Sinn und Unsinn der Speicherung von CO2 in Schleswig-Holstein

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 Präsentation transkript:

Sinn und Unsinn der Speicherung von CO2 in Schleswig-Holstein Prof. Dr. Olav Hohmeyer Universität Flensburg Former Vice Chair WG III IPCC Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen

Struktur des Vortrags (Was erwarte Sie?) Der vom Menschen verursachte Klimawandel Was ist zu tun? Warum ist CCS für Kohle kein Teil der Problemlösung? Kein überhastetes CCS Gesetz in 2009! Keine Einlagerung von CO2 in SH vor 2050!

Neuste Ergebnisse zum anthropogenen Treibhauseffekt (IPCC 2007)‏ Der Einfluss des Menschen auf das Klima

Beschleunigter globaler Temperaturanstieg Period Rate 50 0.1280.026 100 0.0740.018 Years /decade Wärmste 12 Jahre seit 1850: 1998,2005,2003,2002,2004,2006, 2001,1997,1995,1999,1990,2000 Quelle: Pachauri und Jallow, 6.2.2007

Menschlicher Einfluss auf den Klimawandel Quelle: IPCC 2007a (WG I TS S.62)

Der Wissensstand zum anthropogenen Treibhauseffekt (IPCC 2007) Auswirkungen des Klimawandels

Temperaturanstiegsszenarien bis 2100 (AR4) Quelle: IPCC 2007a (WG I, SPM S.14)

Temperaturanstieg bis 2100 nach Szenario A2 und B1 (AR4) Erwärmung über Grönland 2090-2099: B1: 1 – 3°C (Süd- bis Nordspitze) A2: 2,5 – 7,5°C (‚Weiter so!‘) Kritischer Wert 3°C (TAR) Eisvolumen für 7m Meeresspiegelanstieg A2 B1 Quelle: IPCC 2007a (WG I, SPM S.15)

Grönland und die Nordseeküste Überflutungen in den Nordseeküstenländer als Auswirkung eines Anstiegs des Meeresspiegels um sieben Meter der Anstieg wird einige Jahrhunderte dauern, wird aber in den nächsten 40 Jahren ausgelöst! Meerspiegelanstieg um 7 Meter 7 m Quelle: Brodersen, 2008

Der Wissensstand zum anthropogenen Treibhauseffekt (IPCC 2007) Handlungsmöglichkeiten: Die verbleibende Zeit zu handeln

Welche Entwicklungspfade vermeiden die schlimmsten Klimafolgen? Quelle: IPCC 2007 (TS WG III, S. 19)‏ (Vorindustrielle Temperatur ca. -0,4°C unter 1960-1990)‏

Der Wissensstand zum anthropogenen Treibhauseffekt (IPCC 2007) Handlungsmöglichkeiten: Unsere Handlungsoptionen

Fossile Energieträger – der Kern des Problems (Beispiel Deutschland) Treibhausgasemissionen in D 2000 Gesamtemissionen im Jahr 2000 990 Mt CO2 Eq. Anteile GHGs in D 2000: CO2: 87% CH4: 6% N2O: 6% HFCS/PFCS: 1% SF6: 0,25% CO2 zu 97% aus Energieumwandlung! Fossile Energieträger sind 85% des Problems Quelle: BMU 2003, S. 32 und UBA 2002, S. 31

Dekarbonisierung der Energieversorgung Vier Optionen Kernenergie ‚Saubere‘ fossile Brennstoffnutzung (CCS) Effizienzsteigerung und Einsparung Regenerative Energiequellen Solarenergie Windenergie Biomasse Wasserkraft Geothermie

‚Clean‘ Fossil Fuels (CCS) Abtrennung des CO2 vor oder nach der Verbrennung Generatorgas (H2 und konzentriertes CO2) Reinsauerstoffverbrennung Katalytische Abtrennung von CO2 aus dem Rauchgas Langfristige (?) Lagerung von CO2 ohne Kontakt zur Atmosphäre Alte Öl- und Gaslagerstätten Saline Tiefenaquifere Einbringung in Ozeane

‚Clean‘ Fossil Fuels (CCS) Abtrennungsverfahren Quelle: IPCC 2005 (TS SR CCS, S. 26)

Carbon Capture and Storage: Das Prinzip Quelle: www.nzz.ch

Speicherkapazitäten für CO2 20 40 60 80 100 120 Gasfelder Ölfelder Aquifere Kohleflöze Reichweite in Jahren Deutschland Europa Quelle: Linßen et al. 2006

Geologische Formationen für die Speicherung von CO2 Sedimentbecken sind die Formation der Wahl Quelle: IPCC 2005 (SR CCS, S. 214)

Geologische Formationen für die Speicherung von CO2 Sedimentbecken sind die Formation der Wahl Quelle: IPCC 2005 (SR CCS, S. 214)

Die Rolle von CCS bis 2030 und 2100 (650 / 490-550ppmv CO2-eq) Quelle: IPCC 2007 (SPM WG III, S. 25)

CCS Speicherkapazität benötigen wir für notwendige negative Emissionsbilanz Wahrscheinlich negative globale Emissionen ab 2070 erforderlich! Null Emission + Biomasse + CCS Speicher dürfen nicht schon mit CO2 aus der Kohle voll sein! Treibhausgasemissionen bis 2100 zur Einhaltung einer CO2-Stabilisierungskonzentration von 400 – 440 ppm CO2 Quelle: IPCC 2007 (SPM WG III, S. 7)

CCS: Zu unsicher und zu früh CO2-Speicherung in Aquiferen ist nicht erprobt Die Dichtigkeit des Deckgebirges der Aquifere ist unbekannt Geologische Reaktionen von CO2 und Deckgebirge sind nicht erforscht Austritt von CO2 kann für Menschen gefährlich werden 100% CO2 führen zum Ersticken (Senken, Kanäle, Brunnen) weniger als 10% können bereits erhebliche Gesundheitsschäden verursachen

Gefahren von CCS CO2-Speicherung: Austrittspfade Quelle: IPCC 2005 (TS SR CCS, S. 26)

Gefahren von CCS CO2-Speicherung: Austrittspfade Durch Kapillaren im Deckgebirge Freies CO2 leckt in oberen Aquifer (Verbindung) CO2 dringt durch Öffnungen im Deckgebirge in oberen Aquifer CO2 bewegt sich zur Gasblase und erhöht dort den Gasdruck und die Durchlässigkeit des Einschlusses CO2 entweicht durch schlecht verschlossenes oder unverschlossenes altes Bohrloch Lösung des CO2 in Wasser, das es aus dem Bereich des Einschlusses transportiert Natürlicher Wasserfluss transportier CO2 an die Oberfläche Quelle: IPCC 2005 (TS SR CCS, S. 26)

Gefahren von CCS Wie wirkt CO2 auf den Menschen? 0,038%: Konzentration in der Luft 0,15%: Hygienischer Innenraumluftrichtwert für frische Luft 0,3%: MIK-Wert, unterhalb keine Gesundheitsbedenken bei dauerhafter Einwirkung (max. Innenraumkonz.) 0,5%: Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Wert) 1,5%: Zunahme des Atemzeitvolumens um mehr als 40% 4%: Konzentration in der Atemluft beim Ausatmen 5%: Auftreten von Kopfschmerzen, Schwindel, Bewusstlosigkeit 8%: Bewusstlosigkeit, Krämpfe, Eintreten des Todes nach 30 – 60 Minuten

Wo können schon jetzt höhere CO2 Konzentrationen auftreten? CO2 als Produkt von Gärprozessen z.B. in: Futtersilos Weinkeller Jauchegruben Biogasanlagen Bei unzureichender Lüftung können sich CO2-Seen bilden, da CO2 schwerer ist als Luft

Geplante rechtliche Regelungen Stand der Gesetzgebung Europäische Union Richtlinie zur Abtrennung und geologischen Speicherung von CO2 Angenommen vom EP Dezember 2008 Zustimmung durch ER steht noch aus nach Inkrafttreten Umsetzung durch Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren Deutschland Gesetz zur Regelung von Abscheidung, Transport und dauerhafter Speicherung von CO2 Artikelgesetz, Kabinettsbeschluss am 1.4.2009 Bundestag  Bundesrat Verabschiedung noch vor der Sommerpause?

CCS: Zu unsicher und zu früh CO2 Gesetz ohne öffentliche Diskussion (Wollen wir CCS überhaupt?) Länder stehen anschließend fast ohnmächtig vor der Pflicht zur Genehmigung Langfristiger Bedarf (negative Emissionen) wird nicht abgewogen Den großen Konzernen wird nach dem Windhundprinzip Vorrang eingeräumt Haftung wird sehr schnell auf die Allgemeinheit abgewälzt

Stellungnahme des SRU Empfehlungen Unsicherheiten besser erforschen  Speicherkapazitäten in Deutschland  Sicherheit, ökologische Risiken der Speicher Nutzungskonkurrenzen transparent regeln  Geothermie, Druckluft- und Wärmespeicher  Strategische Planung statt Windhund-Prinzip SRU – Stellungnahme Nr. 13 Wesentliche Punkte vollständig klären  Langzeitsicherheit: Leckagerate definieren  Nachsorgebeitrag, Deckungsvorsorge  Reinheit des CO2-Stroms

Alternativen zu CCS 1. Effizienzsteigerung Energieeffizienzsteigerungen sind auf allen Stufen der Nutzungsketten möglich Je nach Bereich kann der spezifische Primärenergiebedarf um bis zu 90% gesenkt werden (Raumwärme) Im Schnitt ist eine Reduzierung des spezifischen Energiebedarfs um 35-50% möglich Der Raumwärmebedarf macht ca. 1/3 unseres Endenergiebedarfs in Deutschland aus (3.300 PJ)

Alternative zu CCS 2. Regenerative Energiequellen sind relativ teuer zu nutzen (ca. gleiche Kosten wie CCS!) Sonnen-, Wind- und Wellenenergie schwanken im Angebot bei hohem Marktanteil Speicherung notwendig stehen noch Milliarden Jahre zur Verfügung emittieren kein zusätzliches CO2 die jährliche Sonneneinstrahlung beträgt das 10.000-fache des Weltenergieverbrauchs (3,5 Mill. EJ/a)

Das Angebot erneuerbarer Energien Nach: BWE,2004 1/10000 der eingestrahlten Solarenergie kann unseren gesamten Energiebedarf decken!

Konsequenz: Wir brauchen kein CCS für Kohlekraftwerke Effizienz und regenerative Energiequellen können unseren gesamten Energiebedarf decken Sie kosten nicht mehr als Kohle mit CCS CCS kann die Nutzung regenerativer Energiequellen behindern: Druckluftspeicher für Wind Geothermie Wasserstoffspeicher

Schlussfolgerungen

Schlussfolgerungen Wehren Sie sich entschieden gegen die CCS-Pläne der Regierung Verhindern Sie, dass das CCS-Gesetz im Sommer verabschiedet wird Machen Sie Ihren Abgeordneten klar, dass sie so nicht wieder gewählt werden Machen Sie Ihrem Ministerpräsidenten klar, dass er eine Landtagswahl verlieren kann Wehren Sie sich dagegen, Versuchskaninchen der RWE zu werden

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!