Europäisierung: Der Wandel nationaler Politik

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 Präsentation transkript:

Europäisierung: Der Wandel nationaler Politik Maurer, Andreas/Mittag, Jürgen/ Wessels, Wolfgang Oliver Treib

Dr. rer. Soz. Andreas Peter Maurer Autoren Dr. rer. Soz. Andreas Peter Maurer Geb. 31. Juli 1965 Geschäftsführer des Institutes für soz. Bew. Dr. phil. Jürgen Mittag Geb. 14.März 1970 Leiter der Forschungsgruppe II – EU-Außenbeziehunge Dr. rer. Pol. Oliver Treib Leiter der Abteilung Politikwissenschaft des IHS

Europäisierung: Der Wandel nationaler Politik Aufmerksamkeit und Ressourcen richten sich immer stärker auf Brüssel Europäische Union als Platz der supra-nationalen Problemlösung

Beobachtbare Trends Vergrößerter Rahmen der Entscheidungsfindung Sektorale Differenzierung Institutionelle Differenzierung Verfahrens Differenzierung Akteur Differenzierung Rechtliche Verpflichtungen

Europäisierung: Der Wandel nationaler Politik Europäisierung durch Orientierung und Integration könnte zu einer Synchronisierung nationaler Politik mit EU- Imperativen führen oder aber auch zu Erfolgreichen Etablierung von Politikgestaltungsstrukturen und Verfassungsnormen

Europäisierung: Der Wandel nationaler Politik Einfluss konstitutionellen Wandels: Erweiterung der Politikfelder Verdoppelung des „Rechts in Kraft“ Von 4.566 auf 9.767 Vertragsänderungen: Reaktion auf Trends Institutionen als Kreation und Produzent

3 Stufen Modell der Installierung neuer Politikfelder 1. Zusammenarbeit in einem Politikbereich 2. Übernahme des Politikfeldes - mögliche Limitierung der Rolle der EU - Veto-Rechte 3. Verfahrensänderung zur Effizienzsteigerung - Einstimmigkeit -> QMV

Involvierte Akteure Multilevel-Spieler: starker Einfluss auf nationalem Niveau wie auf EU-Ebene Europäische Spieler: Einfluss und Arbeit bleiben in Straßburg und Brüssel lokalisiert Nationale Spieler: ihre Rolle ist auf dem nationalen Niveau einquartiert, kein Einfluss auf europäischer Ebene, lassen nur europäische Entscheidungen innerhalb der nationalen Zone anwenden Schwache Spieler: dieselbe nationale, aber schwächere Orientierung, verlieren immer mehr Einfluss auf EU-Ebene

Nationale Akteure Regierungen und Ministerien Regierungschefs in allen Mitgliedstaaten als Beteiligte Schlüsselfiguren der Angelegenheiten der EU (Mitglieder des Europäischen Rats) Der Europäische Rat und die bilateralen Gipfel haben die Rolle der Regierungsköpfe gegenüber den Ministern gestärkt; weniger mächtige Rolle des Außenministers; veränderte Machtverteilung innerhalb der Regierungen Nach der Studie im Rat werden die nationalen Minister mehr oder weniger hinzugezogen.

Alle Mitgliedstaaten haben ihre Anstrengungen für interne Koordinierung in den neunziger Jahren erhöht, jedoch geschah dies nicht überall in gleichem Ausmaß. Der Autor macht eine Unterscheidung zwischen den zentralisierten und dezentralisierten Systemen. Man bemerkt, dass ein stark zentralisiertes Konzept weniger repräsentativ wird. Bestimmte Gebilde haben Mittel gefunden, nach Brüssel zu gelangen, ohne über nationale Umwege zu gehen. Die Staaten müssen also Strategien finden, um diese Gebilde zu koordinieren, die sich in zwei Unterklassen unterscheiden:

Eine starke Hierarchie, die auf einer zentralen Agentur basiert, die ständig von den politischen Chefs unterstützt wird (französisches und britisches Modell). Eine horizontale Koordinierung entsprechender Beteiligter, die auf dem Konsens basieren (holländisches und dänisches Modell). Der deutlichste Indikator der Konzeptualisierung der EU befindet sich in der Schaffung und der Entwicklung der europäischen Institutionen. Eine wichtige Eigenschaft dieser Institutionalisierung ist die intensive Teilnahme der Regierungen und der einzelstaatlichen Verwaltungen.

Schließlich wird die Bedeutung der europäischen Entscheidungsfindung für die Regierungen und einzelstaatliche Verwaltungen nicht nur durch die Größe des europäischen Corpus an Personal, sondern auch durch die Anzahl von Organisationen die mit Europa auf dem nationalen Niveau verbunden sind. Parlamente Seit dem Vertrag von Maastricht werden die nationalen Parlamente als die großen Verlierer der EU angesehen.

Sie sind auf europäischer Ebene und national schwach, denn es sind die Regierungen, die die Entscheidungen auf europäischer Ebene treffen, und was auf europäischem Niveau beschlossen wird, kann nicht durch die Parlamente abgeändert werden. Die Parlamente sind sich ihres Bedeutungsverlustes bewusst und haben diesen zurückgefordert. Dies ist ihnen auch zu einem Teil gelungen, indem sie früher informiert werden und nationale Regierungen beeinflussen können.

Implementierungsforschung Auseinandersetzung mit der Literatur über die Implementierung von EU-policies durch die Mitgliedstaaten auf der Ebene der Implementierung werden regelmäßig schwerwiegende Entscheidungen getroffen, die den Erfolg oder das Scheitern einer policy bestimmen die EU stellt einen Sonderfall bei der Implementierung dar, weil sie keine eigene Verwaltung dafür besitzt  dezentralisierte Implementierungsstruktur EU-Recht auf einer Zwischenstufe von nationalem und internationalem Recht

Aufkommen und Entwicklung von EU-bezogener Implementierungsforschung Vorgeschichte: ForscherInnen lange auf policy-Entwicklung und Entscheidungsfindung beschränkt Zwei Anfangspunkte der „klassischen“ Implementierungsforschung: 1960er Jahr in den US, 1960er und 1970er Jahre in Deutschland Bildung von zwei Forschungstraditionen: „top-down“-Ansatz „bottom-up“-Ansatz

Drei „Wellen“ EU-bezogener Implementierungsforschung „First wave“: Mitte der 1980er Binnenmarkt-Programm als Sprungbrett methodologisches Rüstzeug aus nationaler Implementierungsforschung, top-down-Ansatz nationale Implementierung von EU-policies als eher apolitischer Prozess mit Schwerpunkt auf der Verwaltungsarbeit

einige Ansichten des bottom-up-Ansatzes: Einbindung aller relevanten Akteure auf nationaler Ebene Hauptaussage in Bezug auf die Anwendung von EU-Recht: „ist EU-Recht einmal implementiert, wird es weder schlechter noch besser angewendet als nationales Recht“ (S. 7) Problem: „first wave“-Forschung konnte nicht wirklich auf die spezifischen nationalen Umstände bei der Implementierung eingehen

„Second Wave“ Ende der 1990er Beginn mit der Analyse der „Europäisierung“ von nationalen politischen Systemen diese breitere Perspektive hat einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Implementierungsforschung geleistet Wichtiger Ansatzpunkt: „degree of fit or misfit between European rules and existing institutional and regulatory traditions“ (S. 8)

Hintergedanke: Analyse auf möglichst wenige Variabeln zu begrenzen basiert auf Denkweise, die die „stickiness“ nationaler Politik-Traditionen und Abläufe hervorhebt: nationale Regierungen, Verwaltung und Parlamente als Hüter des status quo und Schutzschild nationaler rechtlich-administrativer Traditionen Hintergedanke: Analyse auf möglichst wenige Variabeln zu begrenzen Hauptprobleme: tatsächlich konnten nur wenige Fälle mit dieser Methode erklärt werden zu geringe Theoretisierung, zu wenig Abstraktion es wurde zu wenig beachtet, dass es verschiedenen Ebenen bei der Implementierung gibt und verschiedene Akteure, die auf diesen Ebenen jeweils eine gewisse Rolle einnehmen  Forschungsarbeiten der „second wave“ konnten schlecht spezifische Probleme, die mit der Implementierung einhergehen, erklären

„Third Wave“ theoretische und methodologische Differenzierung Vielfalt methodologischer und theoretischer Herangehensweisen Qualitativ Forschung in 2 unterschiedlichen Formen um (Nicht-)Kompatibilität aufzuzeigen: Parteipolitische Präferenzen; lokale, einflussreiche Akteure haben Bedeutung Rechtsverletzungen Kosten/Nutzen Enforcement approach Management approach Sehr unterschiedliche Ergebnisse dieser Studien – theoretisch nicht relevant? Administratives Leistungsvermögen – Paradox zwischen quali- und quantitativer Forschung?

„Three worlds of compliance“ Ergebnis empirischer Untersuchungen World of law observance World of neglect World of domestic politics Erweitert um: World of dead letters

Nachteile Vernachlässigung des Durchführungsprozesses und der ordnungsmäßigen Einhaltung nur die allgemeine Umsetzung zu betrachten greift zu kurz zu starke Ausrichtung auf quantitative Forschung zu wenig Bezug auf die Realität und Praxis braucht „cross-sectural studies“

Methodologisches Dilemma  Qualitative oder quantitative Forschung als beste Lösung? Quantitative Analyse: Breite empirische Basis Daten bez. Umsetzung und auch Rechtsverletzungen sind nicht aufschlussreich und ausreichend genug Lösungsversuch: „medium-n qualitative studies“ = größere Anzahl kollaborierender qualitativer Analysen, speziell im Bereich der Durchführung und des Einsatzes

Fazit Ziel: systematischer Überblick der historischen Entwicklung und die Identifizierung der bisher wichtigsten theoretischen, empirischen und methodologischen Erkenntnisse in diesem Feld Ergebnisse: Forschung war zu sehr auf die Umsetzung als auf die Durchführung und die Anwendung der EU-Politik Kapazitäten und der Wille der Mitgliedsstatten muss beachtet werden braucht noch einiges an Forschungsarbeit Lösung des methodologischen Problems

Dankeschön!