Thomas Fuhr Pädagogische Hochschule Freiburg

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 Präsentation transkript:

Thomas Fuhr Pädagogische Hochschule Freiburg Mädchen und Jungen in der Schule - Pädagogische Konsequenzen Pädagogischer Tag Markgräfler Gymnasium Müllheim 31.1.2008

Gliederung Theoretische Grundbegriffe: Dramatisierung, Entdramatisierung, Borderwork Handlungsmöglichkeiten

1. Dramatisierung, Entdramatisierung, Borderwork Wege der Betonung/Herstellung von Geschlechterverhältnissen In einer ethnographischen Studie beobachtet Thorne (1993) acht- bis zwölfjährige Schülerinnen und Schüler. unterschiedliche Wege, mit denen im Schulalltag Geschlecht als Kategorie betont wird und dichotome Geschlechterverhältnisse hergestellt werden. Sowohl Lehrende als auch Schülerinnen und Schüler sind aktiv an diesem Prozess beteiligt. Dabei gibt es Situationen, in denen Geschlecht als Kategorie in den Vordergrund gerückt wird und solche, in denen der Kategorie Geschlecht wenig Bedeutung beigemessen wird. Lehrende aktualisieren Geschlechtergrenzen, indem sie die Unterscheidung in zwei Genusgruppen in der Anrede nutzen: ”You boys be quiet.“, ”Girls, sit down“ oder ”Ladies, this isn’t a tea party“ (Thorne 1993, 34). Bemerkungen wie diese implizieren, Geschlechtszugehörigkeit definiere sowohl Verhalten als auch Bereiche des sozialen Lebens. Die Autorin bezeichnet jene Interaktionen an der Geschlechtergrenze als ”borderwork“, die dazu dienen, sowohl Verbindungen zu anderen Geschlechtern herzustellen, als auch die Eigenart des eigenen Geschlechts zu bestätigen. Die Grenze zwischen den Geschlechtern ist nicht fix, sie wird in der sozialen Praxis des Alltags hergestellt. Im Schulalltag nutzen Lehrende die Zugehörigkeit zu einer Genusgruppe häufig für eine Gruppeneinteilung (z.B. Sitzordnung, Gruppenarbeit, Rechenwettbewerbe, Mannschaften im Sportunterricht). Erst in dem Moment, wenn aus dieser Einteilung ein Wettbewerb zwischen den Gruppen entsteht, werde die Geschlechtszugehörigkeit jedoch dramatisiert

1. Dramatisierung, Entdramatisierung, Borderwork Zirkuläre und situative Prozesse der Inszenierung und Darstellung der Geschlechtszugehörigkeit Zirkuläre Attributionen, z.B. Jungen spielen Fußball, weil sie Jungen sind - sie sind Jungen, weil sie Fußball spielen es existieren zwar Ausnahmen, die von den Beteiligen auch zur Kenntnis genommen werden die gelebte Praxis (Aufbrechen der Homogenität) ändert aber nicht notwendig die zirkulären Konstruktionsprozesse Geschlechter als Klassifikationskategorie pragmatische Vorteile Geschlechtszugehörigkeit unumstritten und stabil -> Sortierung nach Geschlecht ordnet komplexe (Spiel- und Lehr-/Lern-) Situationen

1. Dramatisierung, Entdramatisierung, Borderwork Empirische Befunde: „... lässt sich konstatieren, dass der Einfluss der Erwachsenen an der Schule zumeist in Richtung einer Abschwächung der Geschlechtertrennung zielt.“ (Breidenstein/ Kelle, S. 48) Aber Breidenstein/ Kelle und Budde beschreiben vielfältige Formen der „Dramatisierung von Geschlecht“ (Budde) durch Lehrer(innen): Drannehmen, Aufteilen von Gruppen, anbiedernde Witze u.a. Keddie: Lehrer(innen) sehen maskulinistisches Verhalten oftmals als entwicklungsgemäß an. Bewusste oder unbewusste Maxime dieser Lehrer(innen): minimale Intervention

1. Dramatisierung, Entdramatisierung, Borderwork Geschlechtszugehörigkeit ist etwas, nach dem die Beteiligten Klassifiziert werden das die Subjekte für sich und andere überzeugend darstellen müssen das "als Geschlechtsidentität zu ihrem persönlichen biographischen Kontinuitätsgefühl entscheidend beiträgt"

2. Handlungsmöglichkeiten „Ein Lernklima schaffen, das allen Beteiligten ermöglicht, sich ihren Lernbedürfnissen entsprechend in die Bildungsarbeit einzubringen und weiterzuentwickeln“ (Derichs-Kunstmann, 2002) „Individuen nicht nach ihrem Geschlecht, sondern nach ihrer Individualität … beurteilen und dabei aber nicht die Kategorie ‚Geschlecht‘ außer Acht lassen“ (Burckhardthaus 1998)

2. Handlungsmöglichkeiten

2. Handlungsmöglichkeiten Analyse der Curricula Unterrichtliche Kommunikation Selbstdarstellung Reflexiver Umgang mit Dramatisierung/ Entdramatisierung und Borderwork Bewusstes Einbeziehen stiller Kinder Entzug der Aufmerksamkeit für Störende und Vielredende Dramatisierende Interaktionsstrukturen durchbrechen Schulentwicklung (Projektgruppe als Mulitplikator und Katalysator für Veränderungen) Keine „One Size fits all“-Ansätze von Erwachsenen, sondern in Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen