20 Thesen zur Steuerpolitik

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 Präsentation transkript:

20 Thesen zur Steuerpolitik 34. Berliner Steuergespräche 01.03.2010 20 Thesen zur Steuerpolitik Wolfgang Wiegard Universität Regensburg und Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Jede Minute eine These)

These 1 20 Thesen zur Steuerpolitik Von der steuerpolitischen Euphorie der Jahre 2006/2007 mit Konzepten einer grundlegenden Reform der Einkommens- und Unternehmensbesteuerung ist (nahezu) nichts übrig geblieben.

These 2 20 Thesen zur Steuerpolitik Leitlinie aller bisherigen Steuerreformen war das Motto: „einfacher, gerechter, effizienter“. Durch die Unternehmensteuerreform 2008, die Erb-schaftsteuerreform, das Wachstumsbeschleunigungs-gesetz … ist das Steuersystem weder einfacher noch gerechter geworden. Die Ankündigung im Koalitionsvertrag: „Deshalb wollen wir, dass Steuern ‚einfach, niedrig und gerecht‘ sind“, hat für mich deshalb etwas Bedrohliches.

These 3 NULL 20 Thesen zur Steuerpolitik Die Unternehmensteuerreform 2008 hat allerdings die steuerliche Attraktivität des Standorts Deutschland gestärkt. Demgegenüber betragen die Wachstumsbeschleuni-gungseffekte des Wachstumsbeschleunigungsge-setzes … NULL

20 Thesen zur Steuerpolitik

These 4 20 Thesen zur Steuerpolitik Ein „einfaches Steuersystem“ hat nichts, aber auch gar nichts, mit einem „Bierdeckel“ zu tun.

These 5 These 6 These 7 20 Thesen zur Steuerpolitik Aus ökonomischer Sicht ist Besteuerungsneutralität Voraussetzung für ein „einfaches“ und „effizientes“ Steuersystem. These 6 Durch die Unternehmensteuerreform in Verbindung mit der Abgeltungsteuer ist das Postulat „Finanzierungs- neutralität“ stärker verletzt als vor der Reform. These 7 Das Problem: Die Gewährleistung von Besteuerungs-neutralität in Verbindung mit der Gewährleistung von steuerlicher Standortattraktivität ist mit erheblichen Mindereinnahmen verbunden. Diese sind auf absehbare Zeit nicht verkraftbar, denn:

These 8 20 Thesen zur Steuerpolitik Die zentrale Aufgabe der Finanzpolitik in dieser (und der nächsten) Legislaturperiode ist die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Ohne Haushaltskonsolidierung kommt es zu einem dramatischen Anstieg der staatlichen Schuldenstands-quoten

20 Thesen zur Steuerpolitik

These 9 20 Thesen zur Steuerpolitik Allein beim Bund liegt der durch die Schuldenbremse bedingte Konsolidierungsbedarf bis 2016 - ohne die ab 2011 angekündigten Steuersenkungen - bei über 40 Mrd Euro. Vor allem durch die (einmalige) Umwandlung eines Darlehens an die BA in einen Zuschuss hat sich die Bundesregierung die Möglichkeit geschaffen, den Konsolidierungsbedarf zum großen Teil in die nächste Legislaturperiode zu verschieben.

Arithmetik der „Schuldenbremse“: Wie sich durch höhere Schulden in 2010 der Konsolidierungsbedarf bis 2013 verringern lässt Mrd € 68,3 projezierte strukturelle Defizite Schwarz-Gelb (mit WBG) 70 + x jährlicher zusätzlicher (dauerhafter) Konsolidierungsbedarf 59 60 51 49 50 48 50 47 46 44 +8 40 18 (+10) 30 (+12) 41 (+11) 39 41 30 30 20 20 10 10 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

These 10 These 11 These 12 20 Thesen zur Steuerpolitik Die im Koalitionsvertrag für und ab 2011 angekündigten Steuerentlastungen in Höhe von 24 (19,5) Mrd Euro würden den Konsolidierungsbedarf allein für den Bund von rund 41 auf fast 50 Mrd Euro erhöhen These 11 Das Steuerreformkonzept der FDP erfordert nach (korrigierten) Berechnungen des RWI einen Gegenfinanzierungsbedarf von rund 68 Mrd Euro These 12 Ein Stufentarif hat vor allem dann Vorteile, wenn er nur eine Stufe (oberhalb des Grundfreibetrags) auf- weist (flat tax)

These 13 20 Thesen zur Steuerpolitik Steuersenkungen haben – vorausgesetzt sie sind richtig konzipiert – Selbstfinanzierungseffekte, die aber weit unter 100 % liegen. Für die von Uhlig/Trabandt (2009) berechneten Selbst-finanzierungseffekte von Lohnsteuern (50 %) und Kapitaleinkommensteuern (70 %) gilt: „Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“ (Immanuel Kant, 1793) (Die unplausiblen Ergebnisse bei Uhlig/Trabandt erklä-ren sich durch die spezielle Modellierung der Steuern)

These 14 20 Thesen zur Steuerpolitik Zu bezweifeln ist, dass die gewaltige Konsolidierungs-aufgabe längerfristig allein über Ausgabenkürzungen und ohne Erhöhung von Steuern/Abgaben zu bewäl-tigen ist. Wenn es tatsächlich nicht ohne Steuererhöhungen geht – und davon gehe ich aus –, ist eine Anhebung der USt-Sätze die wachstumsfreundlichste Variante. Eine Anhebung des Beitragssatzes zur Arbeitslosen- versicherung ist ebenfalls angezeigt

? These 15 20 Thesen zur Steuerpolitik Die im Koalitionsvertrag angekündigte Einsetzung einer Kommission zur Überprüfung des Anwendungsbe-reichs des ermäßigten USt-Satzes ist sinnvoll. Allerdings lässt der Anfang (Berherbergungsleistun-gen) wenig Gutes erwarten. (getrocknete Schweineohren) (künstliche Tierbesamung) (Hausesel/Maulesel) ? google- “Bilder“ Stichwort: „künstliche Tierbesamung“

These 16 20 Thesen zur Steuerpolitik Zu begrüßen ist auch, dass die Bundesregierung einen neue Anlauf für eine Reform der Gemeindefinanzen unternimmt. Die jetzt eingesetzte Kommission ist allerdings unnötig: Es liegen ausgearbeitete Reformkonzepte vor; fundamental Neues ist nicht zu erwarten. M.E. sind die Erfolgsaussichten eher gering: Trotz gegenteiliger Bestrebungen ist die Substanz- besteuerung im Rahmen der GewSt immer weiter ausgebaut worden.

These 17 20 Thesen zur Steuerpolitik Angesichts der prekären Situation in den öffentlichen Haushalten kommen auf absehbare Zeit lediglich mehr oder weniger aufkommensneutrale „Aufräumarbeiten“ in Betracht: (Zinsschranke, Verlustverrechnung, Funktionsverla-gerungen, Mantelkauf etc.) … ein Anfang ist gemacht

(leicht resignativer Ausblick) 20 Thesen zur Steuerpolitik These 18 (leicht resignativer Ausblick) Nach den bisherigen Erfahrungen mit der „schwarz-gelben“ Steuerpolitik und Steuerdiskussion wäre es aber vielleicht am besten, wenn man das Steuersystem mal für einige Zeit in Ruhe ließe.

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ 20 Thesen zur Steuerpolitik These 19 „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ (Hermann Hesse, Stufen) These 20 Nein, nicht jedem ….. diesem nicht …..