den Erwerb von Sprachkenntnissen, die Beteiligung an Bildungssystem, Arbeitsmarkt, öffentlichem und politischem Leben etc.

1. Zur Theorie der Integrationspolitik ♦Kulturation: Kenntnis der wichtigsten Regeln für typische Situationen und Beherrschung der dafür nötigen (kulturellen) Fertigkeiten, v.a. sprachlicher Art ♦Platzierung: Besetzung einer bestimmten gesellschaftlichen Position durch einen Akteur; wichtigste Form des Einbezugs in eine Gesellschaft; Verleihung bestimmter Rechte (Wahlrecht) oder Übernahme beruflicher und anderer Positionen ♦Interaktionen: Akteure orientieren sich wechselseitig über Wissen und Symbole aneinander und bilden über ihre Orientierungen und ihr Handeln Relationen miteinander z.B. Kommunikation oder die sozialen Beziehungen ♦Identifikation: Orientierung mit kollektivem Inhalt

1. Zur Theorie der Integrationspolitik Abb.1: Typen der (Sozial-)Integration von Migranten Sozialintegration in die Aufnahmegesellschaft Ja Nein Ja Sozialintegration in die Herkunftsgesellschaft/ ethnische Gemeinde Nein Mehrfachintegration Segmentation Assimilation Marginalität

1. Zur Theorie der Integrationspolitik 1.2 Was bedeutet „Assimilation“? -kulturelle Assimilation: Angleichung im Wissen und in den Fertigkeiten -strukturelle Assimilation: Besetzung von Positionen in den verschiedenen Funktionssystemen -soziale Assimilation: Angleichung in der sozialen Akzeptanz und in den Beziehungsmustern -emotionale Assimilation: Angleichung in der gefühlsmäßigen Identifikation mit der Aufnahmegesellschaft

1. Zur Theorie der Integrationspolitik (System-)Integration Ja Nein Ja Assimilation Nein ethnisch homogene und integrierte Gesellschaft (z.B. Italien, Portugal, Griechen- land, BRD vor 1967) multiethnische Gesellschaft (z.B. Schweiz, USA, Südafrika heute, Indien, BRD nach 1967) Klassen- oder regionale Konflikte im ethnisch homogenen Milieu (z.B. England im 19.Jh., amerikanischer Bürgerkrieg, Frankreich, Spanien, Großbritannien, BRD nach der Wende) ethnische oder religiöse Konflikte (z.B. Nordirland, Südafrika früher, Jugoslawien, Burundi/Ruanda, GUS) Abb.2: Die (System-)Integration der Gesellschaft und die Assimilation der Migranten

1. Zur Theorie der Integrationspolitik Ethnische Schichtung: Ethnische Schichtungen sind gesellschaftliche Systeme der systematischen Über- und Unterordnung ethnischer Gruppen in einer ethnisch differenzierten Gesellschaft Abb.3: Ethnische Differenzierung und vertikale soziale Ungleichheit vertikale soziale Ungleichheit Ja Nein Ja Ethnische Differenzierung Nein Ethnische Schichtung („ethclasses“) Soziale Ungleichheit im ethnisch homogenen Milieu („Klassen“,„Stände“,„Schichten“) Ethnische Pluralisierung („multikulturelle Gesellschaft“) Soziale Gleichheit im ethnisch homogenen Milieu („Individualisierung“)

1. Zur Theorie der Integrationspolitik -Entstehung: strukturelle Hintergründe (regionale Disparitäten, Segmentierungen des Arbeitsmarktes); ferner soziale Distanzierungen, räumliche Segregationen und kulturelle Segmentationen -Ethnische Schichtungen und moderne Gesellschaft: ethnische Schichtungen: Grund für Spaltungen und Konflikte zwischen den Gruppen = Gefährdung der (System-)Integration der jeweiligen Gesellschaft -Spaltungen und Konflikte sind die Folge von Modernisierungen

2. Praktische Erfahrungen mit der deutschen Integrationspolitik 2.1 Integrationspolitik auf der Bundesebene -erste Konturen einer gemeinsamen Integrationspolitik -Schwierigkeiten auf Grund unterschiedlicher Zuständigkeiten: -BMI: Aufnahme und Integration von Spätaussiedlern -BMA: soziale Integration, arbeitsmarktbezogene und gesellschaftliche Integration von Spätaussiedlern, Kontingentflüchtlingen und anerkannten Asylbewerbern -BMFSFJ: Förderung der schulischen/beruflichen Integration und der Eingliederung junger Menschen im Hochschulbereich -erst allmählich Verständnis von Zuwanderung als Prozess bzw. als Lebenslage und Entwicklung ganzheitlicher Unterstützungsstrategien -Vorschlag: Schaffung einer zentralen Zuwanderungs- und Integrationsbehörde/ Zuwanderungs- ministeriums

2. Praktische Erfahrungen mit der deutschen Integrationspolitik -Exkurs zum Zuwanderungsgesetz: Was leistet das Zuwanderungsgesetz nicht?  „nachholende Integration“  gesetzliche Absicherung von Beratung und Begleitung  integrative Bildungspolitik und integrative Arbeitsmarktpolitik

2. Praktische Erfahrungen mit der deutschen Integrationspolitik 2.2 Integrationspolitik auf der Länderebene -für die Integrationspolitik sind v.a. die folgenden Kompetenzen der Länder von Bedeutung:  die Aufnahme und Unterbringung  die Verantwortung für Aufgaben der Bildung und Ausbildung  die Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen landesgesetzlicher Regelungen und der sog. freiwilligen Leistungen im Rahmen von Programmen -Positives Beispiel: Nordrhein-Westfalen

2. Praktische Erfahrungen mit der deutschen Integrationspolitik 2.3 Integrationspolitik auf der kommunalen Ebene Wie kann die Kommune Integration fördern? a) Zielgruppe eigene Kommune: Verwaltung/Zivilgesellschaft -Trägergruppen noch stärker vernetzen helfen -interkulturelle Kompetenz der öffentlichen Träger und Dienste stärken -Maßnahmen zur Vermeidung und Verhinderung von Diskriminierung treffen -ferner: zivilgesellschaftliches Engagement unterstützen b) Zielgruppe Zuwanderer: -bedarfsorientierte Förderung (z.B. speziell nach Herkunftsländern) -frühzeitige Unterstützung von Neuankömmlingen: auch muttersprachliche Angebote -Orientierung im Alltag bieten c) Zielgruppe: die Mehrheitsbevölkerung -Förderung von Bereitschaft und Willen zur Integration in unserer Gesellschaft -Ansetzen gerade in den Stadtteilen -Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten und den Konflikten auf beiden Seiten

3. Thesen Was beinhaltet also „Integration“ empirisch in Deutschland? Welches Konzept von Integration liegt dem allen zu Grunde? Die neu gestaltete Zuwanderungspolitik der Bundesregierung orientiert sich an folgenden Eckpunkten: –differenzierte, bedarfsorientierte Steuerung und Begrenzung zukünftiger Zuwanderung –Integration –Erfüllung der humanitären Verpflichtungen –Garantie des Schutzes und der Sicherheit Deutschlands und der Menschen, die in Deutschland leben –aktive Einbringung der deutschen Grundpositionen auf der Ebene der Europäischen Union. Zentrale Arbeitsbereiche des Integrationsprogramms –Sprachförderung –vorschulische und schulische Qualifizierung –berufliche Qualifizierung –soziale Beratung und Begleitung sowie –Förderung der gesellschaftlichen und sozialen Integration Querschnittsthemen: interkulturelle Öffnung, Nachhaltigkeits- und Qualitätssicherung und Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements

3. Thesen Was beinhaltet also „Integration“ empirisch in Deutschland? Welches Konzept von Integration liegt dem allen zu Grunde? Maßnahmen sind: -Integrationskurse Ziel: Zurechtfinden in der neuen Gesellschaft und Identifikationsmöglichkeiten -bundesweite Integrationsprogramme -Integration ausländischer Frauen -Projekte zur Förderung der Integration von Spätaussiedlern und Ausländern -Migrationserstberatung Von wem soll Integration eigentlich ausgehen? -Integration ist ein beiderseitiger Prozess: Die deutsche Gesellschaft soll den Zuwanderern einen gleichberechtigten Zugang zu allen wichtigen Bereichen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gewährleisten.

3. Thesen Wie ist dieses Integrationskonzept zu bewerten? Reicht es aus? -Das Integrationskonzept der Bundesregierung konzentriert sich sehr (zu) stark auf die sprachliche Förderung  Integration ist aber als Querschnittsaufgabe zu sehen: -Verschiedene Politikfelder müssen wie Zahnräder ineinander greifen, um eine erfolgreiche Integration zu ermöglichen:  Bildungspolitik  Wohnungsbaupolitik  Sozialpolitik  Arbeitsmarktpolitik  Innenpolitik

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!