„Der Club – informell, elitär, exklusiv, undemokratisch“ (Peter Wahl)

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 Präsentation transkript:

„Der Club – informell, elitär, exklusiv, undemokratisch“ (Peter Wahl) G8 und Demokratie „Der Club – informell, elitär, exklusiv, undemokratisch“ (Peter Wahl)

Prinzipien der Demokratie Volkssouveränität, Herrschaft geht vom Volke aus Begrenzung und Kontrolle von Macht Gleichheit = gleiche Behandlung aller Bürger eines Staates durch die Gesetzgebung Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, freie Meinungsäußerung, Menschenrechte Allgemeine, geheime und freie Wahlen Gewaltenteilung als Mechanismus zur Verhinderung von Machtmissbrauch Parlamentarische Demokratien sind untrennbar mit dem Territorialprinzip des Nationalstaates verbunden  Essentiell: Einheit von Wählenden und Gewählten

Krise der Demokratie Globalisierung verlagert ökonomische Prozesse immer mehr in den transnationalen Raum Andere, demokratisch nicht legitimierte Akteure (z. B. Fondsmanager, transnationale Unternehmen) gewinnen an Bedeutung Hierdurch greifen auch die auf den Nationalstaat begrenzten Sozial- Arbeits- Umwelt- usw. Gesetze nicht mehr -> Bedeutungsverlust des Nationalstaates Andererseits erfordern globale Probleme ein Handeln über nationalstaatliche Grenzen hinaus In diesem Machvakuum hat sich ein neuer Typ internationaler und transnationaler Beziehungen etabliert: Global Governance

Global Governance Regulierungs- und Steuerungssystem ohne zentrale Durchsetzungsgewalt -> Regulierung ohne Regierung Geflecht aus völkerrechtlichen Verträgen, freiwilligen Normen, formellen und informellen multilateralen Institutionen, d. h. neben den Nationalstaaten auch internationale Organisationen, transnationale Konzernen, NGOs, soziale Bewegungen, kriminelle Vereinigungen usw. Die G8 sind in diesem Geflecht internationaler Institutionen zwar kein Machtzentrum, nehmen aber eine wichtige Stellung ein, sie sind ein „Knoten im Netzwerk globaler Hegemonie“

G8: Knoten globaler Hegemonie IWF Pariser Club Weltbank OECD G8 WTO NATO BIZ UNO

Einfluss der G8 Auf internationale Institutionen, formell und informell Formell allein beim IWF einen Stimmenanteil von 48%, bei der Weltbank von 47% Vier der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates gehören der G8 an Starker Einfluss in der WTO (auf Betreiben der G8 gegründet) Pariser Club der G8 untergeordnet, betreibt das Schuldenmanagement Verfügt mit der NATO über einen militärischen Arm

Einfluss der G8 Durch ständige Kommunikation und Abstimmung von Positionen Permanente Kommunikation und Abstimmung auf der Ebene der Minister -> „G8 ist immer“ Verständigung über Strategien und konkrete Politikvorhaben oder gemeinsame Interessen und Differenzen, bevor diese in Gremien von WTO, Weltbank usw. diskutiert werden Weitere informelle Zusammenkünfte, z. B. im Rahmen der Frühjahrs- und Herbsttagung von IWF und Weltbank

Einfluss der G8 Durch symbolische Politik… …und Agendasetting G8 gibt Empfehlungen und spricht Forderungen an andere Regierungen aus (kann keine bindenden Rechtsakte erlassen) Durch Inszenierungen der Gipfel sollen Zustimmung und Akzeptanz der Politik zur Festigung ideologischer Hegemonie erreicht werden, hierfür werden medienwirksame Themen wie Entschuldung und Entwicklungshilfe präsentiert …und Agendasetting z. B. im Bereich Energiepolitik (wie in Petersburg, wo Atomkraft wieder salonfähig gemacht wurde)

Einfluss der G8 Durch konkrete Politik Beispielsweise in den Bereichen Handelspolitik Schuldendienst der Länder des Südens (Herrschaftscharakter zu den Ländern des Südens wird hier offensichtlich, Schuldenerlasse werden vom Pariser Club, faktisch ein Unterclub der G8, an die Teilnahme an IWF-Programmen geknüpft )

Legitimation Die Regierungschefs der G8 sind formal auf nationaler Ebene demokratisch legitimiert Bei Putin ist die demokratische Legitimation fraglich Problematisch: Regierungschefs sind Teil der Exekutive, auf der G8-Ebene nehmen sie klassische legislative Aufgaben war (wenn sie auch keine formal verbindlichen Rechtsakte erlassen können)

Legitimation Das Prinzip der Gewaltenteilung ist damit durchbrochen, es gibt keine parlamentarische Kontrolle, die Opposition ist nicht beteiligt (Parallele zur Kritik am Rat der Europäischen Union) Abgesehen von dieser Problematik: Jeder Ländergruppe ist es unbenommen sich zu organisieren und zu treffen Problematisch aber bei Missverhältnis zwischen Beteiligten und Betroffenen, G8 macht Politik auch für Nicht-G8-Staaten Politik (Repräsentieren 13%, machen Politik für alle)  Doppeltes Legitimationsdefizit der G8

Alternativen? G13 („Outreach-Initiativen“) Aufwertung der G8 zu L20 – Leaders 20 UN reformieren (Vetorecht) Etablierung einer Weltregierung

G13 (Outreach-Initiativen) Erweiterung der G8 zur G13 mit den Schwellenländern China, Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika Ziel ist es, auch diese Staaten in internationale „Problemlösungsstrategien“ (z. B. Klima) einzubinden „verdecktes Ziel“ bzw. Folge: Schwächung der UNO Merkel lehnt G13 ab, hat aber die Regierungschefs dieser Staaten nach Heiligendamm eingeladen Variante: G10 mit China, Indien, Brasilien Hintergrund: China hat Kanada und Italien in Sachen BSP überholt, vor Russland liegen Mexiko, Indien, Südkorea, Brasilien, Australien, Spanien, Niederlande

Leaders 20 Erweiterung der G8 auf 20, Leaders 20 (Australien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Russland, UK, USA, EU-Ratspräsidentschaft, falls nicht G7/G8 Europäische Kommission, Argentinien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Korea, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Türkei) Begründung: Globale Probleme verlangen neue Ansätze von Global Governance; G8 waren herrschenden Mächte des 20. Jahrhunderts, sind es nicht mehr, und müssen nun die aufstrebenden Mächte des 21. Jahrhunderts mit ins Boot holen L20 deutliche legitimer, da 66% der Weltbevölkerung (ca. 90% des weltweiten BSP) Die UN wird als Alternative ausgeschlossen, da ihr generell Reformpotenzial abgesprochen wird (Bürokratie- und Effizienzargument)

UN reformieren Viele sähen die auf G8-Gipfeln verhandelten Fragen und allgemein globale Probleme lieber bei der UN verortet UN ist weitaus demokratischer: UN-Vollversammlung: „ein Land, eine Stimme“ Allerdings werden auch hier Reformen angemahnt, vor allem die Abschaffung des zutiefst undemokratischen Vetorechts im UN Sicherheitsrat Häufiges Gegenargument: Schwerfälligkeit der UN, lange Entscheidungsprozesse, ineffizient Aber: demokratische Entscheidungen erfreuen sich einer größeren Akzeptanz und können deswegen leichter implementiert werden  in der langen Frist: effizienter

Weltregierung Direkt gewähltes Weltparlament (Erste Kammer) Bestehende Generalversammlung der UN (Zweite Kammer) Bestehende internationale Gerichtshöfe = Judikative Bestehendes Sekretariat = Exekutive (unterstützt vom UN Wirtschafts- und Sozialrat) Sonderorganisationen (WHO, UNESCO, ILO usw.) = entsprechende Fachministerien Weltregierung wird nur aktiv, wenn Probleme nicht auf nationaler oder regionaler Ebene gelöst werden können

Diskussion….. Alternativen zwischen Pragmatismus und demokratischem Anspruch Herrschaftsverhältnisse der Global Governance beeinflussen, verändern…? Vision globale Demokratie….?