PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)

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1 Klausurtermin: Grundkurs II im Bürgerlichen Recht Dienstag, – ca Uhr - ZHG 011 Einlass ab Uhr Beginn: ca Uhr Die.
 Präsentation transkript:

PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.) Schuldrecht AT, 29.04.2014 PD Dr. Sebastian A.E. Martens, M.Jur. (Oxon.)

Die Verknüpfung von Leistungspflichten Beispiel: K wollte unbedingt ein neues Auto haben und hat deshalb beim Autohändler A einen Neuwagen gekauft. Als der Wagen bei A geliefert wird, verlangt K, dass A ihm das Auto übergibt und übereignet. A meint, dass K zuerst den Kaufpreis bezahlen solle. A ist empört und will nicht zahlen, bevor er das Auto erhalten hat. Wie ist die Rechtslage? Wenn zwei Parteien gegenseitige Ansprüche zustehen, kann das Recht dies nicht ignorieren Bei Gleichartigkeit der Ansprüche: Aufrechnung Bei Ungleichartigkeit: Zurückbehaltungsrechte § 273 BGB allgemein und § 320 BGB bei gegenseitigen Verträgen

Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 273 BGB Voraussetzungen Es müssen gegenseitige Ansprüche vorliegen: Der Schuldner der zurückgehaltenen Leistung muss zu-gleich Gläubiger der Gegenleistung sein und umgekehrt. Sog. Konnexität: Die Ansprüche müssen auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen (weit zu verstehen; einheitliches Lebensverhältnis genügt). Der Gegenanspruch des Schuldners muss wirksam durchsetzbar und fällig sein. Verjährung schadet aber gemäß § 215 BGB nicht, wenn ein ZBR einmal entstanden ist. Das ZBR darf weder vertraglich noch gesetzlich ausgeschlossen sein.

Rechtsfolgen Der Schuldner kann seine Leistung verweigern, bis sein eigener Anspruch erfüllt wird. Der Anspruch ist nicht durchsetzbar. § 273 I BGB gibt eine Einrede; sie wird im Prozess nur berücksichtigt, wenn der Schuldner sie geltend macht. Die Einrede des § 273 I BGB führt nicht zur Abweisung der Klage, sondern nur zur Verurteilung Zug-um-Zug (§ 274 I BGB). Wenn der Schuldner die Einrede des § 273 I BGB geltend macht, ist die dadurch entstehende Verzögerung seiner Leistung nicht pflichtwidrig. Der Gläubiger kann die Einrede durch Sicherheitsleistung abwenden (§ 273 III 1 BGB).

Die Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§ 320 BGB) Grundgedanken Bei gegenseitigen Verträgen stehen die Leistungspflichten in einem Austauschverhältnis: do ut des: Ich gebe, damit Du gibst. Man spricht von einem vertraglichen Synallagma. Zwei Deutungen des § 320 BGB: § 320 BGB ist eine echte Einrede und nur ein Spezialfall des § 273 BGB. Bei einem gegenseitigen Vertrag sind beide Leistungen in ihrem Inhalt von vorneherein beschränkt und abhängig von der Erbringung der jeweiligen Gegen-leistung. § 320 BGB gibt nur diesen Zustand wieder.

Voraussetzungen Gegenseitiger Vertrag zwischen den Parteien Die Forderungen müssen im Synallagma stehen: Grundsätzlich nur Hauptleistungspflichten Parteien können aber Nebenleistungspflichten in das Gegenseitigkeitsverhältnis einbeziehen. Wenn Pflichten nicht im Synallagma stehen, kann immer noch § 273 BGB einschlägig sein! Der Anspruch auf die Gegenleistung muss wirksam, fällig und durchsetzbar sein. Bei Verjährung gilt wieder § 215 BGB! Der Schuldner, der sich auf § 320 BGB beruft, muss selbst vertragstreu sein. Bei Teilleistungen gilt § 320 II BGB.

Rechtsfolgen § 320 BGB gibt dem Schuldner eine Einrede Der Anspruch ist nicht durchsetzbar. Bei Geltendmachung der Einrede keine Klagabweisung, sondern nur Verurteilung Zug- um-Zug (§ 322 Abs. 1 BGB) Eine Nichtleistung ist schon bei Bestehen der Einrede des § 320 BGB nicht pflichtwidrig, anders als bei § 273 BGB muss die Einrede nicht erhoben werden Die Einrede des § 320 BGB kann nicht durch Sicherheitsleistung abgewendet werden Sonderregelung des § 321 BGB bei späterer Unsicherheit über die Leistungsfähigkeit

Art und Weise der Leistungserbringung Überblick: Wie Ort und Zeit, so können die Parteien auch die Art und Weise der Leistungserbringung grundsätzlich frei vereinbaren Vorschriften im allgemeinen Schuldrecht nur zu Teilleistungen (§ 266 BGB) und zur Leistung durch Dritte (§ 267 BGB) Im Übrigen vielfältiges Richterrecht im Rahmen der Generalklausel des § 242 BGB

Teilleistungen § 266 BGB Teilleistungen Der Schuldner ist zu Teilleistungen nicht berechtigt. Recht auf Teilleistungen setzt Teilbarkeit der Leistung voraus, z.B. Geldschulden, Lieferung mehrerer Sachen Bei unteilbaren Leistungen ist eine Teilleistung immer ausgeschlossen Beispiele: Angebot eines Zimmers in einer zur Gänze vermieteten Wohnung; Lieferung eines Bildes in Bildausschnitten im Wortsinne Unterscheide: Teilleistungen und Raten Raten sind jeweils eigene vollständige (Teil-)Ansprüche

§ 266 BGB ist dispositiv: Die Parteien können (auch kon-kludent) die Zulässigkeit von Teilleistungen vereinbaren. Teilleistungen sind ausnahmsweise zulässig bei Verbraucherdarlehen gemäß § 497 III 2 BGB Bei abweichender Vereinbarung durch AGB sind §§ 307 I, 308 Nr. 4 BGB zu beachten. Beispiel (OLG Frankfurt, VersR 1990, 526f.): A möchte ein Haus auf seinem Grundstück bauen und nimmt deshalb ein durch Grundpfandrechte gesichertes Darlehen bei der B-Bank auf. In dem von der B vorfor-mulierten Vertragstext ist bestimmt, dass die B die Darlehensvaluta nach Bauabschnitten auszahlt. Zur Aus-zahlung soll sie erst dann verpflichtet sein, wenn der jeweilige Abschnitt zu ihrer Zufriedenheit abgeschlossen worden ist.

Gläubiger kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zur Annahme einer Teilleistung verpflichtet sein, „wenn sie ihm bei verständiger Würdigung der Lage des Schuldners und seiner eigenen schutzwürdigen Interessen zuzumuten ist“ (st. Rspr., BGH VersR 1954, 297, BAG, NZA 2012, 469) Beispiel: X hat einen Unfall verschuldet, bei dem der Wagen des K und der K selbst erheblich beschädigt wurden. K hat nun eine ganze Reihe von Schadensposten geltend gemacht, von denen X nur einen Teil für berechtigt hält. X überweist dem K den entsprechenden Betrag. K weist den Betrag indes zurück und erhebt Klage auf die ganze von ihm geltend gemachte Summe. Zurecht?

Rechtsfolgen einer unzulässigen Teilzahlung: Die unzulässige Teilzahlung steht einer Nichtleistung gleich. Gläubiger gerät bei Zurückweisung nicht in Annahmeverzug, Schuldner treffen die Rechtsfolgen einer vollständigen Nichtleistung. Exkurs: Teilforderungen Begriff der Teilforderung: Der Gläubiger macht nur einen Teil des Anspruchs geltend Im Gesetz nicht speziell geregelt

Beispiel: Der Baumarkt B hat bei dem Fabrikanten F im Dezember 2012 für die neue Saison 3000 Garten-stühle bestellt. Die Stühle sollen im Frühjahr 2013 nach Abruf geliefert werden. Als es Mitte März wieder kräftig schneit und vorerst auch keine Wetter-besserung in Sicht ist, ruft B erst einmal nur 1000 Stühle bei F ab. F ist empört und weist das Verlangen des B zurück. B habe 3000 Stühle bestellt und müsse nun auch 3000 Stühle abnehmen. Bloß 1000 Stühle werde er nicht liefern. Wie ist die Rechtslage? Lösung: Gläubiger darf grds. auch nur Teil fordern, Schuldner darf dann aber grds. dennoch volle Leistung erbringen.

Leistung durch Dritte (§ 267 BGB) § 267 BGB Leistung durch Dritte. (1) 1Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. 2Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich. (2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht. Grundideen: Das Schuldverhältnis ist nicht (mehr) persönliche Verbindung zwischen Gläubiger und Schuldner Schuldverhältnis als abstraktes Recht des Gläubigers auf eine Leistung (Anspruch) Leistung unabhängig von der Person des Schuldners

Eine Drittleistung ist bei persönlichen Leistungspflichten ausgeschlossen („Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten…“) Solche persönlichen Leistungspflichten können sich ergeben aus: Ausdrücklicher oder konkludenter Parteiver- einbarung; Bsp.: Frisörtermin bei einem bestimmten Frisör in einem Salon (dispositivem) Gesetz: §§ 613 (Dienstvertrag), 664 (Auftrag), 691 (Verwahrer) BGB Bsp.: Arbeitnehmer muß selbst arbeiten und kann keinen Vertreter schicken Natur des Schuldverhältnisses Bsp.: Unterlassungspflicht; Künstlervertrag

Soweit keine persönliche Leistungspflicht vorliegt, kann nach § 267 I 1 BGB auch ein Dritter die Leistung erbringen. Voraussetzungen: „Dritter“: Nur Personen, die eine eigene Leistung erbringen Beispiel: X beauftragt den Maler M mit dem Streichen seiner neuen Wohnung. M schickt seinen Gesellen G, der den Auftrag für ihn erledigen soll. Handelt es sich um eine Leistung durch Dritte? Lösung: Nein, denn G handelt als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des M.

Der Dritte muss Fremdtilgungswillen haben: „fremde Schuld“: Der Dritte muss auf eine fremde Schuld leisten (trifft nicht zu bei Gesamtschuldnern (§ 421 BGB) oder Bürgen (§ 765 BGB)). Der Dritte muss Fremdtilgungswillen haben: Der Schuldner wird nicht frei, wenn der Dritte auf eine vermeintlich eigene Schuld leistet. Der Dritte hat dann einen Kondiktionsanspruch nach § 812 I 1 1. Fall BGB gegen den Gläubiger. Nach h.M. kann der Dritte aber die Tilgungsbe-stimmung seiner Leistung nachträglich ändern Die Leistung des Dritten muss effektiv, d.h. wie geschuldet bewirkt werden; Hinterlegung oder Auf-rechnung sind nicht zulässig (arg. ex § 268 II BGB).

Eine Einwilligung des Schuldners ist nicht nötig (§ 267 I 2 BGB). Beispiel: Student S hatte in letzter Zeit zu große Ausgaben und deshalb einige Schulden angehäuft. Als sein Vater V davon erfährt, bietet V dem S an, die rückständige Miete des S bei X in Höhe von 1000 € zu bezahlen. S verbietet dem V das, weil er seine Angelegenheiten schon selbst regeln könne. V zahlt die 1000 € trotzdem an den X, der froh ist, sein Geld bekommen zu haben. S besteht aber darauf, „seine“ Schulden noch zu bezahlen. Eine Einwilligung des Schuldners ist nicht nötig (§ 267 I 2 BGB). Gläubiger kann Drittleistung nur ausnahmsweise ablehnen, wenn der Schuldner der Leistung widerspricht (§ 267 II BGB).

Rechtsfolgen: Wenn der Dritte nach § 267 I BGB leistet, erlischt die Schuld nach § 362 BGB durch Erfüllung. Ein Rückgriffsrecht des Dritten gegen den Schuldner ist in § 267 BGB nicht geregelt. Es folgt ggf. aus allgemeinen Grundsätzen: Vertrag, z.B. Auftrag (§§ 662ff. BGB), GoA (§§ 677ff. BGB), Rückgriffskondiktion (§ 812 I 1 2. Fall BGB).

§ 268 BGB Ablösungsrecht des Dritten (1) 1Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. 2Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren. (2) Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung und Aufrechnung erfolgen. (3) 1Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn über. 2Der Übergang nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

Bei besonderem Interesse des Dritten an der Befriedigung des Gläubigers wird seine Rechtsstellung gegenüber § 267 verbessert. Ein solches besonderes Interesse liegt vor, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen Gegenstand des Schuldners betreibt, und der Dritte dadurch Gefahr läuft, ein Recht an dem Gegenstand (§ 268 I 1 BGB) oder dessen Besitz (§ 268 I 2 BGB) zu verlieren.

Beispiel: M ist Mieter einer Wohnung des V Beispiel: M ist Mieter einer Wohnung des V. Obwohl M eine ziemlich hohe Miete bezahlt, gerät V in finanzielle Schwierigkeiten und kann seine Schulden bei der B-Bank nicht mehr bezahlen. B betreibt deshalb die Zwangsvollstreckung in das Haus des V, in dem sich auch die von M gemietete Wohnung befindet. M fürchtet nun um „seine“ Wohnung. Er bittet deshalb seinen reichen Onkel O, für ihn die Schulden des V bei der B-Bank zu bezahlen, was O auch tut. Was ist jetzt mit dem Anspruch der B gegen V passiert? Lösung: M könnte durch Ersteigerer gekündigt werden (§ 57a ZVG), daher § 268 I 2 BGB; O als Dritter nach § 267 I BGB. Forderung geht auf M über nach § 268 III BGB.

Privilegierung des Dritten nach § 268 BGB: Dritter hat ein Ablösungsrecht, dh. § 267 II BGB ist nicht anwendbar, Gläubiger kann auch bei Widerspruch des Schuldners die Leistung des Dritten nicht zurückweisen. Dritter kann Gläubiger auch durch Aufrechnung und Hinterlegung befriedigen (§ 268 II BGB). Bei Befriedigung des Gläubigers geht die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner auf den Dritten über (§ 268 III 1 BGB); dabei gelten §§ 412, 399ff. BGB! Dritter kann also aus der übergegangenen Forderung sowie nach allgemeinen Grundsätzen (Vertrag, GoA, § 812 BGB) Rückgriff nehmen.

Literaturhinweise: Jud, Das Recht zur Zurückweisung im Kaufrecht, JuS 2004, 841-846 Looschelders/Makowsky, Relativität der Schuldverhältnisse und Rechtsstellung Dritter, JA 2012, 721-728 Petersen, Das Ablösungsrecht Dritter, Jura 2013, 1026-1029