Michael Kasten Stuttgart, Juni 2009 Gender Mainstreaming Beachtung unterschiedlicher Lebenswelten und Herstellung von gleichen Chancen auch für Männer Michael Kasten Stuttgart, Juni 2009 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Rechtslage Grundgesetz Artikel 3, Abs.2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz AGG Gleichstellungsgesetze der Länder SGB III, §§ 1, 8 und 8b, 11, 20 Beschäftigungspolitische Leitlinien der EU Hochschulrechtsänderungsgesetz §§ 4,5 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Herstellung von Männlichkeit durch mangelnden Väterzugang Einzige Bezugsperson ist die Mutter, Erweiterung des Bezugsfeldes um weitere Frauen (Großmütter, Erzieherinnen; Lehrerinnen...), Realisierung des eigenen Geschlechts, Entwicklung einer Vorstellung von Männlichkeit, Wenn ein differenzierter Zugang zu Männern fehlt: Unterdrückung des Weiblichen bzw. der für weiblich gehaltenen Tugenden, Rückgriff auf Männlichkeitsklischees, Medien (Kino, Video, Printmedien), Peer groups, Phantasien... MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Herstellung von Männlichkeit durch Erziehung Körperkontakt in Richtung Zärtlichkeit wird frühzeitig abtrainiert. Gefühle von Schwäche, Traurigkeit, Nachgiebigkeit und Schmerz müssen früh kontrolliert oder unterdrückt werden. Männlichkeit wird früh erkauft durch Verzicht auf Eigenschaften, die für weiblich gehalten werden. Autarke Problemlösungen werden frühzeitig erwartet. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Das Ergebnis herkömmlicher Männlichkeit Tradierte Männer getrauen sich nicht oder nur sehr zögerlich, aufgrund der Verhaltenserwartung an ihre männliche Rolle, ein Problem einzugestehen und um Hilfe zu bitten. Manifeste Schwierigkeiten werden von tradierten Männern nicht eingeräumt, um nicht für schwach gehalten zu werden. Tradierte Männer projizieren ihre Probleme auf andere, um die eigene Schwäche zu negieren. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Differenz zwischen rechtlicher und faktischer Gleichstellung z.B.: Bei Männern und Frauen mit Kindern zwischen 0-5 Jahren liegt die Beschäftigtenquote der Männer bei 90%, die der Frauen bei 49%. Die Gesundheit von Frauen und Männern ist unterschiedlich verteilt. Gewalterfahrungen bei Jungen werden bagatellisiert oder ganz verschwiegen, obwohl sie ebenso häufig davon betroffen sind wie Mädchen. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Computer“sucht“ Fixierung einer Mehrheit der Jungen zwischen 10 und 18 Jahren auf Computerspiele: Soziale Herausforderungen sind minimiert Männliche Attribute lassen sich unhinterfragt ausleben Übernahme einer „ersehnten“ Rolle bei Online-Spielen Möglichkeit starker Entscheidungen, Machtzuwachs, Wehrhaftigkeit, Siegererfahrung. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Auffälligkeiten Amok- und Exzesstaten ausschließlich oder fast ausschließlich männliche Täter Körperverletzungen 83% der Tatverdächtigen unter 21 Jahren sind Jungen 14 % weiblich unter 21 Jahre Koma- oder „Flatratesaufen“ überwiegend männliche Jugendliche Auffälligkeiten nach Elterneinschätzung 7,2 % männlich 5,4 % weiblich Quelle: Pierre van Wissen; Pubertät, eine „steinreiche“ Lebensphase; in:Soziale Arbeit 1/2009; S.16ff MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Differenzen im Arbeitsleben 52,7 % der berufstätigen Frauen arbeiten bis zu 20 Wochenstunden (abhängig beschäftigt) 12,5 % der F. arbeiten Vollzeit 59,1 % der Männer arbeiten Vollzeit 14,0 % der M. arbeiten bis zu 20 Stunden 2/3tel der Teilzeitfrauen verdienen 700,00 € weniger als TZ Männer. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Z.B.: Bildung und Arbeitsmarkt 2/3tel der Jugendlichen ohne Schulabschluss sind Jungen, 44% mit Abitur sind Jungen. Die Schulnoten der Jungen sind insgesamt deutlich schlechter als die der Mädchen. Die Arbeitsmarkt-chancen von Mädchen sind schlechter als die von Jungen. 80% mit Niedriglöhnen in Deutschland sind Frauen (EU=75%). MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Arbeitsleben und tradierte Männlichkeit Insbesondere patriachal geführte Betriebe erwarten von ihren Beschäftigten eine Form der Übererfüllung Für Übererfüllung stellen die Betriebe imaterielle und materielle Gratifikationen bereit Die Gratifikationen werden als Versprechen für eine erfolgreiche berufliche Biographie genommen Tradierte Männlichkeit findet ihre Entsprechung in beruflicher Übererfüllung und dem weitgehenden Verzicht auf außerberufliche Interessen und Bedürfnisse MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Tradierte Männlichkeit und Gesundheitskompetenzen Die Verengung sozialer Kompetenzen durch Erziehung schmälert den Zugang zur eigenen Gesundheit, beschränkt den Aufbau sozialer Netze, die für den Erhalt von Gesundheit unerlässlich sind. Die Suggestion eigener Stärke verhindert die Wahrnehmung von Hilfebedarf, und macht doppelt hilflos, wenn der Hilfebedarf unabdingbar ist. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Lebenserwartung und Befindlichkeit 2003 betrug die Lebenserwartung 81,6 Jahre für Frauen und 76 Jahre für Männer Die Geschlechterdifferenz hat sich in 13 Jahren um 9 Monate verringert In den Entwicklungsländern beträgt die Differenz etwa 4 Jahre bei insgesamt niedrigerer Lebenserwartung MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Disposition Offen ist die Erklärung der unterschiedlichen Lebenserwartung durch Abweichungen in der DNA-Sequenz Ergiebiger sind derzeit Erklärungen bezüglich der hormonellen Differenzen Die Testosteronsteuerung bei Jungen/Männern Die Östrogen und Gestagensteuerung bei Mädchen/Frauen Und der Differenzen durch eine geschlechtsspezifische Sozialisation MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Risikoverhalten und Sterblichkeit Bei einigen Krankheitsgruppen kommen auf eine verstorbene Frau mehr als zwei Männer Verletzungen und Vergiftungen (2,5) Psychische Verhaltensstörungen, Gebrauch psychtropischer Substanzen (2,3) Krankheiten des Atmungssystems (2,1) Erkrankungen des Verdauungssystems (1,7) Gesundheitsbericht 2006 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Suizidverhalten 2004 nahmen sich 7.939 Männer das Leben und 2794 Frauen Bei Männern ab 65 Jahren schnellt die Kurve nach oben 2/3tel aller Suizidversuche entfallen auf Frauen besonders die Altersgruppe der 15 – 24 jährigen Frauen ist offenbar davon betroffen Gesundheitsbericht 2006 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Früherkennung bei Kleinkindern MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Bewegungsradius von Jungen und Mädchen Die Lebenssituation von Kindern hat sich erheblich geändert: Vor 20 Jahren hatten Kinder einen Spielradius von 20 Kilometern Inzwischen beschränkt sich der Entdeckungsraum auf 4 Kilometer, wesentlich in „pädagogischen Käfigen“ unter Aufsicht: Spielplätze, Kita`s, Hort, Schule, Sportplätze, Musikschule, Tanzschule etc. mit DIN-gemäßen Gerätschaften Welche Folgen hat das für Jungen, wenn an sie tradierte Erwartungen gerichtet werden in Bezug auf Stärke, Souveränität und körperliche Fitness. Welche Folgen hat das für Mädchen? MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Normierter Alltag und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität) 1990 wurden 300.000 Tagesdosen des ADHS-Mittels Ritalin in Deutschland verschrieben 2007 waren es 45 Millionen tägliche Dosierungen! Offenbar sind Jungen besonders stark betroffen Kinder aus sozial schwachen Milieus und von Alleinerziehenden sind überproportional betroffen In Migrantenfamilien ist der Anteil unterproportional Süddeutsche Zeitung, 13./14.12.2008 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Gesundheitsförderung und Prävention Sucht Ernährung Bewegung Stressbewältigung Alkohol und Tabletten Männeressen / Frauenessen Muskelaufbau für Männer / Figurtraining für Frauen (Men´s Health: Starke Schultern in 60 Minuten, so gehen Sie an der richtigen Stelle in die Breite) Der Übererfüller als besonders guter Mann / die stets verfügbare mehrfach belastete Frau. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Gesundheitsförderung und Erreichbarkeit Frauen sind eher erreichbar für Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Männer verweigern sich eher. Je niedriger der soziale Status ist, desto schwerer sind die Menschen erreichbar. Die Angebote zur Gesundheitsförderung erreichen Männer mit niedrigem sozialen Status praktisch nicht. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Inanspruchnahme Allgemeinmedizin Quelle: Rieder; Lohff; Gender Medizin; Wien 2008 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Gesundheitliche Probleme und Arztkontakt Männer suchen im Schnitt nach 14 Tagen ärztliche Hilfe, wenn sie gesundheitliche Probleme haben Frauen suchen nach 3 Tagen ärztliche Hilfe auf Quelle: M. Despeghel; Männer entdecken ihre Gesundheit; in Die BKK; 04, 2009 MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Beispiel unipolare Depression Frauen scheinen offenbar doppelt so häufig betroffen wie Männer. Bei Männern gibt es allerdings eine zwei- bis dreifach erhöhte Sterberate durch Suizid, Alkohol und Unfälle. Vermutlich erfasst das Diagnosesystem depressive Erkrankungen bei Männern nur unzureichend. Häufiger als unter einer gedrückten Stimmung leiden Männer unter Ärgerattacken, Reizbarkeit und Agressivität. Im angloamerikanischen Raum wird daher auch eine männertypische Depression diskutiert. Eine wahrscheinliche Konsequenz ist ein reduziertes psychotherapeutisches und psychiatrisches Hilfeangebot für Männer Groß; Ch.; Gender Medizin – Medizin für Männer, Medizin für Frauen; www.aekno.de MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Krankenbegleitung und Pflege Zu beachten sind Unterschiedliche Symptomatiken, Unterschiedlicher Informationsbedarf, Unterschiede im Schmerzerleben, Unterschiedliches Verhältnis zu pflegerischen Interventionen, z.B.: Körperpflege, Dauerkatheter, Mobilisationsbereitschaft. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Das Recht auf geschlechtsspezifische Pflege Ein Gutachten im Auftrag des BM für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Igl), stellt klar, dass Pflegebedürftige ein Recht auf eine geschlechtersensible Pflege haben. Auslöser waren die Beschwerden behinderter Frauen auf fehlende Sensibilität bei der Pflege, insbesondere bei der Intimpflege. Heute sind die Frauen in der pflegerischen Versorgung, die z.B. als junge Menschen häufig Gewalterfahrungen im Krieg oder zum Kriegsende hinnehmen mussten. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Aktivierungs- u. Freizeitangebote in der Altenpflege In der Regel an weiblichen Interessen und Erfahrungen orientiert: Basteln, Tanzen, Seidenmalerei, Zubereitung von Mahlzeiten, Backen, Bestimmte Filmangebote. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Gleichstellung bedeutet für Frauen Eine verbesserte Balance zwischen Erwerbsarbeit und Familienarbeit und oder andere Interessen. Verbesserte Chancen auf Führungspositionen. Ungleichheiten bei Status, Einkommen und Altersbezügen auszugleichen. Die vielfältigen Neigungen und Fähigkeiten besser kennen zu lernen und ausleben zu können. Männer Intensivere Kontakte zu Familie und Kindern. In Führungspositionen, zu ihrem Anspruch als Übererfüller (Einsatz von Zeit, Emotion und Kraft) Distanz zu gewinnen und damit ihre Gesundheit zu stärken. Ihre übrigen Interessen ausleben zu können. Einen harmonischeren Übergang in den Ruhestand zu organisieren. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Gleichstellung bedeutet für Töchter Ein differenziertes Vaterbild zu bekommen und sich nicht immer um einen abwesenden oder erschöpften Vater bemühen zu müssen Zu Männern auf Augenhöhe Beziehungen eingehen zu können Ein realitätsgerechtes Bild der Mutter zu bekommen und Kompetenzen als weiblich wahrzunehmen, die überwiegend männlich konnotiert sind Ein befreites Bild von Weiblichkeit entwickeln zu können Söhne Distanz zum tradierten Männerbild zu bekommen, weil sie jetzt ihren Vater differenzierter und vielfältiger wahrnehmen, mal schwach, mal stark, fröhlich, traurig, souverän usw. Eine realitätstaugliche Idee von Männlichkeit zu entwickeln Frauen als kompetent über Familie und Haushalt hinaus wahrzunehmen, nicht nur als Mutterfiguren Frauen als Partnerinnen und nicht als Objekte wahrnehmen zu können MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw
Und zum Schluss: G.B. Shaw: „Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt ist meine Schneiderin, die nimmt jedes mal neu Maß, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen, in der Meinung, sie passten heute noch. MichaKasten@web.de Michael Kasten, bfw