Nicht-theistisch an Gott glauben: Die Mystik Halbfas

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Nicht-theistisch an Gott glauben: Die Mystik Halbfas 214-234

Das Ende des Theismus Theismus: Glaube an einen überweltlichen, intelligenten, persönlich wirkenden Schöpfergott, der die Welt erhält und lenkend in das Weltgeschehen eingreift. Das theistische Gottesverständnis provoziert seit der Antike den A-Theismus; besonders in der Neuzeit seit der Aufklärung (Entwicklung der Naturwissenschaften). Ludwig Feuerbach, Karl Marx, Sigmund Freud, Friedrich Nietzsche u.a.m. entlarven theistische Vorstellungen als menschliche Projektionen In der Bibel gibt es theistische Gottesbeschreibungen, die diesen Gott Dinge tun wie fordern lassen, die wir heute als verabscheuungswürdig betrachten (so z.B. Tötungsaufforderung gegenüber allem Leben in eroberten Städten) Andererseits: bereits Spuren der Überwindung des Theismus bereits in der Hauptlinie der Bibel (Verbot des Gottesbildes Ex 20,4; Mensch als Gleichnis Gottes Gen 1,27; Gott erst sehen können, wenn er vorbei gegangen ist = „Rücken“ Gottes Ex 33,20ff.

Das Ende des Theismus Paradigmenwechel im Gottesverständnis (ausserhalb der Mystik) beim protestantischen Theologen Paul Tillich: Gott als Symbol für das, was uns unbedingt angeht Nachlesen bei Halbfas S. 216f. Auch bei Dietrich Bonhoeffer: Er fordert in seinem Tagebuch aus der Gefangenschaft am 16.7.1944 eine nicht-religiöse Interpretation der biblischen Begriffe: „Gott als moralische, politische, naturwissenschaftliche Arbeitshypothese ist abgeschafft, überwunden ...Und wir können nicht redlich sein, ohne zu erkennen, dass wir in der Welt leben müssen – ‚etsi deus non daretur‘. ... Gott gibt uns zu wissen, dass wir leben müssen als solche, die mit dem Leben ohne Gott fertig werden. ... Insofern kann man sagen, dass die beschriebene Entwicklung zur Mündigkeit der Welt, durch die mit einer falschen Gottesvorstellung aufgeräumt wird, den Blick frei macht für den Gott der Bibel, der durch seine Ohnmacht in der Welt Macht und Raum gewinnt.“

Das Ende des Theismus Aufklärung: Entwicklung der Natur- und der Geschichtswissenschaften führen zu methodischem Atheismus Der andere Anstoss, das theistische Gottesverständnis zu übersteigen liegt in der Theodizeefrage (Güte und Allmacht Gottes angesichts der Schöpfung, Hiob...) Vor allem: Rede von Gott nach Auschwitz! Ein naives Gottesbild ist nicht mehr möglich. Die Vorstellung von einem Gott, der die Geschicke dieser Welt dirigiert, ist nicht mehr möglich. Das muss auch das theologische Denken, Gebete, Gottesdienst und Kirchengestalt verändern. (vgl. Bonhoeffer „leben, als ob es Gott nicht gäbe“). Das Ende des Theismus bei Dorothee Sölle (1929-2003): Nachlesen bei Halbfas: S. 218f.

Die Mystik Neuzeitliches Ende des Theismus ist kein Bruch in der Glaubenstradition. Bereits in der Entwicklung des Monotheismus hat sich ein Denken entfaltet, welches das Gottesverständnis jeder Vergegenständlichung entzog Bsp. Jüdische Mystik: Von der Bibel bis zum rabbinischen Judentum: Theologie als Erzählung; Gott als Gott der Beziehung Bsp. Frühchristliche Mystik: Nichtsagbarkeit Gottes, theologia negativa, frühchristliches Mönchtum, hesychastische mystische Erfahrungswege Bsp. Islamische Mystik bei Rumi und im Sufismus Bsp. Deutsche Mystik im Mittelalter; Bsp. Meister Eckhart

Mystik: personal oder transpersonal? Die entscheidende Frage heute ist: Wie kann man noch personal von Gott reden, von Gott wie zu einer Person, einem DU beten, wenn wir Gott nicht mehr verstehen können als übernatürliches Wesen, das aufbricht um die Bedrückten zu retten? Wie steht das Gottesbild der Mystiker („Das Eine“ – „Das Nichts“) zum Gott der Propheten Israels, der von Leid und Unterdrückung nicht unberührt bleibt? Radikale theologia negativa muss in unserer Wirklichkeit ergänzt werden durch eine bejahende symbolische Gottesrede. Wir können nicht anders als menschlich von Gott zu reden, sonst müssten wir verstummen. Nachlesen bei Halbfas S. 225f.

Mystik und Erfahrung Mystik ist Erkenntnis Gottes auf dem Weg der Erfahrung „Wer kommen will in Gottes Grund, in sein Innerstes, der muss zuvor kommen in seinen eigenen Grund, in sein eigenes Innerstes; den niemand vermag Gott zu erkennen – er muss zuvor sich selbst erkennen.“ Meister Eckhart Der Mensch, welcher der eigenen Erfahrung traut, glaubt nicht, weil ihn andere den Glauben gelehrt haben Mystische, eigene religiöse Erfahrung führt zu religiöser Autonomie du damit zu kritischer Distanz zu kirchlichen Instanzen und ihrer religiösen Deutungshoheit Nachlesen Bsp. Peter Rosien in Halbfas S. 228f. Christliche Orthodoxie betont duales Weltverständnis: Gott dort (transzendent) – Welt hier Dagegen Mystik: Gott ist in der Welt und die Welt ist in Gott (Immanenz). Gleichzeitig übersteigt Gott die Welt und geht nicht einfach in ihr auf (Pan-en-Theismus und nicht Pantheismus)

Der biblisch-jesuanische Weg Vorbehalt Matthias Kroeger: Es kommt auch in der mystischen Einheitserfahrung nie zu einer wirklichen Identität mit der Gottheit. Biblisch: das ewige Geheimnis bleibt uns immer voraus. Wir sind biblisch gesprochen „Geschöpfe“ und damit nicht Gott. Vorbehalt gegenüber einer Mystik, die in der Meditation das „Göttliche“ unabhängig von der Alltagswirklichkeit sucht. Ort der Gotteserfahrung darf nicht auf Innerlichkeit beschränkt werden. Prophetisch und in der Nachfolge Jesu ist vor jeder inneren Erleuchtung die/der Nächste der vorrangige, unerlässliche Ort der „Gottes“wahrnehmung. In der Reich-Gottes-Botschaft und –praxis Jesu liegt das besondere Profil der christlichen Mystik! Nachlesen D. Sölle in Halbfas S. 231 Wie in diesem Verständnis Mystik und die Not des Lebens zusammengehen, macht die in Auschwitz ermordete Jüdin Etty Hillesum deutlich: Nachlesen: Halbfas S. 232f.