Gliederung und Aufbau eines Gutachtens (nach H.-J. Fisseni)

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Gliederung und Aufbau eines Gutachtens (nach H.-J. Fisseni) Gutachtenpraktikum WS 2006/07 Leitung: Dipl.-Psych. M. Seip & Dr. A. Thiele Referent: Michael Weigand

Abgrenzungen / Definitionen Beispiele für Bereiche, in denen Gutachten erstellt werden: Schule Versicherungsträger Strafgerichte Zivilgerichte Familiengerichte sehr vielfältig  kein einheitliches Schema möglich, jedoch „Standards und Kriterien“ vielen Tätigkeitsfelder / Fragestellungen, zu denen Gutachten erstellt werden: „Richtlinien für die Erstellung Psychologischer Gutachten“ (dvp, 1994, 12-16; Kühne & Zuschlag, 2001) Schule: Lernfähigkeit, Verhaltensauffälligkeit, Wahl von Schulformen Versicherungsträger: Rentenfragen, Berufsunfähigkeit Strafgericht: Schuldfähigkeit, Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen Zivilgericht: Prozessfähigkeit, Delikthaftung, Schadensersatz Familiengericht: Sorgerecht  kein einheitliches Erstellungsschema möglich  Dennoch „Standards u. Kriterien“ für die Erstellung von Gutachten 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Abgrenzungen / Definitionen „Ein … Psychologisches Gutachten ist eine wissenschaftliche Leistung, die darin besteht, aufgrund wissenschaftlich anerkannter Methoden und Kriterien nach feststehenden Regeln der Gewinnung und Interpretation von Daten zu konkreten Fragestellungen Aussagen zu machen.“ (Richtlinien für die Erstellung Psychologischer Gutachten, dvp, 1994, 8-9) 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Abgrenzungen / Definitionen Abgrenzung von Gutachterliche Stellungnahme Psychologische Stellungnahme Untersuchungsbefund Prozess der Begutachtung Fragestellung Datenerhebung Integration der Daten zu einem Gutachten Abgrenzung: „Gutachterliche Stellungnahme“: psychologische Antwort auf eingeschränkte Einzelfrage „Psychologische Stellungnahme“: Stellungnahme zu Gutachten/Fragestellung ohne eigene Befunderhebung „Untersuchungsbefund“: für Laien aufbereitete Aussage über Ergebnisse einer psychologischen Untersuchung Kubinger: „Gutachten und Befund sind zwei verschiedene Gesetzesbegriffe“ Befund = Feststellung und Beschreibung von Tatsachen, die der Sachverständige durch Sinneswahrnehmung und mit wissenschaftlichen, künstlerischen Methoden ermittelt hat Gutachten = Schlussfolgerungen aus ermittelten Tatsachen durch Anwendung des Fachwissens oder Erfahrungswerten 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Abgrenzungen / Definitionen Voraussetzungen der Begutachtung Schriftform Ethische Ansprüche Formale Gestaltung Thomae (1967): Gutachten = Versuch der Kommunikation zwischen Experten (Diplompsychologe) und Laien (Fragesteller) Voraussetzungen: HANY (2000): Involvierte Personen sollten rationalen Argumentation Priorität einräumen. Wissenschaftlichen Methoden Brauchbarkeit zuerkennen. Über Rollenzwänge bewusst sein. Schriftform: Kubinger: Nicht immer gibt es eine schriftl. Abfassung (Personalwesen) Rauchfleisch: schriftliche Fixierung erfolgt nach jeder Begutachtung Grundsätze der Berufsverordnung BDP: Der Psychologe ist verpflichtet, über Beratungen und Behandlungen aussagefähige Aufzeichnungen zu erstellen“. 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Gutachten-Gliederung Übersicht Vorgeschichte Untersuchungsbericht Befund Stellungnahme Übersicht Vorgeschichte Auflistung von Informationen zu Beginn der Untersuchung (Quellen) Untersuchungsbericht Informationen, die Gutachter bei Proband erhoben hat Befund Thematische Zusammenfassung der Informationen aus Vorgeschichte und Untersuchungsbericht Stellungnahme Diagnose oder Prognose oder Entscheidungsvorschlag 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

1. Übersicht Inhalt: Sprachregelungen: Benennung des Problems Fragesteller Gutachter Untersuchungsinstrumente Untersuchungstermine Sprachregelungen: Anordnung in Form eines „Briefkopfes“ 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Gutacher und Mitgutachter Adressat als Empfänger Datum Betreff (Fragestellung) Bezug (schriftliche u. mündliche Vorgänge) Überschrift spezielle o. neutrale Anrede Aufgabe des Gutachtens Quellenauflistung

2. Vorgeschichte Entdeckungszusammenhang Sprachregelungen: Bereits vorliegende Informationen Sprachregelungen: Informationsquelle Konjunktiv Einbettung der Fragestellung in Kontext  nur relevante Informationen! Spitznagel (1984): „Vorgeschichte ist eine zentrale Stelle“ an der Missverständnisse erzeugt und weitergegeben werden können.“ Woher stammt die Information? Angaben einer Quelle werden im Konjunktiv verfasst 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Einleitung der Abschnitte jeweils im Indikativ (Bezugnahme auf die Quellen) Aussagen über die Vermutung des Psychologen (zweiter Abschnitt) und Inhalte des väterlichen Antrags (dritter Abschnitt) im Konjunktiv

3. Untersuchungsbericht Verfassen eines Berichtes für jedes einzelne Verfahren: Testbeschreibung Verhaltensbeobachtung Ergebnisbericht Interpretation Freie Variation dieser Gliederung mit Rücksicht auf Fragestellung und Empfänger Testbeschreibung Welche psychodiagnostischen Instrumente wurden verwendet? Kurze Beschreibung Verhaltensbeobachtung Für Fragestellung relevantes Verhalten des Probanden Ergebnisbericht Wichtigsten Resultate werden vorgelegt Interpretation Welche diagnostischen Aussagen sind in den Ergebnissen enthalten 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

3. Untersuchungsbericht Sprachregelungen: Verhaltensbeschreibung, Ergebnisbericht und Interpretation im Imperfekt, denn sie sind test- und situationsbezogen Aussagen Unpersönliche Formulierung der Interpretation Exploration, Anamnese, Gespräche: thematische gegliederte Zusammenfassung Probandenaussagen im Konjunktiv wenige und kontextgebundene Zitate (Untersuchungsbericht in mehreren Schritten) Unpersönliche Formulierung der Interpretation: Herr X ist überdurchschnittlich aggressiv Herr X erreicht einen Wert von… Untersuchungsbericht in mehreren Schritten, wenn sehr viele Einzelangaben in Verfahren enthalten sind 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

4. Befund Schlüsselstellung im Gutachten Ziele des Befundes: Zusammenfassen (Integration) von Aussagen zu einem Merkmal in einem Abschnitt Identifizieren von relativ stabilen Verhaltensweisen Deskription (nicht Explikation) von Verhalten Darstellung aus der Perspektive des Probanden 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

4. Befund 4.1 Integration von Aussagen: Gutachter muss Aussagen auswählen und gewichten Integration quantitativer Verfahren Integration qualitativer Verfahren Item-Inhalte: Orientierung an Elementarkategorien Integration quantitativer Verfahren: Handbuch lesen Theoretische Zuordnung des Verfahrens Konvergente u. divergente Trennschärfe Konvergente u. diskriminante Validität (Zush. Mit Kriterien , die ähnliche oder abweichende Konstrukte repräsentieren) Item-Inhalt: Exploration und Fragebogen anderes Interesse für Literatur 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

4. Befund 4.2 Beschreibung (relativ) stabiler Verhaltensweisen Thomae (1967): Dasselbe Merkmal zu verschiedenen Zeitpunkten Dasselbe Merkmal in ähnlichen Situationsklassen simultan Merkmal wird anderen Merkmalen zugeordnet Dasselbe Merkmal in ähnlichen Situationsklassen simultan Konzentration Merkmal wird anderen Merkmalen zugeordnet Depressivität  Hoffnungslosigkeit, externale Kontrollüberzeugung. 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

4. Befund 4.3 Deskription, nicht Explikation des Verhaltens Diagnostische oder prognostische Aufhellung erst in der Stellungnahme 4.4 Darstellung aus der Perspektive des Probanden Angaben sollen Probanden charakterisieren: NICHT: Freunde beschreiben Herrn X als… sondern: Herr X verhält sich wenig spontan.. 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

4. Befund Drei Schritte zur Befunderstellung: Befundliste Befundskizze Zusammenziehen der Einzelergebnisse Befundskizze Fasst Aussagengruppen der Befundliste enger zusammen (reduziert Redundanz) Ausformulierter Befund Wird im Präsens formuliert 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

5. Stellungnahme Antwort auf die diagnostische Frage Wiederholung der Fragestellung Zerlegung in Teilfragen Orientierungsfragen für Anfänger: Welche Probleme liegen vor? Worauf gehen die Probleme zurück? Was kann geschehen, um die Probleme zu lösen?  Ziele und Methoden 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

5. Stellungnahme Belege für Argumentation in Vorgeschichte, Untersuchungsbericht und Befund Beschränkung auf die Beantwortung der Fragestellung evtl. konkrete Maßnahmen vorschlagen Wenn der Gutachter zu keinem Urteil kommt, sollte er dies zum Ausdruck bringen 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

Literatur Fisseni, H.-J. (2004). Lehrbuch der psychologischen Diagnostik. (Kap. 22). Göttingen: Hogrefe. Westhoff, K., Hagemeister, C. & Stroebel, A. (2006). Psychologische Begutachtung. In In F. Petermann & M. Eid, Handbuch der Psychologischen Diagnostik (S. 396-406).Göttingen: Hogrefe. Kubinger, K. D. Psychologisches Gutachten. In K. D. Kubinger & R. S. Jäger, Schlüsselbegriffe der Psychologischen Diagnostik S.187-195). Weinheim: Beltz. 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand

VIELEN DANK FÜR EURE AUFMERKSAMKEIT! Das wars…. 16, November 2006 Gliederung und Aufbau eines Gutachtens Referent: Michael Weigand