Das Gal4/ UAS System: Ein genetisches Schweizermesser Bertram Gerber, Stephanie Wegener, Thomas Hendel Universität Würzburg Supplement zu Gerber et.

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Algorithmen und Datenstrukturen
Advertisements

Christian Scheideler SS 2009
Hier einige Hieroglyphen:
Das V - Modell - Überblick
Rekursion: Rekurrenz: Algorithmen rufen sich selbst (rekursiv) auf.
Falls Algorithmen sich selbst rekursiv aufrufen, so kann ihr Laufzeitverhalten bzw. ihr Speicherplatzbedarf in der Regel durch eine Rekursionsformel (recurrence,
Simulation komplexer technischer Anlagen
Tipps & Tricks zu benutzerdefinierten Animationspfaden
Prof. Dr. W. Conen 15. November 2004
Von der DNA zum Organismus
Gene und Gehirn Lehrerfortbildung Freiburg i. Brsg.
Gentechnologie Definition Gentechnologie:
Projektumfeld Gesellschaftliche Strömungen Strukturen/ Gliederung
Objektorientierte Programmierung
Support.ebsco.com EBSCOhost Page Composer Lernprogramm.
Verschlüsselungsverfahren Gruppe 3/ Judith Neu / Stephanie Czichon
Das V - Modell - Überblick
Transgene, Keimbahn- und konditionelle KO-Mäuse
Die Gene für das Farbensehen
Anwendungen der PCR und von Hybridisierungstechniken
(Ron Rivest, Adi Shamit, Leonard Adleman , 1977)
So animieren Sie Kreisdiagramme mit der Eingangs-Animation „Rad“
Bilder vergrößern ohne Qualitätsverlust
Recovery AIFB SS (1/8) Sicherungspunkte (Checkpoints) (1/8) (1) Transaktions-Orientierte Sicherungspunkte Transaction-Oriented Checkpoint.
Henrik Scholz & Benjamin Wanitschka
1 Nutzen Sie diese Powerpoint-Präsentation beim Selbstlernen oder in Veranstaltungen zur Einführung in das jeweilige Thema. Einführung Lernmodul Nutzungsbedingungen:
Tutorium Aufgabe 1 Informationen in Designmatrix in: - Darin sind die Prädiktoren enthalten - Aber sagt uns noch mehr! Untersuchungsdesign darin.
Variationsformalismus für das freie Teilchen
Erste Schritte zur Konfiguration
Genmutation.
Übungsaufgaben für Microsoft Excel
Präsentation #3 Die 4 Dinge die wir tun.
Powerpoint 2010 Start Funker Panorama: Zuschauer auf der Elbbrücke beim Weinfest 2011 in Meißen.
Grüne und Rote Gentechnik
Theorien, Methoden, Modelle und Praxis
Beweissysteme Hartmut Klauck Universität Frankfurt WS 06/
Information und Kommunikation Hartmut Klauck Universität Frankfurt SS
Wird ganz am Anfang der HTML-Datei geschrieben Doctype html public bedeutet, dass man sich auf die Öffentlichkeit der html-dtd bezieht Html ist die meist.
Wie kann man erreichen, das jemand der
VERERBUNGSLEHRE Teil 3.
Warum sind Geschwister nicht genetisch identisch?
Dallinger Georg, 8.A BRG Schloss Wagrain
Transformation Grundlagen: Ampicillin Tetracyclin
Translation und Transkription
Präsentationsvorlage Ziel = einheitlicher Auftritt
Das Leben ist ein Karussell
PowerPoint-Learning von Andrea Brügger
Evolution, Genetik und Erfahrung
Auf Normalnährboden kein Wachstum
Von Till Puncak und Jannik Selle
Grundlagen von PowerPoint
ARBEITSEBENEN IN DER GESTALTUNG. Realisieren Bedingt durch die Notwendigkeit der Herstellung des gestalteten Produkts oder Prototyps dafür ist der Gestalter.
Als Tauschbörse bezeichnet man kostenfreien Austausch von Waren
Vom graphischen Differenzieren
Bakteriengenetik 2. Warum sind Bakterien besonders geeignet?
VERERBUNGSLEHRE Teil 2.
Die identische Reduplikation
Using Reflexive Behaviors of the Medicinal Leech to Study Information Processing William B. Kristan Jr., Sawn R. Lockery und John E. Lewis.
Schritt für Schritt-Anleitung
Für weitere Informationen gehen Sie bitte zu:
Woher kommt unser täglich Brot?
DER ERNEU- ERBARE MENSCH ? Methoden, Erkenntnisse und Konsequenzen der Stammzellforschung 5. – 7. Februar 2015 Schülerseminar und Symposium der EKHN Stiftung.
Technische Universität München Universität Stuttgart 02. Juli 2012 Projekttreffen Felix-Müller-Museum Neunkirchen am Brand Die Temperierung als Mittel.
DER ERNEU- ERBARE MENSCH ? Methoden, Erkenntnisse und Konsequenzen der Stammzellforschung 5. – 7. Februar 2015 Schülerseminar und Symposium der EKHN Stiftung.
Dosiskompensation Drosophila melanogaster
Was aber ist eine Art? Man kann nicht einfach sagen, das was anders aussieht, ist eine andere Art zunächst einmal nach Merkmalen: Aber nach welchen Merkmalen?:
CRISPR/Cas9 Gentechnik
Molekulare Zellbiologie
Umweltkommunikation MitWirkung 4./
 Präsentation transkript:

Das Gal4/ UAS System: Ein genetisches Schweizermesser Bertram Gerber, Stephanie Wegener, Thomas Hendel Universität Würzburg Supplement zu Gerber et al., Neuroforum 03/ 2007

Das Gal4-UAS-System: Ein genetisches Schweizermesser Die Vielfalt der Zellformen eines Organismus beruht darauf, dass in verschiedenen Zellen verschiedene Gruppen von Genen aktiviert sind - schließlich tragen alle Körperzellen dieselbe Erbinformation. Daher müssen die Organismen über Verfahren verfügen, die Genexpression zellspezifisch zu steuern. Das kann man sich zunutze machen, um bei Drosophila experimentell jedes Protein in jeder gewünschten Zelle und zu jedem gewünschten Zeitpunkt herzustellen (Brand und Perrimon 1993; Phelps und Brand 1998). Der Pfiff dieser Methode beruht darauf, dass verschiedene Organismen verschiedene Tricks zur Steuerung ihrer Erbanlagen entwickelt haben; so besitzen Wirbeltiere „Schalter“proteine (Transkriptionsfaktoren „TF“), die an spezielle Erkennungsstellen des Erbgutes („E“) binden und so die Umsetzung benachbarter Gene in „Arbeits“- proteine auslösen. Bei Insekten und Hefen kommen je andere Transkriptionsfaktoren vor, und die entsprechenden Erkennungsstellen im Erbgut sind verschieden bzw. fehlen. Stattdessen haben sie ihre je eigenen Systeme der genetischen Steuerung entwickelt, bei der Hefe beispielsweise das Schalterprotein Gal4 und dessen Erkennungsstelle UAS; Gal4-Protein und UAS-Erkennungsstelle kommen weder bei Insekten noch bei Wirbeltieren vor. Man kann nun bei Drosophila durch Mikroinjektion in die Keimbahnzellen das Gal4-Gen an einer zufälligen Stelle des Fliegenerbguts einbauen. Da in unterschiedlichen Zellen unterschiedliche Gene abgelesen werden, kann das Gen für das Gal4-Protein in manchen Zellen der Fliege als „Trittbrettfahrer“ mit abgelesen werden - wenn es in der Nachbarschaft eines in diesen Zellen ohnehin exprimierten Gens „gelandet“ ist (E-Gal4). In den Zellen, in denen kein benachbartes Gen abgelesen wird, wird auch das Gal4-Gen nicht abgelesen. Würde das Gen für Gal4 an einer anderen Stelle eingebaut, entstünde ein anderes Muster von Gal4-exprimierenden Zellen. Die Drosophila-Gemeinde hat in den vergangenen Jahren tausende solcher Fliegenstämme hergestellt, die verschiedenen Muster der Gal4-Expression beschrieben und die Stämme in öffentlichen Sammlungen zugänglich gemacht. So exprimieren die Fliegenstämme mb247-Gal4 und GH146-Gal4 das Gal4-Protein im Pilzkörper bzw. in den Projektionsneuronen. Allerdings bleibt das Gal4-Protein zunächst ohne Effekt: In den Erbanlagen der Fliege gibt es ja keine Erkennungsstelle! Also stellt man eine weitere Fliegensorte her, in deren Erbgut man die UAS-Erkennungsstelle eingebaut hat. Entscheidend ist, dass das injizierte genetische Element nicht nur die UAS-Erkennungsstelle trägt, sondern dass man hinter die UAS-Erkennungssequenz jedes beliebige Gen X einbauen kann. Man hat dann zwei Sorten von Fliegen: die E-Gal4 Fliegen, die zwar in allen ihren Zellen das Gal4-Gen tragen, es aber nur in manchenZellen ablesen – und die insbesondere keine UAS-Erkennungssequenz tragen.Sowie die AUS-Gen- X Fliegen, die zwar in allen Zellen die UAS-Erkennungssequenz und dahinter das gewünschte Gen X tragen, aber in keiner Zelle Gal4 herstellen. Erst wenn man beide Fliegensorten kreuzt, wird das Gen X in dem durch die Expression von Gal4 vorgegebenen Muster E exprimiert. Da Gal4 die Expression des Gens X bewirkt, spricht man bezüglich der Gal4 Fliegen von „Treiberfliegen“, während man bezüglich der UAS Fliegen von „Effektorfliegen“ spricht, da die Wirkung des Gens X den experimentellen Effekt ausmacht. Bei der Anwendung dieser Methode sind der Phantasie nur durch die möglichen Funktionen von Proteinen Grenzen gesetzt. So kann man als Gen X Markierungsproteine zur Expression bringen, um Zellen anatomisch darzustellen (z.B das Green Fluorescent Protein); man kann Varianten dieser Proteine verwenden, die ihre Fluoreszenz in Abhängigkeit des Ca2+-Spiegels oder der Membranspannung ändern, um neuronale Aktivität optisch messbar zu machen; man kann diese Zellen abtöten, indem man Proteine der Zelltodkaskade exprimiert oder das Feuern der Zellen unterbinden, indem man manipulierte Ionenkanalproteine zur Expression bringt. Man kann synaptischen Output reversibel unterbinden, indem man eine temperaturempfindliche, dominant negative Variante des Dynamin Proteins exprimiert, und man kann die Aktivität der Zellen durch Licht fernsteuern, indem man lichtgesteuerte Ionenkanalproteine verwendet. Es ist möglich, in mutanten Tieren eine intakte Kopie des mutierten Gens in einzelnen Zellgruppen zur Expression zu bringen, oder in wildtypischen Tieren dessen Funktion per RNA-Interferenz zu reduzieren. Für alle diese Effekte hat man zusätzlich Methoden entwickelt, die Gal4-Funktion zeitlich zu steuern und um also jedes Protein in jeder genetisch definierten Zellgruppe und nur zum gewünschten Zeitpunkt zu exprimieren. Weiter kann man durch zusätzliche Verwendung eines Gal4 hemmenden Proteins (Gal80) die Effekte der Gal4-Expression räumlich begrenzen und mittels der FLP-out Methode sogar auf einzelne, individuell identifizierbare Zellen beschränken. Schließlich kann man auch gezielte Expressionsmuster erreichen, indem man aus dem Fliegenerbgut bekannte Erkennungsstellen für Fliegen-eigene Gene zur Herstellung der Gal4-Fliegen verwendet. Beispielsweise kann man die Erkennungsstelle des Drosophila-TH Gens, das zur Dopaminsynthese gebraucht wird, vor das Gal4-Gen einbauen, sodass Gal4 dann, unabhängig vom Ort im Erbgut, an dem sich dieses TH-Gal4-Element befindet, in nur den dopaminergen Zellen hergestellt wird. Die anatomische Beispielabbildung wurde von C. Korn und T. Saumweber, Universität Würzburg, zur Verfügung gestellt. Text aus Gerber et al. Neuroforum 03/2007

In verschiedenen Zellen sind verschiedene Transktiptionsfaktoren vorhanden, die je verschiedene Erkennungsstellen benötigen und je verschiedene Gene aktivieren TF E Gen Zelle 1 Zelle 2 Protein

Achtung: Die homologen Chromosomen sind der Einfachheit halber immer weggelassen! Zelle 1 Zelle 2 E

Andere Spezies haben andere Transkiptionsfaktoren mit je anderen Erkennnungsstellen Gal4 Gal4 Gen UAS Gal4 Gen

Per Keimbahntransformation wird das Gal4 Gen in das Fliegengenom eingeschleust und dort an einer zufälligen Stelle eingebaut E E

Gal4 wird nur in den Zellen produziert, in denen eine benachbarte fliegen-eigene Erkennungsstelle aktiviert ist E E

Jedes Gen der Wahl kann hinter die Gal4-Erkennungssequenz kloniert werden UAS Gal4 Gen UAS Gen X

Ein zweiter Fliegenstamm wird hergestellt Per Keimbahntransformation wird das Effektorelement in das Fliegengenom eingeschleust

Ohne Gal4 kann die Erkennungssequenz nicht aktiviert werden

“Treiber” Fliege E “Effektor” Fliege

In nur den Zellen, in denen die fliegen-eigene Erkennungssequenz E aktiviert ist, wird Gal4 gebildet, aktiviert Gal4 seine Erkennungssequenz, und wird das Effektorgen produziert E E

F1 Nachkomme aus der Kreuzung von Treiber- und Effektor Fliege TF E Gen Zelle 1 Zelle 2 Fliege Protein Gal4 UAS Gal4 Gen Hefe “Treiber” Fliege Alle Zellen homozygot Treiberelement E “Effektor” Fliege Alle Zellen homozygot Effektorelement UAS Gen X “Effektor” Element F1 Nachkomme aus der Kreuzung von Treiber- und Effektor Fliege Alle Zellen heterozygot für sowohl Treiber- als auch Effektorelement E

Ist die fliegen-eigene Erkennungssequenz bekannt, kann sie direkt vor das Gal4 kloniert werden: gezielte Gal4 Expression E Gal4 Modifiziertes “Treiber” Element “Treiber” Fliege E “Effektor” Fliege F1 Nachkomme E