Präattentive kategoriale Sprachwahrnehmung P.Bäß, R.Dünnebier, K.Fischer, D.Hamerla, M. Hirsch, A. Hollien & R.Kürschner unter Leitung von Dr. Thomas Jacobsen.

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 Präsentation transkript:

Präattentive kategoriale Sprachwahrnehmung P.Bäß, R.Dünnebier, K.Fischer, D.Hamerla, M. Hirsch, A. Hollien & R.Kürschner unter Leitung von Dr. Thomas Jacobsen Universität Leipzig - Institut für Allgemeine Psychologie Gedruckt im Universitätsrechenzentrum Leipzig Literatur Jacobsen, T. & Schröger, E. (2001). Is there pre-attentive memory-based comparison of pitch? Psychophysiology 2001 Jul;38(4):723-7 Massaro, D.W. (1994). Psychological aspects of speech perception. Handbook of psycholinguistics. Miller, J.L. & Eimas, P.D. (1995). Speech perception: From Signal to Word. Annual Reviews of Psychology. Pompino-Marschall, B. (1995). Einführung in die Phonetik. Berlin: Walter de Gruyter. Diskussion Diskussion Die Ergebnisse bestätigen die Annahme, dass auch dynamisches Stimulusmaterial, d.h. Laute mit Frequenz- und Intensitätsunterschieden, präattentiv verarbeitet wird. Der Mensch kann somit ausschließlich aufgrund der Formantenausprägung von Vokalen und ohne Zuwendung von Aufmerksamkeit Sprachlaute unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen im Vergleich zu anderen Studien hohe MMN-Werte und belegen damit, wie groß die Automatisiertheit im Bereich der Sprachwahrnehmung ist. Dies veranschaulicht, welche Bedeutung Sprache in unseren Wahrnehmungsprozessen hat. Sie begleitet uns von Geburt an und ist ein hoch geübter Bereich unseres Lebens. Würde Sprache nicht automatisch verarbeitet werden, so müssten wir ihr mehr Aufmerksamkeit zuweisen. Die Automatisiertheit der Verarbeitung wurde bei dem Experiment zwar nur anhand der Vokale /a/ und /i/ nachgewiesen, jedoch ist sie auch für andere Vokale und Konsonanten zu vermuten. Weitere Experimente könnten dies überprüfen. Erwähnenswert ist die Feststellung, die sich beim Betrachten der MMN für die verschiedenen Probanden ergab. Es hat sich herausgestellt, dass zwar alle Versuchspersonen eine signifikante MMN auf Deviants zeigten, dass aber diese MMN bei den drei, in das Experiment eingeweihten Personen, deutlich größer war als bei den restlichen sieben. Dies könnte in weiterführenden Experimenten untersucht werden. Methode Am Experiment nahmen zehn Versuchspersonen teil. Als Stimuli wurden mittels eines Klatt-Synthesizer erzeugte Vokale (/a/ und /i/ ) sowie ein Kontrollton verwendet. Die Teilnehmer wurden instruiert, auf einem Monitor einen Spielfilm (ohne Ton, mit Untertiteln) zu sehen und dabei die akustischen Stimuli, die über Kopfhörer auf beide Ohren präsentiert wurden, zu ignorieren. Jeder Versuchsperson wurden folgende sechs in Blöcke gefasste Bedingungen präsentiert: /a/-Oddballblock (1050 /a/-Standards; 150 /i/-Deviants) /a/-Kontrollblock (210 /a/-Töne) /i/-Oddballblock (1050 /i/-Standards; 150 /a/-Deviants) /i/-Kontrollblock (210 /i/-Töne) Kontrollton-Oddballblock (1200 Kontrolltöne) Kontrollton-Kontrollblock (210 Kontrolltöne) Die Standard- und die Kontrolltöne wurden jeweils in sieben Frequenzen und drei Lautstärken; die Deviants ebenfalls in drei Lautstärken, jedoch nur in den fünf mittleren Frequenzen präsentiert. Die Reihenfolge der Töne wurde in allen Blöcken randomisiert. In den Standardblöcken wurde beachtet, dass jedem Deviant mindestens zwei Standardtöne vorausgehen. Mit diesem Design wurde erreicht, dass die Kontrolltöne im Kontrollblock und die Deviants, präsentiert in den Oddball-Blöcken, physikalisch identisch waren und jedes Merkmal mit der gleichen Häufigkeit innerhalb eines Blockes vorkam. Das EEG wurde über fünf Kopfelektroden (FZ, FC3, FC4, CZ, PZ) und die beiden Mastoiden mit 500Hz Abtastung aufgezeichnet. Die augenelektrische Aktivität wurde über VEOG und HEOG kontrolliert. Als On-line Filter wurden ein 0.05 Hz-Hochpass-, ein 70 Hz-Tiefpass- und ein 50 Hz-Notchfilter verwendet. Die Filterung aller EEG-Aufnahmen geschah off-line mit einem Bandpassfilter von 1Hz (high-pass) bis 15 Hz (low-pass). Artefakte wurden ausgeschlossen. Ereigniskorrelierte Potentiale (ERP) wurden - für die Deviants, für die Standardtöne und die Kontrolltöne - jeweils für alle Bedingungen und für jede Versuchsperson abgeleitet. Dazu wurde ein Zeitfenster von 100ms vor bis 500ms nach Stimulusbeginn sowie eine Baseline von 100ms vor Stimulusbeginn gewählt. Grand Averages wurden später aus den individuellen Averages errechnet. Die Grand Average Differenzkurven wurden durch Substraktion der Kontroll-ERPs von den Standard-ERPs bzw. der Deviants von den Standards ermittelt. Einleitung Wir verstehen einander, obwohl jeder von uns in unterschiedlichen Stimmlagen und Lautstärken spricht. Diese Tatsache ist unbestritten. Aber warum ist das so und wie ist es möglich? Warum hören wir zum Beispiel bei einer männlichen, tiefen und lauten Stimme die gleichen Vokale heraus wie bei einer weiblichen, hellen und leisen? Daher muss es einen Sprachverstehensprozess geben, der trotz verschiedener Frequenzen und Intensitäten der Sprecher die Vokale aus der Flut von Informationen extrahieren kann und somit eine Unterscheidung ermöglicht. Läuft dieser Prozess präattentiv ab? Unter dieser Annahme müsste, obwohl nicht auf eingespielte Vokale geachtet wird, eine MisMatch Negativity (MMN) im EEG zu verzeichnen sein. Unser Interesse gilt der Frage, ob bei unbewußter sprachlicher Stimuluswahrnehmung unter einer Oddball- Bedingung eine MMN zu beobachten ist. Hypothese Vokale unterscheiden sich sprachlich durch charakteristische Ausprägungen ihrer Formanten. Dementsprechend wurde das Stimulimaterial so gestaltet, dass sich die dargebotenen Töne lediglich in den ersten zwei Formanten charakteristisch unterschieden und sich ergebende Beobachtungen weder auf Intensitäts- noch auf Grundfrequenzunterschiede zurückführbar sein können. Deshalb führten wir zusätzlich ein Kontrollbedingung ein. Unsere Hypothese war, dass bei einer klassischen Oddball – Präsentation der Vokale /a/ und /i/ eine MMN zu beobachten ist. Ergebnisse An FZ waren die Effekte am stärksten, so ließ sich die größte Differenz zwischen der Deviant- und der Standarddarbietung für /i/ mit 3,12 µV messen. Gefolgt von 2,19 µV für die Deviants entgegen den Standards für /a/, während in der Kontrolltonbedingung keine derartigen Effekte festzustellen waren. Bei der statistischen Betrachtung konnte man nun weiterhin Amplitudenunterschiede zwischen den Stimuli feststellen (F[2,18]=11.52, p<.000) als auch, relevant für unsere Hypothese, Amplitudenunterschiede zwischen den Bedingungen (F[2,18]=19.08, p<.000). Wenn man die Bedingungsunterschiede genauer analysiert, erhält man beim Vergleich der Stimuli /a/ und /i/ einen signifikanten Unterschied zwischen den Konditionen Deviant und Standard (F[1,9]=46.50, p<.000; MMN) und auch zwischen den Bedingungen Deviant und Control (F[1,9]=12.60, p<.006; MMN). Für die Sprachlaute läßt sich schließlich auch noch ein signifikanter Unterschied festhalten (F[1,9]=26.37, p<.001), aber dessen Ursachenwirkung auf die Signifikanz zwischen den Bedingungen kann aufgrund der nicht signifikanten Wechselwirkung zwischen den Stimuli und den Konditionen ausgeschlossen werden (Deviant gegen Standard: F[1,9]=4.16, p<.072; Deviant und Control: F[1,9]=1.39, p<.269). Im Gegensatz dazu konnten nun aber keine signifikanten Amplitudenunterschiede für die Kontrolltonbedingung festgehalten werden, weder zwischen den Control- und Deviantwerten (F[1,9]=2.49, p<.149) noch zwischen den Standard- und Deviantwerten (F[1,9]=.11, p<.749). Auch an den Mastoiden ließen sich die bestätigenden Polaritätsumkehrungen festhalten. Dank Besonderer Dank gilt Kai Alter und Thomas Jacobsen für ihre fachliche Begleitung des Projektes.