EÜ Literatur Alles Goethe, oder was? 10. Einheit
oder WO GOETHE DRAUFSTEHT, IST NICHT IMMER AUCH GOETHE DRIN TEXT und EDITION oder WO GOETHE DRAUFSTEHT, IST NICHT IMMER AUCH GOETHE DRIN
Nochmals… Ein Gleiches Über allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde, Warte nur, balde Ruhest du auch.
Überlieferung 1. Inschrift auf dem Kickelhahn, 1780 2. Niederschrift von J. G. Herder, vor 1781 3. Abschrift von Luise Ernestine von Göchhausen, vor 1781
4. Abschrift von fremder Hand in einem Brief 4. Abschrift von fremder Hand in einem Brief Goethes an Charlotte von Stein, 1780 5. Unautorisierter Nachdruck von Joseph Rückert in einem Journal, 1800 6. Abdruck im „Monthly Magazine“, 1801 7. Abdruck in „Der Freimüthige“ (Berlinische Zeitung), 1803 8. Vertonung durch Karl Friedrich Zelter, 1814 9. Autorisierter Druck bei Cotta, 1815
Befund Überlieferung: Goethes Gedicht „Ein Gleiches“ ist in insgesamt 9 Handschriften und Drucken ( = Überlieferungsträger, Textzeugen) überliefert
Kritische Sichtung Kritische Sichtung Befund kritische Sichtung: der einzelnen Textzeugen / Vergleich in einer Synopse ( = „Zusammenschau“) siehe Ausdruck Befund kritische Sichtung: die einzelnen Texte weichen voneinander ab ( = verschiedene Fassungen) Goethe ≠ Goethe!!
Ein Gleiches Über allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde, Warte nur, balde Ruhest du auch.
Weimarer Ausgabe / „Sophien“-Ausgabe
Editionswissenschaft 0 Teildisziplin der Literaturwissenschaft Lat. editio = Herausgabe, Mitteilung an eine Öffentlichkeit (auch einer Schrift) Ziele: einen handschriftlichen oder gedruckt überlieferten Text in möglichst authentischer Form zur Verfügung zu stellen Methoden: abhängig vom Gegenstand: vom Text, seiner Entstehung und seiner Überlieferung Edition älterer (mediävistischer) Texte Edition neuerer (neuzeitlicher) Texte
Editionswissenschaft I Die Methode der Textkritik Heuristik / Vorarbeiten Recensio und Examinatio Emendatio und Konjekturalkritik
Handschriftenstemma *O *A B C F D E g H
Beispiel: Reinmar von Hagenau oder Reinmar der Alte um 1200 Hofdichter in Wien am Kreuzzug von 1190 teilgenommen Minnesänger (Hohe Minne) Lehrer Walthers von der Vogelweide Große Heidelberger oder Manessesche Liederhandschrift fol. 98 r
Textauswahl: 3 Strophen sind in verschiedenen Handschriften überliefert Große Heidelberger (oder Manessesche) Liederhandschrift, Anfang 14. Jh. = Hs C Weingartner Liederhandschrift, um 1300 = Hs B Würzburger Liederhandschrift, um 1350 = Hs E
Faksimileausgabe der Hs C (Manesse), fol. 98 v fac simile = mach‘s (möglichst) ähnlich
Reinmar-Ausgaben (Auswahl) Karl Lachmann, 1857 Hugo Moser und Helmut Tervooren, 1988 Hubert Heinen, 1989
Lachmann 1857 Textteil
Moser/Tervooren 1988 Textteil
Lachmann und Moser/Tervooren im V e r g l e i c h
Die Strophen weichen in der Anordnung ab Befund des Vergleichs: Die Strophen weichen in der Anordnung ab (MIR – ICH 1 – ICH 2 versus ICH 2 - MIR- ICH 1) Die Verszeilen weichen in ihrem Wortlaut voneinander ab daz iemer werde ein ander wip versus daz iemer werde dehein ander wip Lachmanns Ausgabe enthält Elemente, die in keiner der 3 Handschriften überliefert sind daz ich deheinen den gewalt
Wie kommt es dazu? Fortsetzung am 11.6.2012