Technik- und Naturwissenschaften im Unterricht Gemeinsames und Spezifisches Physikdidaktisches Kolloquium Pädagogische Hochschule Freiburg 08.11.2007 Elke Hartmann Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg Zentrum für Ingenieurwissenschaften
Naturwissenschaftliche und technische Bildung in der Allgemeinbildung - Gemeinsames Naturwissenschaftliche und technische Bildung im Unterricht - Spezifisches Vergleich von Naturwissenschaften und Technikwissenschaften Naturwissenschaftliche und technische Betrachtungen am Beispiel
1. Gemeinsames
Grunddimensionen menschlicher Interessen und Fähigkeiten nach W. Klafki, 1993
Gemeinsames in den Zielen naturwissenschaftlicher und technischer Bildung auf der Basis der NaWi- Bildungsstandards Allgemeine Ziele Weltbegegnung und spezifische Weltsicht Multiperspektivische Betrachtungen Systemisches Denken Vorhersage von Wirkungszusammenhängen, Naturgesetze Mensch als Gegenüber der Natur, umweltverträgliches Handeln Sensibilisierung für nachhaltige Nutzung von Ressourcen Kommunikation und Meinungsbildung über technische Entwicklungen Bedeutung der industriellen Herstellung von Stoffen, ihr sachgerechter Umgang Orientierung für naturwissenschaftlich-technische Berufe Anschlussfähiges Wissen für berufsbezogenes Lernen
Gemeinsames in den Arbeitsmethoden auf der Basis der NaWi-Standards Experimente zur Gewinnung und Überprüfung von Erkenntnissen Modellbildung für das Verallgemeinern, das Abstrahieren, das Transferieren Wahrnehmen und Analysieren Ordnen von Wissensbeständen Fachsprachen: natürliche, mathematische, grafische (Tabellen, Diagramme, Symbole
Gemeinsames in den Tätigkeiten Experimentieren/ Untersuchen Berechnen Beobachten Interpretieren Messen Erklären Erkennen Begründen Vergleichen Definieren Gemeinsames in den Unterrichtsverfahren Lehrgang Erkundung Projekt Analyse Experiment
Zusammenfassung der Gemeinsamkeiten Die hier extrahierten allgemeinen Ziele haben zwar eine hohe Übereinstimmung, fokussieren aber nicht auf den Kernbereich beider Lernbereiche. Sie verdeutlichen lediglich ihren Beitrag zu den allgemeinen Zielen von Schule und ihre Legitimierung in dem Fächerkanon. Die extrahierten Arbeitsmethoden, Tätigkeiten und Unterrichtsverfahren sind weitestgehend unspezifisch für die Charakterisierung naturwissen- schaftlicher und technischer Bildung. Die Gemeinsamkeiten sind ohne Inhalts- bestimmung nur formaler Art und deshalb ungeeignet, daraus entweder eigenständige oder integrative Unterrichtskonzepte zu begründen.
2. Spezifisches
Technik als soziotechnisches System ROPOHL (1979) BEDINGUNGEN VERWENDUNG (Soziotechnisches System) ENTSTEHUNG (Soziotechnisches System) TECHNISCHES ARTEFAKT (Sachsystem) FOLGEN Natur, Mensch, Gesellschaft
Spezifisches in den Zielen der Fächer auf der Basis der Bildungsstandards
Spezifisches in der Unterrichtsorganisation beider Lernbereiche
Spezifisches in den Denk- und Arbeitsmethoden beider Lernbereiche
Spezifische Merkmale von Technik nach Wolffgramm 1997 Technik ist die Einheit von: naturwissenschaftlich (objektiv) Möglichem, technisch Realisierbarem, ökologisch Verträglichem, ökonomisch Vertretbarem, sozial Gewolltem. Technik ist finalorientiert Technik ist komplex Technik ist multipotent (Vielfalt von Lösungen)
Formen des technischen Wissens Technologisches Gesetzeswissen Öko- sozio- technologisches Systemwissen Ropohl 2004
Gegenüberstellung der Merkmale von Natur- und Technikwissenschaften (Technologie) (nach G. Ropohl 1996)
Systemtheoretische Unterschiede in den Technikwissenschaften nach G Systemtheoretische Unterschiede in den Technikwissenschaften nach G. Banse 2005
Praktisches Ziel: Unterstützung technischer Praxis Technikwissenschaften sind finalorientierte Handlungswissenschaften, denen es nicht nur um Erkenntnis, sondern vor allem um Gestaltung geht. Praktisches Ziel: Unterstützung technischer Praxis Kognitives Ziel: Gewinnung, Systematisierung und Vermittlung technischen Wissens Soziales Ziel: Anerkennung, Erhaltung und Expansion Naturwissenschaften sind kausalorientierte Erkenntniswissenschaften, denen es um Erkenntnisse und Theorienbildung geht. Praktisches Ziel: Anwendung naturwissenschaftlicher Gesetze zum Lösen von Aufgaben und Problemen Kognitives Ziel: Naturgesetze und Theorienbildung nach G. Banse 2006
Technische Nutzung des Bimetalls als Zweipunkt-Regler
1. Bezeichne die Teile des Regelbügeleisens! Schüleraufgabe: 1. Bezeichne die Teile des Regelbügeleisens! 1 Temperaturwähler 2 Federkontakt 3 Bimetall 4 Heizwiderstand 5 Kontaktstößel 6 Spannungsanschluss
2. Vervollständige den Regelkreis! Regler: Bimetall (Schalteinrichtung) Sollwert: Temperaturwähler Regelstrecke: Temperatur der Heizsohle = (Bügelsohle mit Heizung) Stellglied: Federkontakt Störgröße: Umgebungstemperatur Temperatur des Bügelgutes
3. Beschreibe den Regelvorgang! Anfangszustand: Federkontakt geschlossen, Heizstrom fließt, Heizung erwärmt sich, Bimetall biegt sich und bewegt den Stößel Federkontakt öffnet bei Erreichen der Solltemperatur, Stromfluss unterbrochen, Abkühlung der Heizung, Bimetall geht in den Anfangszustand, Regelkreis schließt sich
Schlussfolgerungen für den Unterricht über Technik Technikwissenschaften sind keine angewandten Naturwissenschaften, jedoch liegen allen technischen Vorgängen und Sachsystemen Naturvorgänge zu Grunde Technik ist mit einer phänomenalen Betrachtung nicht erklärbar und kann deshalb nicht als Anhängsel von naturwissenschaftlicher Bildung existieren. Technik hat eigene Denk- und Arbeitsmethoden, die in den Naturwissenschaften nicht vorkommen. Wenn Technikunterricht einen wissenschaftspropädeutischen Anspruch erfüllen soll, bedarf es einer eigenen Fachdidaktik, die auch auf der Systemtheorie der Technik (Allgemeine Technologie) beruht. Technikunterricht erfordert eine spezifische Ausstattung mit Lehr- und Lernmitteln Technik braucht einen eigenständigen Platz in der Schule. In einem Fach „Natur und Technik“ muss nach den Konzepten der Technikdidaktik gelehrt werden.