Dr. Winfried Behr Veranstaltung der Gesundheitsakademie AIMK-

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 Präsentation transkript:

Die physiologische Rolle von Selen und die Paradiesnuß als natürliche Selenquelle Dr. Winfried Behr Veranstaltung der Gesundheitsakademie AIMK- Hotel Schwanefeld, Meerane, 29.03.08, 13:30 -

Das Element Selen ist in der Erdkruste selten (seltener z.B. als Gold) und dabei ungleich verteilt. Die meisten Böden enthalten in der Regel weit unter 1 mg/kg Selen. Böden mit 1 bis 5 ppm gelten bereits als selenreich. Im Boden kommt Selen als Selenat vor, in Erzen auch als Selenid. Es gehört zur gleichen Gruppe des Periodensystems wie der sehr viel häufigere Schwefel. Deshalb sind die Elemente ähnlich und bilden ähnliche Verbindungen aus.

Ähnlichkeiten und Unterschiede Verbindungen, die sich nur durch den Austausch eines Atoms – hier von Schwefel oder Selen – unterscheiden nennt man homolog. Bei aller Ähnlichkeit der Schwefel- und Selen- Homologen gibt es doch kleine chemische Unterschiede, die biologische Systeme ausnutzen und die das Selen in der Biologie eine Rolle spielen lassen, die viel bedeutender ist als es seine Seltenheit vermuten läßt.

Schwefel Na2SO4 Sulfat Selen Na2SeO4 Selenat Na2S Sulfid Na2SO3 Sulfit HS-CH2-CH2-COOH Cystein I NH2 CH3-S-CH2-CH2-COOH Methionin Na2Se Selenid Na2SeO3 Selenit Selen Na2SeO4 Selenat HSe-CH2-CH2-COOH Selenocystein CH3-Se-CH2-CH2-COOH Selenomethionin

Vom Boden in die Pflanze Pflanzen nehmen Selen passiv mit dem Schwefel aus dem Boden auf (weil sie es vom Schwefel nicht unter- scheiden können). Sie benötigen es nicht, aber in kleinen Mengen schadet es auch nicht. Sie metabolisieren es nach dem gleichen Stoffwechsel- weg wie den Schwefel. Der Stoffwechselweg von Schwefel und Selen sieht wie folgt aus:

Der Stoffwechsel von Schwefel und Selen in Pflanzen Sulfat Selenat │ │ Sulfit Selenit Glutathion-Trisulfid (GSSSG) Glutathion-Seleno-Trisulfid (GSSeSG)‏ Glutathion (GSSH) Selenoglutathion (GSSeH)‏ Sulfid Selenid Cystein Selenocystein Cystathionin Selenocystathionin Homocystein Selenohomocystein Methionin Selenomethionin nach LÄUCHLI (1993) und WHANGER (2004, Ausschnitt))

Mit diesen schwefelhaltigen Aminosäuren werden auch kleine Verbleib der Aminosäuren in den Pflanzen Endprodukte des Metabolismus sind die Aminosäuren, sie werden nach dem Plan des genetischen Codes in die Pflanzenproteine eingebaut. In der Hauptmenge sind das die Schwefelhomologen Cystein und Methionin. Mit diesen schwefelhaltigen Aminosäuren werden auch kleine Mengen Selenocystein und Selenomethionin, sozusagen als Trittbrettfahrer, in zufälligem Ersatz der Schwefelhomologen in die Proteine eingebaut. Sie nutzen dabei die genetischen Codes (Basentriplets) der Schwefelhomologen. Für die Pflanzen spielen die kleinen Mengen Seleno-Aminosäuren keine Rolle, sie nützen nicht, schaden aber auch nicht.

Von der Pflanze zum Tier (und zum Menschen)‏ Für Tiere hingegen sind die geringen Mengen Seleno-Aminosäuren, die sie aus den Pflanzen aufnehmen, eine Überlebensfrage. Denn anders als für Pflanzen ist Selen für Tiere essentiell. Sie können ohne die aus den Pflanzen aufgenommenen Spuren Selen nicht existieren. Selenomethionin und (in geringerem Maße Selenocystein) sind also die Form in welcher Tiere (und Menschen) normalerweise Selen aufnehmen. Prinzipiell werden im Stoffwechsel alle Selenverbindungen bis zum Selenid abgebaut:

Abbau der Seleno-Aminosäuren im tierischen Stoffwechsel Selenomethionin <-----> Ein/Abbau in/aus Körperproteinen │ Selenohomocystein Selenocystathionin Selenocystein Selenid (nach LOBINSKI (2000), Ausschnitt)‏ Das Selenomethionin kann allerdings - vorübergehend - in Körperproteine eingebaut werden, wo es eine Selenreserve zur späteren Mobilisierung bildet. Selenid ist der zentrale Selenpool des Stoffwechsels. (Fast) alle Stoffwechselwege führen zum Selenid hin.

Die Ausscheidung von Selen Am Selenidpool setzen alle weiteren Reaktionen an, z. B. auch die Ausscheidung von Selen, die über Methylverbindungen erfolgt Selenid Ausscheidung │ in Atem/Urin: Methylselenol CH3SeH │ im Atem: Dimethylselenid H3C-Se-CH3 │ + im Urin: Trimethylselenonium H3C-Se-CH3)│ CH3 Nach WHANGER (2004) und LOBINSKI (2000)‏ Auf den Metaboliten Methylselenol sei besonders hingewiesen. Er gilt als eine Verbindung, die besonders anticancerogen wirkt. Als Ausscheidungsprodukt tritt er naturgemäß besonders nach höheren Selengaben auf.

Selen-Phosphat + Serin Selenocystein Die Synthese von Selenocystein Die wichtigste Reaktion des Selenidpools ist jedoch die Synthese von Selenocystein: Selenid │ Selen-Phosphat + Serin Selenocystein Selenocystein ist die einzige vom Körper synthetisierte Selen-verbindung (Selenomethionin wird mit der Nahrung aufgenommen, es ist nur Selenträger und -speicher). Selenocystein wird im Augenblick seiner Synthese sofort in Selenoproteine (Enzyme) eingebaut), wo es häufig das reaktive Zentrum bildet. Es hat wie andere Aminosäuren ein eigenes Codon (UGA), das seinen spezifischen Proteineinbau signalisiert und kontrolliert.

Die Selenoproteine Im menschlichen Organismus wurden bisher 35 Selenoproteine nachgewiesen. Nicht alle haben eine Enzymfunktion und bei einigen ist die Funktion auch noch unbekannt. Wir wollen uns hier auf die wichtigsten beschränken, deren Eigenschaften bekannt sind: - Glutathionperoxidase (GPx): Es gibt vier leicht verschiedene Formen, im Zytosol, im Zellplasma, in der Zellmembran, im Gastrointestinaltrakt * Funktion: Reduktion von Fettsäureperoxiden und von Wasserstoff- peroxid (H2O2)‏ - Thioredoxin-Reduktase: Drei verschiedene Formen im Zytosol und den Mitochondrien. * Funktion: Reduktion von Disulfiden (Cystin) zu Thiol-Gruppen (Cystein)‏ - Iodothyronin Deiodinase: Drei Formen, vor allem in der Schildrüse. * Funktion: Thyroidhormon-Stoffwechsel)

Notwendige, vorteilhafte und kritische Seleneinnahmemengen Seit man vor nunmehr etwa 50 Jahren (1957) die Essentialität von Selen erkannte (zuvor galt Selen vor allem als giftig) hat man viele Erkenntnisse über die biologische Wirkung dieses Elements gewonnen. Die Erkenntnisse gehen zurück auf Tierversuche, auf epidemiologische Studien, auf Interventionsstudien. Man weiß jetzt nicht nur, daß Selen einerseits essentiell und andererseits bei Übereinnahme toxisch ist, sondern auch, daß zwischen Mindestmenge und toxischer Schwelle ein Bereich liegt, in dem Selen eine überaus segensreiche Wirkung entfaltet.

Dosis/Wirkung Übersicht für Selen Linke Kolonne gibt bekannte oder errechnete Einnahmemengen an (aus Supplement oder Nahrung, XX betrifft die Nahrungsselenmenge, die regional variiert, aber etwas von 30 bis 100 mcg liegt. Einnahme Wirkung/Literaturstelle mcg Se/Tg&Person 0 Tod 1,5 Keshan: Kardiomyophathie (COMBS & COMBS 1986, S. 352f)‏ <11 Defizienz Probleme (YANG & ZHOU 1994)‏ 20 kein akuter Mangel sichtbar (COMBS & COMBS 1986, S. 387)‏

Dosis/Wirkung-Übersicht für Selen 40 Mindestbedarf (YANG and ZHOU 1994)‏ 50 Untere empfohlene Menge (COMBS & COMBS 1986, S. 387)‏ 30 bis 50 +XX Krebsinzidenz ca 46% vermind. (YU 1991, 1997)‏ 50+XX Krebsinzidenz ca 8% vermind. (LI 1993)‏ 200+XX Strengthend immune reactions (KIREMIDJIAN-S 1994)‏ 200+XX Krebsinzidenz ca 45% vermind. (YU 1997)‏ 90+200 Krebsinzidenz ca 50% vermind. (CLARK, 1996, RAYMAN, 2000)‏ 400 bis 450 +XX Empfohlene obere Grenze (RAYMAN 2000)‏

Selen Dosis/Wirkung Übersicht (Fortsetzung)‏ 600+XX Obere sichere Grenze (RAYMAN, 2000)‏ 900 Zeichen von Selenose (YANG and ZHOU 1994)‏ 4990 Definitive Selenose

Das folgende Diagramm enthält interessante Informationen über die Selenkonzentrationen in Blutplasma oder -serum Die Seleneinnahme erlaubt nur eine indirekte und nicht immer genaue Aussage über den Selenstatus einer Person. Eine genauere Aussage erhält man durch eine direkte Bestimmung des Selengehalts in Blutplasma oder -serum einer Person. Der Wert ist durch eine Blutanalyse leicht zugänglich. Das folgende Diagramm enthält interessante Informationen über die Selenversorgung der europäischen Bevölkerung, die wegen der Selenarmut der europäischen Böden viel schlechter ist als etwa in den USA.

Mean concentrations measured since 1990, of serum or plasma selenium in Europe compared with NPC trial levels and concentration required for optimal plasma GPx activity (aus RAYMAN, 2000)‏

Krankheiten, die durch den Selenstatus beeinflußt werden - Krebs Eine Reihe von Studien, allen voran die von CLARK (1996) durchgeführte, zeigen, daß ein hoher Blutselenspiegel, erreicht durch Selensupplementierung oder hohen Nahrungsselen- gehalt eine markante Reduktion der Krebsfälle zur Folge hat. Trotz interessanter Hypothesen, die über den Wirk-mechanismus veröffentlicht wurden, ist dieser weiterhin unklar. Auffällig ist, daß zur Erzielung deutlicher Effekte hohe Selengaben erforderlich sind (200 mcg Se/Tag und Person, höhere Dosen wurden in Langzeitstudien bisher noch nicht eingesetzt). Man nimmt an, daß das Ausscheidungsprodukt Methylselenol für die Wirkung verantwortlich ist.

Selen und Herzkoronar-Erkrankungen. Es war lange auffällig, daß Länder mit selenarmen Böden, damit niedriger Selenzufuhr in der Nahrung erhöhte Herzinfarktraten aufwiesen. Ein solches Land ist Finnland, das deshalb zu einem Pionier der Selensupplementierung wurde. In Finnland wird dem Dünger Selen zugegeben, mehrere selenhaltige Rohstoffe wurden in Finnland entwickelt. Allerdings hatten spätere Studien (z.B. die EURAMIC Studie) keine eindeutigen Ergebnisse. Es wird heute angenommen, daß eine Selensupplementierung nur dort zu einer Verringerung der Infarktrate führt, wo die normale Selenzufuhr besonders niedrig ist (z.B. In Deutschland). Offensichtlich herrscht bei der Selen-versorgung eine gewisse Hierarchie der Organe vor. Bei Selenmangel werden wichtige Organe, z.B. das Herz (und auch das Gehirn) bevorzugt mit Selen versorgt, sodaß erst ein sehr starker Mangel diese Organe beeinträchtigt (KARDINAAL 1997, KIEM 1987, HUTTUNEN 1997)‏

Selen und Schwermetalle Selen entgiftet Schwermetalle. Der Effekt beruht darauf, daß Schwermetalle (Arsen, Cadmium, Blei, Quecksilber) nicht nur die bekannten sehr schwerlösliche Sulfide bilden, sondern noch viel unlöslichere Selenide. Die Schwermetalle werden dadurch festgelegt, sie sind in keiner Weise mehr biologisch verfügbar und werden dadurch harmlos. Etwas Ähnliches ist in Meeresfischen zu beobachten. Das Meerwasser enthält Quecksilber, weshalb die Fische nicht umhinkönnen Quecksilber aufzunehmen. Zugleich enthält Meerwasser auch Selen und die Fische nutzen es um das Quecksilber als Selenid unschädlich zu machen. Das Quecksilber in Fischen ist deshalb harmlos, da nicht bioverfügbar. Andererseits ist auch das Selen der Fische aus dem gleichen Grunde als Selenquelle unbrauchbar (SCHRAUZER 1997, PARIZEK 1971, KOSTA 1975).

Selenmangel und die Mutationsrate von Viren Was Viren als Krankheitserreger unter anderem so gefährlich macht, ist ihreVirulenzerhöhung auf Grund von Mutationen. Es entstehen so neue virulente Typen, die in nicht-resistenten Populationen katastrophale Seuchenzüge auslösen können (so z.B. die sogenannte spanische Grippe im Jahr 1918, die Millionen Opfer forderte). Neuerdings geht man davon aus, daß Selenmengel die Mutationsrate der Viren erhöht, was erklären könnte, daß China mit seinen breiten sich von Nordosten nach Südwesten hinziehenden z.T. extrem selenarmen Gürtel der Ausgang immer neuer Grippewellen gewesen ist. Auch der HIV-Virus - eine Mutante eines für Affen harmlosen Virus - soll zuerst in einer selenarmen Gegend des Kongo aufgetreten sein (BECK 1995, 2001, 2003):

Selen und das Immunsystem Selen spielt eine wichtige aber komplizierte Rolle im Immunsystem. Gut verstanden ist seine Funktion bei dem Abwehrmechnismus des Atmungsschocks (respiratory burst). Dieser besteht in einer plötzlichen Freisetzung von reaktiven Sauerstoffverbindungen (hauptsächlich Sauerstoffsuperoxid und Wasserstoffperoxid), die aber nicht nur Fremdstoffe, sondern auch eigenes Gewebe zerstören können. In einer Rückkopplungsreaktion wird der respiratory burst deshalb durch Wasserstoffperoxid blockiert. Erst wenn Glutathionperoxidase des eigenen Gewebes das Wasserstoffperoxid eliminiert, kann der respiratory burst erneut einsetzen. Ausreichende Selenversorgung ist deshalb die Voraussetzung für eine Funktion des wirksamsten Abwehrmechanismus des Immunsystems (McKenzie 2002).

Bertholletia sp. (nur eine Art B. excelsa: Paranuss) und Die Paradiesnuss – eine natürliche Selenquelle In der botanischen Literatur werden sogenannte Selen-Akkumulatoren beschrieben. Das sind Arten die auf selenhaltigen Böden gedeihen und die hohe Selen-Mengen in bestimmten Pflanzenteilen ansammeln. Die meisten Selen-Akkumulatoren sind krautartige Gewächse, die vor allem in den seleniferen Gebieten Nordamerikas heimisch sind. Jedoch auch die Paranuß-Gewächse gehören dazu, die in ihren Samen erhebliche Selenmengen ansammeln. Die Paranußgewächse umfassen zwei Gattungen der Familie der Lecythidaceen, nämlich Bertholletia sp. (nur eine Art B. excelsa: Paranuss) und Lecythis sp. (26 Arten, Paradiesnuss oder Sapucaianuss)‏ Warum sammeln diese Arten Selen an?

Der Selenstoffwechsel von Akkumulatorpflanzen Selenat │ Selenit Glutathion-Seleno-Trisulfid (GSSeSG)‏ Selenoglutathion (GSSeH)‏ Selenid Selenocystein ---> (Methylselenocystein)‏ Selenocystathionin Selenohomocystein Selenomethionin nach LÄUCHLI (1993) und WHANGER (2004, Ausschnitt))‏

Selenakkumulatoren vermeiden die Selenocystein-Synthese Selenocystein ist wegen der leichten Oxidierbarkeit eine gefährliche Verbindung – besonders wenn sie, in Proteine eingebaut, diese durch Vernetzung funktionsunfähig macht. Die unkontrollierte – nicht spezifische – Synthese von Selenocystein ist im übrigen auch beim Menschen der Grund für die Giftigkeit von Überdosen an Selen. Selenakkumulierende Pflanzen ändern ihren Stoffwechsel so, daß aus dem Selenüberschuß harmlose Selenverbindungen synthetisiert werden: Methylselenocystein und Selenocystathioin sind harmlos weil sie nicht in Proteine eingebaut werden können. Selenomethionin ist harmlos weil es nicht so leicht oxidiert wie Selenocystein und weil des dem Schwefelhomologen Methionin sehr ähnlich ist.

Über die Gattung Lecythis sp. Die 26 Arten der Gattung Lecythis haben im Deutschen oder Englischen keine eigenen Namen. Es wird allgemein über Paradiesnuss, Sapucaianuss, paradise nut, monkey pot gesprochen. Abgesehen von der Fruchtgröße sind die Arten einander sehr ähnlich. Vermutlich akkumulieren alle Lecythis-Arten Selen. Nachgewiesen ist es von Lecythis minor, Lecythis ollaria Lecythis tuyrana und Lecythis pisonis. Und natürlich von der Paranuss. Die von uns verwandte Art Lecythis minor (synonym L. elliptica) wird im “Lebensmittel-Lexikon” schon 1979 als essbare Paradiesnuss geführt. Sie ist somit kein „Novel Food“

Die Selenverbindungen in Paradiesnüssesn Der hohe Selengehalt in Paradiesnüssen ist schon länger bekannt. In einer frühen Veröffentlichung (ARONOW, 1965) wurde als Selenverbindung - Selenocystathionin angegeben. Die Vermutung, daß es sich dabei um die Hauptkomponente handelt, hat sich aber nicht bestätigt. Eine Auftragsanalyse (LOBINSKI) ergab, daß in einem Muster L. minor nur 6% des Selens als Selenocystathionin vorlagen (und 9% in L. tuyrana). Die Haupt-Selenkomponente kann danach nur - Selenomethionin sein. Eine Bestimmung des Selenomethionins ist derzeit in Arbeit. Sind diese Verbindungen bioverfügbar?

Selenomethionin <-----> Ein/Abbau in/aus Körperproteinen │ Seleno-Aminosäuren im menschlichen Stoffwechsel Selenomethionin <-----> Ein/Abbau in/aus Körperproteinen │ Selenohomocystein Selenocystathionin Selenocystein Selenid (nach LOBINSKI (2000), Ausschnitt)‏ Beide Selen-Komponenten sind Zwischenprodukte des normalen menschlichen Selen-Stoffwechsels.

Die Paradiesnuss ist nicht nur nützlich sondern auch schön ..... Photographien: Karl Weidmann Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!