1. Wirtschaftskreislauf und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR)

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1. Wirtschaftskreislauf und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 1.1 Begriffe © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen Einkommen Zufluss an wirtschaftlicher Verfügungsmacht zu einem Wirtschaftssubjekt während einer Periode oder Der Betrag, den ein Wirtschaftssubjekt ausgeben kann ohne am Ende einer Periode schlechter gestellt zu sein als am Anfang Streitthema: wie werden Wertgewinne und Wertverluste beim Vermögen behandelt, wie Erbschaften Ersparnis Der Betrag des Einkommens, den die privaten Haushalte am Ende einer Einkommensperiode nicht für Güterkäufe = Konsum ausgegeben haben © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Selbstbestimmung von Unternehmen und Staat 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen Selbstbestimmung von Unternehmen und Staat Wenn nur die privaten Haushalte sparen, wie erklärt man dann Haushaltsüberschüsse des Staates und Gewinnrücklagen der Unternehmen? Sie stehen wirtschaftlich den Bürgern bzw. den Anteilseignern (=private Haushalte) als Entscheidungsträgern und potenziellen Liquidatoren zu © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen Konsum: Erwerb von Gütern zur unmittelbaren Befriedigung von Bedürfnissen privater und öffentlicher Haushalte Investition: Anschaffung Gütern des Anlagevermögens [mit mehrperiodiger (~jähriger) Nutzungsdauer zur Kapazitäts- und Leistungserstellung durch Unternehmen und Staat] oder des Umlaufvermögens Verwandte Begriffe: Wiederbeschaffung = Reinvestition Zusatzbeschaffung = Erweiterungsinvestition (Kapazitätserweiterung) Zunahme Lagerbestand Fertigerzeugnisse für Verkauf in der Folgeperiode Gegenteil: Desinvestition = Verkauf/Abbau/Wertreduzierung Nettoinvestition = Gesamtinvestition - Abschreibung Abschreibung (AfA): Betrag des Wertverlustes eines Vermögensgegenstandes, der durch Gebrauch und/oder Alterung in einer Periode eintritt. © Anselm Dohle-Beltinger 2017

1.2 Kreislauf und Wertschöpfung © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Einfacher Wirtschaftskreislauf Güterkreislauf 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen Einfacher Wirtschaftskreislauf Güterkreislauf Konsumgüter Private Haushalte Unternehmen Produktionsfaktoren Vorleistungen und Investitionen sind nicht sichtbar, da sie von Unternehmen für Unternehmen hergestellt werden © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Einfacher Wirtschaftskreislauf Geldkreislauf 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen Wichtig für betriebswirtschaftliche Buchführung und die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Bei Stromgrößen laufen die Geldströme entgegen den Güterströmen. Einfacher Wirtschaftskreislauf Geldkreislauf Bezahlung für Konsumgüter Konsumgüter Private Haushalte Unternehmen Produktionsfaktoren Bezahlung für Produktionsfaktoren Bezahlung der Produktionsfaktoren = Faktorentgelt oder Faktoreinkommen Faktor Arbeit: Entgelt sind Löhne/Gehälter Faktor Boden: Mieten/Pachten Faktor Kapital: Zinsen (Fremdkapital) / Gewinne oder Verluste (Eigenkapital) Die Gewinne/Verluste stellen den Ausgleich zwischen Verkaufserlösen und Gesamtkosten dar. © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Wertschöpfung und Einkommensverteilung 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen Wertschöpfung und Einkommensverteilung Damit das Unternehmen ein Gut erstellen kann, braucht es Inputs, die es bezahlen muss. Einen Teil liefern andere Unternehmen (Vorleistungen und die Abschreibungen der Investitionsgüter). Was nach dem Abzug dieser Kosten vom Verkaufspreis (ohne MwSt.) übrig bleibt, nennt man Nettowertschöpfung (NWS) Mit der NWS werden die Produktionsfaktoren bezahlt und zwar der Eigenkapitalgeber (Eigentümer, Anteilseigner) als Letzter. Ist für den Eigentümer von der NWS etwas übrig, erhält er Gewinn (positives Vorzeichen). Reicht die NWS nicht um alle anderen Produktionsfaktoren zu bezahlen, so macht er Verlust (negatives Vorzeichen) und verliert einen Teil seines Eigenkapitals. (Dadurch ändern sich die Eigentumsverhältnisse des Unternehmens nicht, es ist nur weniger wert) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Vom Umsatz zur Wertschöpfung Bezogenes Material Bezogene Dienstleistungen = Bruttowertschöpfung Abschreibung = Nettowertschöpfung Achtung: Es ist noch niemand bezahlt, der IM Unternehmen an der Leistungserstellung mitwirkt! © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. Implikationen NWS = Faktoreinkommen + Löhne/Gehälter + Zinsen + Mieten/Pachten + Gewinn oder - Verlust = Faktoreinkommen + Nettowertschöpfung Löhne/Gehälter Zinsen Mieten/Pachten = Gewinn (+) oder Verlust (-) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Erweiterung Geldkreislauf: Ersparnisbildung 1. Begriffe 2. Einfaches Kreislaufschema 3. Implikationen Erweiterung Geldkreislauf: Ersparnisbildung Kapitalsammelstelle = Pol Vermögensbildung Sparen Investitions-güterkredit Bezahlung für Konsumgüter Private Haushalte Unternehmen Annahme: die Unternehmen erlösen mit dem Verkauf der Produkte genügend Geld um im Jahresdurchschnitt keine Kredite für Vorleistungen zu brauchen. Bezahlung für Produktionsfaktoren © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Implikationen des Geldkreislaufs 2. Einfaches Kreislaufschema 3. Implikationen 4. VGR Implikationen des Geldkreislaufs Alle Produktionsfaktoren stehen – unabhängig von der juristischen Eigentümerschaft – unter direkter oder indirekter wirtschaftlicher Kontrolle der privaten Haushalte Die Unternehmen bezahlen immer genügend Geld damit alle erstellten Konsum- und Investitionsgüter gekauft werden können Ob dieses tatsächlich geschieht, hängt davon ab ob die Kapitalsammelstellen alles gesparte Geld als Anschaffungskredit weiter vermitteln können Wird zu viel gespart, so gerät das Gleichgewicht ins Wanken © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 2. Einfaches Kreislaufschema 3. Implikationen 4. VGR Folgerungen Es können auf Dauer nicht mehr Einkommen bezahlt (verteilt) werden als an Leistungen vermarktet wurde (entstehen). Der Betrag deckt sich mit der maximal ausgebbaren Geldmenge (verwenden). Kredite aus der „übrigen Welt“ können nur vorübergehend die Lücke decken (vgl. Griechenland) Eine Besteuerung entweder der Unternehmen oder der privaten Haushalte hat Auswirkungen auf beide Seiten (In einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne „übrige Welt“ wäre es egal, welche Seite mehr oder weniger Steuern bezahlt, da auf Dauer alle Steuern in Form von Preiserhöhungen für Vorleistungen, Konsum, Investition und Produktionsfaktoren in den Kreislauf eingepreist werden; psychologisch jedoch gewaltiger Unterschied) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Erweiterter Kreislauf © Anselm Dohle-Beltinger 2010

Komplexerer Wirtschaftskreislauf 2. Einfaches Kreislaufschema 3. Implikationen 4. VGR Komplexerer Wirtschaftskreislauf Achtung: nur Geld-, nicht Warenströme Sektor Ausland Exportzahlungen Transfers Importzahlungen Faktorentgelte Faktorentgelte positiver Außenbeitrag Güterkaufpreise Sektor Unternehmen Pol Vermö-gensbildung Sektor Staat direkte und indirekte Steuern Subventionen Konsumgüterkaufpreise Kapitalanlage Kreditvergabe Fremdkapitalanalage direkte Steuern Transfers Faktorentgelte Eigen- und Fremdkapitalanlage Faktorentgelte Kreditvergabe Ersparnis Sektor Haushalte Kreditvergabe Eigen- und Fremdkapitalanlage Der Kreislauf erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Z.B. zählen die Urlaubskäufe privater Haushalte im Ausland auch als Importe © Anselm Dohle-Beltinger 2010

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 1.3 Größen der VGR © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Aufgabe und Gliederung 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Aufgabe und Gliederung System der zahlenmäßigen Verbuchung von wirtschaftlichen Aktionen auf Konten Drei wesentliche Rechnungen Entstehungsrechnung (Erfassung der Leistungserstellung) Verteilungsrechnung (Erfassung der Faktorentgelte) Verwendungsrechnung (Erfassung der Faktorentgeltverwendung) Nebenrechnungen der VGR z.B. für Transaktionen mit der übrigen Welt (Zahlungsbilanz); Erfassung der Vorleistungen (Input- Outputrechnung) Sektorrechnungen (z.B. für den Staat) Abgrenzung der touristischen Leistungen (Teil von Exporten/ Importen, Vorleistungen, Logistik ...) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Die drei Hauptrechnungen der VGR 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR + + - Die drei Hauptrechnungen der VGR durch Addition erstellt durch Subtraktion erstellt, da Unternehmens- und Vermögenseinkom-men zu ungenau + - Quelle: Statistisches Bundesamt: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen - Wichtige Zusammenhänge im Überblick 2016; Stand 28.08.2017 © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Wichtige Kenngrößen (1) 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Wichtige Kenngrößen (1) Zahlenwerte können in laufenden/jeweiligen Preisen (aktueller Ladenwert) angegeben werden oder preisbereinigt, d.h. entweder in Preisen von einem Basisjahr (z.B. 2010) oder als verkettete Preise (Kettenindex) Sinn der beiden letzteren: Blick auf die mengenmäßigen Änderungen bei den Gütern ohne Verzerrung durch Preiserhöhungen Entstehungsrechnung (Zahlenwerte für 2016* in Mrd. €; laufende Preise) Wertschöpfung (WS): der auf jeder Produktionsstufe einer Leistung zusätzlich entstandene Wert derselben ohne preiswirksame Steuern/Subventionen (312) nach Abzug aller Vorleistungen anderer Unternehmen Bruttowertschöpfung (BWS; 2.832) - AfA (552)= NettoWS (2.280) Bruttoinlandsprodukt (BIP; 3.144): Wert der Güter (unter Einschluss preiswirksamer Steuern/Subventionen; 312), die in einem geographischen Gebiet in einer Periode für den letzten Ge- und Verbrauch erstellt wurden. Bruttoproduktionswert (5.603) = BWS (2.832) + Vorleistungen (2.771) * Quelle: wie vor © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Wichtige Kenngrößen der VGR 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Wichtige Kenngrößen der VGR BIP ist zentrale Kenngröße für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes. Meist als BIP/Kopf PPP: Purchasing Power Parity = kaufkraftbereinigt Quelle: Daten IWF; Grafik: knightarnaud Quelle: Daten: Weltbank Grafik: Rossenne - Own work, CC BY-SA 4.0 © Anselm Dohle-Beltinger 2017 Unterschied zu vorher: BIP(GDP)/Kopf ist kaufkraftbereinigt (PPP), d.h. die kaufbaren Warenmengen werden verglichen. Keine Aussage über Verteilung des Wohlstandes im Land!

Wichtige Kenngrößen (2) 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Wichtige Kenngrößen (2) Verwendungsrechnung (vgl. hierzu auch 2.1 Begriffe; Werte 2016 in Mrd. € zu laufenden Preisen*) Stellt zusammen, welcher Sektor in welchem Umfang Güter aus dem In- und Ausland abnimmt Der Staat besteht nicht nur aus den Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden samt Gemeindeverbänden = Kreise und Bezirke/Regierungspräsidien/Landschaftsverbände), sondern auch aus den Sozialversicherungen, Sondervermögen und Verbünden wie häufig Stadtwerke, Krankenhausgesellschaften etc. Die grenzüberschreitenden Güterströme werden in der Handelsbilanz (Waren; 1.196 Ex, 924 Im) und Dienstleistungen in der Dienstleistungsbilanz erfasst (254 Ex, 275 Im; Reiseverkehrs-Anteil**: 34 Ex, 72 Im, davon 89% privat veranlasst). Der Saldo aus beiden ist der Außenbeitrag (+251) *Quelle: Deutsche Bundesbank: Beiheft 3 zum statistischen Monatsbericht – Zahlungsbilanzstatistik September 2017; 29.09.2017; zahlenmäßiger Widerspruch zu 2.4/2.5, da Daten zu unterschiedlichen Zeitpunkten revidiert werden **Reiseverkehr s.o. Tabelle I. 4c; © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Exportweltmeister und Risiken daraus 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Exportweltmeister und Risiken daraus Ein positiver Außenbeitrag bedeutet, dass mehr Güter ins Ausland verkauft (exportiert), als von diesem abgekauft (importiert) werden. Auf Dauer geht das nur, wenn die Banken des Exportlandes dem Importland Kredite geben (z.B. Deutschland an Griechenland). Das importierende Land braucht jedes Jahr zusätzliche Kredite um seinen Lebensstandard halten zu können und das exportierende muss ein immer größeres Rückzahlungsrisiko (Unfähigkeit oder Unwilligkeit des Importeurs) tragen. Zugleich steigt im Importland der Teil der Preise oder Steuern, der benötigt wird um die Auslandskredite zu bezahlen. Dienstleistungsimport liegt auch dann vor, wenn eine im Inland ansässige Wirtschaftseinheit (≠ Staatsbürgerschaft) vor Ort im Ausland Dienstleistungen einkauft (Friseur; Taxitransfer, Übernachtung, ...) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Folgen von negativen Außenbeiträgen 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Folgen von negativen Außenbeiträgen Bei dauerhafter Existenz und ohne Ausgleich zwischen verschiedenen Handelspartnern: Zinszahlungen gehen der Wirtschaft des Kreditnehmers als Kaufkraft verloren (Tilgung ist nur die Rückgabe des vorher Erhaltenen, also kein Nettoverlust; ohne Zins entstünde beim Kreditnehmer sogar Gewinn wegen Inflation) Angewiesen auf dauerhafte Kreditvergabe- bereitschaft des Auslands (evtl. Erpressbarkeit) © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Wichtige Kenngrößen (3) 2. Einfaches Kreislaufschema 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR Wichtige Kenngrößen (3) Wichtige Größen der Verteilungsrechnung (Werte für 2014* in Mrd. €; laufende Preise) Bruttonationaleinkommen (BNE; 3.197 ; früher Bruttosozialprodukt) Während das BIP (3.144) nur die im Inland erstellte Leistung misst, enthält das BNE auch die Faktoreinkommen, die durch von Inländern (≠ Staatsbürger) im Ausland eingesetzte Produktionsfaktoren erzielt werden (189) und zieht die Leistungsteile ab, die von ausländischen Produktionsfaktoren im Inland erbracht werden (136;  Primäreinkommenssaldo=+53)  Bruttoeinkommen der Inländer Aus ihm muss alles bezahlt werden, was im Inland benötigt wird, z.B. die aufrechterhaltung der Produktionsmöglichkeiten  BNE – AfA = Nettonationaleinkommen (NNE) Volkseinkommen (VE) Zieht man vom NNE die Preisverzerrungen durch Warensteuern und Subventionen ab, so erhält man den von Inländern ohne Staatseinfluss geschaffenen Nettowert, das VE; viel beachtet wird, wie sich das VE auf Kapitaleinkommen und Arbeitseinkommen (selbst. + unselbst.) verteilt Verfügbares Einkommen (VerfE) Zieht man vom VE die Abgaben an den Staat ab und schlägt die staatlichen Transfers dazu, erhält man das VerfE © Anselm Dohle-Beltinger 2017

1.4 Kritik am BIP als Wohlfahrtsmaß? 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen 1.4 Kritik am BIP als Wohlfahrtsmaß? © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Kritikpunkte an der VGR und den Wohlstandsmaßen 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Kritikpunkte an der VGR und den Wohlstandsmaßen Datenerhebung teilweise schwierig Datenschutz, indirekte Ermittlung etc. Bewertung von Nicht-Marktaktivitäten Haushaltsleistungen werden gar nicht und staatliche Dienstleistungen im Vergleich zu niedrig bewertet. Inwieweit die Schattenwirtschaft vollständig abgebildet wird, ist nicht ganz klar. Lt. Statistischem Bundesamt ist sie nach Mei-nung von Eurostat durch die Wahl der Berechnungsmethoden für die besonders anfälligen Wirtschaftsbereiche EU-weit ausreichend berücksichtigt. Gleichwohl wird sie nicht betragsmäßig abgegrenzt. Schätzwert der Uni Linz für D in 2003: Mehr als 7 Mio. Personen, 370 Mrd.€ Umsatz = 17% des BIP bei einem Wachstum von 5,6% p.a.. © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Was ist Schattenwirtschaft? 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Was ist Schattenwirtschaft? offizieller Haushalts- Informeller Irregulärer Krimineller Sektor sektor Gütererstellung/ Dienstleistung Legal Illegal Gewerbeausführung Markttransaktionen Ja Nein VGR-Konventionen1 BIP Selbstversorgungswirtschaft (legal) Schattenwirtschaft im engeren Sinne (hidden economy; illegal) Beispiele Warenverkäufe Einzelhandel Umsätze Post Bankgebüh­ren Do-it-Yourself, Eigenarbeit beim Hausbau; Reparaturen; Kinderbetreu-ung Nachbarschaftshilfe; Beratungszentren; Selbsthilfeorganisa-tionen; ehrenamtliche Tätigkeiten; Netzwerkhilfe; Realtausch Schwarzarbeit: 1.) Verstoß gegen Gewerbe­& Handwerksord-nung 2.)Steuer- und Abgabenhinter-ziehung, Leistungsmiss-brauch Handel mit gestohlenen Gütern und Drogen; verbotene Glücksspiele; Betrug; Schmuggel; Hehlerei © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Stand 2009 lt. Schneider-Interview im Wiwo 16.1.10: 253 Mrd € (+6 Mrd €); Erwartung 2010: +5 bis +8 Mrd € © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen BIP als Wohlfahrtsmaß Wiewohl das BIP pro Kopf wohl das beste Einzelmaß darstellt für die Güterverteilung, hat es doch große Schwächen: Keine Erfassung von Externalitäten Keine Berücksichtigung der Einkommensverteilung Keine Darstellung wichtiger Größen für das Gefühl der gesellschaftlichen Teilhabe © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Zusatzinfo Einkommensverteilung 3. VGR-Größen 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Zusatzinfo Einkommensverteilung Aus den absoluten Werten oder den Pro-Kopf-Zahlen lässt sich nicht auf das Wohlstandsniveau schließen, da die Verteilung in der Bevölkerung unbekannt ist. Die Einkommensverteilung wird häufig mit dem Gini-Koeffizienten angegeben. Er ist ein Maß für die Ungleichmäßigkeit der Einkommensverteilung. Werte von 0 bis 1 oder 0 % bis 100%. 0 bedeutet: jeder hat das Gleiche; 1 bedeutet einer hat alles, der Rest nichts Bildquelle: Bullshift; Datenquelle: CIA World Fact Book Stand 2013 und früher © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen 1.5 Weiterentwicklungen © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Weiterentwicklungen der VGR 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Weiterentwicklungen der VGR Einige Organisationen, wie z.B. die OECD verwenden zu Wohlfahrts-/Wohlstands-vergleichen soziale Indikatoren, die die Versorgung z.B. mit immateriellen Gütern als Korrektiv zu den rein geldmäßigen Quantitäten der VGR abbilden sollen. Die Kritik hieran richtet sich v.a. gegen die Zusammensetzung der einzelnen Indikatoren und damit verbundene Werthaltungen. © Anselm Dohle-Beltinger 2017

Human Development Index (HDI) der UNO 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Human Development Index (HDI) der UNO Der HDI versucht, mehr diese Teilhabe auszudrücken, indem er sich zusammensetzt aus den Größen: BIP pro Kopf Gesundheit, ausgedrückt als Lebenserwartung Bildung Ist Länge der Ausbildung immer positiv zu sehen? © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen © Anselm Dohle-Beltinger 2017

OECD Better-Life-Index 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Vergleich D - N OECD Better-Life-Index © Anselm Dohle-Beltinger 2017

OECD Better-Life-Index 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen OECD Better-Life-Index © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen © Anselm Dohle-Beltinger 2017

© Anselm Dohle-Beltinger 2017 4. Kritik an VGR 5. Weiterentwicklungen Armutsentwicklung Source: Laurence Chandy of the Brookings Institution © Anselm Dohle-Beltinger 2017