Klimapolitik und makroökonomische Herausforderungen von

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 Präsentation transkript:

Klimapolitik und makroökonomische Herausforderungen von „Zukunftsfähige Wirtschaftspolitik Deutschlands“, 4. November, 2009 beim Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Berlin Klimapolitik und makroökonomische Herausforderungen von Dr. Christian Lutz Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH Heinrichstr. 30 ° D – 49080 Osnabrück, Germany Tel.: + 49 (541) 40933-12 ° Fax: + 49 (541) 40933-11 Email: lutz @ gws-os.de ° Internet: www.gws-os.de

Inhalt Das Klimaproblem Ergebnisse unterschiedlicher Forschungsprojekte Ist nationale Klimapolitik überflüssig? Schlussfolgerungen: Nationale Politik mit internationalem Blick

1. Das Klimaproblem: Business as usual führt bis Ende des Jahrhunderts zu einem Temperaturanstieg von bis zu 6° C, mehr als zwischen der letzten Eiszeit und heute Mit einem ambitionierten internationalen Klimaschutzabkommen in Kopenhagen könnte der Anstieg der globalen Erdtemperatur auf 2°C begrenzt werden Die globalen Kosten werden auf grob 1-3% des weltweiten BIP geschätzt (IPCC 2007) IEA WEO 2009: “if the world continues on the basis of today’s energy policies, the climate change impacts will be severe.” “we need urgently to set in motion an energy and environmental revolution.” Horst Köhler (25.10.2009) „Wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter im Zeichen von Ökologie und Nachhaltigkeit.“ „Das Potenzial für eine ökologische Revolution haben wir. Die Regeln der Markwirtschaft helfen uns dabei ... es so schnell wie möglich zu erschließen.“

Und die schwierige Lösung: Lange Lebenszyklen (stranded investments?) Weitgehende Umsetzung in Kopenhagen kaum zu erwarten Regional unterschiedliche CO2-Preise bis mindestens 2020/2030 (IEA 2009) Gesetzgebung in den USA stockt Internationaler Wettlauf oder internationale Zusammenarbeit? Bringt Kopenhagen eine Rahmenvereinbarung mit Detailverhandlungen in 2010? Was können Deutschland und die EU vor diesem Hintergrund tun?

2. Ergebnisse aus unterschiedlichen Projekten AGF (2006-2009) Productivity and environmental tax reform in Europe BMWI (2006-2007) “Ökonomische Kriterien zur Bewertung alternativer Verhandlungslösungen für eine Weiterentwicklung des Klimaregimes nach 2012 BMU (seit 2004) Auswirkungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien auf den deutschen Arbeitsmarkt BMU (seit 2009) Wissenschaftliche Begleitforschung zu übergreifenden technischen, ökologischen, ökonomischen und strategischen Aspekten des nationalen Teils der Klimaschutzinitiative

Das Modell GINFORS Global Interindustry Forecasting System: globaler multi-country Ansatz: EU27 + wichtige Handelspartner (G20 komplett enthalten) Basiert auf internationalen Datensätzen: IMF, OECD, IEA, UN Multi-sector Ansatz (41 Sektoren) Disaggregierter und bilateraler internationaler Handel (26 sectors, trade shares preisabhängig) Endogene Erklärung von Wirtschaft, Energie und Emissionen Agneten sind nur begrenzt rational Ökonometrisch geschätzte Parameter Baseline: Verhaltensparameter der Vergangenheit werden fortgeschrieben

Länderabdeckung country models OPEC ex. Indonesia ROW

Beispiel 1: AGF-Projekt Productivity and Environmental Tax Reform Szenarien: BL: Baseline entspricht ‘Energy and Transport: Trends to 2030 (2007 update)’ BH: Alternativszenario mit höheren Energiepreisen S1L: 2020 EU 20% THG-Ziel wird erreicht S1H: 2020 EU 20%-Ziel wird bei höheren Energiepreisen erreicht S2H: Wie S1H; 10% der Einnahmen werden in Effizienztechnologien investiert S3H: Wie S1H aber mit internationalem Abkommen und 30%-EU-Ziel

Beispiel 1: Wirkungen auf die EU, wenn die Klimaziele über einen einheitlichen CO2-Preis erreicht werden: (Auktionierung im ETS, CO2-Steuer im Rest der Volkswirtschaft, Senkung der Lohnnebenkosten)

Beispiel 1: Globale CO2-Emissionen

Beispiel 2: BMWi-Projekt: Abweichung des Deutschen BIP im Jahr 2020 bei unterschiedlicher Ausgestaltung eines EU-Alleingangs von der Referenz

Beispiel 2: BMWi-Projekt Ausgestaltung des Klimaregimes kann die Kosten des EU-Alleingangs deutlich beeinflussen Negativ: Auktionierung in der Industrie Hohe Zertifikatspreise Überdurchschnittliche Minderungsverpflichtungen des ETS-Sektors (der Industrie) Übernahme zusätzlicher nationaler Minderungsverpflichtung Positiv: Benchmarking in der Industrie (Problem Strompreis bleibt, Kompensation) Verwendung der Auktionierungseinnahmen zur Technologieförderung Verlängerung der KKW-Laufzeiten

Beispiel 2: Abweichung des Deutschen BIP in 2020 von der Referenz: Deutschland hat Wettbewerbsvorteile bei breiter Beteiligung

Beispiel 2: BMWi-Projekt Ausgestaltung des Klimaregimes auch international sehr wichtig Ohne Beteiligung von USA und den großen Schwellenländern ist 2°C-Ziel nicht erreichbar Flexible Mechanismen (CDM) reduzieren die Kosten des Klimaschutzes und ermöglichen Technologietransfer Breite Länderbeteiligung reduziert die Klimaschutzkosten (BIP-Verluste) für Deutschland

3. Ist nationale Klimapolitik überflüssig? Hans-Werner Sinn (2008): Das grüne Paradoxon, oder RWI (2009): Die ökonomischen Wirkungen der Förderung erneuerbarer Energien. Erfahrungen aus Deutschland, aktuell: Monopolkommission (2009) In der Theorie – in einer perfekten Welt – ist die Förderung erneuerbarer Energien oder von Energieeffizienz, sofern sie nicht im ETS-Cap berücksichtigt werden, wirkungslos für den Klimaschutz. Reichen der Emissionshandel und Steuern zur bestmöglichen Erreichung der Klimaziele aus? Verteuern zusätzliche Instrumente wie die Förderung Erneuerbarer Energien oder der Energieeffizienz den Klimaschutz?

Dagegen sagen internationale Analysen Stern review (2007): Klimaschutz durch Weltweit weitgehend einheitliche CO2-Preise (durch Zertifikate, Steuern, Subventionen, Regulierung) Förderung von Innovation und Diffusion CO2-armer Technologien Beseitigung von Hemmnissen aller Art zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen IEA (2009): Handlungsempfehlungen für die EU Förderung Erneuerbarer Energien fortsetzen CCS durch CO2-Preise und zusätzliche Förderung marktreif machen Verschärfte Regulierung bei Gebäuden und Fahrzeugen (95 g CO2/km in 2020)

Analysen zeigen in der “fern-von-perfekten”-Welt Die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen (z.B. Gebäudesanierungsprogramm) und Erneuerbaren Energien (EEG) kann bei guter Ausgestaltung Gesamtwirtschaftlich positiv sein (gerade auch in Phasen massiver Unterauslastung der Produktionskapazitäten durch Mehrinvestitionen) Neue Technologien an die Wettbewerbsschwelle führen Die Technologieentwicklung vorantreiben Exportchancen auf neuen, schnell wachsenden Märkten schaffen “Gute Ausgestaltung” heißt vor allem Investitionssicherheit Hohe CO2-Preise sind politisch nicht durchsetzbar Hohe Kosten von stranded investments Politik kann Klimaschutz nicht isoliert betreiben, sondern muss Ressourcensicherheit, Energiepreisschwankungen, Technologiepolitik und internationale Wettbewerbsfähigkeit mitdenken

4. Schlussfolgerungen Der Klimawandel kann noch eingegrenzt werden, aber nur, wenn schnell, massiv und international abgestimmt gehandelt wird Ökonomische Instrumente werden dabei eine zentrale Rolle spielen (wer „Zertifikate“ sagt, muss auch „Steuer“ sagen) Die Einnahmen werden auch für die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen in anderen Ländern gebraucht Die Ausgestaltung des Klimaregimes wird die gesamtwirtschaftlichen Kosten stark beeinflussen Preise (Marktinstrumente) allein reichen nicht aus, um unsere Volkswirtschaften zu Dekarbonisieren: Notwendig ist ein intelligenter Policy-Mix! Deutschland braucht (endlich) ein abgestimmtes energie- und klimapolitisches Konzept, das sich auf die entstehenden internationalen Märkte für Energie- und Effizienztechnologien konzentriert und stranded investments verhindert.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Mehr Informationen: www.gws-os.de www.petre.org.uk lutz@gws-os.de