Ringvorlesung: Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung Teil: Forschungslogik IV TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof.

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 Präsentation transkript:

Ringvorlesung: Einführung in die Methoden der Empirischen Sozialforschung Teil: Forschungslogik IV TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Gliederung des Teils ‚Forschungslogik‘ Einführendes: Organisatorisches, Grundgedanken und Geschichte von Sozialforschung Forschung: Aufgaben von Wissenschaft, hierzu geeignete Methoden und der Forschungsprozess Grundlagen: Wissenschaft und Wahrheit, wissenschaftliche Aussagen und die ihnen zugrunde liegenden Erkenntnisprozesse Denkwerkzeug: Begriffe, Aussagen, Theorien und Modelle Theorie und Wirklichkeit: Theoriebildung und Theorieprüfung; Ratschläge zu typischen Forschungsstilen und Interpretationsfehlern Ergebnissicherung: Merkmalsräume, Typologien und Klassifikationen In der Regel aus Zeitgründen nicht in der Vorlesung behandelt Die Reihenfolge des Stoffes wurde im Vergleich zur bisherigen Einführung verändert. Die nunmehr verfügbaren Präsentation sind der Gliederung der Vorlesung wie folgt zugeordnet: Was ist Politik? – „Was ist Politik“ Was ist Wissenschaft? – „Was ist Wissenschaft“ Was ist ein ‚politisches System‘? – „Das politische System“ Warum und wie vergleich man politische Systeme? – „Systemvergleich“ Wie läßt sich politische Macht bändigen?– „Sicherung und Bändigung von Herrschaft“ Welche Arten politischer Systeme gibt es? – 1) „Gute politische Ordnung“, 2) „Arten politischer Systeme“ Wie wandeln sich politische Systeme? - „Wandel politischer Systeme“ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt 2

Konsequenzen aus dem ‚Kategorienmodell‘ der Erkenntnis ≈ auch Begriffe / Theorien; doch vor allem: Voraussetzung jeglicher Wahrnehmung! ‚Kategorien‘ erkennendes Subjekt S zu erkennendes Objekt O Perzeptionswirklichkeit Operationswirklichkeit S erkennt O nur anhand von Kategorien, die aller seiner Wirklichkeitserfahrung vorgegeben sind. Also erkennt S niemals O ‚an sich‘, sondern nur so, wie seine Wahrnehmungs- und Deutungskategorien ihm O erscheinen lassen. Information über einen Forschungsgegenstand ist immer durch Begriffe (vor-) strukturiert Also ist es sinnvoll, sich die Eigenarten von Begriffen vor Augen zu führen und obendrein die Fähigkeit zu erwerben, Begriffe so zu schaffen / zu wählen, dass eine für die zu beantwortende Fragestellung bestmögliche Erfassung des Forschungsgegenstandes gelingt. Genau dafür zu befähigen, ist die Aufgabe der Begriffslehre ( Info). Auf den von der Begriffslehre vermittelten Einsichten baut die Aussagenlehre auf ( Info). Auf den von der Aussagenlehre vermittelten Einsichten baut die Theorielehre auf ( Info). = jetzt zu behandelnder Stoff TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Wirklichkeit und Begriff Dieser Vorstellungsinhalt wird ausgelöst durch ein vereinbartes (‚definiertes‘) Wort (‚Begriffswort‘). Dieses Wort ist nicht mit dem Begriff selbst identisch! Wirklichkeit und Begriff Begriff = ein Vorstellungsinhalt, der einen bestimmten Wirklichkeits-ausschnitt von anderen Wirklichkeits-ausschnitten abhebt, und zwar … = das, was ein Begriff bezeichnet (d.h.: sein ‚Designat‘) ‚Designans‘ Was muss ich mir genau vorstellen, um das zu sehen? - hinsichtlich jener inhaltlichen Merkmale, die ein Wirklichkeits- ausschnitt aufweisen muss, wenn er unter einen bestimmten Begriff fallen soll  ‚Intension‘ des Begriffs = ein Ausschnitt aus der Wirklichkeit - hinsichtlich der Menge oder des Umfangs jener Wirklichkeitselemente, die aufgrund ihrer inhaltlichen Beschaffenheit unter einen bestimmten Begriff fallen  ‚Extension‘ des Begriffs Name: ‚empirischer Referent‘ , d.h.: dasjenige in der Wirklichkeit, worauf sich ein bestimmter Vorstellungsinhalt richtet Was alles dergleichen fällt überhaupt unter meinen Begriff? TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Intension und Extension I Die Intension legt fest, in welcher Perspektive man auf diesen Wirklichkeitsausschnitt blicken soll, wenn der Begriff benutzt wird. Die Intension fixiert die Theorieperspektive. Die Extension – ihrerseits geprägt durch die Intension – legt fest, an welchen Ausschnitt der Operationswirklichkeit man denken soll, wenn ein Begriff benutzt wird. Die Extension fixiert den empirischen Referenten Beides ist unmittelbar folgenreich für … die Aussagen, welche man durch Verknüpfung von Begriffen formuliert. die Theorien, welche man aus Aussagen schafft. Achtung: Begriffe sind – ebenso wie Wertmaßstäbe – NICHT wahrheitsfähig, sehr wohl aber – je nach Frage- oder Problemstellung – unterschiedlich nützlich! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

verschiedene Begriffsintensionen bei gleicher Begriffsextension Achtung: Ein Begriff kann ebenso wenig wie ein Wertmaßstab ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ sein – er rastet einfach eine bestimmte Betrachtungs- bzw. Bewertungsperspektive ein! verschiedene Begriffsintensionen bei gleicher Begriffsextension Welche ganz unterschiedlichen Dinge fallen einem auf, wenn man ... den Gegenstandsbereich des § 218 StGB auffasst als ... Schwangerschaftsunterbrechung Tötung ungeborener Menschen? unsere Gesellschaft auffasst als ... (post-) industrielle Gesellschaft Spätkapitalismus? die Reformen im Gesundheits-, Renten- und sozialen Sicherungssystem auffasst als ... Abbau des Sozialstaates Anpassung des Sozialstaates an veränderte demographische und wettbewerbliche Rahmenbedingungen? die sozialwissenschaftliche Fachsprache auffasst als ... akademischen Jargon Vielzahl von Begriffen, die neue Perspektiven auf bislang aus ganz anderem Blickwinkel betrachtete Sachverhalte erlauben? Perspektive / Scheinwerfer A verantwortlich für die Wahl der Perspektive: man selbst! ‚Entscheidungsverfahren:‘ ‚dimensionale Analyse‘! Perspektive / Scheinwerfer B TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

verschiedene Begriffsextensionen bei stufenweise präzisierter Begriffsintension politisches System Staat Staat mit parlamentarischer Demokratie Staat mit demokratischem parlamentarischem Regierungssystem alle halbwegs stabilen Formen politischer Ordnung politische Ordnung mit stabiler Einheit von Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt ein Staat, der ein demokratisch zustande gekommenes Parlament hat ein Staat, dessen demokratisch zustande gekommenes Parlament die Staatsregierung absetzen, ggf. sogar ins Amt bringen kann TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Intension und Extension II ‚Faustregeln‘ – für eine gründliche Behandlung des Themas zu simpel! Intension und Extension II z.B. ‚parlamentarisches Regierungssystem‘ statt ‚parlamentarische Demokratie‘ Je spezifischer ein Begriff gefasst wird (d.h.: je detaillierter seine Intension bestimmt wird), …. um so mehr ‚sagt‘ er über einen ganz bestimmten empirischen Referenten (Grenzfall: ‚idiographischer‘ Begriff wie ‚NS-Diktatur‘, ‚Name‘ wie ‚Adolf Hitler‘) um so schlechter passt er auf zusätzliche empirische Referenten (d.h.: um so geringer ist – meist – seine Extension). Je allgemeiner (‚abstrakter‘) ein Begriff gefasst wird, … auf um so mehr empirische Referenten passt er (d.h.: um so größer ist – meist – seine Extension) um so weniger erfasst er von jedem einzelnen seiner empirischen Referenten Wann immer man (etwa bei Vergleichsunter-suchungen) mehrere Fälle anhand gleicher Begriffe untersuchen muss, steht man darum vor einem ‚Optimierungsproblem‘ ohne eindeutige Lösung. z.B. ‚parlamentarisches Regierungssystem‘ auf Frankreich oder gar die USA z.B. ‚politisches System‘ z.B. auf das fränkische Reich des Frühmittelalters oder auf das politische System Dschingis Khans  Modell der ‚Abstraktionsleiter‘ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Die Abstraktionsleiter Forschungsfrage abstrakter, recht unspezifischer Begriff, unter den viele Fälle fallen Begriff A Begriff B Begriff ‚mittlerer‘ Reichweite mit mittlerem Extensionsumfang ‚vom theoretischen Begriff zum Beobachtungsbegriff‘ sehr spezifischer, anschaulicher Begriff, unter den vielleicht nur sehr wenige Fälle fallen Begriff C Untersuchungsfälle TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Alltagsbegriffe und (sozial-) wissenschaftliche Begriffe Alltagsbegriffe rasten die Perspektive des Alltagsdenkens ein. Anhand ihrer verstehen ‚normale Menschen‘ (‚kompetente Mitglieder einer Ethnie‘) ihre Lebenswelt und verständigen sich über sie. Alltagsbegriffe muss verstehen, wer in der Perspektive der ‚Beforschten‘ auf deren Alltagswirklichkeit blicken will. Die von Alltagsbegriffen eingerastete Perspektive muss nicht für jede Frage- oder Problemstellung die allein oder überwiegend nützliche sein. (Sozial-) wissenschaftliche Begriffe rasten eine andere Betrachtungsperspektive ein als die des Alltagsdenkens. Diese Perspektive einzunehmen, kann mühevolle Denkarbeit oder Hermeneutik verlangen. Diese Perspektive kommt den kompetenten Mitgliedern der betrachteten Ethnie oft sehr abstrakt, lebensweltfern und sonderbar vor. Die von (sozial-) wissenschaftlichen Begriffen eingerastete Perspektive kann (aber muss nicht!) für viele Frage- oder Problemstellungen sehr nützlich sein. Folglich … konkurrieren Alltagsbegriffe und (sozial-) wissenschaftliche Begriffe können (sozial-) wissenschaftliche Begriffe ins Alltagsdenken ‚absinken‘ und dort eines Tages selbstverständlich werden. ‚primäre Typifikationen‘ ‚sekundäre Typifikationen‘ Konkurrenz / Diffusion TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Definieren … heißt: die Intension und Extension eines Begriffes werden für alle praktischen Verständigungszwecke ausreichend klar bestimmt. „Wenn wir von X sprechen, wollen wir uns Folgendes vorstellen: …“ verlangt die Festlegung eines Wortes oder einer Wortgruppe, mit welchem/r der zu definierende Begriff (= Vorstellungsinhalt) ‚ausgelöst‘ werden soll (‚Begriffswort‘) „Diesen Vorstellungsinhalt wollen wir immer dann benutzen, wenn wir von X sprechen. Statt X kann man auch Y sagen; in der Sprache A würde man in diesem Zusammenhang das Wort Z verwenden.“ ist etwas ganz anderes als das Formulieren einer Aussage anhand des definierten Begriffs Definition: „Unter einer Demokratie wollen wir uns vorstellen: …“ Aussage: „Max Weber versteht unter einer Demokratie folgendes: …“, bzw. „Das Land X besitzt eine Demokratie!“ Achtung: Definitionen legen das Denkwerkzeug zur geistigen Erfassung eines empirischen Referenten bereit, treffen aber noch keinerlei inhaltliche oder Wahrheitsgehalt beanspruchende Aussagen über diesen empirischen Referenten! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Arten von *Definitionen = von Aussagegefügen, die oft ‚Definition‘ genannt werden Arten von *Definitionen Bedeutungsanalyse Es wird geklärt, welche Bedeutung in einer Diskursgemeinschaft mit einem Wort verbunden wird. Tatsächlich liegt hier keine Definition, sondern eine (Anzahl von) empirische(n) Aussage(n) vor! explizite Definition vollständige und ausdrückliche Erläuterung von Intension und Extension; Festlegung eines Begriffswortes implizite Definition Von einem Begriffswort ausgehend werden Hinweise darauf gegeben, was ungefähr man sich nach Intension und Extension unter dem Begriff vorstellen soll partielle Definition unvollständige Erläuterung von Intension und Extension eines Begriffs operationale Definition Es wird gezeigt, wie und in welchen Schritten ein theoretischer Begriff mit Beobachtungsbegriffen zu verknüpfen ist ( Info) ‚Realdefinition‘ vergleichsweise unproblematisch: In der äußeren Form einer Definition wird eine empirische Aussage formuliert (z.B.: ‚Ein Parlament ist …‘) sehr problematisch: Das Ideenmodell der Erkenntnis oder eine substantialistische Wahrheitstheorie für zutreffend haltend, wird versucht, durch eine Definition das ‚wahre Wesen‘ eines Dinges ‚offenzulegen‘ (z.B.: ‚Gerechtigkeit ist letztlich …‘) ‚Nominaldefinitionen‘ = typische Weise wissenschaftlichen Definierens = Kerngeschäft theoriegeleiteter empirischer Forschung KEINE tauglichen ‚Definitionen‘! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

theoretischer Begriff und ‚Beobachtungsbegriffe‘ es gibt KEINE ‚theoriefreien‘ oder ‚unperspektivischen‘ Beobachtungsbegriffe! theoretischer Begriff teilweise empirisch interpretierbare Begriffe empirischer Referent Beobachtungsbegriffe Eingehen auf herangetragene politische Positionen Politikresponsivität Responsivität (eines Abgeordneten) Erbringen von Dienstleistungen für Bürger Verhalten von Abgeordneten bei der Wahlkreisarbeit Serviceresponsivität Bemühen um Zuweisung öffentlicher Finanzmittel an Kommunen usw. Allokationsresponsivität Achtung: Jeder Begriff dieser Kette einer ‚operationalen Definition‘ muss auch seinerseits nach Intension, Extension und Begriffswort definiert werden ! von links nach rechts: Festlegung, über welche Begriffsketten ein theoretischer Begriff auf einen empirischen Referenten bezogen werden soll = OPERATIONALISIERUNG (eines Begriffs) von rechts nach links: Feststellung, auf welche Aspekte eines empirischen Referenten der Blick ausdrücklich gerichtet werden sollte = DIMENSIONALE ANALYSE (eines empirischen Referenten) ‚Validität‘ einer Beobachtung oder Messung: Es wird genau der empirische Referent eines (theoretischen) Begriffs beobachtet oder gemessen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Arten von Begriffen Beobachtungsbegriffe vs. theoretische Begriffe ‚Statistik ist IMMER möglich‘ – auch bei Verwendung von qualitativen Begriffen und qualitativen Daten! Arten von Begriffen Beobachtungsbegriffe vs. theoretische Begriffe Beispiele: ‚Schlag‘ vs. ‚Gewalt‘ Herausforderung: valide Operationalisierung! Dispositionsbegriffe Beispiele: Zerbrechlichkeit, Gefährlichkeit Achtung: Dispositionsbegriffe sind besonders komplex und theoriehaltig. Sie brauchen sehr gut überlegte und valide operationale Definitionen! ‚qualitative‘ vs. ‚quantitative‘ Begriffe Beispiele: ‚Musikalität‘ vs. ‚Vortragsnote‘ Schnittstelle zur Statistik! ( Info) Achtung: ‚Messen‘ beginnt bereits auf der Ebene von Begriffen! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

‚Qualitative‘ und ‚quantitative‘ Begriffe ALLEN Begriffen kann man statt Begriffsworten auch Ziffern zuordnen! (= ‚messen‘) klassifikatorische Begriffe ordnen einen Gegenstandsbereich so, dass Wirklichkeitselemente nach ihren inhaltlichen Merkmalen in verschiedene Klassen gruppiert werden. Beispiele: Vater-Mutter-Kind; Eiche-Buche-Linde; Violine-Oboe-Cembalo komparative Begriffe leisten alles, was klassifikatorische Begriffe leisten obendrein: ordnen Wirklichkeitsmerkmale hinsichtlich einer vom Betrachter festgelegten Dimension nach ‚mehr oder weniger‘ Beispiele: schön-schöner-am schönsten; Gefreiter-Unteroffizier-Leutnant-General; Hiwi-Assistent-Professor metrische Begriffe leisten alles, was komparative Begriffe leisten obendrein: erlauben es, das ‚Mehr oder Weniger‘ geordneter Wirklichkeitsmerkmale anhand von für das jeweilige Wirklichkeitsmerkmal einschlägigen Maßzahlen zu quantifizieren Beispiele: α Meter, β Kilogramm, γ Grad Celsius, δ Volt, Nichtwähleranteil ε %, Zuwachsrate ζ % Begriffe der Alltagssprache ‚qualitative‘ Begriffe ‚quantitative Begriffe‘ Achtung: Welche Begriffe man verwenden sollte, hängt ausschließlich ab von der Fragestellung, vom Gegenstand und vom Forschungsstand! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Messen und Messniveaus ‚messen‘ heißt: Wirklichkeitsmerkmalen Zahlen zuordnen (statt ‚nur‘ Begriffsworte) Diese Zahlen unterscheiden sich nach der Menge der Information, die sie ausdrücken – und darum nach den Rechenoperationen, die man mit ihnen sinnvollerweise durchführen kann! Nominalskala: (vereinbarte) Ziffern als Variablenwerte drücken nur die Verschiedenheit von Fällen aus. Variable ‚Geschlecht‘: 1 = männlich, 2 = weiblich Ordinalskala (‚Rangskala‘): (vereinbarte) Ziffern als Variablenwerte drücken auch eine Rangordnung unter den Fällen aus. Variable ‚politischer Aktivitätsgrad‘: 1 = keinerlei Aktivität, 2 = nur Interesse an Aktivität, 3 = sporadische Aktivität, 4 = dauerhafte Aktivität Intervallskala: (vereinbarte) Ziffern als Variablenwerte drücken auch die Abstände in der ‚Rangordnung‘ der Fälle aus. Variable ‚politische Grundorientierung‘: ausgedrückt durch Ziffern zwischen 1 = ganz links, 11 = ganz rechts Abstand zwischen 1 und 3 ist derselbe wie zwischen 9 und 11; ‚10‘ ist nicht ‚doppelt so viel‘ wie ‚5‘ Verhältnisskala (‚Ratioskala‘): Ziffern als Variablenwerte drücken auch Proportionen zwischen den Fällen aus. Variable ‚Dienstzeit‘ in einem politischen Amt: ausgedrückt durch Ziffern zwischen 1 Jahr und 50 Jahre ( 20 Jahre ist doppelt so lang wie 10 Jahre) klassifikatorische Begriffe komparative Begriffe metrische Begriffe Welche Rechenoperationen sind also ‚zulässig‘? – Jene, für die der Informationsgehalt der zugrunde liegenden Begriffe ausreicht! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt  Statistische Modelle sind verfügbar und anzuwenden je nach dem Messniveau (‚Skalenniveau‘) der erhobenen Daten !

Variablen also gibt es sowohl ‚qualitative‘ als auch ‚quantitative‘ Variablen – und ALLE kann man messen, zumindest auf dem Niveau der Nominalskala! Variablen sind ‚Oberbegriffe‘: Ihre Intension ist so ausgestaltet, dass sie … in einer einheitlichen Theorieperspektive Gruppen von Wirklichkeitselementen sowohl unterscheiden als auch als zusammengehörig und wechselseitig aufeinander bezogen kennzeichnen können. Beispiele: Variable ‚Sportler‘: Leichtathlet – Skiläufer – Gewichtheber usw. Variable ‚Dienstgrad‘: Gefreiter – Unteroffizier – Leutnant usw. Variable ‚Einkommen‘: 1000 € – 2000 € – 3000 € usw. Weil Variablen (Ober-) Begriffe sind, sind sie genau wie Begriffe zu definieren und gliedern sich in die gleichen Gruppen wie Begriffe im allgemeinen! metrische Variable komparative Variable klassifikatorische Variable TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

diskrete vs. stetige Variablen ‚diskret‘: die Variable kann nur ganz bestimmte, vorher festgelegte Werte annehmen Beispiele: Geschlecht: Mann-Frau (‚dichotom‘) Familienrolle: Vater-Mutter-Kind (‚trichotom‘) Partei: CDU-SPD-FDP-Grüne-PDS (‚polytom‘) ‚stetig‘: die Variable kann innerhalb ihres definierten Wertebereichs (‚Werteintervalls‘) jeden beliebigen, vom Maßsystem abbildbaren Wert annehmen Dienstalter: von … bis … Jahre Einkommen: von … bis … Euro Wähleranteil: von … bis … Prozent  folgenreich für die Aufbereitung von Daten zur statistischen Analyse und die Auswahl geeigneter Analysemodelle! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

manifeste vs. latente Variablen  höchst folgenreich für die Konzeptualisierung empirischer Studien, die auf theoretische Einsichten ausgehen! manifeste vs. latente Variablen manifest: die Variablenwerte sind Beobachtungsbegriffe, beziehen sich also auf einen unmittelbar wahrnehmbaren empirischen Referenten Beispiele: Wohnungsausstattung, Getränkekonsum, Gehalt latent: die Variable ist ein theoretischer (Ober-) Begriff, dessen Unterbegriffe (= Variablenausprägungen) erst durch Operationalisierung auf Beobachtungsbegriffe bezogen werden müssen. Beispiele: Gewaltbereitschaft, Religiosität, Vaterlandsliebe wichtige ‚Anschlussbegriffe‘: Indikator (einer latenten Variable) = eine solche manifeste Variable, auf die hin man die latente Variable operationalisiert und über die man an deren Statt Daten erhebt Beispiele von Indikatoren für die latente Variable ‚Religiosität‘: Häufigkeit der Ausübung religiöser Praxen wie Gebet oder Kirchgang Index = eine aus mehreren quantitativen Indikatoren (in der Regel durch Addition) zusammengesetzte Variable, die als ‚Stellvertreter‘ (‚Proxy‘) einer latenten Variable dient Beispiele: Index der Lebenshaltungskosten; Bertelsmann-Transformationsindex (‚Wie weit wurde ein autoritäres Regime zu einer Demokratie?‘) Validität = ein Indikator oder Index erfasst tatsächlich den empirischen Referenten der eigentlich interessierenden latenten Variablen verschiedene Verfahren, um die Validität einer Indikatorvariablen oder eines Index zu überprüfen! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Aussagen Verknüpfung von Begriffen  Aussagen Verknüpfung von Aussagen  Theorien entstehen dadurch, dass Begriffe miteinander verknüpft und dabei Behauptungen über die Beschaffenheit von Sachverhalten aller Art aufgestellt werden. werden sehr stark durch die Eigenart jener Begriffe geprägt, die in ihnen verknüpft werden und jene Perspektive einrasten, in der eine Aussage ihren Referenten erfasst können irgend etwas zwischen wahr und falsch sein, und zwar ... zwischen empirisch wahr … falsch zwischen logisch wahr … falsch lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten gliedern, von denen einige besonders wichtig sind für die Frage, wie man den empirischen Wahrheitsgehalt einer Aussage feststellen kann ! Aussagenlogik, Prädikatenlogik ‚Theoriehaltigkeit‘ schon von Begriffen! = entscheidendes Merkmal von Aussagen  Falsifizierbarkeit, Verifizierbarkeit TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

diesmal nicht gegliedert nach ihrer Eigenart als Produkt von Wissenschaft (Beschreibungen, Wenn/Dann-Aussagen ... , sondern nach ihren forschungslogischen Eigentümlichkeiten Arten von Aussagen analytische vs. synthetische (‚empirische‘) Aussagen Existenzaussagen vs. Allaussagen empirische vs. normative Aussagen korrelative vs. kausale Aussagen Hypothesen vs. ‚Gesetze‘ Diese Unterscheidungen sind höchst folgenreich für die Möglichkeiten einer Über-prüfung des Wahrheitsgehalts! Empirie  Empirie + Theorie  Phasen im Arbeitsprozess: Man beginnt mit reinen Hypothesen und endet mit bekräftigten Hypothesen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

analytische vs. synthetische (‚empirische‘) Aussagen verwendet in sozialwissenschaftlich-mathematischer Modellbildung; Ziel: solche Modelle bilden, die mit den Daten übereinstimmen! Beispiele: analytische Aussagen: z.B.: ‚(a+b)² = a² + 2ab + b²‘ Syllogismus: (‚Hier sind alle Bären weiß‘) & (‚Das da ist ein Bär‘) = (‚Dieser Bär ist weiß!‘) synthetische Aussage: „Die Bundesrepublik Deutschland besitzt ein parlamentarisches Regierungssystem“ offenkundiger Unterschied: analytische Aussagen formulieren logische Ableitungen innerhalb von Denksystemen. Folge: Den Wahrheitsgehalt analytischer Aussagen kann man allein schon durch logische Analyse feststellen synthetische Aussagen formulieren Behauptungen über einen empirischen Referenten Folge: Den Wahrheitsgehalt synthetischer Aussagen kann man nur durch Erhebung von Informationen über ihren empirischen Referenten feststellen. Alles Wissen der empirischen Wissenschaften wird in Gestalt möglichst wahrer synthetischer Aussagen geschaffen. Problem des Syllogismus: Er wirkt wie eine empirische Aussage, ohne wirklich eine zu sein! ( Falle für unser Argumentieren) ‚synthetisch‘ = gemäß dem ‚Kategorienmodell der Erkenntnis‘ zusammengesetzt aus Informationen über einen empirischen Referenten und jenen aller Erfahrung vorgängigen Kategorien, mittels welcher dieser Informationen erworben und geistig geordnet werden. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Existenzaussagen vs. Allaussagen  unterscheiden sich im Extensionsumfang  unterscheiden sich im Informationsgehalt. Dieser ist um so größer, je mehr Dinge eine Aussage ausschließt ( je weniger ‚schwammig‘ eine Aussage ist). reine Existenzaussagen „Es gibt Gesellschaften ohne Machtausübung!“ raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen „Im Kuba Fidel Castros bestand eine Gesellschaft ohne Machtausübung!“ raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen „In Europas freiheitlichen Staaten führt die Verbindung von parlamentarischem Regierungssystem und Verhältniswahlrecht zu starken Parteien!“ reine Allaussagen (‚streng allgemeine Aussagen‘) „In allen freiheitlichen Staaten führt die Verbindung von parlamentarischem Regierungssystem und Verhältniswahlrecht zu starken Parteien!“ ... sagen nicht, wo und wann genau etwas der Fall ist = sind die sozialwissenschaftlich nützlichsten Aussagenklassen, denn ... ... erfassen höchst selten auch nicht-triviale Merkmale sozialer Wirklichkeit TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Achtung: Es ist die Behauptung falsch, Wissenschaft kennzeichne sich vor allem dadurch, dass grundsätzlich nach streng allgemeinen Aussagen gesucht werde!

Wie prüft man den empirischen Wahrheitsgehalt von Aussagen? Weg 1: ‚beweisen‘ = verifizieren Wie prüft man den empirischen Wahrheitsgehalt von Aussagen? sind wissenschaftlich unergiebig und darum zu vermeiden ‚weniger informationshaltige Aussagen sind in den informationshaltigeren Aussagen eingeschlossen! reine Existenzaussagen „Es gibt Gesellschaften ohne Machtausübung!“ raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen „Im Kuba Fidel Castros bestand eine Gesellschaft ohne Machtausübung!“ raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen „In Europas freiheitlichen Staaten führt die Verbindung von parlamentarischem Regierungssystemund Verhältniswahlrecht zu starken Parteien!“ reine Allaussagen (‚streng allgemeine Aussagen‘) „In allen Staaten führt die Verbindung von parlamentarischem Regierungssystem und Verhältniswahlrecht zu starken Parteien!“ können nicht widerlegt werden können nicht zielgerichtet bewiesen werden: Wo soll man nach dem emp.Ref. suchen? können dadurch bewiesen werden, dass man zeigt, im genannten Fall verhalte es sich so können dadurch widerlegt werden, dass man nachweist, im genannten Fall verhalte es sich anders Regel 1: Überprüfung möglichst erleichtern! = jene Aussagen, um die es in den Sozialwis-senschaften sinnvollerweise meistens geht können dadurch bewiesen werden, dass man zeigt, in allen genannten Fällen verhalte es sich so (‚vollständige Induktion‘) können dadurch widerlegt werden, dass man nachweist, in einem einzigen genannten Fall verhalte es sich anders Regel 2: möglichst informationshaltige Aussagen fornulieren! können nicht bewiesen werden können schon dadurch widerlegt werden, dass man nachweist, wenigstens in einem einzigen Fall verhalte es sich anders  abnehmender Informationsgehalt  abnehmende Chancen, den Wahrheitsgehalt zielgerichtet zu überprüfen passen sehr oft nicht auf die Gegen- stände der Sozialwissenschaften TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt Weg 2: ‚widerlegen ‘ = falsifizieren

‚Kerngeschäft‘ allen Forschens: Verifikation und Falsifikation Begründer des ‚Falsifikationismus‘: Karl Popper ‚Kerngeschäft‘ allen Forschens: Verifikation und Falsifikation durch Verifikation kann der Wahrheitsgehalt folgender Klassen von Aussagen überprüft werden: raum-zeitlich abgegrenzte Existenzaussagen raum-zeitlich abgegrenzte Allaussagen durch Falsifikation kann der Wahrheitsgehalt folgender Klassen von Aussagen überprüft werden: reine Allaussagen Leitgedanke der Wahrheitsüberprüfung durch Falsifikation: man formuliert Aussagen möglichst so, dass sich ihr mangelnder Wahrheitsgehalt sehr leicht zeigen ließe, wenn sie falsch wären man unterzieht diese Aussagen möglichst strengen Überprüfungen eine Aussage, die sich selbst bei sehr strengen Überprüfungen nicht als falsch nachweisen ließ, gilt als ‚bekräftigt‘ (Popper: ‚corroborated‘) eine ‚bekräftigte Aussage‘ behandelt man solange als eine wahre Aussage, wie nicht gezeigt wurde, dass sie doch falsch ist. Achtung: Ob man den Wahrheitsgehalt von Aussagen durch Verifikation oder Falsifikation überprüft, hängt ausschließlich ab von … der Art der zu prüfenden Aussage von der Forschungsfrage von forschungspraktischen Erwägungen  Sinn der Forderung nach klaren Begriffen und klaren Aussagen in der Wissenschaft keine Dogmatik! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Prüfung des Wahrheitsgehalts von Aussagen: Begriffsklärungen Überprüfung des Wahrheitsgehalts durch … Verifikation Falsifikation Die Aussage erwies sich dabei als … ‚wahre‘ empirische Aussagen als Ziel von Wissenschaft sind somit … verifikationistisch bestätigte Aussagen falsifikationistisch bekräftigte Aussagen wahr bestätigt bekräftigt falsch widerlegt widerlegt ... und im übrigen weiß man eben, was falsch ist: nämlich widerlegte Aussagen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

korrelative Aussagen vs. kausale Aussagen Korrelative Aussagen behaupten einen empirisch fassbaren Zusammenhang zwischen zwei oder mehr Sacherhalten Arten korrelativer Aussagen: deterministisch vs. probabilistisch ‚Wenn A, dann gewiss auch B‘ vs. ‚Wenn A, dann mit  % Wahrscheinlichkeit auch B!‘ synchron vs. diachron ‚Wenn A, dann gleichzeitig auch B‘ vs. ‚Wenn A, dann mit später auch B!‘ hinreichend vs. notwendig ‚Es reicht, dass A vorliegt, damit es auch zu B kommt!‘ vs. ‚Wenn es zu B kommen soll, muss unbedingt auch A vorliegen, was freilich nicht dafür ausreicht, dass es wirklich zu B kommt!‘( Beispiele) Kausale Aussagen fügen einer korrelativen Aussage auch noch eine Theorie (-skizze) hinzu, die erklärt, warum der behauptete Zusammenhang besteht. typische Form: ‚Der Zusammenhang zwischen A und B besteht, weil …‘ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

hinreichende und notwendige Faktoren  sie nicht auseinanderzuhalten oder durcheinander zu bringen, führt sehr leicht sowohl zu Denkfehlern als auch zu empirisch falschen Aussagen Eine ‚hinreichender‘ Faktor ist ein Faktor B, der in jedem Fall dazu führt, dass das Ergebnis Z zustande kommt. Aber: Es ist nicht notwendig, dass B vorliegt, um Z zustande kommen zu lassen. Ebenso können die Faktoren K und L das Ergebnis Z zustande kommen lassen. Beispiel: Wenn man jemanden töten will (Z), reicht es aus, ihn zu erwürgen (B). Man kann ihn aber ebensogut erschießen (K) oder erdolchen (L). Z = B + K + L Eine ‚notwendiger‘ Faktor ist ein Faktor A, der für das Zustandekommen des Ergebnisses Z unbedingt vorliegen muss. Aber: Es reicht nicht aus, dass A vorliegt, um Z zustande kommen zu lassen; vielmehr muss auch noch der Faktor X hinzutreten. Beispiel: Wer eine Villa mit Blick auf den Genfer See kaufen will (Z), muss Geld dafür haben (A). Doch alles Geld nutzt solange nichts, wie niemand eine Villa mit Blick auf den Genfer See zum Kauf anbietet (X). Z = A*X TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Hypothesen vs. ‚Gesetze‘ sind Vermutungen / Aussagen, die man auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen will haben mehr oder minder großen Wahrheitsgehalt gliedern sich ganz wie alle Aussagen ‚Gesetz‘ … meint in den empirischen Wissenschaften nichts anderes als eine sehr gut bekräftigte (reine) Allaussage z.B: Gesetz von der Erhaltung der Energie, Fallgesetz, e=mc²; Gesetz von den wirklichkeitskonstruktiven Folgen der Situationsdefinition ... meint in rechtswissenschaftlichen oder religiösen Zusammenhängen ganz andere Dinge als im Diskurs der empirischen Wissenschaften z.B. Grundgesetz, Abwasserwirtschaftsgesetz, Jagdgesetz ... z.B. Gottes Gesetze, ‚offenbart‘ im Alten Testament oder im Koran ist darum ein oft sehr irreführender Begriff, den man in den Sozialwissenschaften besser vermeidet. Im Übrigen ist die Vorstellung falsch, Wissenschaft kennzeichne sich (allein) dadurch, dass sie ‚nach Gesetzen sucht‘. Das tut sie zwar auch – doch nicht nur und nicht in allen Disziplinen! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

empirische vs. normative Aussagen Alle diese Aussagen können entlang wissenschaftlicher Verfahrensregeln weniger fehlerträchtig formuliert werden, als dies allein mittels des gesunden Menschenverstandes möglich wäre! empirische vs. normative Aussagen = Ziel von Wissenschaft empirische Aussagen sind … Beschreibungen Wahrheitsgehalt ist leicht verifikationistisch zu überprüfen Wenn/Dann-Aussagen Wahrheitsgehalt ist mehr oder minder leicht verifikationistisch oder falsifikationistisch zu überprüfen Erklärungen Wahrheitsgehalt ist mitunter schwierig zu überprüfen, doch wenn: verif. / falsif. Prognosen Wahrheitsgehalt ihrer Teilaussagen ist mitunter schwierig zu überprüfen (verif./falsif.) Wahrheitsgehalt insgesamt ist leicht zu überprüfen, aber natürlich nur im Nachhinein und nicht zu einem Zeitpunkt, da es wichtig wäre, den Wahrheitsgehalt zu kennen normative Aussagen sind … Werturteile Nur der Wahrheitsgehalt der meisten Teilaussagen ist mehr oder minder schwierig zu überprüfen; als ganze sind Werturteile nicht wahrheitsfähig Handlungsanweisungen Nur der Wahrheitsgehalt der meisten Teilaussagen (NICHT: der ihnen zugrunde liegenden Werturteile!) ist mehr oder minder schwierig zu überprüfen; als ganze sind Handlungsanweisungen nicht wahrheitsfähig = ‚Kerngeschäft‘ empirischer Sozialforschung TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Theorien  ‚hermeneutischer Spiralprozess‘ Theorien sind sowohl das Ziel als auch eine Voraussetzung empirischer Forschung! Theorien bestehen aus miteinander verknüpften Aussagen, die ihrerseits einen mehr oder minder großen empirischen Wahrheitsgehalt haben deren Verknüpfung mehr oder minder große logische Fehler enthalten kann. Die Verknüpfung dieser Aussagen sollte nur logisch korrekt vorgenommen werden zwingendes Erfordernis logischer Konsistenz, da ansonsten kein Wahrheitstransfer von einzelnen Aussagen dieser Theorie auf andere Aussagen dieser Theorie möglich ist und darum die Theorie insgesamt wenig nützen würde. Werden … empirische Aussagen miteinander verknüpft, so entstehen empirische Theorien normative Aussagen miteinander verknüpft, so entstehen normative Theorien. Aufgabe theoretischer Forschung: möglichst logisch fehlerfreie Theorien mit einem möglichst wichtigen und/oder möglichst großen (empirischen) Referenten zu formulieren verfügbare Theorien auf ihren logischen Wahrheitsgehalt zu überprüfen und entsprechend zu verbessern. Aufgabe empirischer Forschung: die in Theorien eingebetteten empirischen Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und entsprechend zu verbessern; den empirischen Wahrheitsgehalt ganzer Theorien zu überprüfen und zu verbessern. „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie!“ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

‚schulmäßiger‘ Aufbau einer empirischen Theorie wünschenswerte Emanzipation des wissenschaftlichen theoretischen Denkens vom zeitspezifischen Alltagsdenken Theorie C zeitspezifische Alltagstheorien Theorie B Paradigma Theorie A wahrheitsfähig Theorem I Theorem II Theorem III (empirische) Aussage I (e.) Aussage II Aussage III Aussage IV Begriff 1 Begriff 2 Begriff 3 Begriff 4 Begriff 5 empirischer Referent TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt theoriespezifischer, selektiver Blickwinkel auf den empirischen Referenten; NICHT ‚wahrheitsfähig‘, sondern rein perspektivisch!

Arten von (empirischen) Theorien gegenstandsspezifische Theorien (z.B. des Aufstiegs der NPD) decken mit großer Präzision und mit meistens sehr gut operationalisierbaren Begriffen einen eng umgrenzten Gegenstandsbereich ab (z.B. Theorien des Wahlverhaltens) brauchen meist andere Theorien als ‚Anschlusstheorien‘ oder ‚Rahmentheorien‘, um auch die zu berücksichtigenden größeren Zusammenhänge zu erfassen Theorien ‚mittlerer Reichweite‘ (z.B. der Funktionsweise von Wahlsystemen) haben einen größeren Gegenstandsbereich als die gegenstandsspezifischen Theorien (z.B. Theorien der Funktionslogik demokratischer Verfassungsstaaten) eignen sich gut als Ergebnis- oder Verständnisrahmen gegenstandsspezifischer Theorien allgemeine Theorien (z.B. Evolutorischer Institutionalismus) decken sehr große Wirklichkeitsbereiche mit oft sehr abstrakten und mitunter nur in vielen Schritten operationalisierbaren Begriffen ab (z.B. Theorien des Gesellschaftswandels) stellen allgemeine Rahmentheorien auch für Theorien mittlerer Reichweite dar, erkaufen dies aber mitunter dadurch, dass sie eher eine geordnete Sammlung nützlicher analytischer Oberbegriffe anbieten als empirisch gehaltvolle Wenn/Dann-Aussagen (z.B. soziologische Systemtheorie)  ‚taxonomische Theorien‘ TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Modelle Einzelheiten hier! Modelle sind sehr übersichtliche gehaltene Darstellungsweisen von Theorien. Üblicherweise verwendet man sie … zur sehr präzisen Ausarbeitung und Darlegung von gegenstandsspezifischen Theorien zur eher grobkörnigen, doch klaren Darstellung der zentralen Gedanken von Theorien mittlerer Reichweite zur Strukturierung persönlicher theoretischer Überlegungen, sei es im Vorfeld oder als Ergebnis empirischer Forschung. Regelmäßig bestehen Modelle aus klar spezifizierten Variablen und mehr oder weniger klar spezifizierten Aussagen über die Beziehungen zwischen den Variablen. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

forschungsanleitende Variablen abhängige Variable(n) unabhängige Variable(n) intervenierende Variable(n) Gruppierungsvariable(n), definiert / definieren ‚Vergleichsgruppen ‘ Hintergrundvariable(n) ‚endogene‘ Variablen ‚exogene‘ Variable(n) übersichtlich zusammenstellen in einem ‚Pfeilmodell‘ ! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

abhängige Variable(n) Sie beziehen sich auf das, was verstanden bzw. erklärt werden soll, also: worauf sich die durch die zu beantwortende Forschungsfrage richtet. Beispiele: Auftreten von Revolutionen Stabilisierung demokratischer Verfassungsstaaten Höhe der innerstaatlichen Bildungsausgaben Anteil der Nichtwähler unter den Wahlberechtigten TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Gruppierungsvariable Klar: Eine Gruppierungsvariable hat mindestens zwei und ansonsten beliebig viele Ausprägungen ! Gruppierungsvariable Sie legt – bezogen auf die Forschungsfrage –Vergleichsfälle und gegebenenfalls deren Einteilung in Gruppen von Vergleichsfällen fest. d.h.: Sie definiert die Vergleichsfälle und ‚Vergleichsgruppen‘ bzw. ‚Vergleichsschichten’. Beispiele: Systemtyp: totalitäre Diktatur vs. demokratischer Verfassungsstaat Typ des Regierungssystems: parlamentarische Regierungssysteme vs. präsidentielle Regierungssysteme Bildungsausgaben: Staaten mit niedrigen Bildungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung vs. Staaten mit hohen Bildungsausgaben pro Kopf der Bevölkerung TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

unabhängige Variable(n) Sie erfassen jene Sachverhalte, von denen angenommen wird, sie übten Einfluss auf das Auftreten oder die Ausprägung der abhängigen Variablen aus. d.h.: Sie legen Vergleichskategorien fest. Beispiel: Warum haben Abgeordnete Parteiführungspositionen inne? abhängige Variable: Innehaben von Parteiführungspositionen unabhängige Variablen u.a.: Wahlrecht bei Parlamentswahlen innerparteilichen Nominierungsbestimmungen Faktoren innerparteilichen Einflusses eines Abgeordneten TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

intervenierende Variable(n) Sie erfassen jene Sachverhalte, von denen man vermutet, von ihrem Vorliegen oder von ihrer Ausprägung hänge ab, wie sich der Zusammenhang der unabhängigen Variablen mit der abhängigen Variable im einzelnen gestaltet. Beispiel: Man kann vermuten, der Zusammenhang zwischen periodischen Wahlen zu einer Vertretungskörperschaft und deren Responsivität hinsichtlich der Wähler hänge davon ab, ob es sich um wirklich freie Wahlen handele; die intervenierende Variable wäre somit die ‚Freiheit der Wahl’. Die intervenierenden Variablen umsichtig auszuwählen, ist wichtig vor allem für die Überprüfung bedingter Hypothesen, also von Aussagen folgender Art: „Wenn A, dann B – aber nur, wenn auch Z vorliegt!“ Ist letzteres der zentrale Zweck einer empirischen Studie, so werden die zu berücksichtigenden intervenierenden Variablen sogar ausschlaggebend für die Festlegung der Gruppierungsvariablen sein, also: für die Auswahl der in die Studie einzubeziehenden Fälle (d.h.: für die Stichprobe). In der Regel wird die zentrale intervenierende Variable (etwa: Staaten mit freien Wahlen vs. Staaten mit Scheinwahlen) dann selbst zur Gruppierungsvariable.  Beispiel TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Was ist ein Erklärungsmodell? Wodurch soll erklärt werden? = ‚unabhängige‘ Variable(n) Was soll erklärt werden? = ‚abhängige‘ Variable A Lohnkosten D B Auftragslage Arbeitslosigkeit C zu berücksichtigende Rahmenbedingungen = ‚intervenierende‘ Variable(n) Wenn/Dann-Aussagen Preis/Leistungsverhältnis der Mitbewerber = erfassen jene Bedingungen, unter denen eine Wenn / Dann-Aussage mit den Tatsachen übereinstimmt TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Hintergrundvariable(n) Sie beziehen sich auf Sachverhalte, die … einen auch bei der gerade zu beantwortenden Frage sinnvollerweise zu berücksichtigenden Einfluss auf die Ausprägungen der unabhängigen (und womöglich auch der abhängigen) Variablen haben dürften, ihrerseits aber nicht im Zentrum der um die forschungsleitende Fragestellung gelagerten theoretischen Aufmerksamkeit stehen. Beispiel ‚Staatenvergleich‘: Ausdehnung der verglichenen Staaten Bevölkerungsanzahl der verglichenen Staaten geschichtliche Prägung der verglichenen Staaten Beispiel ‚Vergleich politischer Kulturen‘: Bildungsstand der Befragten Alter der Befragten Geschlecht der Befragten TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Struktur eines Pfeilmodells Beispiel ‚exogene‘ Variablen ‚endogene‘ Variablen Gruppierungsvariable  Fallgruppen abhängige Variable unabhäng. Variable 1 unabhäng. Variable 2 intervenierende Variablen abhängige Variable unabhäng. Variable 1 unabhäng. Variable 2 intervenierende Variablen 1 2 3 unabhäng. Variable 1 abhängige Variable Hintergrundvariablen unabhäng. Variable 2 intervenierende Variablen TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiel: Pfeilmodell zur Erklärung von Fraktionsdisziplin Funktionslogik eines parlamentarischen Regierungssystems mit starken Parteien, die von Abgeordneten geführt werden rationales bzw. zweckgeleitetes Handeln der Abgeordneten Fraktionsdisziplin effektive, auf Erfahrungen beruhende Regeln und Strukturen mögliche Widersprüche ! direkter Einfluss mittelbarer Einfluss Einfluss über Antizipation (‚Vorauswirkung‘) gekonnte Führungspraktiken Erwartungen der Öffentlichkeit, wie sie von Abgeordneten und parlamentarischen Führern wahrgenommen werden TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Richtung und Stärke von Zusammenhängen unspezifizierte schwache, mittlere und starke Zusammenhänge: A oder B oder C beeinflussen Z Variable A Variable B abhängige Variable Z Variable C + Variable D - Variable E +.15 spezifizierte, nicht quantifizierte Zusammenhänge: „Je mehr D, um so mehr Z“, bzw.: „Je mehr E, um so weniger Z“ Variable F -.60 Variable G spezifizierte, quantifizierte Zusammenhänge (mit ‚intuitiven‘ Zahlenangaben) TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Arten von Zusammenhängen in Pfeilmodellen (einfache) Kausalkette einfacher Kausalzusammenhang Hintergrund- variable A unabh. Variable A abhängige Variable Wechselwirkung, Korrelation doppelter Kausalzusammenhang Hintergrund- variable B unabh. Variable B rekursive ‚vermaschte‘ Kausalkette rekursive Kausalkette TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Zweck von (Pfeil-) Modellen nun auch: Modelle der ‚positive political theory‘ ( Rational choice-Modelle) Zweck von (Pfeil-) Modellen Ordnung der eigenen Gedanken zur Bildung einer ‚Vortheorie‘, welche dann das empirische Forschungsvorhaben anleitet bei der … Festlegung der Variablenstruktur Erstellung der Erhebungsinstrumente Auswahl der Modelle der Datenanalyse (‚vom Pfeilmodell zum Pfadmodell‘, ‚von der Vier-Felder-Tafel zur Kreuztabelle‘) Ergebnisinterpretation / Ergebnissicherung Verdichtung der forschungsleitenden Hypothesen in einem Modell, welches … dann ‚vorhersagt‘, was die Forschungsergebnisse ‚zeigen werden‘ und aufgrund der tatsächlich erzielten Ergebnisse dann verifiziert, falsifiziert oder modifiziert wird Zusammenfassung verfügbarer Ergebnisse und Theoreme, d.h.: Theoriebildung, die den Forschungsstand entweder (nur) überschaubar macht oder gleich weiterentwickelt TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Beispiel für ein Pfadmodell = Anteil der durch das Modell erklärten Varianz in der abhängigen Variablen Pennings, Paul et al., Doing Research in Political Science, London 1999, S. 235 Ein ‚Pfadmodell‘ sieht aus wie ein Pfeilmodell. Die in ihm eingetragenen Ziffern zur Quantifizierung von Richtung und Stärke eines Zusammenhang sind aber keine hypothetischen Schätzungen, sondern empirische Befunde, die durch (partielle) Regressionsanalysen gewonnen wurden. TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

Damit sollte klar sein … was Begriffe sind und wie man sie definiert wie man mit Begriffen umgeht und welche Rolle die einzelnen Begriffsarten (vor allem: Variablen) für den Forschungsprozess spielen wie das Verhältnis von ‚qualitativen‘ und ‚quantitativen‘ Begriffen beschaffen ist und was das ‚Messen‘ mit der Verwendung von Begriffen zu tun hat was Aussagen sind, welche Arten von Aussagen es gibt und wie man sie auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen kann was Theorien sind und welche Struktur sie haben was Modelle sind, wie man sie baut und wozu sie dienen Noch Fragen? – Bitte! TU Dresden – Institut für Politikwissenschaft – Prof. Dr. Werner J. Patzelt

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