Die kosmische Symphonie Dunkle Materie, Neutrinos und Kosmologie

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 Präsentation transkript:

Die kosmische Symphonie Dunkle Materie, Neutrinos und Kosmologie Mikrowellen vom Urknall Dunkle Materie Gekoppelte „Neutrino-Pendel“ Michael Kobel Physik am Samstag TU Dresden 18.11.2006

Rückblick zum Urknall 1 ms bis 1s nach dem Urknall Antimaterie vernichtet ca. 99,9999999% der Materie Riesige Strahlungsmenge entsteht („Photonen“) Strahlung und Restmaterie bleiben in Wechselwirkung 380.000 Jahre nach Urknall: Atomhüllen bilden sich Das Universum wird durchsichtig Hintergrundstrahlung breitet sich ungehindert aus

Analogie: Sonne Gasball aus H2 und He, normalerweise durchsichtig Innen: T > 10.000.000 K Ionisation der Atome freie Elektronen Licht jeder Energie wird absorbiert und wieder emittiert Erst nach ~100.000 Jahren Ankunft nahe der Oberfläche Oberfläche (Photosphäre) T = 6000 K Elektronen an Atome gebunden Licht kann entweichen erreicht nach 8 min ungehindert die Erde

Strukturbildung im Universum Kleine Dichteunterschiede als Nachhall des Urknalls Verstärken sich durch „Aufsammeln“ aus Umgebung Schwerkraft: Wo schon viel ist, landet noch mehr

Der Nachhall des Urknalls Dichtere Regionen sind etwas wärmer als dünnere Hintergrundstrahlung von dort ist etwas energiereicher Mittlere Temperatur heute: 2,73 K über absolut Null (-270,42 oC) Typische Temperaturschwankungen: +- 0,0002 K Physik Nobelpreis 2006: Entdeckung dieser Schwankungen John C. Mather und George Smoot (COBE Satellit) COBE

Wenn das Universum heute 80 Jahre wäre… (13. 700. 000 Wenn das Universum heute 80 Jahre wäre… (13.700.000.000 Jahre  80 Jahre) Ein Neugeborenes, 19 Stunden alt. Erste Schritte mit 13 Monaten Das Universum ist 80. „Hat“ seit 5 Stunden Homo Sapiens Schulanfang mit 6 Jahren

Mikrowellen als Babyfoto Cobe 1994 WMAP 2003

Nach Abzug unserer Milchstraße entspricht Dicke eines Haares auf 2,73m Winzige Temperaturschwankungen: T=2,73 K +- 0,0002 K “heiße” und “kalte” Flecken = “dichte” und “dünne” Gebiete genau wie bei Schall  Klang des Universums

1. Versuch: Gummiseile 2.Versuch; Rubenssches Flammrohr

Die Obertöne des Kosmischen Klangs Das Ohr hört an Obertönen: Art des Instruments geübtes Ohr: Bauweise Astrophysiker erkennen an den Obertönen: „Form“ des Universums Zusammensetzung 3. Versuch: Chladni Figuren

Schallwellen vermessen Geometrie Geometrieänderung (Dichte=const.) ergibt Frequenzänderung Länge  Tonhöhe Form  Klang (Frequenzzusammensetzung) Dichteänderung (Geometrie=const.) ergibt ebenfalls Frequenzänderung a e i o u 4.Versuch: Monochord, 5. Versuch: Fouriertrafo 6.Versuch: Pfeife mit Helium 7.Versuch: Helium und SF6: Luftballons und Einatmen Universum: Kenne v und f  bestimme l (Maßstab)

Raumkrümmung negativ gekrümmt W < 1 flach W = 1 positiv gekrümmt erlaubt Rückschluss auf gesamten Energieinhalt ( Masseninhalt) W W = M / Mflach flach negativ gekrümmt positiv gekrümmt W < 1 W = 1 W > 1 8. Versuch: Trommel und 2 Kugeln 9. Versuch: großer Ball, Becherglas mit Blatt Papier allgemeine Relativitäts- theorie

Geometrie = „Form“ des Universums W > 1 W = 1 W < 1 bekannter Maßstab - neg. gekrümmt - flach - pos. gekrümmt 13,3 Mrd. Lichtjahre l W = 1,02 +- 0,02

Zusammensetzung des Universums Beiträge zur Gesamtenergie W atomare Materie (p,n,e): WB Sterne, Planeten, Gaswolken, Schwarze Löcher,… -- dämpft den ersten „Oberton“ -- verstärkt den zweiten „Oberton“ nichtatomare „dunkle“ Materie (n, …): WDM Ungebundene Elementarteilchen, schwach wechselwirkend -- verstärkten den zweiten „Oberton“ „dunkle“ Energie: WV „kosmologische Konstante“ „Vakuumenergie“ unverdünnbar meine größte Eselei !? W = WB + WDM + WV = 1

Ergebnis 5% atomare Materie (WB =0,05) 25% nichtatom. Materie (WDM =0,25) 70% „dunkle Energie“ (WV =0,70) insgesamt flach (W=1,02+-0,02 )

Zwischenbilanz Nur 30% des Universums ist Materie Wm = WB + WDM = 0,3 5/6 davon ist nichtatomare, „dunkle“, Materie möglicherweise uns völlig unbekannt 70% ist keine Materie, sondern „dunkle Energie“ und treibt das Universum auseinander Weder die Erde noch die Sonne noch die Milchstraße ist Mittelpunkt des Kosmos Selbst der Stoff aus dem all das gemacht ist, ist eine Randerscheinung (< 5%) Die „dunkle Energie“ bestimmt die Zukunft

Sind Neutrinos die „Dunkle Materie“? 1930: theoretische Einführung (Pauli) 1956: experimentelle Entdeckung (Cowan und Reines) Neutrinos: “Singles“ des Universums schwach wechselwirkend: 999.999.999 von 1.000.000.000 schaffen Erddurchquerung ziemlich verbreitet: 366.000.000 Neutrinos / m3 im Vergleich zu 0,2 Protonen / m3  wesentlicher Beitrag zu zu Dunkler Materie, selbst wenn 1.000.000.000 Mal leichter als Protonen!!! aber (bis vor kurzem): Ruhemasse unbekannt

Pendel als Waage für Neutrinos Quantenphysik: Es gibt 3 Sorten von Neutrinos: ne nµ nt („Pendel“) gekoppelt zu 3 stabilen Moden n1 n2 n3 kleiner Energieunterschied DE2, abhängig von Kopplung Pendel: Frequenzunterschied Df2 Neutrinos: Massenunterschied Dm2 Anregung nur eines Pendels: Regelmäßige Oszillationen der Pendel, abhängig von Kopplung Bei Herstellung nur einer Neutrinoart: Regelmäßige Umwandlungen in die andere(n) Art(en) Bei Nachweis nur einer Neutrinoart: Neutrinos scheinen zu „verschwinden“, abhängig von Dm2 Analog zu akustischen Schwebungen bei kleinen Df2 10. Versuch: Neutrinopendel 11.Versuch Schwebungen

Unsere Sonne Neutrinos brauchen nur 2 sec vom Inneren an die Oberfläche!

Neutrinos aus der Sonne Kernfusion in der Sonne: 4p  4He + 2e+ + 2ne + 27 MeV Energie auf der Erde: 1011 solare Neutrinos / cm2 und Sekunde Produktion: 100% als „ne-Pendel“ ne nm? nt? Davis (1970 -2000): ne Nachweis auf der Erde Ergebnis: nur 30% der erwarteten ne Sinnvolle Verwendung von Putzmittel Bestätigung (1995) Kamiokande (Sonne live! im „Neutrinolicht“)

Der „Überlichtknall“ der Neutrinos SuperKamiokande 2000 50,000 t Wassertank ne nµ nt d u e- m- t-u W- n p 40 m hoch, 40 m Æ 11146 Lichtdetektoren 1 km tief in Kamioka Mine Japan Jeder der drei Neutrinoarten reagiert anders!

Atmosphärische Neutrinos p, K e nm ne m (Protonen, He…) L=10~20 km Primäre Kosmische Strahlen Im Idealfall nm : ne = 2 : 1 ne und nm aus Luftschauern: Es fehlen keine ne Es fehlen nm, umso mehr, je weiter der Weg war Erklärung: nm nt 12.Versuch: Funkenkammer

Erklärung der Messungen Sonnenneutrinos: weniger ne wegen Oszillation ne  nµ, t Atmosphärische Neutrinos: weniger nµ wegen Oszillation nµ  nt Nur möglich bei Energiedifferenz (d.h. Massendifferenz!) zwischen den stabilen Moden n1 n2 n3 Neutrinos haben Masse!! (Allerdings hier nur Differenzen von m2 messbar!) Beitrag zur Masse des Universums: 0.1% < Wn< 4% erklärt nur kleinen Teil der „dunklen“ Materie Animation: Ch. Weinheimer 1 2 3

Andere Kandidaten für Dunkle Materie? Supersymmetrische Teilchen? Würden helfen, mehrere Theoretische Fragen zu lösen Vereinigung aller Kräfte incl Gravitation Verständnis großer Zahlenverhältnisse Leichtestes SUSY Teilchen stabil = Dunkle Materie (ca 3000 /m3)? stabil, massiv (> 50 Protonmassen), schwache Wechselwirkung Direkte Entdeckung möglich bei: ATLAS & CMS am LHC des CERN

Der Large Hadron Collider LHC am CERN pp-Kollisionen bei 14 TeV Collider Ring (vormals LEP) mit 27 km Umfang, 100m unterirdisch o ALICE ° ATLAS CMS ° LHC-b

ATLAS Experiment am CERN, Genf Inbetriebnahme 2008 TU Dresden und ISEG Rossendorf Hochspannung für Energiemessung Warum? Was will man noch finden? You are here… Ingesamt 1800 Wissenschaftler aus 170 Instituten aus 35 Ländern

Zusammenfassung Die „Kosmische Symphonie“ der Mikrowellenhintergrund Obertöne ergeben Form und Zusammensetzung des Universums Das Universum ist im Mittel flach Die Masse der uns bekannten atomaren Materie bildet weniger als 5% der Gesamtenergie des Universums Neutrinos erklären nur einen Bruchteil der 25% nichtatomaren „dunklen“ Materie im Weltall Es gibt Ideen, was der Rest ist ( ATLAS / LHC Experiment 2008) 70% der Gesamtenergie steckt in „dunkler Energie“, unverstanden, aber bestimmend für Zukunft des Weltalls Kosmologie und Teilchenphysik, Quantenphysik und Mechanik sind eng verknüpft