Von der Neoklassik zur neuen Wachstumstheorie: Wachstums- und außenhandelstheoretische Erklärungsansätze räumlicher Differenzierung Martin Bostelmann Marius.

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 Präsentation transkript:

Von der Neoklassik zur neuen Wachstumstheorie: Wachstums- und außenhandelstheoretische Erklärungsansätze räumlicher Differenzierung Martin Bostelmann Marius Diehl

Gliederung Wachstumsmodelle Außenhandelstheorien Polarisationstheorie Neue ökonomische Geographie

Wachstumsmodelle Neoklassisches Wachstumsmodell (Solow) Prämissen sind von den Klassikern wie z.B. Ricardo weitestgehend übernommen: - Vollbeschäftigung - vollkommene Konkurrenz - freie Mobilität der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kaptial) und Substituierbarkeit - keine Transportkosten - identische Produktionsfunktionen mit konst. Skalenerträgen - Ein-Gut-Produktion

Quelle: Schätzl – Angleichung der Faktorentgelte Neoklassisches Wachstumsmodell (Solow) Produktionsfkt. Y = F (N,K) Produktfaktoren gleichen sich an, da: - gleiche Produktionsfkt. - keine Transportkosten Konvergenz Y = F (A,K) Quelle: Schätzl – Angleichung der Faktorentgelte

Kritik Divergierendes weltwirtschaftliches Wachstum, statt Konvergenz Technischer Fortschritt, als einzige Variable, die in der Lage ist langfristig Wachstum zu erklären wird nicht modellintern erklärt Prämissen wie identische Produktionsfkt.; Vollbeschäftigung und vollkommene Konkurrenz sind realitätsfern Arbeitsmobilität wird von weiteren Einflussmöglichkeiten beeinflusst als nur aufgrund von Lohndifferenzen Agglomerationsvorteile finden keine Beachtung

Neue Wachstumstheorie Stärkere Berücksichtigung des technischen Fortschritts, endogen erklärt Berücksichtigung externer Effekte Verschärfung regionaler Disparitäten möglich Legitimation für innovationspolitisches Handeln des Staates ableitbar Prämissen abweichend von Neoklassik unvollständiger Wettbewerb; Grenzerträge konstant oder zunehmend; endogene Erklärung des technischen Fortschritts; positive externe Effekte Prämissen wie in der Neoklassik geschlossene Volkswirtschaften; Ein-Punkt-Ökonomien; rational entscheidende, optimal informierte Agenten

Neue Wachstumstheorie Innovationsmodell von Romer Ziel: Endogene Erklärung der Bedeutung technischen Fortschritts für das Wachstum einer geschlossenen Volkswirtschaft Prämissen: Technischer Wandel als Kernelement ökonomischen Wachstums, induziert fortwährende Kapitalakkumulation Technischer Wandel ist nach Marktanreiz ausgerichtet Nach Abschreibung können Blaupausen ohne zusätzliche Kosten immer wieder genutzt werden

Neue Wachstumstheorie, Romer

Neue Wachstumstheorie Innovationsmodell von Romer Konsequenzen Wenn Wissen ein lokales öffentliches Gut, dann wachsen reichere und größere Regionen schneller → Ausbilden divergenter Raumstruktur Wenn Wissen ein global verfügbares öffentliches gut, dann wachsen große wie kleine Regionen gleich schnell → divergente Raumstruktur bildet sich nicht aus Keine eindeutige Aussage zu Konvergenz oder Divergenz externe Effekte und Monopole stören Effizienz des Marktes Wachstumsrate der Marktlösung liegt unter der gesellschaftlich optimalen Größe des Humankapitalbestandes entscheidend für Wachstum einer Region

II. Außenhandelstheorien Theorie komparativer Kostenvorteile (Ricardo) Länder besitzen unterschiedliche Opportunitätskosten für produzierte Güter Prämissen ähnlich dem neoklassischen Wachstumsmodell: vollkommener Markt Erweiterung: - 2 Länder - 2 homogene Güter Quelle: Eigene Darstellung Grundaussage: Handel ist immer effizient Land WeizenA TuchA WeizenH TuchH Polen 8 5 18 England 9 6 12 Summe 17 11

Heckscher-Ohlin-Theorie In Autarkie unterscheiden sich Faktorpreise für Arbeit und Kapital untereinander Prämissen ähnlich der Theorie komparativer Kostenvorteile: vollkommener Markt + 2 Länder + 2 Güter Explizite Einbeziehung der Faktorausstattung (Arbeit, Kapital) Freier Handel: Spezialisierung auf das Gut bei dessen Herstellung der reichlicher vorhandene Produktionsfaktor eingesetzt wird Bsp.: w = 10 k = 20 kapitalintensiv w = 10 k = 10 arbeitsintensiv

Kritik Überwiegender Teil des Handels findet zwischen Ländern mit sehr ähnlicher Faktorausstattung statt oft gibt es keine komparativen Vorteile mehr Leontief-Paradoxon (USA: Exporte kapitalintensiver) Intra-industrieller Handel bspw. innerhalb von Wertschöpfungsketten nicht erfasst Prämissen: konstanten Skalenerträge und vollkommene Konkurrenz sind ebenfalls realitätsfern Insbesondere Kapital ist sehr Mobil geworden, daher sollte sich die Faktorausstattung ausgleichen und der Welthandel abnehmen Welthandel nimmt aber zu

Neue Außenhandelstheorie Wesentliche Neuerungen Einführung des technischen Fortschritts Berücksichtigung steigender Skalenerträge → kein vollkommener Markt Externalitäten Entstanden aus Kritik an der klassischen Außenhandelstheorie Steigende Skalenerträge und daraus resultierende unvollkommende Konkurrenz Unterschiedliche Faktorausstattung und Spezialisierung kann persistent sein Handel zwischen ähnlich spezialisierten Volkswirtschaften Einbindung des intra-industriellen Handels in die Theorie Produktion tritt räumlich konzentriert auf Handel als Resultat der aus der Arbeitsteilung folgenden Spezialisierung Intrasektoraler Handel als Resultat von Oligopolen und monopolistischer Konkurrenz

Neue Außenhandelstheorie Zentrum-Peripherie-Modell von Krugman (1991) Ausgangsbedingungen ein Land mit zwei Standorten, Ost und West homogene Agrarprodukte bei konstanten Skalenerträgen und vollst. Wettbewerb, heterogene Industrieprodukte bei steigenden Skalenerträgen und monopolistischer Konkurrenz identische Konsumpräferenzen Arbeitskräfte sektoral immobil Landwirte räuml. immobil, Arbeiter räuml. mobil „Eisberg-Transportkosten“ beim Transport von Industrieprodukten, keine Transportkosten bei Agrarprodukten keine zwei Unternehmen produzieren identisches Gut, da Gütervielfalt bei steigenden Skalenerträgen

Neue Außenhandelstheorie Zentrum-Peripherie-Modell von Krugman (1991) endogene Herausbildung eines industriellen Zentrums und einer agrarischen Peripherie durch das Zusammenspiel zentripetaler Entzugseffekte ( z.B. Urbanisationsvorteile) und zentrifugaler Ausbreitungseffekte ( z.B. Abwanderungseffekte), wenn kritisches Niveau der Transportkosten unterschritten zentripetale Kräfte: forward- und backward- linkages Einsatz differenzierter Zwischenprodukte in der Industriegüterproduktion → Transportkosten bei interregionalem Handel Produktion in einer Region um so teurer, je mehr Zwischenprodukte aus einer anderen Region importiert werden müssen (cost-linkages) industrielle Konzentration bleibt bestehen, bis Verlagerung profitabel wird → abhängig von der Entwicklung der Skalenerträge, der Transportkosten und des Anteils des Industriesektors an den Einkommen Räumlicher Konzentrationsprozess kann sich kumulativ verstärken

III. Polarisationstheorie kein Ausgleich sondern Verstärkung der regionalen Disparitäten Skalenerträge, externe Effekte und mono- und oligopolistische Marktstrukturen als Ausgangspunkt künftigen Wachstums Entwicklungsvorsprung durch Innovationen Selektivität der Produktionsfaktoren als Ursache sich verstärkender Disparitäten „Hypothese der zirkulären Verursachung eines kumulativen sozioökonomischen Prozesses“ Myrdal 1957 – betrachtete Variablen interdependent, Rückkopplungseffekte Bsp.: Schließung einer großen Textilfabrik Zwei Gesetze der wirtschaftlichen Unterentwicklung nach Myrdal: Dem freien Spiel der Kräfte ist die Tendenz zu regionalen Unterschieden inhärent. Je ärmer das Land, desto Stärker sind diese Effekte.

IV. Neue ökonomische Geographie Annahmen: - 2 homogene Regionen (auch mehr modellierbar) - jeweils ein Agrar- und ein Industriesektor - Agrarsektor: Farmer produzieren ein homogenes Gut; vollst. Konkurrenz; interregionale Immobilität; Anzahl der Farmer gleich und konst. in den Regionen - Industriesektor: Zahl der Industriearbeiter in beiden Regionen anfangs gleich; Arbeiter sind interregional Mobil; steigende Skalenerträge; monopolistische Konkurrenz; Transportkosten für Importgüter - Farmer und Arbeiter fragen Produkte in unterschiedlichem Umfang nach

Konvergenz oder Divergenz abhängig von Stärke der: agglomerationsfördernde Zentripetalkräfte dispersionsfördernden Zentrifugalkräfte Heimmarkteffekt mit größerem lokalen Markt steigen Nominallöhne Preisindexeffekt mit größerem lokalen Markt fallen Beschaffungspreise die Reallöhne steigen Wettbewerbseffekt Güterpreise steigen in der Peripherie-Region aufgrund geringerem Wettbewerb höhere Löhne Ausmaß der Effekte abhängig von der Höhe der Transport- und Mobilitätskosten

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit! Literatur Bathelt, H., Glückler, J. (2003): Wirtschaftsgeographie: Ökonomische Beziehungen in räumlicher Perspektive (2. Auflage). Stuttgart: Ulmer. Dicken, P., Lloyd, P. E. (1999): Standort und Raum. Theoretische Perspektiven in der Wirtschaftsgeographie. Stuttgart: Ulmer. Felderer, B. und Homburg, S. (2003): Makroökonomik und neue Makroökonomik (8. Auflage). Berlin: Springer Verlag. Fujita, M. und Krugman, P. (2004): The new economic geography: Past, present and the future, Papers in Regional Science 83, 139-164. Kappel, R. (2001): Von der Ungleichverteilung des Wohlstands –Wirtschafts-Nobelpreis an Paul Krugman. Hamburg: GIGA German Institute of Global Area Studies. Koschatzky, K. (2002): Die „New Economic Geography“: Tatsächlich eine neue Wirtschaftsgeographie? Geographische Zeitschrigt 90, 5-19. Koschatzky, K. (2001): Räumliche Aspekte im Innovationsprozess – Ein Beitrag zur neuen Wirtschaftsgeographie aus Sicht der regioanlen Innovationsforschung. Münster: Lit-Verlag.

Koschatzky, K. (2002): Die „New Economic Geography“: Tatsächlich eine neue Wirtschaftsgeographie? Geographische Zeitschrigt 90, 5-19. Krugman, P. (1998): What‘s new about the new economic geography?, Oxford Rewie of Economic Policy 14, 7-17. Krugman, P. und Obstfeld, M. (2006): Internationale Wirtschafts. Theorie und Politik der Außenwirtschaft (7. Auflage). München: Pearson Studium. Maier, G. Tödtling, F.-J. Trippl, M. (2006): Regional- und Stadtökonomik (3. Auflage). Wien, New York: Springer Verlag. Ottviano, G.I.P. und Thsse, J.-F. (2005): New economic geography?, Oxford Rewiev of Environment and Planning A37, 1707-1725 Schätzl, L. (2008): Wirtschaftsgeographie 1, Theorie (9. Auflage). Paderborn: Schöningh. Sternberg, R. (2001): New Economic Geography und Neue regionale Wirtschaftsgeographie aus wirtschaftsgeographischer Sicht, Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie 45, 159-180.